Wald kompakt - LWF aktuell 136

Redaktion
Die LWF auf der INTERFORST

Der gut besuchte Stand der LWF Zoombild vorhanden

© M. Schaller, ZWFH

Vom 17. bis 20. Juli 2022 fand die internationale Messe für Forstwirtschaft und Forsttechnik INTERFORST auf dem Messegelände in München statt. Sie verzeichnete 353 Aussteller aus 21 Ländern sowie 31.000 Besucher aus knapp 60 Ländern.

Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) war gleich mehrfach auf der Interforst vertreten: Am gemeinsamen Mes­sestand des Zentrums Wald-Forst-Holz (ZWFH) ebenso wie auf der KWF-Sonderschau »Waldumbau und Waldverjüngung«, beim KWF-Forum und auf der Grünen Couch des StMELF.
Am gut besuchten Stand des ZWFH zeigte die Abteilung »Informationstechnologie« den Messebesuchern, wie hochaufgelöste Luftbilder am Stereo-Bildschirm dreidimensional ausgewertet werden, um Merkmale geschädigter Bäume und Waldbestände wie Entlaubung, Laubverfärbung und Kronentotholz zu kartieren. Die Abteilung »Waldschutz« präsentierte zusammen mit der Firma BitApps Gmbh den Prototyp der »Waldschutzhelfer-App«.
Diese App unterstützt die Nutzer z. B. bei der Diagnose von Schadereignissen und bei der Erfassung von Schadorganismen. Zudem ermöglicht sie den Empfang aktueller Waldschutz-Informationen. Messebesucher konnten die App testen und im Rahmen einer Nutzerbefragung Kritik und Anregungen äußern. Vertreten am ZWFH-Stand war auch die Abteilung »Biodiversität, Naturschutz, Jagd«, die die wildbiologische Forschung an der LWF vorstellte. Besonderes Interesse zeigten die Besucher an den Methoden zur Datenerhebung, am Fotofallenmonitoring, am Einsatz von Telemetriehalsbändern sowie an der Losungskartierung von Arten.
Auf dem KWF-Forum der Interforst erläuterten Mitarbeiter der Abteilung »Boden und Klima« in ihren Vorträgen, welche Beratungshilfen die Bayerische Forstverwaltung bei der Frage nach der richtigen Baumartenwahl im Klimawandel unterstützen. Im Fokus standen dabei die beiden LWF-Praxishilfen »Klima-Boden-Baumartenwahl«, darüber hinaus gingen die Referenten auf weitere Beratungsinstrumente wie den digitalen Baumexperten, das Bayerische Standortinformationssystem (BaSIS) und den Leitfaden zum Klimawald ein. Beim Forstlichen Unternehmertag, der im Rahmen der INTERORST stattfand, war die LWF ebenfalls mit einem Vortrag vertreten. Die Abteilung »Forsttechnik, Betriebswirtschaft, Holz« zeigte auf, wie Holzernteverfahren an naturschutzfachliche Aspekte angepasst werden können.
Bei der »KWF- Sonderschau Wiederbewaldung« gestaltete die Abteilung »Waldbau und Bergwald« gemeinsam mit der Bayerischen Waldbauernschule Goldberg, dem forstlichen Bildungszentrum Laubau (BaySF) und der Bayerischen Landesunfallkasse einen Messeauftritt rund um die Pflanzung sowie zu Ergonomie und Arbeitsschutz.
Am letzten Tag der INTERFORST diskutierte LWF-Leiter Dr. Peter Pröbstle auf der Grünen Couch mit Dr. Norbert Schäffer, Vorstand Landesbund für Vogelschutz e. V. und Georg Schirmbeck, Präsident Deutscher Forstwirtschaftsrat, zum Thema »Waldnaturschutz mit Zukunft!«.
Dr. Christoh Straub erklärt einem Besucher die Auswertung hochaufgelöster Luftbilder

© C. Josten, ZWFH

Dr. Peter Pröbstle spricht mit einem Mikrofon auf der grünen Couch

© C. Josten, ZWFH

Dr. Tobias Mette auf der Bühne während eines Vortrages zur Praxishilfe im Waldbau

© C. Josten, ZWFH

Dr. Wibke Peters erläutert einem Besucher den Einsatz von Telemetriehalsbändern

© M. Lobinger, LWF

Ein Forstwirtschaftsmeister zeigt Politikern eine Methode aus der Waldbau-Praxis

© Messe München

Markus Blaschke & Dr. Angela Siemonsmeier, LWF
Der Pilz des Märchenwaldes

Fliegenpilze unterschiedlicher Größe. Zwei stehen, zwei liegen auf dem moosigen WaldbodenZoombild vorhanden

Fruchtkörper des Fliegenpilzes in verschiedenen Größen in einem Fichtenwald (© M. Blaschke, LWF)

Den Pilz des Jahres 2022 kennt jedes Kind: Es ist der Fliegenpilz (Amanita muscaria), der neben dem vierblättrigen Kleeblatt und dem Schornsteinfeger eines der beliebtesten Glückssymbole ist. Er gehört zur Gattung der Knollenblätterpilze und Wulstlinge (Amanita) und ist somit eng verwandt mit dem tödlich giftigen Grünen Knollenblätterpilz (A. phalloides) und dem Kegelhütigen Knollenblätterpilz (A. virosa). Die Kennzeichen der Gattung sind die weißen Lamellen bzw. Blätter auf der Unterseite des Hutes. Diese sind nicht am Stiel angewachsen, so dass sich beim Blick von unten ein Ring um den Stiel herum zeigt. Das markanteste Kennzeichen des Fliegenpilzes sind die weißen Punkte auf der roten Hutschicht, die ursprünglich von der schützenden Gesamthülle des Pilzes stammen. Im Gegensatz zu anderen verwandten Pilzarten reißt diese Hülle beim Strecken und Aufschirmen des Fliegenpilzes in viele Einzelteile auf. Die weißen Punkte des Fliegenpilzes sind nicht fest auf der Huthaut verwachsen – nach einem heftigen Regen sind deshalb auch Fliegenpilze ganz ohne Punkte zu finden.
Auch der Ring, der am Stiel verbleibt, ist ein Merkmal der Knollenblätterpilze. Vor der Sporenreife dient er als Teilhülle dem Schutz der Lamellen vor Fraßfeinden. Schließlich besitzt der Fliegenpilz als Vertreter der Knollenblätterpilze die Knolle an der Stielbasis, an der die Gesamthülle angewachsen war. Teile der weißen Gesamthülle bilden dort noch ringförmige bis flockige Strukturen um den Stiel.
Ökologisch gehört der Fliegenpilz zu den Mykorrhizapilzen. Er hat eine Vorliebe für die Fichte und die Birke als Partnerbäume, weshalb er in diesen Wäldern auch am häufigsten zu beobachten ist.
Der Fliegenpilz ist zwar nicht tödlich giftig, kann aber nach dem Verzehr Rauschzustände hervorrufen. Früher wurde er deshalb insbesondere bei sibirischen Volksgruppen in schamanischen Ritualen verwendet. Die Wirkung soll vor allem sedierender Natur sein – als Fliegengift ist er deshalb weitgehend ungeeignet, obwohl er dieser historischen Verwendung seinen Namen verdankt. Es gibt auch Berichte, wonach der Konsum von Fliegenpilzen Ursache für die sogenannte »Berserkerwut« der kriegerischen Nordgermanen ist. Diese Hypothese ist jedoch umstritten. In der Volksmedizin wurde der Fliegenpilz äußerlich als Heilmittel gegen rheumatische Beschwerden angewendet. Wenn auch nicht tödlich: vom Verzehr wird unbedingt abgeraten.

Dr. Herbert Borchert, LWF
Wie trocken muss Holz sein, damit es nicht verrottet?

Ein Gerät zur Messung des Sauerstoffverbrauchs liegt auf HackschnitzelnZoombild vorhanden

Messung des Sauerstoffverbrauchs (© N. Hofmann, LWF)

Holzhackschnitzel werden oft technisch getrocknet, insbesondere für die Verwendung in kleineren Feuerungsanlagen. Bis zu welchem Wassergehalt müssen sie getrocknet werden, damit sie ohne Substanzverluste gelagert werden können? Ein Wassergehalt um die 20 % sollte genügen, so lautet das Erfahrungswissen. Wissenschaftliche Belege dafür gab es bisher jedoch nicht. Forschende der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft haben dies jetzt untersucht. Hackschnitzel wurden auf unterschiedliche Wassergehalte eingestellt, in Eimer gefüllt und luftdicht verschlossen, anschließend wurde der Sauerstoffverbrauch über 48 Stunden gemessen. Aus dem Verbrauch des Sauerstoffs berechnete man den Abbau der Holzsubstanz. Anders als erwartet, gibt es keinen Wassergehalt, unterhalb dem der Trockenmasseabbau abrupt nachlässt. Auch bei sehr niedrigen Wassergehalten fand ein Abbau statt, wenngleich dieser gering war. Dafür können auch abiotische Oxidationsprozesse verantwortlich sein.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstellten eine Tabelle, aus der hervorgeht, welche Verluste bei unterschiedlichen Wassergehalten zu erwarten sind. So können Aufbereiter von Holzhackschnitzeln entscheiden, welche Holzverluste sie während des Lagerzeitraums in Kauf nehmen und die Hackschnitzel auf den entsprechenden Zielwassergehalt trocknen – eine Energievergeudung durch »Übertrocknung« kann dadurch vermieden werden. Einfluss auf den Abbau hatten auch die Temperatur, die Lagerdauer vor der Trocknung sowie das Sortiment. Es zeigte sich, dass bei sehr frischen Hackschnitzeln nach der Trocknung mehr abgebaut wird als bei älteren. Zudem führen höhere Lagertemperaturen nach der Trocknung zu höheren Substanzverlusten. Bei Hackschnitzeln aus Waldrestholz sind diese ebenfalls größer als bei Energierundholz. Die Untersuchung war Teil eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit dem Technologie- und Förderzentrum in Straubing (TFZ) und wurde vom bayerischen Landwirtschaftsministerium gefördert.

TFZ-Bericht Nr. 70 Externer Link

Dirk Schmechel, LWF
Weitersagen: So wichtig ist Wald, wenn’s heiß wird!

Eine Teilnehmer-Gruppe im Wald während des Waldpädagogik-ForumsZoombild vorhanden

Referent Albin Huber (Dritter von rechts) vom Walderlebniszentrum Roggenburg diskutiert mit einem der Workshop-Teams. (© C. König, Agentur Wetter-Klima-Umwelt)

18. Juli 2022, Ebermannstadt, sonnig bei 35 Grad – im »Zukunftswald« am Feuerstein hingegen 25 Grad unter schattigem Kronendach. Für die 40 Teilnehmenden des 6. LWF-Waldpädagogik-Forums wurde das angenehm kühle Innenklima des Waldes hautnah spürbar. Bei großer Hitze, die klimawandelbedingt immer häufiger zu erwarten ist, heißt es deshalb: Nichts wie rein in den Wald!

Gesagt, getan: unter dem Motto »Wald, Klima und Du« vermittelten die Referenten fundiertes Klima-Wissen an fünf Stationen im Wald und im Freiland an der neuen Umweltmessstation nahe der Burg Feuerstein. Vorgestellt und diskutiert wurden vielfältige Themen wie Bäume der Zukunft, Wald- und Naturschutz sowie Experimente und Aktivitäten. Darüber hinaus erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche waldpädagogischen Methoden geeignet sind, um diese Themen und Aktivitäten Zielgruppen näherzubringen.

Der breiten Bevölkerung Wissen über die Bedeutung unseres Waldes für all unsere Lebensbereiche zu vermitteln, ist eine wichtige Aufgabe der Forstverwaltung. Dieser Bildungsauftrag, genannt »Waldpädagogik«, dient dazu, Fakten zu liefern und komplexe Informationen zielgruppengerecht aufzubereiten – am besten mit motivierenden Impulsen zum eigenen Handeln. Die Zielgruppen reichen dabei vom Kindergartenkind bis hin zum passionierten Naturschützer im Rentenalter. Eine Mammutaufgabe also, gerade auch im Hinblick auf die Herausforderungen angesichts des Klimawandels, der für uns alle bereits sichtbar und spürbar ist.

»Noch nie war die Waldpädagogik so wertvoll und wichtig wie heute, denn der Wald im Klimawandel braucht dringend die Achtsamkeit, die ihm auf Grund seiner vielfältigen Leistungen für die Gesellschaft gebührt«, so Forumsleiter Dirk Schmechel, Leiter der Abteilung »Wissenstransfer, Öffentlichkeitsarbeit, Waldpädagogik« an der LWF. Die immense Nachfrage nach Waldpädagogik-Zertifizierungen spricht für sich. Wer Interesse hat, sich bei der forstlichen Bildungsarbeit zu engagieren, findet weitergehende Informationen in der waldpädagogischen Arbeitshilfe »Wald und Klimawandel«.

Arbeitshilfe »Wald und Klimawandel«

Dr. Hans-Joachim Klemmt, LWF
Bergwald verändert sich schneller

Blick von oben auf den Königssee im Nationalpark BerchtesgadenZoombild vorhanden

Inventurpunktaufnahmen im Nationalpark Berchtesgaden (© M. Neubert)

Dr. Dominik Thom und Prof. Dr. Rupert Seidl (beide Technische Universität München, Lehrstuhl für Ökosystemdynamik und Waldmanagement in Gebirgslandschaften) veröffentlichten im Journal Ecosystems eine Studie (Accelerating Mountain Forest Dynamics in The Alps), die die Veränderung der Entwicklungsgänge in unseren Bergwäldern infolge des Klimawandels aufzeigt. Grundlage hierfür waren Daten von 3.759 permanenten Forstinventurpunkten im Nationalpark Berchtesgaden, die im Anschluss dreier Wiederholungsaufnahmen zwischen 1982 und 2012 ausgewertet wurden. Die Untersuchung umfasste 30 potenziell erklärende Variablen sowie neun forstliche Struktur- und Artenparameter zur potenziellen Beschreibung der Veränderungen. Die räumlich-zeitliche Entwicklung erfassten die Wissenschaftler mit Techniken der Geostatistik, die Bedeutung der potenziell erklärenden Variablen über komplexe, regressionsähnliche Verfahren (Boosted Regression Trees).
Die Studie belegt, dass die Wälder im Nationalpark Berchtesgaden in den letzten 28 Jahren dichter, strukturell komplexer und artenreicher wurden. Die Geschwindigkeit der Veränderungen hat dabei in der Periode zwischen 1993 und 2012 im Vergleich zur vorhergehenden Aufnahmeperiode zugenommen. Die vorhandenen Bestandesphasen sowie das vorherrschende Klima zeigten sich als wesentliche Einflussfaktoren für die Entwicklungen, wobei beide Faktoren gegenläufige Effekte bewirkten. Während steigende Temperaturen die Veränderungen beschleunigt haben, dämpft die Waldentwicklung in Richtung später Entwicklungsstadien die temperaturbedingten Veränderungen.
Die Studie besitzt aus zwei Gründen eine hohe Relevanz für die Forstliche Praxis: Zum einen wurden Methoden auf permanente Forstinventurdaten angewendet und getestet, die zukünftig z. B. im Monitoring der bayerischen Naturwaldflächen Anwendung finden können und direkte Vergleiche mit Entwicklungen z. B. in Nationalparken ermöglichen. Zum anderen stellen die Ergebnisse dar, wie sich der Klimawandel auf die Entwicklung von Bergwäldern nach Aufgabe der Bewirtschaftung bisher ausgewirkt hat. Folgeuntersuchungen werden zeigen, ob sich diese Entwicklungen fortsetzen und ob Unterschiede zu bewirtschafteten Wäldern bestehen.

Accelerating Mountain Forest Dynamics in the Alps Externer Link

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