Eichenschadinsekten
Die Waldschutzsituation der Eiche ist geprägt durch zyklisches Fraßgeschehen von freifressenden Schmetterlingsraupen der Eichenfraßgesellschaft (Frostspannerarten, Grüner Eichenwickler, Schwammspinner, Eichenprozessionsspinner u.a.). Insbesondere der Eichenprozessionsspinner profitiert bereits heute von den Auswirkungen des Klimawandels in besonderem Maße und konnte in den vergangenen zwei Jahrzehnten sein Verbreitungs- und Gradationsgebiet deutlich vergrößern.
In Kombination mit weiteren Schadorganismen (Eichen-Mehltau, Zweipunktiger Eichenprachtkäfer und/oder abiotischen Schadfaktoren (Winterfrost, sommerliche Dürre, Nährstoffimbalancen) können Kahlfraßereignisse zu einem bestandsbedrohenden akuten oder chronischen Eichensterben führen.
Eichenprozessionsspinner
Abb. 1: Raupengespinst (Foto: G. Lobinger, LWF)
Weiterführende Informationen:
Schwammspinner
Bei dem tagaktiven Falter zeigen sich starke Geschlechtsunterschiede. Die Männchen sind unauffällig grau gefärbt mit dunklen Zackenlinien und sind sehr mobil. Die sehr hellen Weibchen sind deutlich größer als die Männchen und kaum flugaktiv. Die Weibchen legen ihre Eier im Juli/August in Gelegen von bis zu 1.000 Eiern an der Stammrinde oder an Starkästen ihrer Fraßbäume ab und bedecken sie mit gelbbrauner Afterwolle. Dadurch erhalten sie ein schwammartiges Aussehen, was der Art ihren Namen einbrachte.
Die Raupen entwickeln sich noch im Herbst in den Eiern und überwintern in den Gelegen. Sie schlüpfen Ende April und beginnen bereits an den aufbrechenden Knospen ihre Fraßtätigkeit. Eine besondere Eigenschaft der Jungraupen ist es, dass sie unmittelbar nach dem Schlüpfen Seidenfäden spinnen, mit deren Hilfe sie sich vom Wind verfrachten lassen. So verteilen sie sich über ganze Waldbestände und auch über weitere Strecken in neue Fraßgebiete.
Die Raupen sind im letzten Stadium bis zu 7,5 cm lang und beinahe fingerdick und können dementsprechend große Mengen an Laub verzehren (Abb. 1). Das Nahrungsspektrum des Schwammspinners ist breit. Er frisst an fast allen Laubholzarten, bevorzugt aber besonders die Eiche. Bei Nahrungsknappheit kann er sich auch an Nadelbaumarten wie Lärche und Kiefer entwickeln.
Weiterführende Informationen:
- Schwammspinner an Eiche in Bayern
- Schwammspinner - LWF-Faltblatt
- Schwammspinner-Massenvermehrung in Nordbayern 2020 - Häufig gestellte Fragen
- waldwissen.net: Kahlfraß eindämmen - Eichen retten
- Schwammspinner-Massenvermehrung in Franken – LWF aktuell 121
- Zusammenhänge zwischen Insektenfraß, Witterungsfaktoren und Eichenschäden - LWF-Wissen 19
- Waldschutzrelevante Organismen an der Traubeneiche - LWF-Wissen 75
- Monitoring Eichenschädlinge
- Projekt Artemis - „Adaptives Risikomanagement in trockenheitsgefährdeten Eichen- und Kiefernwäldern mit Hilfe integrativer Bewertung und angepasster Schadschwellen“
Großer und Kleiner Frostspanner
Die Lebensweise des kleinen und großen Frostspanners ist sehr ähnlich und kann daher zusammengefasst werden. Der Fraß der Frostspanner erfolgt von der Unterkrone der befallenen Eiche aus nach oben, während der Fraß des Eichenwicklers von oben nach unten erfolgt.
Die Frostspannerarten zeigen einen starken Sexualdimorphismus. Die männlichen Falter des Frostspanners sind nachts- und dämmerungsaktiv. Die Weibchen sind dagegen flugunfähig. Ihre Flügel sind nur noch rudimentär vorhanden. Ihren Namen erhielten die Schmetterlinge aufgrund der späten Flugzeit von Ende September bis in den Dezember hinein – in der Regel immer erst nach dem ersten Frost. Dann schlüpfen die Frostspanner aus den im Boden lagernden Puppen. Die flügellosen Weibchen krabbeln an warmen Tagen an den Baumstämmen nach oben, um an den Knospen und in Rindenritzen ihre Eier abzulegen. Ab Mitte April des darauffolgenden Jahres schlüpfen die bis zu 35 mm langen Raupen. Die Larvenentwicklung dauert von Ende April bis Ende Mai und ist, sobald die Eichen die Blätter voll entwickelt haben, abgeschlossen. Bei Störungen seilen sich die Raupen an einem Faden ab, um danach wieder aufzubaumen. Die Verpuppung findet im Juni in lockeren Gespinsten am Boden statt.
Weiterführende Informationen:
Eichenwickler
Deutliche Fraßschäden durch Eichenwickler - Blickpunkt Waldschutz 07/2009
Im Frühjahr (April, Anfang Mai) schlüpfen die Raupen nach der Überwinterung als Ei. Die Raupen benötigen zum Fraß bereits geöffnete Knospen. Geschlossene Knospen können sie nicht öffnen und sind damit abhängig vom gleichzeitigen Laubaustrieb (Koinzidenz). Die etwas älteren Raupen fressen dann in eigens zusammengerollten und eingewickelten Blättern (Blattwickel). Daher kommt auch der Name.
Die Raupen durchlaufen 5 Larvenstadien. Nach 3 - 4 Wochen Fraß verpuppen sich die Raupen meist im zuletzt zusammengewickelten Blatt, seltener an Rindenschuppen. Nach etwa 2 - 3 Wochen Puppenruhe schlüpfen die Falter ab Ende Mai und haben ihre Hauptflugzeit im Juni. Die Falter sind tags- und dämmerungsaktiv. Die Eier werden paarweise, in kittartiger Masse an äußeren Zweigabschnitten in der Nähe der Knospen abgelegt.
Eichenprachtkäfer
Abb. 13: Käfer (Foto: G. Lobinger, LWF)
Die metallisch goldgrünen, grün oder bläulich gefärbten, ca. 8 bis 13 mm langen Käfer besitzen auf jeder Flügeldecke einen charakteristischen weißen Haarfleck. Die Larven fressen im Kambium mehr oder weniger zickzackförmig quer zur Faserrichtung. Infolge der Unterbrechung der Saftleitung stirbt der Baum ab. Die Larvengänge sind mit gewölktem Bohrmehl gefüllt. Die Larven überwintern unter der Rinde bis zu zweimal, bevor sie sich in der äußeren Borke verpuppen. Die Jungkäfer schlüpfen durch ein typisches halbmondförmiges Ausbohrloch im Mai und fliegen von Mai bis August. Sie ernähren sich von Eichenlaub und legen ihre Eier einzeln oder in kleinen Gruppen in die Rinde am Stamm und an stärkeren, bevorzugt nach Süden gerichteten Ästen. Die Eilarven schlüpfen nach 10-14 Tagen. Sie bohren sich durch die Rinde ein. Gesunde, gut wasserversorgte Eichen können einbohrende Larven meist abwehren. In der Regel dauert ein Entwicklungszyklus 2 Jahre. In besonders warmen Jahren oder Gegenden kann dieser jedoch auch einjährig sein.
Weiterführende Informationen:
Eichensplintkäfer
Der ca. 3-3,5 mm große Eichensplintkäfer tritt auch an Roteiche, Rosskastanie, Buche, Hainbuche Weide oder Pappel auf. Er schwärmt von Mai bis Juni und zum Teil in einer zweiten Generation im September erneut. Das Weibchen legt unter der Rinde einen quer zur Faserrichung verlaufenden, den Splint tief furchenden Quergang an. Von diesem gehen die ca. 10-15 cm lange Larvengänge ab. Der Ernährungsfraß der Altkäfer findet an der Basis der jüngsten Triebe statt, die dabei häufig abbrechen. Der Befall ist äußerlich anhand der bis zu zwei Millimeter kleinen Einbohrlöcher mit Bohrmehlauswurf ersichtlich.
Eichenkernkäfer
Abb. 20: Schadbild (Foto: Louis-Michel Nageleisen, Département de la Santé des Forêts, Bugwood.org)
Der gut 5 mm lange, dunkelbraune und zylindrisch wirkende Eichenkernkäfer ist ein pilzzüchtender, monogamer Holzbrüter in stehenden oder frisch gefällten Eichen. Vereinzelt ist er auch an Buche, Esche, Kastanie und Linde zu finden. Die Käfer schwärmen im Juni und Juli.
Das Brutbild ähnelt einem mehrfach verzweigten, geweihartigen Gabelgang in einer Ebene. Bei der Anlage findet zwischen den Geschlechtern eine Arbeitsteilung statt: während die Weibchen die Brutgänge nagen, entfernen die Männchen das Bohrmehl aus den Gängen. An den Wänden der Brutgänge entwickeln sich Ambrosiapilze, die den Larven als Nahrung dienen.
Literatur: Holz- und rindenbrütende Käfer an Eiche. Informationen für Waldbesitzer. Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg und Landesforstanstalt Eberswalde. Eberswalde 2006
Eichen-Nutzholzborkenkäfer
Abb. 22: Schadbild (Foto: Haruta Ovidiu, University of Oradea, Bugwood.org)
Der ca. 3,5 mm lange, rotbraune Käfer mit seinen gelben Flügeldecken mit schwarzen Längsstreifen ähnelt in seiner Lebensweise dem bekannten gestreiften Nutzholzborkenkäfer (Xyloterus lineatus). Anders als dieser überwintert er im Brutbild oder an der Borke. Er fliegt im März/April. Sein Brutbild ähnelt dem von X. lineatus und ist ebenso durch Pilze geschwärzt.
Eichenholzbohrer
Abb. 23: Käfer (Foto: Maja Jurc, University of Ljubljana, Bugwood.org)
Der ca. 2,5 -3 mm kleine Käfer brütet sowohl im Holz von Eiche als auch Kastanie, Ulme und Buche. Die Mutterkäfer eine radiale Eingangsröhre, von der seitlich einfache oder verästelte Brutröhren abgehen, in die die Eier gelegt werden. Die Larven leben vom Pilzbelag der Brutröhren, ohne selber Larvengänge anzulegen. Der Eichenholzbohrer bildet zwei Generationen aus mit Flugzeiten im zeitigen Frühjahr und im Juli.
Schiffswerftkäfer
Abb. 24: Schadbild (Foto: Gyorgy Csoka, Hungary Forest Research Institute, Bugwood.org)
Die sieben bis 13 mm großen, langestreckten, rötlich orange Käfer weisen einen ausgeprägte Sexualdimorphismus auf: die Männchen sind kleiner als die Weibchen mit komplett schwarzen Flügeldecken, bei den größeren Weibchen sind nur die Flügeldeckenspitzen schwarz. Sie fliegen von Ende April bis Anfang Juli, besonders in den heißen Nachmittagsstunden. Die ausgewachsenen Altkäfer leben nur wenige Tage.
Das Brutbild verläuft radial im Holzkörper. Die bis zu zwei Meter langen Larvengänge sind dicht mit Bohrmehl gefüllt und verfärben sich nicht schwarz. Die Larven ernähren sich vom Holz selbst. Die Verpuppung erfolgt nach ein bis zwei Jahren am Einbohrloch
Chronisches Eichensterben
Seit Mitte der Achtziger Jahre wird an den beiden einheimischen Eichenarten nach mehrjährigem Kränkeln ein Absterben von zuvor vitalen Eichen beobachtet. Als Symptome gelten absterbende Zweige, verminderte Restbelaubung am Ende verbleibender Triebe und vergilbte, kleine Blätter. Am Stamm treten neben Rissen in der Borke Schleimfluss und Nekrosen auf. Sekundär treten Prachtkäfer und Hallimasch in das Schadgeschehen mit ein, die schließlich zum eigentlichen Absterben der Eichen führen.
Als auslösende Schadfaktoren für dieses chronische Eichensterben werden folgende Faktoren diskutiert:
- Belastung durch blattfressende Insekten (phytophage Schmetterlingsraupen);
- Mehltaubefall (Microsphaera alphitoides);
- Trockenereignisse;
- Tiefe Spätwinterfröste;
- Phytophthora-Pilze auf nährstoffreichen Böden.
Es handelt sich beim chronischen Eichensterben um keine neuartige Erkrankung. Vielmehr werden unter diesem Begriff einzelne Faktoren zusammengefasst, die gleichzeitig oder aufeinander folgend eine Schädigung der Eichen bewirken.
Akutes Eichensterben
Schadursächlich in diesem Fall waren schwere Fraßschäden durch früh- und spätfressende Schmetterlingsraupen (Eichenwickler und Eichenprozessionsspinner) in 2009. Im Nachgang kam es aufgrund günstiger Witterung zu einem massivem und anhaltenden Befall mit Eichenmehltau, der den Wiederaustrieb und die Revitalisierung der Eichen verhinderte. In Folge dieses Kombinationsgeschehens verbrauchten insbesondere vitale Eichen ihre Reservestoffe in der Vegetationsperiode 2009 in wiederholten Austriebsversuchen.
Im Jahrringaufbau wird diese Entwicklung durch eine unzureichende Ausbildung des Spätholzanteils, der als Nährstoffspeicher dient, auffällig. Für eine ringporige Baumart wie die Eiche, die zwingend auf Reservestoffe zur Ausbildung eines Frühholzringes zum Wassertransport im Folgejahr angewiesen ist, entsteht so eine lebensbedrohliche Situation. Von diesem massiven Vitalitätsverlust profitieren Sekundärschädlinge wie Prachtkäfer und Hallimasch. Strenge und langanhaltende Fröste im Winter 2009/10 führten zudem zum Zusammenbruch der weitvolumigen Frühholzgefäße aus 2009, die im bemessenen Umfang auch zur Wasserversorgung hätten dienen können.
Das akute Eichensterben kann als Sonderfall des chronischen Eichensterbens verstanden werden, wenn in Ausnahmesituationen eine Kombination mehrerer Schadfaktoren auftritt und damit den Krankheitsverlauf beschleunigt.
Abb. 25: Schadbild (Foto: A. Nannig, LWF)
Vom Eichenmehltau werden vor allem junge, weniger als drei Wochen alte Blätter befallen. Der Pilz wird durch hohe Luftfeuchtigkeit zwischen 20 und 25°C begünstigt. Dagegen behindern starke Trockenheit sowie kaltes oder sehr heißes Wetter den Befall.
Gallwespen
Abb. 26: Gemeine Eichengallwespe (Foto: S. Gößwein, LWF)
Gallwespen sind nur sehr kleine (bis ca. 5 mm groß), meist schwarz gefärbte Wespen. Die Larvalentwicklung findet in der Regel in den charakteristischen Gallen statt. Sie entstehen aus pflanzlichem Gewebe, dessen Bildung durch die Eiablage des Weibchens induziert wird.
Viele Gallwespen durchlaufen einen Generationswechsel mit parthenogenetischer und geschlechtlicher Generation. Die Gestalt und Lage der Gallen ist unterschiedlich, sodass eine Artbestimmung über die Gallen der Regelfall ist. Die meisten europäischen Gallwespen entwickeln sich an Eiche, wenige an Esskastanie.
Abb. 27 - 31: C. Triebenbacher, LWF
Eichenminiermotte
Abb. 32: Befall (Foto: G. Lobinger, LWF)
Miniermotten sind Schmetterlinge (Lepidoptera) und gehören zur Familie der Schopfstirnmotten (Tischerioidea). Die häufigste der acht in Bayern vorkommenden Arten ist die Eichenminiermotte. Die Falter der Eichenminiermotte sind von Mai bis Juni zu sehen. Die Eier werden in die Blätter von Eichen und auch Esskastanie abgelegt. Die kleinen Raupen minieren im Inneren der Eichenblätter und bilden dort eine typische Platzmine aus. Sie erscheinen hell, fast weiß und durchsichtig, da die Blattminen kotfrei gehalten werden. Der Larvenkot wird über einen Schlitz in der Blattunterseite entsorgt.
Die Raupen überwintern in den abgefallenen Blättern am Boden. Die Verpuppung findet in einem kreisförmig gesponnenen Fleck in der Mitte der flachen Mine statt. Im späten Frühjahr schlüpfen die Falter aus der Bodenstreu.
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