Sebastian Gößwein, Hannes Lemme, Ralf Petercord
Prachtkäfer profitieren vom Trockensommer 2015 - LWF aktuell 112
Prachtkäfer wurden durch das Jahr 2015 doppelt begünstigt. Der warme Sommer beschleunigte ihre Entwicklung – alle Larven konnten sich fertig entwickeln und in der Vegetationszeit 2016 fliegen. Auf der anderen Seite wurden die Waldbäume in Bayern durch die Trockenheit geschwächt, so dass Sekundärschädlinge viele geeignete Wirtsbäume fanden. Waldbesitzer mussten folglich mit vermehrtem Befall durch diese sonst unauffälligen Insektenarten rechnen. Gegenmaßnahmen sind differenziert zu ergreifen.
Prachtkäfer (Buprestidae) verdanken ihren Namen der metallisch grünen, blauen, roten oder kupfrigen Färbung ihrer Körper, eben weil sie »prächtig« anzuschauen sind. Die Prachtkäfer sind wärmeliebende Arten, die Waldränder, plötzlich freigestellte Bäume und lichte Waldbestände bevorzugen. Sie befallen Bäume nur nach Vorschädigung durch andere Insekten oder infolge einer starken Schwächung durch Trockenheit. Gerade Letzteres wird im Jahr 2016 verstärkt der Fall gewesen sein, denn die Waldbäume haben sich vom Trockensommer 2015 noch nicht erholt.
Waldbesitzer und Förster sollten deswegen im Winter 2016/17 größere Aufmerksamkeit auf die bisher unauffälligen Prachtkäferarten richten. Besonders sind hier der Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) und die Blauen Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea und P. formaneki) neben dem bekannteren Zweipunkt-Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) zu erwähnen. Alle drei Arten benötigen für die Entwicklung vom Ei bis zur Imago witterungsabhängig 1–2 Jahre. Heering (1955) vermutet für den Buchenprachtkäfer sogar eine einjährige Entwicklung für einen Teil der Population, da sich diese Art in den besonnten Kronen der Buche entwickeln kann.
2015 konnten alle drei Arten aufgrund des warmen Sommers ihre Entwicklung innerhalb eines Jahres erfolgreich abschließen. Weiterhin litten die Waldbäume im Trockensommer 2015 unter Wassermangel, wodurch die Vitalität der Bäume und damit die Abwehrkräfte gegen Insektenbefall sanken. Die Vitalität ist auch 2016 noch herabgesetzt.
Schadwirkung und Bekämpfung
Die genannten Prachtkäferarten legen ihre Eier auf der Rinde oder in Rindenrissen geschwächter, aber noch lebender Bäume ab. Die Larven bohren sich anschließend durch die Rinde und beginnen dann ihren Fraß in Bast und Kambium. Die Einbohrlöcher sind sehr klein und deswegen mit bloßem Auge nur schwer zu erkennen. Die Fraßgänge sind zickzackförmig gewunden und werden mit zunehmendem Alter der Larven breiter. Die Larven werfen kein Bohrmehl aus, dieses verbleibt in den Gängen. Beim Fraß wird das Kambium zerstört.
Je nach Fraßverhalten können die Gänge flächig oder stammumfassend verlaufen. Bei der Eiche führt der tief den Splint schürfende stammumfassende Fraß der Eichenprachtkäferlarven zum Absterben der darüberliegenden Kronenteile. Der flächigere Fraß der Kiefern- und Buchenprachtkäfer und der Wassertransport im gesamten Splintholz führen bei den beiden Baumarten Kiefer und Buche nicht zum sofortigen Zeichnen der Belaubung. Der Befall ist damit sehr viel schwieriger zu erkennen.
Der Buchenprachtkäfer
Der Buchenprachtkäfer war als Bedrohung für Buchenheisterpflanzen in Trockenjahren schon lange bekannt (Nüsslin und Rhumbler 1927). Ab 1947 bis in die 1950er Jahre hinein kam es in Folge mehrerer Trockensommer in Süddeutschland zu einer Massenvermehrung mit starkem Schadgeschehen in Altbuchenbeständen (Kamp 1951 und 1952; Wellenstein1951; Vietinghoff-Riesch und Vité 1952; Heering 1956). Auffällige Schäden traten auch nach den Trockensommern 1976 (Schönherr et al. 1983), 2003 (Delb 2004) und 2005 (Petercord et al. 2007) auf.
Der Käfer ist zwischen 5 und 11 mm lang und hat eine metallisch grüne bis olivgrüne Färbung (Schönherr 1974). Die Käfer schwärmen von Mitte Mai bis Oktober mit einem ausgeprägten Schwerpunkt im Juni/Juli (Heering 1956). Die Weibchen legen Eipakete mit bis zu 24 Eiern auf der Rinde ab, bevorzugt auf der Südseite der Stämme und Äste (Schwenke 1974). Die Art ist in Europa heimisch und lebt hauptsächlich an der Rotbuche, vereinzelt auch an anderen Laubbaumarten. Einzelne Altbuchen werden nach plötzlicher, starker Freistellung befallen.
Durch eine Trockenheit wie 2015 werden allerdings Bestände auf großer Fläche anfällig. In der Folge muss mit einem Ansteigen der Population des Buchenprachtkäfers und damit des Schadholzanteils gerechnet werden. Bei mehrjährigen großflächigen Schwächungen kann er Massenvermehrungen aufbauen. Die Schäden treten dabei typischerweise an exponierten Bestandsrändern und im Bestand nesterweise auf.
Befall erkennen
Ein Befall durch den Buchenprachtkäfer beginnt zunächst in der Oberkrone und ist leicht mit Zopftrocknis durch Trockenschäden zu verwechseln. Im weiteren Befallsgeschehen entstehen schwarze Nekrosen und Schleimflußflecken häufig mit weißem Hof an den Stämmen. Unter diesen finden sich die zickzackförmigen Larvengänge, die parallel zur Faser verlaufen.
Typischerweise werden befallene Bäume mehrfach besiedelt, da durch die abgestorbene Lichtkrone mehr Sonne und Wärme an den Stamm kommt und diesen für die nächste Generation attraktiv macht. Der Baum wird also für den Folgebefall konditioniert. Wenn sich bereits eine Generation am Baum fertig entwickelt hat, kommen die ovalen, aber nicht exakt symmetrischen, sondern D-förmigen Ausfluglöcher als Erkennungsmerkmal hinzu.
Abb.2: Schleimfluss (Foto: R. Petercord)
Abb.3: Ausbohrlöcher (Foto: H. Lemme)
Handlungsempfehlungen
Jede Fällung lichtet den Bestand auf und schafft günstigere Lebensbedingungen für den Buchenprachtkäfer. Eine Bekämpfung des Buchenprachtkäfers ist daher sehr schwierig. Im Gegensatz zum Zweipunkt-Eichenprachtkäfer ringelt der Buchenprachtkäfer nicht, die Fraßgänge verlaufen mehr oder weniger in Faserrichtung – die befallenen Bäume sterben also deutlich langsamer ab, häufig erst in Zusammenhang mit pilzlichen Folgeschädlingen oder bei sehr hohem Befall.
Treten günstige Witterungsbedingungen ein, kann die Rotbuche den Befall durch Bildung einer Sekundärkrone auch wieder ausheilen bzw. einen fortgesetzten Befall abwehren. Erste Schäden an einzelnen Bäumen sollten daher weiter beobachtet werden. Nur wenn das Absterben der Bäume abzusehen ist, sollten sie gefällt werden. Frisch geschlagenes, befallenes Holz muss bis Ende April aus dem Wald entfernt und darf keinesfalls im Wald gelagert werden, da sonst mit dem Ausflug der Käfer zu rechnen ist. Falls 2017 ausreichend Niederschläge fallen, kann mit einer Revitalisierung der Bestände und mit einem Rückgang des Befalls gerechnet werden.
Der Blaue Kiefernprachtkäfer
Zoombild vorhanden
Abb.4: Der 8-11 mm lange Blaue Kiefernprachtkäfer (Phenops cyanea) befällt geschwächte Kiefern (Foto: Gyorgy Csoka)
Unter dem Begriff »Blauer Kiefernprachtkäfer « werden häufig die beiden Arten Phaenops cyanea und P. formaneki zusammengefasst. Die Wirtsbaumart der beiden Arten ist die Kiefer. Befallen werden geschwächte Stangen- und Baumhölzer (Apel 1986 und 1991; Dengler und Wilhelm 2002). Beide Kiefernprachtkäferarten können keine gesunden Kiefern befallen.
Die Larven von Phaenops cyanea entwickeln sich unter der dickborkigen Kiefernrinde, die von P. formaneki unter der Spiegelrinde (Schönherr 1974). Der Splint wird nicht oder nur sehr schwach geschürft. Die Käfer fliegen von Juni bis September (Schwerdtfeger 1981). Aufgrund des trocken-warmen Sommers 2015 treten insbesondere in Teilen Mittelfrankens zurzeit vermehrt Schäden an Kiefer durch die beiden Kiefernprachtkäferarten auf.
Befall erkennen
Der Befall wird meist ab September durch Spechtabschläge der Rinde erkennbar. Dadurch werden die Fraßgänge der kochlöffelförmigen Larven mit dem wolkenartig angeordneten Bohrmehl sichtbar. Sind die Käfer ausgeflogen, bleiben schmal ovale, oft schräg gestellte Ausfluglöcher in der Rinde. Eine Braunfärbung der Krone ist kein sicheres Merkmal für Prachtkäferbefall, denn diese kann auch durch andere Schadorganismen bzw. durch Trockenheit verursacht sein.
Abb.5: Fraßgänge (Foto: H. Lemme)
Abb.6: Ausbohrloch (Foto: H. Lemme)
Handlungsempfehlungen
Auch bei den beiden Kiefernprachtkäfern führen Fällungsmaßnahmen zu einem wärmeren und damit für die Arten günstigeren Bestandesinnenklima. Daher sollte auch bei der Kiefernprachtkäfer-Bekämpfung nur stark befallene Bäume entnommen werden. Die Befallssituation ist vielmehr genau zu beobachten und erst wenn es zur Massenvermehrung kommt, sind Eindämmungsmaßnahmen angeraten.
Befallene Bäume sollten dann bis Ende April aus dem Wald entfernt werden. Wichtig ist hierbei, dass auch die abgefallene Rinde mit entsorgt wird, da sich verpuppungsbereite Larven darin befinden, die sich weiterentwickeln (Verpuppung) und letztlich ausfliegen können. Frisch geschlagenes Holz oder Stämme befallener Bäume dürfen nicht im Wald gelagert werden. Bäume mit Trockenschäden sollten regelmäßig auf Befall durch die Kiefernprachtkäferarten kontrolliert werden. Tritt über den Sommer frischer Befall auf, reicht die Aufarbeitung der Bäume im Winter aus.
Der Zweipunkt-Eichenprachtkäfer
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Abb.7: Umfassender horizontaler Fraß der Eichenprachtkäferlarve (Foto: R. Petercord)
Von den bekannten 17 Prachtkäferarten an Eiche (Mühle 2007) tritt vor allem der Zweipunkt- (Zweifleckige) Eichenprachtkäfer forstlich bedeutsam in Erscheinung. Der wärme- und lichtliebende Käfer ist ein Sekundärschädling, der durch verschiedene Faktoren begünstigt wird: warme Sommer mit geringen Niederschlägen, Fraßschäden durch andere Insekten (z. B. Eichenwickler, Frostspanner, Schwammspinner, Eichenprozessionsspinner), extreme Witterungsereignisse wie Trockenheit oder Spätfröste, die sich auf die Vitalität der Eiche auswirken und allgemeine Vitalitätsminderung der Eiche aufgrund ungünstiger Standortsbedingungen (Hartmann und Blank 1992).
Im Krankheitsgeschehen des sogenannten Eichensterbens ist der Zweipunkt- Eichenprachtkäfer als aggressiver Sekundärschädling von hoher Bedeutung (Hartmann und Kontzog 1994; Wolf und Petercord 2012; Thierfelder und Behr 2014). Befallen werden Stiel- und Traubeneichen aller Altersklassen ab Stangenholzalter, bevorzugt aber stärkere Bäume. Besonders gefährdet sind lückige Bestände und lichte Reinbestände mit Alteichen (Brechtel und Kostenbader 2002; Seemann et al. 2004).
Der Befall erfolgt nur an noch lebenden Eichen, nicht an abgestorbenen Bäumen oder lagerndem Holz. Allerdings können sich weiter fortgeschrittene Entwicklungsstadien (Altlarven, Puppen) bei ausreichender Holzfeuchte in frisch abgestorbenen oder gefällten Eichen fertig entwickeln, in der Regel verlängert sich dann die Entwicklungszeit durch die geringere Feuchte im Kambialbereich.
Befall erkennen
Dunkle Schleimflussflecken am Stamm können beim Einbohren der Eilarven entstehen, weil Phloemsaft aus zerstörten Leitungsbahnen austritt und an der Rindenoberfläche eindickt und durch Pilz- und Bakterienbesiedlung dunkel verfärbt wird. Schleimfluss ist aber nicht immer auf Prachtkäferbefall zurückzuführen; er entsteht auch durch anderweitige mechanische Verletzungen oder in Folge von Pilzbefall (z. B. Phytophthora).
Bäume mit Schleimflussflecken sollten unter Beobachtung gestellt, aber keinesfalls automatisch entfernt werden, da die Eiche bei ausreichender Vitalität den Befall abwehren kann (Seemann et al. 2002). Wenn die Larven den Saftstrom in Ästen während der Vegetationsperiode unterbrechen, entstehen Vergilbungen und Welkeerscheinungen an einzelnen Ästen, Kronenteilen oder in der gesamten Krone
Handlungsemfehlungen
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Abb.8: Nach Eichenprachtkäferbefall frisch abgestorbene Alteiche (Foto: R. Petercord)
Bei Massenvermehrungen von blattfressenden Insekten kann der Zweipunkt- Eichenprachtkäfer flächige Schäden verursachen, da Bäume befallen und zum Absterben gebracht werden, die sich ohne diesen zusätzlichen Schadfaktor möglicherweise wieder regenerieren hätten können. Daher sollten nur befallene Bäume zwingend eingeschlagen werden. Die eintretende Auflichtung und die damit einhergehende Erhöhung der Bestandesinnentemperatur tritt auch bei Belassen der abgestorbenen Bäume ein.
Phytosanitär sinnvoll ist nur der Einschlag von Bäumen mit aktuellem Befall. Abgestorbene Bäume, die erst nach dem Ausflug der Käfer gefunden werden, können im Bestand belassen werden und zur Totholzmehrung beitragen. Akut befallene Bäume stehenzulassen verbietet sich allerdings. Bestände mit akutem Befallsgeschehen durch den Eichenprachtkäfer sind für eine gezielte Totholzanreicherung in den Jahren der Massenvermehrung ungeeignet.
Bei Entnahme befallener Bäume sollte Stamm und Kronenmaterial (ab einer Stärke > 10 cm) auf Lagerplätze außerhalb der gefährdeten Eichenbestände spätestens bis Mitte April gebracht werden. Wenn befallene Stämme im Wald gelagert werden müssen, ist eine Entrindung erforderlich. Die Rinde, in der sich die Puppenwiegen befinden, muss dann phytosanitär behandelt werden.
Umgang mit Totholz
Die Frage der Totholzanreicherung wird im Zusammenhang mit Prachtkäferbefall kontrovers diskutiert. Aus Sicht des Waldschutzes sind Bäume, die durch Prachtkäferbefall absterben und in denen sich noch Entwicklungsstadien in hoher Stückzahl befinden, nicht geeignet, um als frisches Totholz im Bestand belassen zu werden, da sie der Massenvermehrung der Art dienen und das Waldschutzrisiko des Bestandes weiter steigern.
Bei konsequentem Waldschutzhandeln kann in betroffenen Beständen daher für die Zeit der Massenvermehrung kein frisches Totholz der befallenen Baumarten angereichert werden. Dies ist für die totholzbesiedelnden Arten der späteren Zersetzungsphasen unproblematisch, da diese Phasen deutlich länger andauern und das Jahr des Absterbens von untergeordneter Bedeutung ist. Dies bedeutet nicht, dass in Beständen mit Massenvermehrungen von Prachtkäfern die Totholzanreicherung aufgegeben wird – sie wird nur zeitlich befristet – für die Dauer einer akuten Bestandsgefährdung teilweise ausgesetzt.
Aus befallenen Bäumen können die Prachtkäferarten im ersten Jahr nach der Fällung der Bäume ausfliegen. In der Flugzeit von Kiefern- und Buchenprachtkäfer anfallendes frisches Totholz dieser beiden Baumarten, d. h. in der Regel Sturmholz, wird von den beiden Prachtkäfern befallen. Es kann in dieser Situation als Fangholz dienen, muss dann im Herbst/Winter auf Befall untersucht und gegebenfalls aus den Beständen verbracht werden.
Holz aus dem Wintereinschlag und älteres Totholz wird von den genannten Prachtkäferarten nicht mehr angenommen und kann, sofern sich der Waldbesitzer dazu entscheidet, ohne Risiko im Wald zur Totholzmehrung verbleiben.
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