Wald kompakt - LWF aktuell 143
Wie viel Wasser steckt im Totholz?
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Buchentotholz der Zersetzungsstufe 2 (© G. Brehm, AELF Fürstenfeldbruck)
Totholz wird oft als potenzieller Wasserspeicher im Wald angesehen. Ein Zeichen dafür ist, dass im trockenen Sommer und Herbst auf dem Boden meist keine Fruktifikation von Pilzen stattfindet, während auf dem Totholz immer wieder frische Pilzfruchtkörper zu finden sind. Im Rahmen des Waldklimafondsprojekts »Lebendiges Totholz« entnahm die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in acht bayerischen Naturwaldreservaten Bohrspäne von liegendem Totholz der Baumarten Fichte, Buche und Eiche. Die Beprobung erfolgte dabei entlang eines Zersetzungsgradienten vom frisch abgestorbenen Stamm in Rinde (1) über noch beilfestes Holz mit abgeblätterter Rinde (2) und Holz, dessen Splint (oder Kern) bereits weich ist (3), bis hin zu vollständig weichem Holz (4). Das Probenmaterial wurde bei circa 60 °C getrocknet. Durch Wiegen vor und nach dieser thermischen Behandlung ließ sich der Wassergehalt des Totholzes ermitteln. Dabei zeigte sich, dass der Wassergehalt im Verhältnis zur Holzmasse mit zunehmender Zersetzung bei allen Baumarten mehr oder weniger zunimmt – in der letzten Zersetzungsstufe kann er im Mittel Werte von rund 200 % erreichen. Rechnet man dies unter Einbeziehung der Holzmassen um, resultierte daraus ein durchschnittlicher Wasserspeicher von 209 l/m³ (Fichte) bis 287 l/m³ (Eiche) bei Totholz in der Zersetzungsstufe 1 (frisch abgestorben) und zwischen 374 l/m³ (Buche) und 651 l/m³ (Fichte) in der Zersetzungsstufe 4 (stark zersetzt). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Studien: Eine nordamerikanische Untersuchung z. B. ergab bei Douglasie im Winter einen Wasserspeicher von über 350 % (Maser 1984); Studien aus der Schweiz belegten ebenfalls hohe Werte des Wassergehalts bei Totholz. Dort waren es bis zu 595 l/m³ bei Fichte und 781 l/m³ bei Buche (Dobbertin & Jüngling 2009).
Wassergehalt der Totholzproben von Buche, Eiche und Fichte in den Zersetzungsstufen 1–4 (© LWF)
Markus Blaschke, Angela Siemonsmeier, LWF
Eichenprozessionsspinner: Überwachung ungelöst
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(© C. Josten, ZWFH)
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea), kurz EPS, gilt als Gewinner des Klimawandels und ist inzwischen über weite Gebiete Bayerns verbreitet. Bei Massenvermehrungen kann es zu lokalem Kahlfraß in Eichenwäldern kommen. Gravierender sind die giftigen Brennhaare der Raupen, die eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen darstellen – mit Auswirkungen auf die Erholungsfunktion und Einschränkungen für die Bewirtschaftung betroffener Wälder. Noch existiert trotz langjähriger Forschung kein praxisfähiges Überwachungsverfahren. Da das Schadpotenzial durch diese Art jedoch zunimmt, wuchs die Forderung nach einem pheromongestützten Monitoring. Diese großräumige Überwachung waldschutzrelevanter Schmetterlingsarten basiert auf Verfahren, die sich die Kommunikation der Insekten über Botenstoffe, sogenannte Pheromone, zu Nutze machen. Verfahren auf dieser Basis sind z. B. für den Schwammspinner (Lymantria dispar) und die Nonne (Lymantria monacha) seit langem etabliert. Dabei liefern auf Weiserflächen verteilte Pheromonfallen Informationen über Dichteänderungen der Populationen. Die Fangzahlen dienen als Frühwarnsystem für den Aufbau von Massenvermehrungen: Werden festgelegte Warnschwellen (Anzahl gefangener Falter pro Falle) überschritten, folgen weitere Prognoseschritte, um das Risiko eines Kahlfraßes einzuschätzen und Gefährdungsgebiete räumlich einzugrenzen. Ist dieses Verfahren auch auf den EPS anwendbar? Dieser Frage geht die »Arbeitsgruppe Waldschutzverfahren« seit Anfang der 2000er Jahre nach – eine Praxisanwendung scheiterte aber bisher an der extremen Mobilität der männlichen Falter, inkonstanter Lockstoffqualität und methodischen Problemen. In einem Versuchsansatz im Jahr 2022 wurden neue Strategien erprobt. Zum Einsatz kamen einerseits die bekannten Sexuallockstoffe zum Männchenfang, andererseits eigens entwickelte Lockstoffe aus Eichenextrakten, die auf Weibchen bzw. beide Geschlechter (»bisex-Fang«) attraktiv wirken sollten. Getestet wurde auch, ob sich durch Kombination von Pheromonen und Wirtsdüften die Lockwirkung auf die Männchen verbessern lässt. Leider scheiterten die Versuche zum Fang von Weibchen und zum bisex-Fang. Der Fang männlicher Falter ergab nur für niedrigen Besatz einen Bezug zur Dichte. Zur Festlegung von Warnschwellen sind diese Ergebnisse nicht hinreichend aussagefähig. Es müssen daher andere Wege der Überwachung und Prognose erforscht werden.
Dr. Gabriela Lobinger, Emanuel Geier, LWF
Dr. Gabriela Lobinger, Emanuel Geier, LWF
Neuer (Wald-)Naturschutzparcours in Bayreuth
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Biotopbaumreicher Waldbestand in der Eremitage (© K. Stangl, AELF Bamberg)
2016 wurde der Managementplan für das kleine, innerhalb der Stadtgrenzen von Bayreuth liegende FFH-Gebiet »Eremitage in Bayreuth« erstellt. Während der Kartierarbeiten hat sich gezeigt, dass der dortige Laubmischwald ein wahrer Hotspot für Fledermäuse, Vögel, Insekten, Pilze und andere Organismen ist. Der Baumbestand geht noch auf die Regierungszeit des Markgrafen Christian Ernst zurück, der diesen 1664 mit Holzplanken als Tier- und Jagdgarten einfrieden ließ. Somit finden sich hier zahlreiche Bäume, die weit über 300 Jahre alt sind, darunter eine rekordverdächtige Anzahl an Biotopbäumen. Mit dem Wald verbunden sind weitere wertvolle Lebensräume wie Amphibienteiche, Fließgewässer und magere Wiesen. Auch das altehrwürdige Gebäudeensemble selbst ist Habitat vieler Arten, z. B. uralte Gemäuer für seltene Moose oder Kellergewölbe, die im Winter Fledermäuse beherbergen. Die Eremitage zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern an, die nicht nur den historischen Schlosspark erkunden, sondern auch die Natur um sie herum. Das FFH-Gebiet ist deshalb besonders geeignet, die hiesigen Naturschätze einer breiten Bevölkerung zugänglich zu machen und (wald-)naturschutzfachliche Botschaften zu vermitteln. Bislang fehlten jedoch Informationsmöglichkeiten hierzu. 2023 initiierte die Fachstelle für Waldnaturschutz Oberfranken eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, dem Umweltamt der Stadt Bayreuth, der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Oberfranken und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg, um einen virtuellen Info-Parcours auszugestalten. Die Basis hierfür lieferte die 2023 neu von der Umweltverwaltung eingeführte und künftig auch andernorts nutzbare App »Natur digital«. Diese ermöglicht es dem Anwender, mittels Smartphone zahlreiche exakt im Gelände platzierte Informationen auf einem rund 2,5 km langen Rundkurs abzurufen, z. B. zu Natura 2000 und Biodiversität, zu Totholz und Biotopbäumen oder zu Artengruppen wie xylobionten Käfern (unter ihnen der sehr seltene Eremit), Wildbienen und Amphibien. Die Texte sind in bürgernaher, verständlicher Weise abgefasst sowie mit vielen Bildern und Links zu weiterführenden Informationen hinterlegt. Abschließend sei vermerkt, dass alle Akteure das gemeinsame Projekt mit großem Eifer betrieben haben und die Zusammenarbeit sehr gewinnbringend war. Nachahmung andernorts sehr erwünscht!
Klaus Stangl, AELF Bamberg
Klaus Stangl, AELF Bamberg
Agroforst in trockenen Lagen
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Agroforstfläche bei Kelheim (© H. Borchert, LWF)
2022 starteten die bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ein gemeinsames Agroforstprojekt. Dazu begründeten sie drei Versuchsflächen auf landwirtschaftlichen Standorten der Bayerischen Staatsgüter und bei einem Biobauern. Agroforstsysteme (AFS) – also Baumreihen auf Äckern oder Wiesen – haben viele Vorteile: Sie mindern die Windgeschwindigkeit, spenden Schatten und sorgen für eine verstärkte Taubildung in ihrer unmittelbaren Umgebung. Außerdem beeinflussen sie die Biodiversität der Agrarlandschaft positiv. AFS können zum Schutz von Boden und Wasser sowie zur Bewältigung aktueller Herausforderungen in der Landwirtschaft beitragen (z. B. Klimaschutz und Klimaanpassung). Auf Trockenstandorten gestaltet sich die Etablierung von Agroforstsystemen allerdings oft schwierig – dies zeigte sich auf einem besonders warm-trockenen Versuchsstandort bei Kitzingen. Der Fokus des Projekts liegt auf dem Test von Begründungsstrategien für AFS mit den Baumarten Esskastanie, Vogelkirsche, Baumhasel, Feldahorn und Flatterulme. Auf kleinerer Fläche werden zudem Speierling, Elsbeere und Wildbirne angebaut. Die Einsaat von naturnahen Blühmischungen erhöht die ökologischen Leistungen der AFS zusätzlich. Um die Auswirkungen der neu etablierten Agroforstsysteme auf die Erosion zu untersuchen, werden auf einem der drei Versuchsstandorte Erosions-Messnägel eingesetzt. Zudem sollen floristische Untersuchungen und die Aufnahme der Spinnen- und Laufkäfer-Populationen Aufschluss über die Biodiversität im Initialstadium von Agroforstsystemen geben.
Agroforstsystem mit Pappel und Bärlauch darunter (© A. Winterling, LfL)
Dr. Frank Burger, LWF