LWF aktuell 138
Wald kompakt

Johann Seidl
Choriner Wald ist Waldgebiet des Jahres 2023

Das Bild zeigte eine Gruppe Studierender im Lehrwald ChorinZoombild vorhanden

Studierende im Lehrwald Chorin (© Bund Deutscher Forstleute)

Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) hat den nordöstlich von Berlin gelegenen Choriner Wald zum Waldgebiet des Jahres 2023 gewählt. Der Choriner Wald überzeugte den BDF durch seine Vorbildfunktion beim Waldumbau und durch seine Funktion als wissenschaftliches Lehrobjekt.

Das 8.800 ha große Waldgebiet rund um das gleichnamige Zisterzienserkloster liegt im Nordosten Brandenburgs im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Es ist überwiegend im Besitz des Landes Brandenburg und wird durch die Landeswaldoberförsterei Chorin betreut. Vor 250 Jahren war das Gebiet aufgrund Übernutzung weitgehend entwaldet, weshalb das damalige Forstpersonal die Wiederaufforstung des Choriner Waldes mit Pionierbaumarten wie der Kiefer veranlasste. Nun werden diese Kiefernwälder unter besonderer Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange zu naturnahen Buchen-Mischwäldern weiterentwickelt.
Die vielen eiszeitlichen Standorte des Choriner Waldes repräsentieren die Waldstandorte des ganzen nordostdeutschen Tieflandes – ideale Bedingungen also für Lehre und Forschung. Die forstliche Hochschulausbildung wurde deshalb bereits 1830 von Berlin nach Eberswalde verlegt, wo sie noch heute mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNEE) zu Hause ist. Auch andere wissenschaftliche Einrichtungen nutzen den Choriner Wald zu Forschungs- und Lehrzwecken, insbesondere das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) und das Thünen-Institut für Waldökosysteme. Sie unterhalten dort Versuchsflächen und Marteloskope – dies sind definierte Waldflächen, auf denen verschiedene waldbauliche Behandlungen und Nutzungsszenarien simuliert werden.

Dank des Klosters Chorin, das Zisterzienser- Mönche im 13. Jahrhundert gründeten, ist der Choriner Wald auch ein touristischer und kultureller Anziehungspunkt. Die örtliche Forstverwaltung bewahrte die Klosterruine Ende des 19. Jahrhunderts auf Empfehlung von Baumeister Schinkel und auf Weisung des preußischen Königs vor dem Verfall. Heute steht die historische Klosteranlage unter Obhut des Landes Brandenburg und der Gemeinde Chorin, sie ist Sitz der Landeswaldoberförsterei Chorin.

Der BDF verleiht die Auszeichnung zum Waldgebiet des Jahres seit 2012. 2022 erhielten die Erdmannwälder in Niedersachsen diesen Titel, in Bayern wählte der BDF 2017 den Frankenwald zum Waldgebiet des Jahres.

Norbert Wimmer
Förderung von Praxisanbauversuchen – Erste Ergebnisse

Das Bild zeigt eine Pflanzpalette voll kleiner Bornmüller TannenZoombild vorhanden

Bornmüllertannen für die Anlage eines Praxisanbauversuchs (© M. Gottsche)

Seit 2019 gibt es für private und kommunale Waldbesitzer die Fördermaßnahme »Praxisanbauversuche nichtheimischer Baumarten« (PAV) im forstlichen Förderprogramm (WALDFÖPR 2020). Bisher wurden 90 Anträge mit knapp 150 Teilflächen und einer Gesamtfläche von 23,5 ha realisiert. Grundlage für diese Praxisanbauversuche bildet die Leitlinie »Baumarten für den Klimawald«, in der nichtheimische Baumarten in vier Kategorien eingeteilt sind. Der überwiegende Teil der Anbauversuche wurde mit Baumarten der Kategorie 2 (»Eingeschränkte Anbauempfehlung «) angelegt.

Im Mai 2022 startete die erste jährliche Abfrage zur Entwicklung der Praxisanbauversuche. Dazu verschickte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Fragebögen an die geförderten Waldbesitzenden.

Für die vier Baumarten der Kategorie 2 lassen sich aus den Rückmeldungen folgende Entwicklungen ableiten:

  • Baumhasel (41 PAVs, 9,6 ha): gute bis sehr gute Vitalität – zufriedenstellende Qualität (Wuchsform) – Überlebensprozent: 87 % – meist verwendete Herkunft: »Bolu Seben«/türkische Schwarzmeerregion
  • Bornmüllertanne (17 PAVs, 4 ha): Vitalität und Qualität gut – Überlebensprozent: 80 % – meist verwendete Herkunft: »Boluo Kökez«/türkische Schwarzmeerregion
  • Atlaszeder (41 PAVs, 5 ha): Vitalität und Qualität gut bis sehr gut – Überlebensrate: 80 % – verwendete Herkünfte: »CAT 900« (70%), »Menerbe« (25 %)/Region Provence-Alpes-Côte d’Azur
  • Libanonzeder (32 PAVs, 4 ha): Vitalität und Qualität eine Stufe niedriger als bei Atlaszeder – Überlebensrate: 63 % – meist verwendete Herkunft: »Isparta« (70 %)/ Taurusgebirge, Mittelmeerregion

Bei allen Baumarten nannten die Waldbesitzer Trockenheit und Spätfrost als Hauptursachen für Ausfälle. Unterschiede bei den Ausfallraten hinsichtlich einzelner Herkünfte sind bislang nicht erkennbar.

Bei den Praxisanbauversuchen mit Baumarten der Kategorie 3 (»Bedingte Anbauempfehlung, nur unter wissenschaftlicher Begleitung«) lassen sich derzeit keine gesicherten Aussagen treffen. Grund hierfür ist, dass es sich meist nur um eine Fläche pro Baumart (12 PAVs mit insgesamt 0,65 ha) handelt. Lediglich beim Tulpenbaum existieren drei Anbauversuche mit sehr unterschiedlichen Ausfallprozenten.

Großer Dank geht an alle Beteiligten: Nur durch engagierte Beratung und zuverlässige Datenlieferung ist es der LWF möglich, Erkenntnisse aus dieser Fördermaßnahme zeitnah an die Praxis weiterzugeben.

Boris Mittermeier
Bayernweites Auerhuhn-Monitoring gestartet

Das Bild zeigt eine Gruppe von Auerhuhn-Kartierern im WaldZoombild vorhanden

Schulung der Auerhuhn-Kartierer in Pfronten (© C. Lieberth, LWF)

Das Auerhuhn (Tetrao urogallus) als größter Vertreter der Raufußhühner gilt als Schirmart naturnaher Bergwälder und ist als bayerischer Charaktervogel eine »Flaggschiff-Art« des Waldnaturschutzes. Es wird in der nationalen Roten Liste als »vom Aussterben bedroht « eingestuft, sowohl Kurzzeit- wie auch Langzeittrends der Bestände sind negativ. Aufgrund der Natura2000-Berichtspflicht müssen auch Bayern und damit die Bayerische Forstverwaltung die Trendentwicklung des Auerhuhns im 6-jährigen Turnus an die EU melden. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) startete deshalb ein bayernweites Monitoring für diese geschützte Art, nachdem 2021 ein Pilotprojekt am Großen Arber erfolgreich abgeschlossen wurde.

In allen relevanten Auerhuhn-Vorkommensgebieten Bayerns legte man über eine Raster-Inventur (analog zur Kartierung der Vogelschutzgebiete) 55 Probeflächen an – vom Fichtelgebirge über den Bayerischen Wald bis zu den Alpen zwischen Allgäu und Berchtesgaden. Ziel des Monitorings ist es, im 3-jährigen Turnus den Bestandstrend der Art zu ermitteln und Veränderungen wichtiger Habitatstrukturen aufzuzeigen, um notfalls gegensteuern zu können.

Zudem dienen die Aufnahmen dazu, gemeinsam mit externen Experten ein Netzwerk zum Schutz des Auerhuhns zu etablieren. Im Juni und Juli 2022 wurden daher bei vier bayernweiten Schulungen neben erfahrenem Forstpersonal auch Kollegen aus der Naturschutzverwaltung, Gebietsbetreuer, Mitglieder von Verbänden sowie engagierte Studenten und Privatpersonen in die Methodik des Monitorings eingewiesen. Das Interesse und die Motivation aller Beteiligten waren dabei erfreulich hoch – eine gute Voraussetzung, um die Akzeptanz des Verfahrens zu erhöhen und die Rolle der Forstverwaltung im Waldnaturschutz weiter zu stärken.

Ab Ende Juli 2022 erfassten 66 Kartiererinnen und Kartierer an insgesamt 2.371 Stichprobenpunkten sowohl wichtige Habitatstrukturen des Auerhuhns (z. B. Nadelholzanteil, Deckungsgrade oder Anteil der Beersträucher) als auch indirekte Nachweise wie Federn und Losung. Aufgrund des späten Kartierzeitraums nach Abschluss der Brutperiode ist diese Erfassungsmethode deutlich störungsärmer als die früher üblichen Balzplatzzählungen, zudem liefert sie aussagekräftigere Ergebnisse. In den nächsten Monaten erfolgt die Aufbereitung und Auswertung der Daten an der LWF – die Ergebnisse des ersten Monitoring-Durchgangs werden bereits mit Spannung erwartet und sollen in einer der kommenden LWF aktuell-Ausgaben veröffentlicht werden.

Thomas Börger
Holz aus Mischwäldern – und dann?

Auf dem Bild sieht man eine KlebstoffauftragsanlageZoombild vorhanden

Klebstoffauftragsanlage (© Holzforschung München)

Seit Jahren wird die Umgestaltung unserer Wälder hin zu stabilen und klimaresistenten Mischwäldern mit einem höheren Anteil an Laubbaumarten intensiv vorangetrieben. Die ökologisch vorteilhafte Vielfalt der Mischwälder stellt die wirtschaftliche Verwertung heranwachsender Holzsortimente vor große Herausforderungen.

Wichtig ist, sich frühzeitig Gedanken über deren Nutzungspotentiale zu machen. Wie können diese Sortimente ökologisch und ökonomisch wertschöpfend verwendet werden? In den letzten Jahrzehnten war der Bausektor der Großabnehmer des primär vorhandenen Fichtenholzes. Aber: Besteht im Bausektor auch Interesse an Holz aus Mischwäldern? Kurz gesagt: ja und das mit steigender Tendenz!
Das Bild zeigt einen Brettschichtholzträger aus BuchenholzZoombild vorhanden

Brettschichtholzträger aus Buchenholz (© Holzforschung München)

Der Bausektor verursacht unter Einbeziehung der Baustoffherstellung und des Transports weltweit schätzungsweise 40 % aller CO2-Emissionen. Der zunehmende Druck zur Reduktion dieser Emissionen und steigende Energiekosten machen Holz als Alternative zu Stahl, Beton und Ziegel immer attraktiver, ungeachtet der Holzart. Ein hohes Potenzial erwartet man von geklebten Produkten aus Massivholz. Diese werden in Europa oft mit Ein-Komponenten Polyurethan-Klebstoffen (1K-PUR) produziert. Bei Fichtenholz erlauben 1K-PUR-Klebstoffe kurze Presszeiten und somit einen wirtschaftlichen Durchsatz. Um die vermehrt auf den Markt kommenden (Laub-) Holzarten mit 1K-PURKlebstoffen zu verarbeiten, ist aktuell der zusätzliche Prozessschritt eines Primerauftrags notwendig. Primer sind Haftvermittler, womit schwer zu verklebende Materialien vorbehandelt werden. Alternativ kann man auf Klebstoffe einer anderen chemischen Basis zurückgreifen, was jedoch längere Presszeiten und ggf. Änderungen an den technischen Anlagen erfordert.

Mit dem Ziel, den Wechsel der Holzart für 1K-PUR-Anwender zu erleichtern, hat das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Forschungsprojekt »SicherHolzKleben« am Lehrstuhl für Holzwissenschaft an der TU München gefördert. Im Rahmen des Projekts untersuchte man detailliert die Funktionsweise von Primern. Dabei wurde z. B. analysiert, wie verschiedene Primer das Quellen und Schwinden von Buchen-, Birken-, Lärchen- und Douglasienholz beeinflussen und wie sie mit dem Klebstoff interagieren. Basierend auf den Ergebnissen wurden 1KPUR-Klebstoffe so modifiziert, dass kein zusätzlicher Primerauftrag erforderlich ist.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen