Erholungsort Wald: den Alltag zurücklassen - LWF aktuell 134
von Anika Gaggermeier, Helena Eisele
Abb. 1: Viele Menschen nutzen den Wald, um dort sportlich aktiv zu sein. (© T. Hase, StMELF)
Für die meisten Menschen ist der Wald heutzutage nicht mehr Arbeitsstätte, sondern vielmehr ein Ort für Freizeitaktivitäten. Als Raum für Erholung und Naturerleben hat er in den letzten Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Die in diesem Artikel vorgestellten Ergebnisse einer Befragung verdeutlichen, auf welche Art und Weise die bayerische Bevölkerung den Wald zur Erholung nutzt und wie zufrieden sie mit ihren Waldbesuchen ist.
Im Projekt »Soziokulturelles Waldmonitoring Bayern – WaMos Bayern« wurde im Jahr 2020 in Anlehnung an Untersuchungen aus der Schweiz und Baden-Württemberg eine repräsentative Bevölkerungsumfrage von insgesamt 3.504 Personen zum Thema Wald erstellt und ausgewertet. Die Studie wirft einen aktuellen Blick auf das gesellschaftliche Stimmungsbild zu wichtigen forstpolitischen Fragen. Im dritten Beitrag unserer Artikelserie »Die Bayern und ihr Wald« beschäftigen wir uns mit der Erholung im Wald.
Aktivitäten und Intensität der Waldbesuche
Abb. 2: Die meisten Besucher gehen ein paar Mal im Monat für 60 bis 90 Minuten in den Wald (© LWF)
Wie intensiv nutzen Besucher den Wald für ihre Aktivitäten? Um dieser Frage nachzugehen, bietet sich eine Analyse der Besuchsdauer und -häufigkeit an. Ein »typischer« Waldaufenthalt dauert durchschnittlich 80 Minuten. 90 % der Befragten verbringen bis zu zwei Stunden im Wald, 58 % bis zu einer Stunde. Einige wenige Besucher führen auch drei oder sogar vier Stunden lang Aktivitäten im Wald durch (beispielsweise bei der Jagd). Betrachtet man die Häufigkeit der Waldbesuche, zeigt sich ein saisonaler Effekt im Nutzungsverhalten der bayerischen Bevölkerung. Im Frühjahr, Sommer und Herbst gehen 13 % täglich in den Wald, jeweils circa ein Drittel ein- bis zweimal in der Woche bzw. ein- bis zweimal im Monat und 20 % seltener oder nie. Im Winter nimmt die Anzahl der Waldaufenthalte ab. Befragte, die unabhängig von der Jahreszeit wenig Zeit im Wald verbringen, geben an, dass sie meist andere Orte wie z. B. einen eigenen Garten oder andere Grünflächen für ihre Freizeitgestaltung und Erholung nutzen. Darüber hinaus werden die Entfernung zum Wald, die Sorge um die Gesundheit (z. B. Zecken) oder ein Gefühl des Unwohlseins, wenn man allein im Wald unterwegs ist, als Gründe für seltene Waldbesuche angegeben.
Motive für den Waldbesuch
- Wunsch nach Erholung und Naturerleben: Waldbesucher genießen die gute Luft und die Möglichkeit, Natur hautnah zu erfahren; außerdem können sie hier den Alltag hinter sich lassen und abschalten.
- Sehnsucht nach Spaß und Aktivität: der Waldbesuch macht Freude, man kann sich dort sportlich betätigen (Radfahren, Joggen usw.) und soziale Kontakte pflegen, indem man dort Zeit mit Freunden und der Familie verbringt.
- Wunsch nach Einsamkeit: der Wald dient hier als Rückzugsort für den Menschen.
Zufriedenheit mit dem Waldbesuch
Abb 3: Hauptgründe, warum die Menschen in den Wald gehen (© LWF)
Will man von der bayerischen Bevölkerung wissen, warum ihnen der Wald so gut tut, zeigt sich ein differenziertes Bild (Abbildung 4). Ähnlich wie bei den Erholungsmotiven lassen sich die Ursachen, die das Wohlempfinden im Wald beeinflussen, zusammenfassen und auf zwei Aspekte reduzieren. Zum einen ist die Abwesenheit von Zivilisation und das Eintauchen in eine scheinbar »natürliche« Umgebung wichtig. Befragte, die diesen Aspekt für ihr Wohlbefinden betonen, wollen wenig Spuren der Forstwirtschaft im Wald sehen (67 % wichtig), den Eindruck eines Urwaldes erhalten (63 %) und verschlungene Waldwege vorfinden (55 %). Zudem möchten sie wenigen Menschen im Wald begegnen (68 %), für 67 % ist eine starke Abgrenzung von der Zivilisation für ihr Erholungserleben wichtig. Zum anderen wird angegeben, dass der Aspekt Ordnung und Zugänglichkeit des Waldes für das Wohlempfinden im Wald von Bedeutung ist. Hierfür sollten die Waldwege übersichtlich sein (51 %), der Wald sollte Ausblicke bieten und licht sein (32 %), aufgeräumt aussehen (19 %) sowie auch außerhalb der Waldwege gut begehbar sein (32 %).
Die einen erholen sich also im Wald, weil sie sich dort von ihrem Alltag distanzieren und eine scheinbar »wilde und ursprüngliche« Natur erleben können. Für andere ist es wichtig, dass der Wald ein ordentlicher und übersichtlicher Raum ist, in dem sie sich entspannen können. Offenbar erfüllt der Wald beide scheinbar gegensätzlichen Bedürfnisse.
Störungen beim Waldbesuch
Abb. 4: Wichtige Faktoren für das seelisches Wohlbefinden der Waldbesucher (© LWF)
Fragt man diejenigen, die sich an störende Situationen erinnern, explizit danach, welche negativen Erlebnisse dies waren, fällt am häufigsten der Begriff Müll (69 %). Des Weiteren werden Konflikte mit anderen Besuchern erwähnt. Zum Beispiel empfinden die Befragten Radfahrer (63 %), Spaziergänger mit Hunden (24 %) oder allgemein sich rücksichtlos verhaltende Menschen als störend (44 %). Auch zu viele Menschen im Wald werden negativ bewertet (20 %). Ebenfalls behindert Lärm durch Straßenverkehr (36 %) die Erholung. In der Holznutzung des Waldes (10 %) sowie dem Lärm durch Forstmaschinen (11 %) sehen nur wenige Befragte ein Ärgernis. Ebenso scheinen ein schlechter Wegezustand (7 %) und Wegesperrungen (4 %) nur selten negativ in Erinnerung zu bleiben.
Gerade Müll und Konflikte mit anderen Waldbesuchern sind zentrale Störungsmotive, die auch in anderen Studien bestätigt werden (Hunziker et al. 2011, Arzberger et al. 2015, Baumeister et al. 2022). Durch den Begriff »Müll« bringen Waldbesucher zum Ausdruck, dass Spuren der Zivilisation im Wald unerwünscht sind.
Fazit
Zusammenfassung
Die Bayern und ihr Wald – Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung zu Wald und Forstwirtschaft
Literatur
- Arzberger, M.; Gaggermeier, A.; Suda, M. (2015): Der Wald: ein Wohlfühlraum. LWF aktuell 107, S. 9-13.
- Baumeister, C.; Gerstenberg, T.; Plieninger, T.; Schraml, U. (2022): Geography of disservices in urban forests: public participation mapping for closing the loop. Ecosystems and People 2022, VOL. 18, NO. 1, S. 44-63.
- Derks, J.; Giessen, L.; Winkel, G. (2020): COVID-19-induced visitor boom reveals the importance of forests as critical infrastructure. Forest Policy and Economics, Volume 118, S. 102253.
- Ensinger, K.; Wurster, M; Selter, A.; Jenne, M.; Bethmann, S.; Botsch, K. (2012): Eintauchen in eine andere Welt“ – Untersuchung über Erholungskonzepte und Erholungsprozesse im Wald. Allgemeine. Forst- u. Jagdzeitung, 184. Jg., Nr. 3/4; S. 70-83.
- Hunziker, M.; Freuler, B.; Lindern von, E. (2011): Erholung im Wald: Erwartungen und Zufriedenheit, Verhalten und Konflikte. Forum für Wissen 2011, S. 43-51.
- Hunziker, M.; Lindern von, E.; Bauer, N.; Frick, J. (2012): Das Verhältnis der Schweizer Bevölkerung zum Wald. Waldmonitoring soziokulturell: Weiterentwicklung und zweite Erhebung – WaMos 2. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft.
- Koep, M.; Palm T.; Bethmann, S.; Schraml, U. (2019): Begegnungen im Wald – Immer konfliktgeprägt? FVA-einblick 1/2019, S. 13-18.
- Pauleit, S.; Lupp, G. (2016): Stadtwald 2050 – Ansprüche an den Wald der Zukunft. LWF aktuell 111, S. 6-9.