Schwierige Zeiten für kommunale Forstbetriebe - LWF aktuell 134
von Anika Gaggermeier

Der Klimawandel stellt Forstbetriebe vor große betriebswirtschaftliche Herausforderungen. Ein stetig steigender Aufwand für Klimaanpassungsmaßnahmen, Verkehrssicherung und Erholungsleistungen traf im Jahr 2020 auf fallende Holzpreise. Die Folge: es wird immer schwieriger, positive Betriebsergebnisse zu erzielen. Dies verdeutlichen auch die Ergebnisse des Testbetriebsnetzes Forst aus dem Jahr 2020. Wie gehen Kommunen mit der angespannten Ertragslage um, welche Handlungsoptionen nutzen sie? Anhand ausgewählter Beispielsbetriebe zeigt dieser Artikel Antworten auf.

Was ist das Testbetriebsnetz?

Diagramm zeigt dass die Reinerträge in 2019 und 2020 im Vergleich zu 2017 und 2018 gesunken sindZoombild vorhanden

Abb. 1: Reinertrag ohne Fördermittel nach Baumartengruppen im Körperschaftswald (© LWF)

Mit dem bundesweiten Testbetriebsnetz Forstwirtschaft (TBN Forst) existiert eine wichtige Datengrundlage für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Forstwirtschaft. Seit 1975/76 werden auf Bundesländerebene jährlich betriebswirtschaftliche Kennzahlen der teilnehmenden Köperschafts- und Privatwaldbetriebe erhoben und an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) weitergeleitet. Für Bayern erfasst diese Zahlen zentral die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Die Daten des TBN Forst fließen in den Agrarbericht des Bundes und der Länder ein und dienen als Grundlage für forstpolitische Entscheidungen. Aber auch Wissenschaft, Verbände und Verwaltungen greifen für ihre Arbeit auf die Ergebnisse zurück. Die Daten liefern Betriebe des Privat- und Körperschaftswaldes mit einer Waldfläche ab circa 200 ha sowie die Bayerischen Staatsforsten (als Gesamtbetrieb). Die Teilnahme ist freiwillig, 2020 beteiligten sich bundesweit 163 Waldbesitzende, davon 37 aus Bayern.

Ergebnisse des Körperschaftswaldes 2020

Die Herausforderungen für die kommunalen Forstbetriebe in Bayern sind vielfältig. Auch im Jahr 2020 hat sich dort die Ertragslage weiter verschlechtert. Die 23 teilnehmenden Betriebe ernteten 2020 im Durchschnitt 6,8 Fm/ha. Damit lag der Holzeinschlag zwar leicht über dem Vorjahresniveau, doch schon seit mehreren Jahren belasten niedrige Holzerlöse und ein hoher Anteil an zufälliger Nutzung (2020: 62 % des Einschlags), bedingt durch Sturm, Trockenheit und Käferbefall, die Waldbesitzenden. So verzeichnete der Fichtenholzpreis, den die teilnehmenden Körperschaftsbetriebe über alle Sortimente hinweg erzielt hatten, ein Rekordtief von 44 €/fm. Da das Einschlagsvolumen und die Holzpreise die Einnahmeseite der Betriebe zu knapp 90 % bestimmen, wirkt sich ein Verfall der Holzerlöse dementsprechend massiv auf den Gesamtertrag aus. Ohne Fördermittel betrugen die Einnahmen im Jahr 2020 372 €/ha (mit Fördermittel 439 €/ha). Seit 2016 sinken die Einnahmen der Testbetriebsnetzteilnehmer kontinuierlich, während die Ausgaben Jahr für Jahr steigen. Inzwischen verbuchen die Betriebe einen Aufwand von 562 €/ha (2019: 518 €/ha), wobei sich hier insbesondere die gestiegenen Ausgaben in den Bereichen Holzernte, Schutz und Sanierung sowie Erholung auswirkten. Die verschlechterte Ertragslage bei gleichzeitiger Aufwandssteigerung zeigt sich auch in den Reinerträgen: diese sind schon im dritten Jahr in Folge negativ. Inzwischen liegen sie durchschnittlich bei -189 €/ha ohne Förderung und erreichen damit nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 einen neuen Tiefpunkt. Vergleicht man die Betriebe differenziert nach Baumartengruppen, so zeigt sich, dass diese im Jahr 2020 durchweg rote Zahlen schrieben – sogar die von der Fichte dominierten Betriebe verzeichnen seit 2019 erhebliche Ertragseinbußen (Abbildung 1).

Was bedeuten diese Zahlen für den Einzelbetrieb? Wie gehen Betriebsleiter mit der schlechten Wirtschaftslage um und welche Maßnahmen ergreifen sie, um die kommunalen Forstbetriebe fit für die Zukunft zu machen?

Ingolstadt – Investitionen in den Wald

Hubert Krenzler in einem mit Schnee bedeckten WirtschaftswaldZoombild vorhanden

Abb. 2: Hubert Krenzler im Ingolstädter Betriebsteil Neuhau (© A. Gaggermeier, LWF)

Die schnell wachsende Stadt an der Donau ist Bayerns fünftgrößte Stadt und Stammsitz von Audi, einem der wichtigsten deutschen Industriebetriebe. Seit 1994 leitet Hubert Krenzler das stadteigene Forstamt. Zusammen mit einem Forsttechniker, einer Bürokraft, sechs Waldarbeitern und einem Auszubildenden bewirtschaftet er den 1.482 ha großen Forstbetrieb. Der Ingolstädter Wald mit einem durchschnittlichen Vorrat von 342 Vfm/ha hat inzwischen einen Laubholzanteil von über 50 % und ist geprägt von einer großen Vielfalt. Diese erweist sich als Chance für den Forstbetrieb, bringt aber auch betriebswirtschaftliche Herausforderungen mit sich, da die Waldflächen weit verstreut im ganzen Stadtgebiet und in den angrenzenden Landkreisen liegen.

Beispiel Waldgebiet Neuhau im Norden der Stadt: im 19. Jahrhundert wurde ein Großteil des städtischen Waldbesitzes parzelliert und per Los unter sämtlichen Bürgern der Stadt und den zugehörigen Dörfern verteilt. Folge der Privatisierung ist eine starke Gemengelage aus städtischem und privatem Besitz mit all seinen Herausforderungen bei der Bewirtschaftung. Den fichtendominierten Beständen setzten die Stürme 2004 und 2015 massiv zu, so dass die Holznutzung in diesen Jahren zu fast 100 % aus zufälligen Nutzungen bestand. Seitdem investiert die Stadt in den Umbau ehemals reiner Fichtenbestände in naturnahe und mischbaumartenreiche Wälder (Abbildung 2).

Ein weiteres wichtiges Waldgebiet bilden die sogenannten »Schütten«. Dies sind ausgedehnte Auwälder im Einzugsbereich der ehemals vielarmigen Donau. Probleme ergeben sich hier unter anderem durch das Eschentriebsterben, das zu einem großflächigen Ausfall der Esche auf diesen Flächen führt. In den letzten Jahren wurden zudem die ersten Fälle der Rußrindenkrankheit an Ahorn entdeckt, deren Folgen für die Bewirtschaftung noch nicht abschätzbar sind. Die schlechte Holzqualität der Auwälder (meist nur Brennholzsortimente) und der steigende Aufwand für die Verkehrssicherung belasten zusätzlich das Wirtschaftsergebnis des Forstbetriebs.

Eine Besonderheit des Ingolstädter Stadtwaldes ist im westlichen Stadtgebiet in Gerolfing zu finden. Dort liegt einer der wenigen Mittelwälder Oberbayerns. Der kulturhistorisch interessante und naturschutzfachlich wertvolle rund 100 ha große Wald besteht im Oberholz zu einem großen Teil aus Eichen. Diese werden nicht im Alter von 150 bis 200 Jahren als wertvolles Stammholz geerntet, sondern sollen auf Grund ihrer hohen ökologischen Bedeutung langfristig erhalten bleiben. Das Unterholz aus unterschiedlichen Straucharten, wie z. B. Hasel, wird in einem festen Turnus von zwanzig bis dreißig Jahren auf den Stock gesetzt und in der Regel als Brennholz verwertet.

Das Betriebsergebnis des Stadtwaldes Ingolstadt spiegelt die Vielfalt der Herausforderungen wider. Die letzten Jahre waren geprägt vom Käferbefall bei der Fichte, der Holzpreis war bayernweit extrem niedrig. Deshalb entschied sich der Betrieb, auch 2020 mit seinem Holzeinschlag unter dem Hiebssatz zu bleiben – mit der Folge, dass der Ingolstädter Stadtwald nun schon seit einigen Jahren rote Zahlen schreibt. Dennoch investiert die Stadt in ihren Wald. Zum einen hat sie sich zum Ziel gesetzt, ihren Besitz durch den Zukauf von Waldflächen zu arrondieren. Zum anderen konnte das Forstamt seit 2000 trotz der stetig steigenden Bodenpreise circa 40 ha Ackergrundstücke erwerben und aufforsten. Die Fläche des Ingolstädter Stadtwaldes soll, soweit es der städtische Haushalt zulässt, auch in Zukunft wachsen. Im Jahr 2019 wurde das »Eine-Million-Bäume-Projekt« gestartet mit dem Ziel, in den kommenden 30 Jahren insgesamt eine Million neue Bäume auf 200 bis 250 ha Erstaufforstungsflächen zu pflanzen. Damit will sich die Stadt fit machen für den Klimawandel und die städtische Ökologie sowie die Lebensqualität ihrer Bürger fördern. »Ein enormer Vorteil ist, dass die Stadt Ingolstadt unabhängig von den Gewinnen aus dem Forstbetrieb ist«, erklärt Hubert Krenzler. »Wir sind eine sehr junge und dynamisch wachsende Stadt und haben in den vergangenen Jahren von meist hohen Steuereinnahmen profitiert. Dies ermöglicht es uns, in den Wald zu investieren«.

Um das negative Betriebsergebnis auszugleichen, spielt das Vertragsnaturschutzprogramm des Freistaates Bayern eine zunehmende Rolle. Seit 2015 wurden auf einer Fläche von rund 232 ha Biotop- und Totholzbäume aus der Nutzung genommen. Hinzu kommen die Mittelwaldbewirtschaftung, Nutzungsverzicht inklusive Erhalt von Altholzinseln und die Schaffung lichter Waldstrukturen. All diese Maßnahmen werden mit einem Betrag von circa 42.000 € pro Jahr gefördert. Weitere Einnahmequellen des Forstbetriebs sind Dienstleistungen (z. B. Baumfällungsarbeiten) für Dritte wie beispielsweise das Liegenschafts- oder Umweltamt sowie die Bewirtschaftung des Forstbetriebes der Ingolstädter Kommunalbetriebe (245 ha). Diese Geschäftsfelder sollen auch zukünftig weiter ausgebaut werden.

Hafenlohr, Karbach, Rothenfels – dem Klimawandel mit Innovationen begegnen

Drohnenaufnahme eines Waldstücks mit absterbenden BuchenZoombild vorhanden

Abb. 3: Absterbende Buchen-bestände in Hafenlohr (© M. Huckle, AELF Karlstadt)

Die drei Spessart-Kommunen Gemeinde Hafenlohr, Markt Karbach und Stadt Rothenfels liegen im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart und sind Mitglieder der Verwaltungsgemeinschaft Marktheidenfeld. Die Betriebsleitung der zwischen 350 und 600 ha großen Körperschaftswälder erfolgt durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt. Revierleiter Matthias Huckle kümmert sich seit 2008 um die Wälder.

Hohe Laubholzanteile mit einem durchschnittlichen Vorrat von 260–290 Vfm/ha prägen die Kommunalwälder. Die Trockenheit der letzten Jahre hat die Wälder in der Region massiv belastet (Abbildung 3). Dass die Fichte mit den warmen Temperaturen nicht zurechtkommt, ist wenig überraschend – dass aber jetzt auf Teilflächen auch komplette Buchenaltbestände ausfallen, hat selbst Revierleiter Huckle überrascht.

»Es gibt nur sehr wenige Baumarten, die hier problemlos wachsen und die nicht in den letzten drei Trockenjahren gelitten haben«, erwähnt Matthias Huckle. »Die Eiche wird seit einigen Jahren vom Schwammspinner und Eichenprozessionsspinner beeinträchtigt. Den Eschen macht das Eschentriebsterben zu schaffen und auch die Ahornrußrindenkrankheit ist auf manchen Flächen schon aufgetreten.« Der hohe Anteil an absterbenden Beständen macht die Verkehrssicherung in den drei Spessart-Kommunen zu einem wichtigen Thema. Auch Matthias Huckle beschäftigt, wie die steigenden Verkehrssicherungskosten für die Sicherheit der Waldbesuchenden mit ökonomischen Belangen der Kommunen in Einklang gebracht werden können.

Matthias Huckle begutachtet einen Biotopbaum im herbstlichen LaubwaldZoombild vorhanden

Abb. 4: Matthias Huckle vor einem Waldkauz-Biotopbaum (© A. Gaggermeier, LWF)

Trotz der Belastung durch klimawandelbedingte Substanzverluste im Wald und niedriger Fichtenstammholzpreise sind jedoch alle drei Spessartkommunen weiterhin bereit, in ihren Wald zu investieren und ihren Revierleiter bei der Umsetzung von kreativen Ideen zu unterstützen. Ähnlich wie in Ingolstadt nutzt Matthias Huckle das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm als zusätzliche Einnahmequelle, z. B. für kartierte Biotopbäume (Abbildung 4). Ein weiterer Ansatz, den finanziellen Aufwand für die Kommunen zu reduzieren, sind Kooperationen mit dem Bergwaldprojekt e.V.. Jedes Jahr führt der Revierleiter Projektwochen durch, bei denen Unternehmen aus der Region mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen von Corporate Volunteering-Einsätzen Bäume pflanzen. Matthias Huckle hat gute Erfahrungen mit den betrieblichen Freiwilligenprogrammen gemacht, die vom Bergwaldprojekt e. V. organisiert und auch im Wald betreut werden.

Eine weitere Methode zur Senkung der Personalkosten ist die Käferbaumsuche mit moderner Drohnentechnologie. Allerdings sind dazu einige Investitionen notwendig. »Neben der Anschaffung einer passenden Drohne braucht es auch Zeit, sich in die Technologie einzuarbeiten und sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Luftraumnutzung und des Luftfahrtrechts auseinandersetzen. Es sind auch Nachweise, Genehmigungen und Versicherungen für den Betrieb der Drohne notwendig«, sagt Matthias Huckle. »Jedoch lohnt sich der Aufwand, denn nur so kann ich in kurzer Zeit große Flächen kontrollieren und die Daten direkt an meine Unternehmer weiterleiten.« Um die Logistikkette noch effizienter zu machen, nutzt er zusammen mit der örtlichen Forstbetriebsgemeinschaft eine Smartphone-Applikation zur Dokumentation von Käferbäumen und zur direkten Kommunikation mit den Unternehmern.

Warum lohnt sich eine Mitgliedschaft im Testbetriebsnetz?

Die hier vorgestellten Kommunen stehen beispielhaft für die bayerischen Testbetriebsnetzmitglieder und ihrem freiwilligen Engagement. Ihre Ideen und Erfahrungen können auch anderen Forstbetrieben nutzen. Eine Teilnahme am Testbetriebsnetz ist daher zwar aufwendig – das Ausfüllen der digitalen Erhebungsbögen kostet Zeit, die im Arbeitsalltag und besonders in Krisenzeiten knapp bemessen ist. »Trotzdem lohnt sich der Aufwand«, sagt Hubert Krenzler. »Die Kennzahlen des Testbetriebsnetzes weisen einen hohen Detailgrad auf und zeigen die wirtschaftliche Entwicklung eines Betriebes im Vergleich zum bayerischen Durchschnitt über mehrere Jahre hinweg auf. Außerdem ist die Vernetzung mit den Kolleginnen und Kollegen des Testbetriebsnetzes und der regelmäßige Austausch bei den jährlich stattfindenden Informationstreffen ein schöner Zusatznutzen.« Das bestätigt auch Matthias Huckle: »Die Unkostenvergütung von rund 400 € ist zwar eine schöne Wertschätzung, aber deswegen nimmt niemand am Testbetriebsnetz teil. Dafür braucht es Idealismus und Freude an betriebswirtschaftlichen Daten.«

Falls auch Sie sich am Testbetriebsnetz beteiligen wollen, wenden Sie sich gerne an uns.

Zusammenfassung

Die Auswertung des Testbetriebsnetzes spiegelt die wirtschaftliche Lage der Körperschaftswaldbetriebe wider. Aus den Ergebnissen des Jahres 2020 geht hervor, dass die Auswirkungen des Klimawandels (Stürme, Käfer, Trockenheit) und die niedrigen Holzpreise die Körperschaftsbetriebe belasten. Sogar die von der Fichte dominierten Betriebe verzeichnen erhebliche Ertragseinbußen. Am Beispiel der Stadt Ingolstadt sowie der Spessart-Kommunen Karbach, Rothenfels und Hafenlohr wird aufgezeigt, wie Kommunen mit der angespannten Ertragslage umgehen, welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen und welche Maßnahmen sie ergreifen, die Waldbewirtschaftung effizienter zu gestalten.

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Weiterführende Informationen

Informationen und Auswertungsergebnisse zum TBN Forst

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