Michael Mößnang
Die mit ihren Kleinsten die ganze Welt begeistert - LWF-aktuell 130

Maria Sandners Mini-Geigen erobern die Welt

Ihre Geigen stehen bisher in der Türkei, Israel, USA und Deutschland. Man könnte durchaus auf ihnen spielen, aber zu einem virtuosen Geigenspiel sind sie dann doch nicht wirklich geeignet. Und dennoch: Ihre Geigen verkörpern allerhöchste Geigenbaukunst. Auch wenn sie nur 16 cm lang sind, werden sie exakt so gebaut wie ihre großen Geschwister: Maria Sandners Mini-Geigen begeistern zahllose Menschen auf der ganzen Welt.

Eine Frau hält eine Geige in der Größe einer Hand in die KameraZoombild vorhanden

Abb. 1: Maria mit Mini-Geige. (Foto: Thorsten Phillipps)

Geboren 1971 in Lübeck und aufgewachsen in der Lübecker Geigenbau-Werkstatt ihres Vaters Rudolf  Masurat atmete Maria von klein auf schon richtige »Holzwerkstatt-Luft«. Mit 23 Jahren zog es sie von der Ostsee in den 900 km südlich gelegenen Geigenbauort Mittenwald. Dort absolvierte sie an der Staatlichen Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau Mittenwald ihre dreijährige Ausbildung zur Geigenbauerin.

Und seit 2001 kann sich Maria Sandner »Geigenbaumeisterin« nennen. Eingeheiratet in die Mittenwalder Geigenbauer-Familie Sandner führte sie zwei Jahrzehnte lang den Familienbetrieb, bis sie sich 2020 als Geigenbau-Meisterin selbständig machte.

Der Traum von Mini-Geigen

Schon lange hegte Maria den Wunsch, Mini-Geigen zu bauen. Aber keineswegs Geigen, wie man sie für 5, 10 oder 20 Euro aus dem Puppenhaus-Sortiment kaufen kann. Nein – sie wollte schon lange mal wissen, wie klein man Geigen bauen kann – und zwar so wie sie es gelernt hat. »Wenn ich eine normale Geige baue, dann brauche ich etwa 200 Arbeitsstunden. Und für eine Mini-Geige, dachte ich, werde ich auch nicht viel weniger brauchen. Und da ich nie so viel Zeit übrig hatte, hab´ ich mich auch nie an das Experiment gewagt, Miniaturgeigen zu bauen.«

»Corona« stellte die Weichen

2020 hat Maria in dem beschaulichen Ort Wallgau bei Mittenwald den Sprung in die Selbständigkeit gewagt, da brach auch über Maria das Corona-Geschehen ein. Mit der Corona-Pandemie fing etwas an, mit dem Maria Sandner in dieser Weise nie gerechnet hatte. »Als wegen Corona plötzlich Aufträge wegbrachen, da hatte ich auf einmal Zeit – viel Zeit. Und das gab den Ausschlag, dass ich mich intensiv an das Projekt Miniaturgeigen heranwagte.«

Ein Filmchen für´s Internet

Seit 20 Jahren ist Maria auch Angestellte im Geigenbaumuseum Mittenwald, wo sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch die Museumsräume führt, dies und das erklärt und Fragen der Besucher beantwortet. Aus dieser Tätigkeit heraus war es ihr stets ein Anliegen, den Menschen den Werdegang einer Geige vom schlichten Holzbrett bis zum spielbereiten Instrument aufzuzeigen.

Und diese Entstehungsgeschichte wollte sie jetzt am Beispiel einer Mini-Geige demonstrieren. Mit ihrem Smartphone dreht sie ein erstes Filmchen, gerade mal paar Sekunden lang, wo sie einen der vielen Arbeitsschritte bei der Produktion einer Geige zeigte. Dann folgten schon ein zweites und ein drittes Filmchen. »Mittlerweile hab´ ich auf Instagram fast 100 Videos erstellt und viele tausend Anhänger. Ich hätte nie gedacht, dass diese Filmchen um die ganze Welt gehen und eine derartige Aufmerksamkeit erfahren.«
Aus Holz werden die Umrisse einer Geige geschnitzt

Abb. 2: Hohlkehle stechen (Foto: Fabian Roessler)

Es wird an der Schnecke einer kleinen Geige gearbeitet

Abb. 3: Schnecke putzen (Foto: Fabian Roessler)

Eine kleine Geige wird lackiert

Abb. 4: Lackieren (Foto: Fabian Roessler)

Eine kleine Geige wird mit einem Tuch poliert

Abb. 5: Polieren (Foto: Fabian Roessler)

Geigenbau – das Schönste im Leben

Wir sind im Holzwerkstatt-Wohnzimmer von Maria. Die Werkbank steht direkt vor einer langen Fensterfront, die den Blick ins Grün des Gartens frei gibt. Auf der Werkbank liegen Teile einer Mini-Geige, ein rundes Stemmeisen und ein Wölbungshobel, der keine 2 cm lang ist. Damit hobelt Maria eine leichte Wölbung aus dem Ahornboden der zukünftigen Mini-Geige.

»Geigenbauerin – das ist für mich der schönste Beruf, den es auf der Welt gibt. Ich arbeite mit einem wunderschönen Naturmaterial: Holz. Ich bringe meine eigene Handschrift rein. Jede Geige ist ein Unikat. Ich bin Handwerker und Künstler zugleich. Die Arbeit an einer Geige macht mich ruhig – ist Meditation pur. Und wenn eine Geige fertig ist, dann macht sie mit ihren Klängen und Melodien viele andere Menschen glücklich. Was will man mehr.«

Werdegang einer Geige

»Als Museumsführerin war es schon immer mein Anliegen, den Besuchern zu erklären und zu zeigen, wie aufwendig es ist, wie viele Arbeitsschritte nötig sind und wie viele Stunden drinstecken, bis eine Geige fertig ist.« Verständlich, dass es für Maria dann nur noch ein kleiner Schritt war, den »Werdegang einer Geige« in die Tat umzusetzen. In einer 30 x 40 cm großen/kleinen Vitrine wird in elf verschiedenen Exponaten die Entstehungsgeschichte einer Mini-Geige dargestellt.
Kleine Geigen und Rohlinge liegen umher

Abb. 6: Tummelplatz für Geigen (Foto: Axel Svehla)

Eine normal große Geige liegt neben einer Midi-Geige neben einer Min-Geige

Abb. 7: Normal – Midi – Mini (Foto: Axel Svehla)

Eine Frau spielt auf einer Geige

Abb. 8: Maria kann auch Geige spielen (Foto: Axel Svehla)

Eine Frau zeigt in einem Schaukasten die Bestandteile einer Mini-Geige

Abb. 9: Der Werdegang einer Geige (Foto: Axel Svehla)

Mini-Geigen aus Wallgau in die ganze Welt

Seit gut zwei Jahren befasst sich Maria nun schon mit dem Thema Miniaturgeigen. Sogar die renommierte Londoner Geigen-Zeitschrift ›The Strad‹ ist auf die Wallgauerin und ihre Mini-Geigen aufmerksam geworden und hat die kleinen Kunstwerke gelobt – natürlich in den höchsten Tönen. Ihre Miniaturgeigen verkauft sie in alle Welt. »Ich freu mich natürlich sehr, wenn andere Leute meine Geigen kaufen, aber es ist auch immer wieder schwer, wenn ich meine kleinen ›Babys‹ wieder hergeben soll. Nur meine erste Geige, die werd´ ich auf jeden Fall behalten, die hat hier bei mir ihren ganz besonderen Platz.«

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Autor

  • Michael Mößnang