LWF aktuell 143
Meldungen - LWF aktuell 143

Die Rubrik Meldungen enthält für Sie in aller Kürze wichtige Informationen zu Themen der Forstwirtschaft, des Naturschutzes, der Jagd und anderer relevanter Umweltbereiche in Bayern und Deutschland.

LWF-Wildtierbiologie im internationalen Austausch

Mitarbeitende der LWF-Stabsstelle »Wildtierbiologie, Wildtiermanagement« waren in den letzten Monaten auf Kongressen und Tagungen unterwegs, um sich mit Fachkolleginnen und -kollegen über den aktuellen Stand der Forschung auszutauschen. Mit ihrer Teilnahme stellt die LWF sicher, dass sich ihre Arbeiten, wie hier im Bereich Wildbiologie, ständig im Sinne einer Qualitäts­sicherung in der Diskussion mit der wissenschaftlichen Community befinden.
Zwei Personen vor einem PlakatZoombild vorhanden

Sophie Baur und Nicolas Cybulska (LWF) auf der Tagung der International Union of Game Biologists in Warschau/Polen (© LWF)

Tagung der International Union of Game Biologists
»Quo vadis wildlife management? The future of wildlife management in the evolving social and environmental realities« – so lautete das Motto der diesjährigen Tagung der International Union of Game Biologists, die vom 28. bis 31. August 2023 in Warschau/Polen stattfand. Dieser internationale Kongress bietet alle zwei Jahre eine Plattform, um neue Forschungsergebnisse zu präsentieren und zu diskutieren. Forschungsergebnisse aus Bayern stellten der Nationalpark Bayerischer Wald, die Technische Universität München (TUM, Arbeitsgruppe Wildbiologie und Wildtiermanagement) sowie die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) vor. Von Seiten der LWF referierte Nicolas Cybulska zum Thema »Wachstumsparameter als Indikator für Umweltveränderungen«. Dabei ging er auf die Wachstumsentwicklungen von Hinterlauf- und Unterkieferlängen des Gamswildes in Abhängigkeit von klimatischen Einflüssen in den ersten Lebensjahren ein (Projekt »Wildökologische Zonierungskonzepte«). Sophie Baur, Mitarbei­terin im Kooperationsprojekt »Wildtierrettungsstrategien«, hielt einen Vortrag zum Thema »Liegebettenselektion von Rehkitzen im Kontext der Frühjahrsmahd«. In dieser Analyse wurden in Zusammenarbeit mit Johanna Kauffert (TUM) die verschiedenen Einflussfaktoren von Rehgeiß und Kitz auf die Wahl des Liegebetts in landwirtschaftlichen Flächen betrachtet.
Gruppenbild in Castelporziano, ItalienZoombild vorhanden

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des VIII. EUROBOAR-Meetings in Castelporziano bei Rom/Italien (© F. Cagnacci)

EUROBOAR-Meeting
Das Schwarzwild stand im Mittelpunkt des VIII. EUROBOAR-Meetings vom 4. bis 8. Sep­­tember 2023 in Castelporziano bei Rom/Italien. Aufgrund der steigenden Schwarz­wild­bestände und der europaweit fortschreitenden Ausbreitung der Afrikanischen Schwei­nepest (ASP) rückt es zunehmend in den Fokus der wildökologischen Forschung und des Wildtiermanagements. 31 Schwarzwildexperten aus 11 europäischen Ländern und den USA fanden sich zusammen, um sich über aktuelle Fragestellungen zum Schwarzwild auszutauschen. Sie präsentierten Studienergebnisse z. B. zur Raumnutzung und Populationsentwicklung, zu Methoden der Tierseuchenbekämpfung, zur Virologie und Epidemiologie und stellten Empfehlungen für behördliche Entscheidungsträger vor. Darüber hinaus diskutierten die Spezialisten themenspezifisch in unterschiedlichen Arbeitsgruppen. Die LWF ist bereits seit 2020 Mitglied der europaweiten Kooperationsinitiative »EUROBOAR«, beim diesjährigen Treffen wurde sie durch Dr. E. Gleich vertreten.
Gruppenbild vor dem Plakat der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in LeipzigZoombild vorhanden

Vertreterinnen und Vertreter der LWF bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie in Leipzig (v.l.n.r.: Dr. Wibke Peters, Dr. Susanne Jacobs, Maresa Zierer, Dr. Hendrik Edelhoff) (© LWF)

Tagung der Gesellschaft für Ökologie
Eine weitere Gelegenheit zum Austausch über wildbiologische Themen ergab sich vom 12. bis 16. September 2023 in Leipzig: Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kamen dort auf der 52. Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ) zusammen. Unter dem Titel »Die Zukunft der Biodiversität – Überwinden von Skalen, Taxa und Reichen« bot die Tagung ein vielfältiges Angebot an Vorträgen und Postern. Die Breite der Themen – vom ökoakustischen Vogelmonitoring bis hin zur Waldrenaturierung in den Tropen – ermöglichte den Besuchenden, ihre Kenntnisse zu erweitern und in Kontakt mit Forschenden aus aller Welt zu kommen. Die Vorträge der Vertreterinnen und Vertreter der LWF (Dr. Wibke Peters, Dr. Hendrik Edelhoff, Dr. Susanne Jacobs, Maresa Zierer) zu Wildkatze, Gams und Interaktionen zwischen Schalenwild und Wolf stießen auf großes Interesse beim Publikum und führten zu einem regen Austausch. 2024 wird die Jahrestagung der GFÖ in Freising stattfinden.

Nicolas Cybulska, Sophie Baur, Dr. Egbert Gleich, Maresa Zierer

Wildtierbiologie

§ Wald im Recht - Verkehrssicherungspflicht im Wald
Viele Menschen nutzen den Wald für ihre sportlichen Aktivitäten. Dabei ist ein zunehmendes Angebot an neuen, zum Teil schnellen und »gefahrgeneigten« Sportarten (z. B. E-Biking) zu beobachten. Kommt es zu einem Unfall, stellt sich häufig die Frage, ob ein verantwortlicher Dritter – z. B. der Waldbesitzer – möglicherweise seine Verkehrssicherungspflichten vernachlässigt hat. Nach der Rechtsprechung beinhalten diese Pflichten, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft, im Falle einer Schädigung dafür haftet, wenn er nicht alles Zumutbare getan hat, um den Betroffenen vor Schäden zu bewahren. Eine Verkehrssicherung, die jegliche Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben aber nicht erreichbar. Deshalb ist lediglich das erforderlich, was ein umsichtiger, verständiger und gewissenhafter Mensch für notwendig und ausreichend halten wird, um andere Personen vor Schäden zu bewahren. Dabei muss grundsätzlich nicht vor solchen Gefahren geschützt werden, vor welchen sich die Betroffenen ohne Weiteres selbst schützen können. Insbesondere darf derjenige, der sich sehenden Auges in eine Gefahr begibt, nicht damit rechnen, dass ein anderer für seinen Schaden aufkommen wird. Im Zusammenhang mit Gefahren, die sich aus der Natur selbst ergeben – wie etwa dem Risiko umstürzender Bäume – gibt es kein festes Regelwerk für durchzuführende Kontrollen. Vielmehr richtet sich Häufigkeit und Umfang etwaiger Kontrollen nach Alter und Zustand der jeweiligen Bäume sowie nach dem Standort, auf dem sie sich befinden. Im Wald gibt es eine Besonderheit: Dort muss mit typischen Gefahren wie etwa herabbrechenden Ästen, Schlaglöchern, Totholz etc. bereits von vornherein gerechnet werden; der Besucher nimmt diese Gefahren durch seine Anwesenheit in Kauf. Verwirklichen sich diese sogenannten waldtypischen Gefahren, besteht regelmäßig kein Anspruch wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Eine solche Schädigung ist stattdessen dem sogenannten allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Im Waldbereich haftet der Waldbesitzer i. d. R. also nur für atypische Gefahren (z. B. unsicher gelagerte Holzpolter) – ob und inwieweit er jedoch tatsächlich haftet, ist Gegenstand von Einzelfallentscheidungen. Soll die Verkehrs­sicherung von der an sich pflichtigen Person auf Dritte übertragen werden (z. B. vom Waldbesitzer an den Betreibenden eines Waldkindergartens), bedarf es hierzu einer klaren Vereinbarung. Fehlt es an einer solchen, bleibt der originär Verkehrssicherungspflichtige weiterhin verantwortlich. Im Falle einer wirksamen Übertragung verbleibt bei ihm dagegen lediglich eine Aufsichtspflicht, die Verkehrssicherungspflicht im Übrigen geht auf den Übernehmer über.

Andreas Michl, LWF

Bild einer Bergkiefer mit braunen NadelnZoombild vorhanden

Symptomatik der Braunfleckenkrankheit durch Lecanosticta acicola an Pinus mugo im Hochmoor nahe des Staffelsees (© N. Burgdorf, LWF)

Lecanosticta-Projekte starten
Die Lecanosticta-Nadelbräune ist eine Schüttekrankheit der Kiefern: Sie verursacht braune Nadelspitzen, verzögertes Nadelwachstum und kann bei mehrjährigem Befall sogar zum Absterben der Bäume führen. Verursacher der sogenannten Braunfleckenkrankheit ist der aus Mittel- oder Nordamerika eingeschleppte pilzliche Erreger Lecanosticta acicola. In Europa befällt der Pilz neben ei­nigen nichtheimischen Kiefernarten vor allem Latschen (P. mugo), aber auch andere Kiefernarten wie Spir­ken (P. uncinata), Schwarz- (P. nigra) oder Waldkiefern (P. sylvestris). In Deutschland wurde der Pilz erstmals 1994 nachgewiesen und hat sich seitdem im Süden Bayerns ausgebreitet. Bisher waren vor allem Bergkiefern (P. mugo agg.) in Moorgebieten des Voralpenraums betroffen. In den vergangenen Jahren hat die Schaddynamik dort noch einmal deutlich zugenommen. Und zuletzt gab es auch erste Nachweise außerhalb von Mooren: 2022 wiesen Mitarbeitende der LWF den Pilz erstmals an Latschen im Wimbachgries nach (Nationalpark Berchtesgaden). Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten fördert nun ein Projekt (Laufzeit 2024-2026), im Rahmen dessen die LWF eine Verbreitungskarte des Erregers erstellt; es werden das Auftreten und die Befallsintensität von Lecanosticta acicola erfasst und mit Mikroklimaparametern sowie Bestandesstruktur­daten verschnitten, um Handlungsoptionen abzuleiten. Der Austausch mit der Technischen Universität München und dem Umweltministerium zu einem Projekt, das den Einfluss von Lecanosticta auf Biodiversität und Ökosystemprozesse im Gebirge untersucht (Laufzeit 2024-2027), wird weitere Erkenntnisse bringen.

Dr. Andreas Hahn, Dr. Nicole Burgdorf, LWF;
Prof. Dr. Rupert Seidl, TUM

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