Markus Blaschke und Alexandra Nannig
Die Pilzwelt der Linde - LWF-Wissen 78
Gerade unter Linden in Parkanlagen und innerörtlichen Grünflächen findet man regelmäßig zwei Mykorrhizapilze mit lang anhaltenden Fruktifikationszeiten vom späten Frühjahr bis in den Herbst.
Es sind der auffällige Netzstielige Hexenröhrling (Suillellus luridus Syn. Boletus luridus) mit zahlreichen bis zu 20 cm großen Fruchtkörpern (Abbildung 1) und der unscheinbarere cremefarbene Mehlräsling (Clitopilus prunulus), dessen Fruchtkörper oft noch unter den Gräsern stecken bleiben. Später im Herbst erscheint auf diesen Flächen häufig auch der Gilbende Ritterling (Tricholoma argyraceum).
Pilzpartner der Linde
Abbildung 1: Der Netzstielige Hexenröhrling (Suillellus luridus Syn. Boletus luridus); (Foto: A. Nannig)
Einer der als sehr selten geltenden Pilzarten, der Schwarze Korkstacheling (Phellodon niger), kann auch als Mykorrhizapartner der Linde beobachtet werden.
Ein Vertreter der Leistlinge ist der Amethyst-Pfifferling (Cantharellus amethysteus), der gern wesentlich größere Fruchtkörper als der Gemeine Pfifferling (Cantharellus cibarius) ausbildet und offensichtlich eine Vorliebe für Laubbäume aufweist.
Pilzgruppe | Deutscher Name | Wissenschaftlicher Name |
---|---|---|
Röhrlinge | Wurzelnder Bitter-Röhrling | Caloboletus radicans Syn. Boletus radicans |
Sommersteinpilz | Boletus reticulatus | |
Satanspilz | Suillellus satanas Syn. Boletus satanas | |
Milchlinge | Erdschieber | Lactarius vellereus |
Täublinge | Frauentäubling | Russula cyanoxantha |
Schmalblättriger Weiß-Täubling | Russula delica | |
Milder Kammtäubling | Russula insignis | |
Schleierlinge | Feuerfüßiger Gürtelfuß | Cortinarius bulliardii |
Amethystblättriger Klumpfuß | Cortinarius calochrous | |
Olivbrauner Rauhkopf | Cortinarius cotoneus | |
Bitterer Schleimkopf | Cortinarius infractus | |
Samtiger Wasserkopf | Cortinarius junghuhnii | |
Knollenblätterpilze und Wulstlinge | Perlpilz | Amanita rubescens |
Stachelinge | Schwarzer Korkstacheling | Phellodon niger |
Leistlinge | Amethyst-Pfifferling | Cantharellus amethysteus |
Pilzschäden an der Linde
Blattflecken
Abbildung 2: Der Perlpilz (Amanita rubescens);
Foto: A. Nannig
Viel gleichmäßiger ausgeformte Blattnekrosen hinterlässt dagegen ein weiterer Erreger von Blattflecken – Cercospora microsora. Die Sporenlager des Pilzes werden ausschließlich auf der Blattunterseite ausgebildet (Butin 2011).
Für Welkeerscheinungen an Blättern und Zweigen kann auch bei der Linde der bodenbürtige Welkepilz Verticillium dahliae sorgen (Brandenburger 1985). Sehr häufig festzustellen ist im Sommer eine massive Schwarzfärbung der Blätter. Allerdings geht diese nicht unmittelbar auf einen Pilzbefall der Linde zurück. Vielmehr besiedeln Rußtaupilze die Ausscheidungen von Blattläusen und Baumsäften und verfärben durch ihre Pigmente zum Sonnenschutz die schleimigen Ausscheidungen.
Absterbende Triebe
Abbildung 3: Mit Johannestrieben kompensiert
die Linde den Befall durch das Stigmina-Triebsterben (Foto: M. Blaschke)
Der Pilz, der fast ausschließlich dünne Zweige der Linden befällt und abtötet, ist in der Regel bereits im Feld anhand der schwarzbraunen Fruchtkörper, die praktisch nur aus einer großen Menge der olivbraunen, mehrzelligen Sporen bestehen, auf den Trieben anzusprechen (Abbildung 4). Die meisten Linden können sich über den Johannistrieb wieder weitgehend regenerieren (Abbildung 3). Der Befall kann auch nach Jahren wieder sehr stark zurückgehen.
Weitere Triebschäden und unförmige Ast- und Stammnekrosen können durch Rotpustelpilze wie Nectria galligena oder N. ditissima verursacht werden (Nienhaus und Kiewnick 1998; Brandenburger 1985).
Stamm- und Holzschäden
Abbildung 4: Fruchtkörper von Stigmina pulvinata (Foto: A. Nannig)
Unter den klassischen Stammfäulen finden sich bei der Linde regelmäßig Vertreter der Gattung Hallimasch (Armillaria sp.) (Abbildung 7), der Sparrige Schüppling (Pholiota squarrosa), der Zunderschwamm (Fomes fomentarius), der Flache Lackporling (Ganoderma applanatum) (Abbildung 5), der Schuppige Porling (Polyporus squamosus), der Austernseitling (Pleurotus ostreatus) (Abbildung 6) und der Behangene Seitling (P. dryinus) (Butin 2011).
Aber auch der Riesenporling (Meripilus giganteus), mit seiner im Verhältnis zur Größe nur sehr kurzen Fruktifikationszeit im Herbst, kann als wurzelbürtiger Fäuleerreger selbst bei Bäumen, deren Krone noch voll belaubt erscheint, zum unerwarteten Umfallen durch Entwurzelung führen.
Artenvielfalt auf Lindenholz
Abbildung 5: Der Flache Lackporling
(Ganoderma applanatum), (Foto: A. Nannig)
Krieglsteiner (1999) konnte im Rahmen seiner Untersuchungen im Naturraum Mainfränkische Platten allein schon 146 holzbesiedelnde Großpilzarten an der Linde (Tabelle 2) nachweisen. Häufig war dabei das als Speisepilz sehr begehrte Stockschwämmchen (Kuehneromyces mutabilis), der im Bereich Mainfrankens nur an Lindenholz nachgewiesene Konidien-Schwarzbecher (Holwaya mucida) und der ebenfalls eng an die Gattung Tilia gebundene Linden-Zystidenrindenpilz (Peniophora rufomarginata).
Bei Pilzaufnahmen in der Rhön wies Krieglsteiner (2004) 31 Mykorrhiza-Arten, darunter zahlreiche Risspilze, einige Täublinge wie den sehr scharf schmeckenden Gelbfleckenden Täubling (Russula luteotacta) und mit dem Sommer-Trüffel (Tuber aestivum) auch eine in Deutschland durchaus verbreitete Trüffelart, 81 Holzbesiedler und sechs Streuzersetzer, darunter den Rettich- Helmling (Mycena pura) und den Knopfstieligen Büschelrübling (Gymnopus confluens), nach.
Oberfranken ein Eldorado für Lindenpilze
Abbildung 7: Fächermyzel des Hallimaschs (Foto: A. Nannig)
Dabei überraschte zunächst einmal schon, dass die größte Artenzahl im Monat April nachzuweisen war. So konnten bei einer einzigen Exkursion allein 50 Arten bestimmt werden. Insgesamt gelang ihm der Nachweis von 200 Pilzarten (einschließlich der 18 Schleimpilzarten). Darunter waren 58 Schlauchpilzarten und 86 Ständerpilzarten, einschließlich der Blätterpilze, Rindenpilze und Porlinge.
Weiterhin zahlreiche Deuteromyceten, also Pilzarten, die bislang nur in ihrer Nebenfruchtform bekannt sind.
Ergänzt mit Daten aus anderen Pilzaufnahmen in Nordwest-Oberfranken zeigt Engel insgesamt rund 300 Pilzarten an Lindenholz auf. Ergänzend konnte Engel nochmals weitere 116 Arten durch Befragungen von Mykologen für Mitteleuropa zusammentragen. Somit sind durch seine Arbeiten bereits über 400 Pilzarten an Linden nachgewiesen.
Abbildung 6: Der Austernseitling (Pleurotus ostreatus); (Foto: A. Nannig)
Weitere häufige Arten an Lindenholz waren der Graue Dachpilz (Pluteus salicinus), der Angebrannte Rauchporling (Bjerkandera adusta), der Gemeine Samtfußrübling (Flammulina velutipes s.l.) und das Gallertfleischige Stummelfüßchen (Crepidotus mollis).
Pilzgruppe | Deutscher Name | Wissenschaftlicher Name |
---|---|---|
Lamellenpilze | Rötender Schüppling | Pholiota tuberculosa |
Stockschwämmchen | Kuehneromyces mutabilis | |
Porlinge | Veränderlicher Spaltporling | Schizopora paradoxa |
Gallertpilze | Knorpeliger Drüsling | Exidia cartilaginea |
Becherförmiger Drüsling | Exidia glandulosa | |
Rindenpilze | Veränderlicher Rindenpilz | Hyphoderma mutatum |
Linden-Zystidenrindenpilz | Peniophora rufomarginata | |
Häutiger Lederfältling | Meruliopsis corium | |
Gefranster Rindenpilz | Steccherinum fimbriatum | |
Schlauchpilze | Orbilia inflatula | |
Lasiosphaeria ovina | ||
Konidien-Schwarzbecher | Holwaya mucida |