LWF aktuell 140
Diversität wurzelassoziierter Pilze in Rein- und Mischbestand von Kiefer und Buche
von Michael Heym, Karin Pritsch, Gerhard Schmied, Thorsten E. E. Grams, Hans Pretzsch, Max Roth und Fabian Weikl
Abb. 1: Beispiel einer Ektomykorrhiza an Kiefer (© Ingeborg Haug)
Pilze haben als Destruenten und Symbionten eine wichtige Bedeutung für Waldökosysteme und sind an der Regulierung biogeochemischer Zyklen wie des Kohlenstoff- und Stickstoffkreislaufs beteiligt. Hervorzuheben sind dabei die Mykorrhiza-Pilze, die in die Nährstoffaufnahme der Bäume eingebunden sind. Im Rahmen des Kooperationsprojekts »KROOF« wurde die Diversität wurzelassoziierter Pilze in Rein- und Mischbeständen von Kiefer und Buche untersucht.
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden zahlreiche Veränderungen des Klimas und Extremwetterlagen beobachtet (Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), 2021). Die damit verbundenen Folgeerscheinungen für Wälder wie z. B. Waldbrände und Insektenkalamitäten haben in den letzten Jahrzehnten zugenommen (Seidl et al., 2014). Vermehrte Trockenperioden und Hitzewellen führen bei Bäumen zu Wachstumsrückgängen (Fritts, 1976, Anderegg et al. 2020) oder zum Absterben großer Waldflächen (Allen et al., 2010). Die Anfälligkeit der Wälder ist dabei stark abhängig von Baumart, Standortsbedingungen und Bestandesstrukturen (Pretzsch et al., 2013, Schuldt et al., 2020). Kenntnisse über baumartenspezifische Stressreaktionen sind folglich unabdingbar.
Abb. 2: Karte Bayerns mit den Untersuchungsgebieten des KROOF-Projekts. Dargestellt sind die Fichten-Buchen-Flächen (grün) sowie die hier untersuchten Kiefern-Buchen-Flächen (braun). (© LWf)
Der Konzeptgedanke des KROOF-Projekts wurde 2019 um drei Standorte – zwei im Flachland, einer im Gebirge – ergänzt. Dabei stand die Mischung aus Kiefer und Buche im Fokus. Diese ist von besonderer Relevanz für die Praxis, da die Kiefer als trockenheitstolerantere Baumart gilt. Ein Schwerpunkt war die Analyse der Pilzgemeinschaften an den Feinwurzeln, insbesondere der Ektomykorrhiza-Pilze. Dabei sollten untersucht werden:
- Unterschiede in Zusammensetzung und Diversität wurzelassoziierter Pilze
- insbesondere Unterschiede in Zusammensetzung und Diversität der Ektomykorrhizapilze
- mögliche Zusammenhänge zwischen Einzelbaumzuwachs und Ektomykorrhizapilzen
Anlage der Versuchsflächen
Waldwachstumskundliche Aufnahme, Probenahme und Datenanalyse
Abb. 3: Anzahl unterschiedlicher pilzlicher Sequenzen in Rein- und Mischbeständen der Standorte Alzenau, Schrobenhausen und Bischofswiesen. Die Zahlen in den Überlappungsbereichen entsprechen der Anzahl übereinstimmender Arten. (© LWF)
Die Probenahmen der Pilzgemeinschaften fanden im Winter 2019/20 mittels Bodenbohrstöcken bei einer Beprobungstiefe von 30 cm statt. Zur Quantifizierung der Variabilität vorkommender Pilzgemeinschaften wurden je Parzelle fünf Teilflächen mit je 50 m² definiert. Innerhalb dieser wurden zehn zufällig verteilte Bodenbohrkerne entnommen und zu je einer Mischprobe vereinigt. Die DNA-Sequenzierung der Pilze an den Feinwurzeln erfolgte je Mischprobe. DNA-Sequenzen wurden mittels Datenbanken taxonomischen Einheiten zugeordnet (Nilsson et al. 2019). Ebenso war eine Zuordnung zu einem funktionellen »Ökotyp« wie z. B. saprotrophen, pathogenen oder symbiotrophen (z. B. Ektomykorrhiza) Pilzen möglich (Nguyen et al. 2016). Die Analyse erfolgte getrennt für die Diversität aller an den Wurzeln auftretenden Pilzen und der Ektomykorrhizapilze. Da die Sequenzierungsergebnisse der Buchenparzelle bei Bischofswiesen eine geringe Qualität aufwiesen, konnte nur etwa die Hälfte der zugehörigen Mischproben verwendet werden.
Zur Analyse eines potentiellen Zusammenhangs zwischen Pilzdiversität und Einzelbaumzuwachs dienten die beprobten Teilflächen der Standorte Alzenau und Schrobenhausen. Zunächst wurde auf jeder Teilfläche die Pilzdiversität, ausgedrückt über den Shannon-Index (Pilou 1966), ermittelt. Die Verschneidung mit den Einzelbaumzuwächsen erfolgte mittels baumindividueller jährlicher Kreisflächenzuwächse der gebohrten Bäume. Dabei wurden die mittleren Einzelbaumzuwächse der vergangenen zehn Jahre je Teilfläche und Baumart arithmetisch gemittelt.
Letztendlich lässt sich die Vielfalt der gesamten Pilzgemeinschaft sowie der Ektomykorrhiza aufgrund der geringen Stichprobendichte nur deskriptiv abbilden. Die Anzahl und Diversität wurde für alle Pilze sowie getrennt für die Gruppe der Ektomykorrhizapilze standortsübergreifend und innerhalb eines Triplets verglichen. Der Zusammenhang zwischen der Diversität von Ektomykorrhizapilzen mit dem Einzelbaumwachstum kann lediglich als Gesamtdatensatz sowie standortsbezogen ohne differenzierte Betrachtung der Einzelbaumdimension, Baumart und Parzelle dargestellt werden.
Unterschiede der Gesamt-Pilzdiversität und Ektomykorrhizadiversität
Abb 4a + b: Zusammenhang zwischen durchschnittlichem Kreisflächenzuwachs der letzten 10 Jahre in cm2 Jahr-1 und der Diversität der gesamten Pilzgemeinschaft (a) sowie der Ektomykorrhizapilze (b). Abgebildet ist jeweils der standortsunabhängige (grün) sowie der standortsabhängige Zusammenhang mit Alzenau (orange) und Schrobenhausen (blau). (© LWF)
Die Ektomykorrhiza-Pilzgemeinschaft weist in Schrobenhausen 106, in Bischofswiesen 89 und in Alzenau 45 unterschiedliche Arten auf (Abbildung 3 unten). In Alzenau und Bischofswiesen existieren in den Mischbeständen die höchsten Artenzahlen. In Schrobenhausen unterscheiden sich der Buchenrein- und Mischbestand nicht. Die parzellen-spezifische Verteilung der Mykorrhizapilze zeigt, dass in Alzenau und Bischofswiesen lediglich 3 bzw. 6 Arten auf allen Parzellen vorkommen, in Schrobenhausen hingegen 23 (Abbildung 3 unten). Auf den Standorten Alzenau und Bischofswiesen existiert in den Mischbeständen die höchste parzellen-spezifische Ausstattung (Alzenau: 10, Bischofswiesen: 28). In Schrobenhausen ist dies mit 19 Arten der Buchenreinbestand.
Die Verschneidung der Diversität aller Pilze (Shannon Index) mit den mittleren jährlichen Kreisflächenzuwächsen (cm² Jahr–1) zeigt eine positive, jedoch nicht signifikante Tendenz (Abbildung 4 a, oben). Mit zunehmender Pilzdiversität lässt sich ein höherer Kreisflächenzuwachs beobachten. Die standortsabhängige Betrachtung deutet auf einen positiven, nicht signifikanten Zusammenhang hin (Abbildung 4a unten).
Bei der standortsunabhängigen Betrachtung der Ektomykorrhizadiversität (Abbildung 4 b, oben) lässt sich ein signifikanter, positiver Zusammenhang feststellen, d. h., eine Zunahme der Mykorrhizadiversität geht mit höheren Kreisflächenzuwächsen einher. Die standortsabhängige Betrachtung zeigt für Alzenau keinen Einfluss der Ektomykorrhizadiversität, während er für Schrobenhausen positiv (nicht signifikant) erscheint (Abbildung 4 b, unten).
Diskussion und Ausblick
Die Verlinkung zwischen Ektomykorrhiza-Diversität und Einzelbaumzuwachs zeigt einen positiven Zusammenhang, insbesondere auf dem besser wasserversorgten Standort Schrobenhausen. Dies deckt sich mit einer von Anthony et al. (2022) veröffentlichten Studie, die nachwies, dass Unterschiede in der Zusammensetzung der Ektomykorrhiza-Pilzgemeinschaft einen größeren Einfluss auf das Baumwachstum haben als lokale Klimabedingungen wie Temperatur und Niederschlag oder Stickstoffeinträge. Eine höhere Diversität der Ektomykorrhiza führt auf dem trockenen Standort Alzenau zu keinem sichtbaren Einfluss auf den Einzelbaumzuwachs. Statt der Diversität könnten es eher spezialisierte Taxa sein, welche unter limitierenden Wuchsbedingungen eine höhere Relevanz für den Einzelbaum besitzen.
Weitere Untersuchungen, um die aufgeführten Annahmen und möglichen Zusammenhänge fundierter belegen zu können, sind unter Einbeziehung zusätzlicher Standorte, mehr Bodenproben sowie ergänzender Parameter wie Wasserhaushalt, Nährstoffgehalte und -umsätze im Boden/Wurzel/Baum-System notwendig. Diese und weitere Faktoren führen zu vielseitigen Wechselbeziehungen zwischen Zuwachs, Biodiversität und Klimawandeltauglichkeit der heimischen Bestände und werden in dem Projekt »Stabile Waldbestände durch Boden-Biodiversität« mit Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ab 2023 untersucht, um ihre Steuerungsmöglichkeit durch forstliche Maßnahmen aufdecken zu können.