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Borkenkäferjahr 2024
von Cornelia Triebenbacher, Tobias Frühbrodt, Karin Bork und Andreas Hahn
Die Witterung in diesem Schwärmjahr war durch hohe Niederschläge, aber auch durch hohe Temperaturen gekennzeichnet. Die bisher gemeldeten Borkenkäfer-Schadholzmengen liegen mit ca. 3,6 Mio. Efm (Stand: 30.9.24) gut 1 Mio. Efm unter den Mengen des Vergleichszeitraums im Vorjahr. Das Ausmaß der Schäden war jedoch nach wie vor auf sehr hohem Niveau. Auch in diesem Jahr gelang es dem Buchdrucker, bis in Höhenlagen von rund 800 m ü. NN eine dritte Generation und drei Geschwisterbruten anzulegen. Das lässt in großen Teilen Bayerns erneut eine hohe Ausgangspopulation für 2025 erwarten.
Ausgangslage für die Käfersaison 2024
Zwei schlechte Vorzeichen prägten die Ausgangslage für das Borkenkäferjahr 2024: Zum einen waren bayernweit sehr hohe Überwinterungspopulationen vorhanden. Zum anderen gab es insbesondere in den südlichen Landesteilen zum Schwärmstart reichlich besiedelbares Schadholz aus den Schnee- und Sturmbrüchen des vergangenen Winters.
Früher Start mit viel Bohrmehl
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Abb. 1: Die Schwärmverläufe des Buchdruckers in den Jahren 2022 bis 2024. (© LWF)
Die Käfersaison startete sehr früh mit teils sommerlichen Temperaturen bereits ab Anfang April (vgl. Abbildung1). Bayernweit registrierten wir in unserem dichten Netz aus Pheromonfallen ein sehr konzentriertes Schwärmen mit ungewöhnlich hohen Anflugzahlen. An einigen Monitoringstandorten, insbesondere in den Regionen Bayerischer Wald, Frankenwald und in Teilen des Fichtelgebirges, lagen diese bereits über der Warnschwelle für Stehendbefall von 3.000 Käfern/Falle/Woche. Aber auch in den tieferen Lagen in Niederbayern entlang von Inn und Donau, in der südlichen Oberpfalz und in Teilen Mittel- und Unterfrankens gab es wiederholt hohe Fallenfänge. Bis in die mittleren Lagen hinein wurden v.a. noch liegende Resthölzer der Sturm- und Schneebrüche aus dem Winter 2023/24 befallen. Aufgrund der intensiven Schwärmtätigkeit der Buchdrucker waren die noch liegenden Schadhölzer rasch besetzt und der Befall ging auf die stehenden Fichten in der näheren Umgebung über. Anfang Mai kam es vielerorts erneut zu einem konzentrierten Schwärmen zur Anlage der ersten Geschwisterbrut. Bis Mitte Mai wurden so viele Bohrmehlfunde im Borkenkäfermonitoring gemeldet wie seit 2019 nicht mehr.
Die im Mai folgenden langanhaltenden Regenfälle bei dennoch überdurchschnittlich warmen Temperaturen beeinträchtigten die Brutentwicklung wenig. Der viele Regen schränkte lediglich die günstigen Zeitfenster zum Schwärmen ein, was den Ausflug potenziell konzentrierte. Bereits unter der Rinde sitzende Käfer konnten unter günstigen Bedingungen weiter Eier ablegen und auch die Larvenentwicklung ging zügig weiter. Die vielen Niederschläge machten die Fichten zwar auch wehrhafter (gleichwohl die Schädigung mehrerer Trockenjahre nicht innerhalb weniger Monate kompensiert werden kann), aber sie erschwerten gleichzeitig auch die Bohrmehlsuche. Wer bis zu diesem Zeitraum die Bäume der ersten Befallswelle ebenso wie das noch liegende Schadholz finden und aufarbeiten konnte, schaffte es, den weiteren Befallsdruck deutlich zu reduzieren.
Trotz hoher Niederschläge Entwicklung von drei Generationen
Mitte Juni begannen die Jungkäfer der 1. Generation mit einem massiven Ausflug zur Anlage einer 2. Generation. Dabei erreichten die Anflüge bayernweit Spitzenwerte von bis zu 16.000 Käfern/Falle/Woche. Der Befallsdruck war aufgrund dieser hohen Schwarmaktivität sehr hoch. Auch wenn sich Fichten im Hinblick auf die gute Wasserversorgung durch Harzfluss prinzipiell besser als in den Vorjahren gegen Befall wehren konnten, war in vielen Fällen aufgrund der schieren Menge an Buchdruckern unklar, in welcher Größenordnung die Fichten bei der Abwehr erfolgreich sein würden.
Gut einen Monat später, etwa Mitte Juli, schwärmten die Jungkäfer der 1. Geschwisterbrut zur Anlage einer 2. Brut aus. Bereits Ende Juli/Anfang August begann die Anlage der 3. Generation in Lagen von bis zu 800 m ü. NN. So überlagerten sich die Schwärmflüge mehrerer Bruten, und es war in diesen Wochen mit erheblichem Stehendbefall zu rechnen.
Auffällig war, dass durch die verbesserte Wasserversorgung im Frühjahr befallene Fichten erst spät mit Kronenverfärbung und Nadelverlust zeichneten. Häufig kam es zu Rindenabfall bei noch grüner Krone, so dass ein Großteil der Buchdrucker bereits ausgeflogen war, bevor der Befall festgestellt wurde.
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Abb. 2: Die Gefährdungs-einschätzungen von Buchdrucker und Kupferstecher durch die ÄELF 2024 zum Ende des Monitorings am 30.09.2024. (© LWF)
Auffällig war, dass durch die verbesserte Wasserversorgung im Frühjahr befallene Fichten erst spät mit Kronenverfärbung und Nadelverlust zeichneten. Häufig kam es zu Rindenabfall bei noch grüner Krone, so dass ein Großteil der Buchdrucker bereits ausgeflogen war, bevor der Befall festgestellt wurde.
Die Kältewelle in der zweiten Septemberwoche brachte das Schwärmen der Fichtenborkenkäfer im Gegensatz zu den letzten Jahren verhältnismäßig früh zum Erliegen. Auch die erneuten höheren Temperarturen Mitte September änderten daran nichts mehr. Neue Eiablagen wurden im September kaum noch gemeldet. Die 3. Generation hat sich bis zum Ende des Monitorings in vielen Regionen an sonnigen Standorten bereits zu fertigen Jungkäfern entwickelt. Die 3. Geschwisterbrut befand sich Ende Oktober in den Bruthölzern im Larven- bis Puppenstadium und hatte in weiten Teilen Bayerns damit gute Chancen, sich bis zum Wintereinbruch weitestgehend fertig zu entwickeln.
Entwicklung in den höheren Lagen über 800 m ü. NN
In den höheren Lagen der Alpen (> 800 m ü. NN) war dieses Jahr etwas anders zu bewerten. Dort traf eine vergleichsweise geringe Ausgangspopulation schon im Frühjahr auf gut wasserversorgte Fichten, wodurch die Schaddynamik weiterhin auf einem niedrigen Niveau blieb. Entsprechend der geringeren Temperaturen mit zunehmender Höhenlage gehen wir in den höheren Lagen von bis zu zwei Generationen mit 2 Geschwisterbruten aus.
Befallsschwerpunkte
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Abb. 3: Gemeldete Borkenkäfer-schadholzmengen der ÄELF bis zum 3. Quartal. (© LWF)
Schwerpunkte in der Buchdruckeraktivität waren die nördlichen Teile Unter- und Oberfrankens, der Süden Mittelfrankens, Teile Niederbayerns einschließlich des bayerischen Waldes sowie das westliche Schwaben, insbesondere auch in den Gebieten mit vorjährigen Hagelschäden.
Die Schwerpunkte des Schadholzaufkommens lagen somit erneut im nördlichen Ober- und Unterfranken sowie im bayerischen Wald. Hinzu kamen die Sturm- und Hagelschadensgebiete in Oberbayern und Schwaben sowie in der südlichen Oberpfalz und in Teilen des niederbayerischen Tertiärs. Tendenziell konnte eine Abnahme der Schadholzmengen in den Schwerpunktbereichen festgestellt werden, dafür nahmen die Mengen – wenn auch auf erheblich niedrigerem Niveau – im südbayerischen Raum bzw. entlang der schwäbisch-bayerischen Schotterplatte leicht zu (Abbildung 3).
Kupferstecher
Der Kupferstecher war heuer nur lokal ein Problem und dies vor allem in Teilen Bayerns mit vorangegangenen Schäden. Entsprechend der guten Wasserversorgung traten Schäden vorwiegend an durchmesserschwachen Fichten auf. Erhöhten Kupferstecherbefall verzeichneten wir in Teilen Oberfrankens, der südlichen Rhön, der südlichen Oberpfalz und in den Schneebruch- und Hagelschadensgebieten in Südbayern.
Die Schadholzmengen lagen mit rund 200.000 Efm (Stand 30.9.2024) gut ein Drittel unter den Mengen des Vergleichszeitraums vom Vorjahr.
Ausblick
Die 2024 gemeldeten Schadholzmengen bis zum Ende des 3. Quartals liegen weiterhin auf einem hohen Niveau, auch wenn die Schadholzmengen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund ein Drittel zurückgegangen sind. Trotz dieser rückläufigen Schadholzmengen ist jedoch kein Ende der 2015 begonnenen Buchdrucker-Kalamität in Bayern in Sicht.
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Abb. 4: Buchdruckerbefall an einer bereits zeichnenden Fichte. (© T. Frühbrodt, LWF)
Allerdings ist die Einordnung der Populationsentwicklung des Buchdruckers zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend möglich. Dies wird erst nach Jahresschluss und dem Vorliegen aller Schadholzmengen möglich sein, die Befallsbäume beinhalten, die ab Oktober gefunden wurden. Beispielsweise wurden 2023 im letzten Quartal noch 1,5 Mio. Festmeter (knapp ein Viertel der Gesamtjahresmenge!) gemeldet. Letztlich ist ausschlaggebend, wie stark sich die oben diskutierten, gegenläufigen Faktoren (hohe Temperaturen, hohe Ausgangspopulationen, bessere Wasserversorgung) letztlich ausgewirkt haben und wie gut die rechtzeitige Aufarbeitung des Käferholzes geglückt ist.
Unabhängig davon, ob es im Jahr 2024 tatsächlich zu einer deutlichen Abnahme der Buchdruckeraktivität kam oder aber die Schadholzmengen des vierten Quartals nochmals für einen Anstieg sorgen, bleibt die Aktivität auch 2024 insgesamt auf einem hohen Niveau. Umso wichtiger ist es, jetzt noch im Winter die Weichen zu stellen, um für das kommende Frühjahr eine möglichst günstige Ausgangslage zu schaffen.
Sauber durch den Winter! Überwinterungsbäume suchen
Der Winter bis zum Beginn des nächsten Schwärmflugs Ende März ist ein wichtiges Zeitfenster für eine effektive Borkenkäferbekämpfung. In unseren Breiten überwintern über 70% der Buchdrucker unter bzw. in der Rinde und nur deutlich weniger als 30% im Boden. Dabei bleiben die Käfer entweder einfach im Brutbild, verkriechen sich in tiefere Schichten der Borke oder sie suchen sogar neue Bäume auf. Dort legen die Buchdrucker dann kurze, wellenartig geformte Überwinterungsgänge an. Überwinterungsbäume gilt es nun bis zum Start der neuen Borkenkäfersaison zu finden und aus dem Wald zu fahren. Sie sind aktuell erkennbar durch herabfallende Rinde (bei zum Teil noch grüner Krone), Nadelverfärbung und -verlust sowie Spechtabschläge.
Dabei ist die zeitnahe Entnahme wichtig, denn junge Entwicklungsstadien (Eier, Larve, Puppe) und Jungkäfer entwickeln sich auch im Spätherbst und Winter bei Temperaturen > 8 °C weiter. Erreichen sie dabei das Erwachsenenstadium, sind sie weitestgehend frostunempfindlich. Außerdem löst sich nach den ersten Frösten vermehrt die Rinde der Überwinterungsbäume ab. Die fertig entwickelten Käfer verbleiben dann entweder in der abgefallenen Rinde oder ziehen sich an milden Tagen aktiv in die Bodenstreu zurück und entziehen sich damit einer weiteren Entnahme. Das ist unbedingt zu vermeiden!
Vor der Fällung lohnt sich immer ein stichprobenartiger Blick unter und vor allem in die Rinde: Ist der Befall zu alt und sind alle Buchdrucker bereits ausgeflogen, kann der Baum aus Waldschutzsicht im Bestand verbleiben. Brechen Sie dabei die Rinde auf, denn Käfer ziehen sich auch in tiefere Zwischenschichten zurück.
Zusammenfassung
Hohe Niederschläge aber auch hohe Temperaturen bestimmten das Borkenkäferjahr 2024. Mit einem sehr frühen Schwärmbeginn Anfang April startete eine hohe Ausgangspopulation der Fichtenborkenkäfer. Sie traf auf reichlich besiedelbares Schadholz aus den Sturm- und Schneebruchschäden des Winters. Die Borkenkäfer konnten bis in mittlere Höhen von 800 m ü. NN 3 Generationen und 3 Geschwisterbruten anlegen. Befallsschwerpunkte lagen erneut im Norden Ober- und Unterfrankens und im Bayerischen Wald. Hinzu kamen die Sturm- und Hagelschadensgebiete im schwäbisch-oberbayerischen Tertiär. Für 2025 ist erneut von einer hohen Ausgangspopulation auszugehen. Für die kommende Borkenkäfersaison ist es entscheidend, dass die Käferdichte durch die Entnahme von Überwinterungsbäumen abgesenkt wird.
Literatur
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Weiterführende Informationen
Autoren
- Cornelia Triebenbacher
- Tobias Frühbrodt
- Karin Bork
- Andreas Hahn