Dietger Grosser und Gabriele Ehmcke
Das Holz der Winterlinde – Eigenschaften und Verwendung - LWF-Wissen 78
Erläutert werden das Holzbild sowie die Eigenschaften und Verwendung des Holzes der Winterlinde (Tilia cordata). Zwischen Winterlinde und Sommerlinde (Tilia platyphyllos) bestehen keine nennenswerten Eigenschaftsunterschiede. Die Linden liefern ein weiches, hellfarbiges, schlichtes Holz ohne deutliche Zeichnung, das mittelschwer ist, dabei zäh, aber wenig elastisch und fest.
Es zeichnet sich nach der Trocknung durch ein gutes Stehvermögen aus und lässt sich leicht und sauber bearbeiten, insbesondere in jede Richtung hervorragend schnitzen und drechseln. Auch ist Lindenholz ausgezeichnet zu beizen und einzufärben. Hauptverwendungsbereiche sind seit jeher die Bildhauerei, Schnitzerei und Drechslerei. Im Möbelbau wird es als Imitationsholz für Nussbaum und Kirschbaum für geschnitzte Teile, Zierleisten und Kassettenfüllungen eingesetzt.
Abbildung 1: Stammscheibe einer Linde. Splint- und
Kernholz gleichfarbig. (Foto: Holzforschung München)
Als reiner Straßen- und Parkbaum kultiviert spielt sie als Nutzholzlieferant keine Rolle. Festzustellen ist zunächst, dass die verschiedenen Lindenarten in ihren makroskopischen und mikroskopischen Merkmalen weitestgehend übereinstimmen, so dass ihr Holz sich nicht sicher voneinander unterscheiden lässt. Ebenso bestehen zwischen dem Holz der Winterlinde und dem der Sommerlindekeine nennenswerten Unterschiede in den technologisch-mechanischen und verarbeitungstechnischen Eigenschaften. Deshalb wird bei der Verwendung von Lindenholz auch kein Unterschied zwischen diesen beiden Baumarten gemacht, auch wenn der Winterlinde vielfach das etwas schwerere, dichtere und härtere Holz zugesprochen wird.
Unabhängig davon ist die Winterlinde als Nutzholzlieferant von ungleich größerer Bedeutung als die Sommerlinde. So ist es vornehmlich die Winterlinde, die als Wirtschaftsbaumart forstlich angebaut wird, während die Sommerlinde vielmehr ihre Bedeutung außerhalb des Waldes als beliebte und überall anzutreffende »Dorflinde« hat. Im Freistand gewachsene Bäume sind bekanntlich kurzschäftig und grobastig. Deshalb ist ihr Holz zumeist für bessere Verwendungszwecke nicht verwertbar.
Holzbeschreibung
Die wasserleitenden Gefäße sind mit tangentialen Durchmessern von 70 bis 90 μm recht fein und auf dem Querschnitt erst unter der Lupe besser zu erkennen (Abbildung 3). Sie sind gleichmäßig über den Jahrring verteilt und somit zerstreutporig angeordnet, dabei ausgesprochen zahlreich und nicht selten in kurzen radialen Gruppen wie auch kleinen Nestern angelegt. Die ersten Gefäße eines Jahrringes bilden – als für Linden charakteristisches Merkmal – einen mehr oder weniger geschlossenen Porenkreis (Abbildungen 3 und 4).
Unverwechselbares Merkmal des Lindenholzes, das allerdings erst mikroskopisch nutzbar ist, sind die dichtgestellten spiraligen Verdickungen auf den Innenwänden der Gefäße (Abbildung 5). Sie ermöglichen selbst an kleinsten Holzsplittern eine zuverlässige Artbestimmung. Ähnlich wie die Gefäße sind auch die schmalen und ziemlich weit gestellten Holzstrahlen auf dem Querschnitt dem freien Auge nur wenig deutlich (Abbildung 3).
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Den sehr homogen aufgebauten Jahrringen entsprechend sind die Längsflächen nur leicht gefladert (Tangentialschnitt) bzw. gestreift (Radialschnitt). Die Linden liefern somit ein recht schlichtes Holz (Abbildung 2). Im Übrigen besitzt es einen matten Glanz. Frisch hat es einen arttypischen eigentümlichen, von Guggenbühl (1980) als seifenartig beschriebenen Geruch.
Gesamtcharakter
Eigenschaften
Holzarten | Holzarten Rohdichte (rN) in g/cm3 | Holzarten Rohdichte (rN) in g/cm3 |
Mittelwert | Grenzwerte | |
Laubhölzer | ||
Linde (TIXX) | 0,53 | 0,35 – 0,60 |
Schwarzpappel (PONG) | 0,45 | 0,41 – 0,56 |
Bergahorn (ACPS) | 0,63 | 0,53 – 0,79 |
Eiche (QCXE) | 0,71 | 0,43 – 0,96 |
Buche (FASY) | 0,71 | 0,54 – 0,91 |
Nadelhölzer | ||
Fichte (PCAB) | 0,46 | 0,33 – 0,68 |
Kiefer (PNSY) | 0,52 | 0,33 – 0,89 |
Nomenklatur nach DIN EN 13556 (Ausgabe 10.2003); Werte nach DIN 68364 (Ausgabe 05.2003); Grosser und Zimmer (1998).
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Es ist mühelos zu sägen und zu hobeln, vor allem aber in jede Richtung hervorragend zu schnitzen und zu drechseln. Auch ist es gut zu schälen und zu messern. Es kann leicht gespaltet werden, nicht aber in glatte Flächen. Nagel- und Schraubverbindungen halten gut. Die Klebfestigkeit ist dagegen teilweise unbefriedigend. Oberflächen lassen sich problemlos polieren, ausgezeichnet einfärben und beizen. Auch bereitet die Behandlung mit Lacken keine Schwierigkeiten. In Kontakt mit Eisen ergeben sich bei Feuchtigkeit grauschwarze Verfärbungen. Umgekehrt wird das Eisen korrodiert. Ansonsten ist Lindenholz trotz seines relativ hohen Extraktgehaltes von bis zu 10 % chemisch inaktiv.
Nomenklatur nach DIN EN 13556 (Ausgabe 10.2003); Werte nach DIN 68364 (Ausgabe 05.2003); Grosser und Zimmer (1998); Sell (1997).
Nomenklatur nach DIN EN 13556 (Ausgabe 10.2003); Grosser und Zimmer 1998.
Verwendungsbereiche
Wegen ihrer regelmäßigen Verwendung in der Sakralkunst des Hoch- und Spätmittelalters zur Anfertigung von Kruzifixen, Heiligen- und Apostelfiguren und dergleichen wurde Lindenholz auch als »Lignum sacrum« (heiliges Holz) bezeichnet.
Auch im heutigen Schnitzereigewerbe ist Lindenholz hoch geschätzt unter anderem für die Herstellung von Madonnen, Krippenfiguren oder Kreuzen. Des Weiteren werden daraus Fastnacht-Masken, wie sie insbesondere in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht getragen werden, Marionettenpuppen und die Köpfe von Handpuppen gefertigt (Abbildungen 9 und 10, links). Ebenso wird Linde vielfältig für flächige Schnitzarbeiten, wie z. B. für die Frontpartien der Kuckucksuhren eingesetzt (Abbildung 10, Mitte).
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Der Bedarf liegt allerdings deutlich höher, so dass vielfach das Holz der leichter beschaffbaren Weymouthskiefer und Zirbelkiefer als Schnitzholz eingesetzt wird. In der Stilmöbelanfertigung wird Lindenholz gerne als Nussbaum- und Kirschbaumimitation oder lackiert für geschnitzte Teile wie Blattschnitzereien, Zierleisten und Kassettenfüllungen verarbeitet. Zuweilen wird es geschnitzt auch für ganze Möbelteile verwendet (Abbildung 10, rechts).
Früher wurde Linde im Möbelbau auch gerne als Blindholz und Absperrfurnier eingesetzt – ein Einsatzbereich, der eine regelmäßige Verfügbarkeit erfordert, die die Linde mit ihrem sporadischen Vorkommen nicht erfüllen kann. Dagegen ist sie nach wie vor als Blindholz gesucht für den Bau von Wendeltreppen. Zu erwähnen ist schließlich ihre Verwendung für Umrahmungen von Glasfüllungen wie auch für geschnitzte Spiegelrahmen.
Weitere Anwendungen
Abbildung 11: So genannte »Holzköpfe« in der
Hutmacherei (Foto: W. Teetz)
Gerne wird Lindenholz auch für Architekturmodelle eingesetzt. Weiterhin findet es zuweilen Verwendung unter anderem für Gießereimodelle, Spielwaren, Haushaltsgeräte, Bilderrahmen und Holzschuhe, ohne hier aber in Vergleich zu anderen Holzarten von größerer Bedeutung zu sein. Bleibt zu erwähnen, dass Lindenholz eine ausgezeichnete Zeichen- und Filterkohle liefert.
Zu den Einsatzbereichen, aus denen Lindenholz in der Zwischenzeit mehr oder weniger gänzlich verdrängt wurde, gehören Prothesen, Bleistifte, Zündhölzer, Garnspulen, Fassspunde, Stöpsel, Fässer und Behälter für trockene und geruchsempfindliche Waren, Holzflechtarbeiten sowie Holzwolle.
Auch die frühere Nutzung im Musikinstrumentenbau lässt sich aktuell nicht mehr nachweisen. Früher wurde auch der Bast der Lindenrinde in großem Umfang zur Anfertigung von Flecht- und Seilerwaren wie Matten, Säcke, Körbe, Schuhe, Seile und Schnüre sowie von Bindematerial im Obst- und Gemüsebau genutzt. Auch stellte der Schreiner lange Zeit seine Leimpinsel aus Lindenbast her. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich Lindenholz überall dort anbietet, wo ein leichtes, weiches, sauber zu bearbeitendes oder gut zu färbendes Holz verlangt wird.
Zusammenfassung
Die Linden liefern ein weiches, hellfarbiges, schlichtes Holz ohne deutliche Zeichnung, das mittelschwer ist, dabei zäh, aber wenig elastisch und fest. Es zeichnet sich nach der Trocknung durch ein gutes Stehvermögen aus und lässt sich leicht und sauber bearbeiten, insbesondere in jede Richtung hervorragend schnitzen und drechseln. Auch ist Lindenholz ausgezeichnet zu beizen und einzufärben.
Hauptverwendungsbereiche sind seit jeher die Bildhauerei, Schnitzerei und Drechslerei. Im Möbelbau wird es als Imitationsholz für Nussbaum und Kirschbaum für geschnitzte Teile, Zierleisten und Kassettenfüllungen eingesetzt.
LINDE
Friedrich Hebbel (1813 –1863)
Ich schritt vorbei an manchem Baum
Im Spiel der Morgenwinde,
Ich schwankte hin in wachem Traum
Und sah nicht, wie der Blinde.
Doch plötzlich fuhr ich auf im Traum
Und rief: »O Gott, wie linde!«
Ich fand mich unterm Lindenbaum,
Er hauchte Duft im Winde.
Ich aber sprach: »Du süßer Baum,
Dich grüßt wohl auch der Blinde,
Der deinen Namen selbst im Traum
Noch nie gehört, als Linde.«
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- Dietger Grosser
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