Michael Mößnang
Der seine Nachbarn aus Holz schnitzt – LWF aktuell 128

Josef Brummer setzt seinen Freunden Denkmäler aus Fichte

So oft schon bin ich auf dem Weg in die Arbeit an den vier Herren, die dort auf einer Holzbank sitzen, vorbeigefahren. Jedes Mal ringen sie mir ein wenig Bewunderung ab – sitzen resp. stehen sie immer da draußen, bei Wind und Wetter, ob die Sonne scheint oder ob es regnet oder schneit. Das Wetter scheint ihnen nichts auszumachen. Und doch haben Sonne, Regen und Schnee den vier Männern gehörig Patina aufgetragen. Und das eine oder andere Moos scheint auch an den Gestalten Gefallen gewonnen zu haben.

Aus echtem Holz geschnitzt

Alter Mann steht neben zwei lebensgroßen Männern aus HolzZoombild vorhanden

Abb. 1: Josef Brummer mit seinen Nachbarn (Foto: F. Stahl)

Ja, diese vier Kerle sind noch aus echtem Holz geschnitzt – Tatsache. Ich park das Auto auf der anderen Straßenseite und gehe hinüber zu den vier Herren. Etwas rissig sind Haut und Haar, auch die Hüte und Hosen – und vor allem auf ihren Schuhen hat sich ein Belag aus Moosen gebildet.

Ich mache gerade ein paar Detailaufnahmen mit meiner Kamera, als ein älterer Herr über die Straße auf mich zukommt.

»Die Vier von Holzhausen« …

Vier lebensgroße Holzmänner sitzen auf einer BankZoombild vorhanden

Abb. 2: Im Jahr 2008 sahen die vier Herren noch frischer aus (Foto: Maibaumgesellschaft Holzhausen)

»Ja, die haben auch schon mal etwas frischer dreing’schaut«, ruft er mir entgegen. »Aber sie halten sich dennoch ganz passabel. Müssen halt doch einiges aushalten hier draußen auf ihrer Bank«, sagt etwas mitleidend der ältere Herr.

»Darf ich vorstellen – der da steht mit den Händen in den Hosentaschen, das ist der Hans, daneben sitzt der Konrad, und dann kommen der Sepp und der Xaver. Alles beste Spezeln hier aus’m Dorf.«

… und der Haus- und Hofschnitzer von Holzhausen

Nahaufnahme eines HolzherrenZoombild vorhanden

Abb. 3: Wind und Wetter hinterlassen nach Jahren halt doch deutliche Spuren (Foto: F. Stahl)

Der Herr, der mit festem Schritt auf mich zugeht, ist nicht irgendein Dorfbewohner, sondern es ist der Haus- und Hofschnitzer der Holzhausener – Josef Brummer. Der 69-Jährige hat die vier Mannsbilder unter dem Maibaum des 100-Seelen-Dorfes vor gut zwölf Jahren selbst geschnitzt. Und bereitwillig erzählt er mir weiter. »Diese Vierergruppe ist aus einer spaßigen Laune heraus entstanden.

Wir waren mal wieder zusammengesessen und haben rumgewitzelt, dass man den Nachbarn doch mal ein Denkmal setzen könnte – sie in Holz verewigen sollte. Und am nächsten Tag gleich hab ich damit ang‘fangen.«

Von des Schnitzers »Arbeit« hin zur »Meditation«

Traditionelle Hopfenpflücker aus HolzZoombild vorhanden

Abb. 4: Die Hopfenzupfer und die Kindergruppe (Foto: Deutsches Hopfenmuseum Wolnzach)

»Mit der Kettensäge hab ich die Herrschaften zuerst grob aus Fichtenstämmen rausgesägt und dann mit Stechbeitel, Stemmeisen und Schnitzmesser immer mehr die feinen Konturen rausgearbeitet: War ein ordentliches Stück Arbeit, ist mir aber doch ganz gut gelungen. Und als die hölzernen Vier fertig waren, da haben die echten Vier nicht schlecht gestaunt.«

Ja, da muss ich dem Josef durchaus recht geben. Ich würde es sogar als ›Meiserstück‹ bezeichnen. »Jetzt würd ich das Schnitzen nicht mehr als ›Arbeit‹ bezeichnen, heute ist das für mich eine Art von Meditation.«

Vom Landwirt zum Holzschnitzer

Hennen und Hähne in Lebensgröße aus HolzZoombild vorhanden

Abb. 5: Im Garten suchen Hahn und Hühner das ganze Jahr über nach Würmern und Schnecken. (Foto: F. Stahl)

Mit dem Sägen und Schnitzen angefangen hat Josef im Jahr 2004. Damals war er noch Landwirt, bewirtschaftete einen Hof mit 20 Hektar Fläche – zehn Hektar davon waren Hopfen – und 70 Zuchtsauen wollten auch noch versorgt werden. Da war zunächst nicht viel Zeit für das Schnitzen. Jetzt hat er seine Flächen verpachtet und kann sich umso mehr seiner Schnitzkunst widmen.

Das Holzschnitzen hat er sich selbst beigebracht. Lediglich einen einwöchigen Schnitzkurs hat er einmal belegt – 2005 im Lechtal in Österreich. »Um noch besser zu werden«, wie er stolz und mit einem verschmitzten Schmunzeln erzählt. »Und das Zeichnen hab ich dort gelernt und die Anatomie des Menschen studiert.«

Von Holzhausen in die Welt

Brautpaar aus HolzZoombild vorhanden

Abb. 6: Auch Farbe kommt ins Spiel bei dem modernen Brautpaar. (Foto: F. Stahl)

Mittlerweile ist Josefs Schnitzkunst weit über Holzhausen hinaus bekannt – nun ja, zumindest kann man Werke von ihm in Wolnzach vor dem dortigen Hopfenmuseum bestaunen. Im ›meistfotografierten Hopfengarten der Welt‹ stehen eine Hopfenzupferin sowie ein Hopfenmeister, der mit einer Stange Hopfenreben für die Handernte herunterreißt. Ein Bub schaut dem ›Stangler‹ bei der Arbeit zu, während sich ein Mädchen gerade vom Hopfenzupfen ausruht.

Auf der Kugler Alm in Oberhaching südlich von München sitzt der Wirt der Kugler Alm lebensgroß in Holz geschnitzt in seinem eigenen Biergarten, eine Maß Bier auf dem rechten Knie abgelegt, mit Trachtenjoppe und Gamsbart auf‘m Hut. Und eine Rotte Schweine samt Ferkeln – in Lebensgröße selbstverständlich und geschnitzt vom Brummer Josef aus Holzhausen – hat es sogar bis nach Hamburg geschafft, wo nun für die kleine Truppe das große Tor zu Welt weit offen steht.
Büste eines Mädchens aus Holz

Abb. 7: Büste der Enkelin Johanna (Foto: F. Stahl)

Büste eines Jungen aus Holz

Abb. 8: Büste des Enkels Benedikt (Foto: F. Stahl)

Büste eines Mädchens aus Holz

Abb. 9: Büste der Enkelin Afra (Foto: F. Stahl)

Der »Denkmalschnitzer« für Freunde und Nachbarn

Ein Mann in einer Werkstatt arbeitet an einer HolzzkulpturZoombild vorhanden

Abb. 10: Josef Brummer versteht es bestens, mit seinen Werkzeugen umzugehen. (Foto: F. Stahl,)

Die Arbeit geht dem »Denkmalschnitzer« nie aus. In seiner Werkstatt tummeln sich große und kleine Figuren. Aufträge kommen meist aus der Umgebung, aber auch für sich selber schnitzt er eifrig. Um sein Anwesen herum stehen einige Ergebnisse seiner Arbeit und geben Zeugnis von seiner Schnitzfertigkeit.

So scharren zum Beispiel Hahn und Hühner im Gras unter seinen Obstbäumen und an der Hauswand stehen eine Frau und ein Mann und beobachten die gackernde Schar. Aber ganz besonders stolz ist er auf die aus Lindenholz geschnitzten Köpfe seiner drei Enkel – da steckt nicht nur handwerkliches Können drin, sondern auch ganz viel Liebe.

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