Stephan Raspe, Nicole Foullois, Jörg Neumann und Lothar Zimmermann
Wasserversorgung für Wald und Mensch - LWF aktuell 126
Trends und Auswirkungen von Trockenjahren am Beispiel des Hochspessarts
In Zeiten des Klimawandels wächst das Interesse an der Wasserversorgung für Mensch und Natur. Dem Wald kommt dabei eine doppelte Rolle zu. Zum einen brauchen Bäume und alle anderen Tiere und Pflanzen im Wald Wasser zum Leben und Gedeihen, andererseits ist die Sickerwasserspende des Waldes für Grund- und Quellwasser von großer Bedeutung. Die Wasserversorgung von Mensch und Wald sind damit eng miteinander verknüpft. Am Beispiel des Hochspessarts werden die Entwicklung der Wasserversorgung für Wald und Mensch und die Auswirkungen der Trockenjahre 2018 und 2019 aufgezeigt.
Die in den letzten Jahren immer häufiger auftretenden Dürreperioden haben das öffentliche Interesse an der Wasserversorgung für Mensch und Natur stark erhöht. Bleiben über längere Zeit die Niederschläge hinter den Erwartungen zurück oder bleiben sie gar ganz aus, schaut man besorgt auf die Auswirkungen für Pflanzen, Tiere und Menschen. Wir können in diesem Beitrag nicht die ganze Bandbreite der Thematik abhandeln und setzten daher den Fokus auf die Wasserversorgung der Waldbäume und die für den Menschen wichtige Wasserspende aus dem Wald.
Lebensquell für Wald und Mensch
Wasser ist lebenswichtig für Wald und Mensch. Dabei sind verschiedene Ebenen zu betrachten. Während die Bäume das Wasser aus dem durchwurzelten Boden aufnehmen, ist für den Menschen vor allem das Trink- und Nutzwasser von Bedeutung. Alles Wasser stammt letztlich aus dem Niederschlag. Für den Wald ist vor allem wichtig, genügend pflanzenverfügbaren Wasservorrat in den oberen ein bis zwei Metern des Bodens zu haben. Dagegen nutzt der Mensch vor allem das innerhalb des Wasserkreislaufs nachgeschaltete Grundwasser. Überwiegend sind die Waldböden in Bayern ohne direkten Grundwasseranschluss.
Wasserspende und Trockenheit
Die Auswirkungen und Folgen von Trockenheiten können daher in den verschiedenen Bereichen sehr unterschiedlich sein. Das soll anhand von Fallbeispielen aus den Umweltmessprogrammen der Waldklimastationen (WKS) der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) sowie dem Integrierten Hydrologischen Monitoring (IHM) des Landesamtes für Umwelt (LfU) gezeigt werden. Dabei konzentrieren wir uns auf die Region des Spessarts, in der die »WKS Rothenbuch« und die IHM-Messfläche »Hochspessart« mit dem Wassereinzugsgebiet Metzenbach liegen.
Niederschläge im Winterhalbjahr nehmen aktuell ab
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Abb. 1: Noch führt dieser Quellbach ausreichend Wasser. (Foto: Boris Mittermeier)
Während ein Anstieg der Lufttemperatur in den letzten Jahrzehnten global, regional und lokal eindeutig belegt ist, sind die Trends beim Niederschlag weniger deutlich und müssen lokal differenziert betrachtet werden. Im KLIWA-Monitoringbericht wurde für das Gebiet des Spessarts im Zeitraum 1931 bis 2015 eine Zunahme der Niederschlagssummen im hydrologischen Winterhalbjahr um 5,5 % und eine Abnahme im Sommerhalbjahr um 12,9 % festgestellt (KLIWA 2017).
Betrachtet man jedoch nur die letzten 30 Jahre, so ist an der WKS Rothenbuch im Spessart eine leicht abnehmende Tendenz der Jahresniederschläge zu erkennen, die vor allem auf eine Abnahme der Niederschläge des Winterhalbjahres (November bis April) zurückzuführen ist (Abbildung 2). Die Niederschlagssumme in den Monaten des Winterhalbjahres nahm in den letzten 29 Jahren (1991–2019) im Vergleich zur klimatologischen Normalperiode 1961–90 von 534 l/m² auf 509 l/m² um 4,7 % ab.
Bei den Niederschlägen im Sommerhalbjahr (Mai bis Oktober) ist dagegen kein Trend zu erkennen, auch wenn vier der letzten fünf Jahre deutlich unter dem langjährigen Mittel lagen. Das Sommerhalbjahr 2018 war sogar das niederschlagärmste der gesamten Zeitreihe. Der Unterschied in der Niederschlagsentwicklung zwischen Winter- und Sommerhalbjahr ist auch für die Wasserversorgung von Wald und Mensch von großer Bedeutung.
Bäume brauchen genügend Wasser im Boden
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Abb. 2: Entwicklung der Niederschlagsmengen an der Waldklimastation Rothenbuch von 1989 bis 2019. (Grafik: LWF)
Für die Waldbäume ist vor allem das Wasserangebot während der Vegetationszeit von Bedeutung. Dabei kommt es nicht nur auf die aktuellen Niederschläge an, sondern in erster Linie auf das den Wurzeln im Boden zur Verfügung stehende Wasser, das natürlich seinerseits wieder vom Niederschlag gespeist wird. Der Boden stellt aber mit seinem Bodenwasserspeicher quasi einen Puffer dar, der die Wasserversorgung der Bäume auch über eine gewisse Zeit ohne Niederschläge gewährleistet.
Wie groß dieser Speicher ist, hängt maßgeblich von der Porenzusammensetzung des Bodens ab. In sehr feinen Poren (Durchmesser unter 0,2 μm) wird das Wasser aufgrund der Kapillarkräfte der Bodenmatrix sehr stark gebunden. Damit kann es von den Wurzeln, die Saugkräfte bis 15.000 hPa (15 bar) aufbringen können, nicht mehr aufgenommen werden. Man bezeichnet diesen Restwasseranteil im Boden als »Totwasser «. Bis zu einer Porengröße von 50 μm ist das Wasser dann in Mittel- und engen Grobporen im Boden immerhin noch so stark gebunden, dass es gegen die Schwerkraft gehalten wird.
Das heißt, in diesen Poren erfolgt keine nennenswerte Sickerwasserbewegung, es kann aber von den Wurzeln aufgenommen/genutzt werden. Man spricht von der »nutzbaren Feldkapazität«.
Grundwasserneubildung erst, wenn der Boden gesättigt ist
Erst in noch größeren Poren wird das Wasser nur noch mit Kräften unter 60 hPa (0,06 bar) gehalten, so dass es im Boden der Schwerkraft folgend versickern und letztlich zur Grundwasserneubildung beitragen kann. Eine nennenswerte Tiefensickerung findet daher erst statt, wenn die Böden soweit aufgesättigt sind, dass alle Fein-, Mittel- und engen Grobporen aufgefüllt sind und die »Feldkapazität « überschritten wird.
Das ist regelmäßig vor allem in den Wintermonaten während der Vegetationsruhe der Fall, wie permanente Messungen der Bodensaugspannung auf der IHM-Messfläche »Hochspessart« im Wassereinzugsgebiet des Metzenbaches seit 2001 bis heute zeigen. Die Auffüllung der für uns Menschen wichtigen Grundwasservorräte erfolgt daher hauptsächlich im Winterhalbjahr von November bis April.
Nutzung der Grundwasservorkommen – Öffentliche Wasserversorgung
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Abb. 3: Die jährliche Grundwasserneubildung im Spessart liegt seit dem Jahr 2003 ständig unter dem langjährigen Median. (Grafik: LWF, Quelle: LfU)
Die öffentliche Wasserversorgung stützt sich in Bayern zu mehr als 90 % auf Grund- und Quellwasser (Statistisches Bundesamt 2019). Eine nachhaltige Bewirtschaftung der entsprechenden Ressourcen hat deshalb einen hohen Stellenwert. Als ein wichtiges Maß für die natürliche Regenerationsfähgkeit der Grundwasservorkommen dient die Grundwasserneubildung.
Ausgehend vom Niederschlag wird sie als Teil der Wasserbilanz stark von den Verlustgrößen »tatsächliche Verdunstung« und »Direktabfluss« beeinflusst und reagiert damit als Bilanzrest besonders empfindlich auf Änderungen aller übrigen Wasserhaushaltsgrößen, zum Beispiel im Zusammenhang mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels.
Aus nutzungsbezogener Sicht spielt neben der Grundwasserneubildung auch die von der jeweiligen hydrogeologischen Situation regional unterschiedliche Ergiebigkeit der Grundwasservorkommen eine Rolle. Dieser wichtige Aspekt kommt auch in der Struktur der öffentlichen Wasserversorgung in Bayern zum Ausdruck. Während ergiebige Grundwasserleiter in der Regel durch Brunnen erschlossen werden können, ist die Wasserversorgung in weniger ergiebigen Bereichen oft verstärkt auf die Nutzung von Quellwasser angewiesen. In Trockenjahren wie 2015 und 2018 waren hier in Einzelfällen, insbesondere bei gering schüttenden Quellen, bereits zeitweise Versorgungsengpässe zu verzeichnen.
Auch in Anbetracht einer evtl. weiter zunehmenden Trockenheit in der Zukunft wird potenziell betroffenen Gemeinden daher seitens der Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung die Prüfung alternativer Versorgungsmöglichkeiten empfohlen (»zweites Standbein«).
Grundwasserstände und Quellschüttungen gehen zurück
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Abb. 4: Die Schüttung der Metzenbachquelle ist im Zeitraum 1988 bis 2019 deutlich zurückgegangen. Der Rückgang im Winterhalbjahr war stärker als im Sommerhalbjahr. (Grafik: LWF)
Als Folge der zumeist unterdurchschnittlichen Winterniederschläge seit 2003 ist die Grundwasserneubildung in Süddeutschland gegenüber dem Referenzzeitraum (1971–2000) bereits deutlich zurückgegangen (Kopp et al. 2018). So konnte mit Hilfe des länderübergreifend eingesetzten Bodenwasserhaushaltsmodells GWN-BW (Gudera & Morhard 2015) gezeigt werden, dass sich auf diese Weise inzwischen ein mittleres Defizit für Bayern in Höhe von 15 % aufgebaut hat.
Einzelne Extremjahre wie zuletzt 2018 erreichen dabei bayernweit sogar Abweichungen von mehr als 30 % vom langjährigen Mittel. Auffällig ist auch hier wiederum die Häufung unterdurchschnittlicher Jahre in der jüngeren Vergangenheit. Hinzu kommt die mit mehr als 17 Jahren außergewöhnliche lange Andauer der Trockenperiode. Auch während früherer Trockenjahre, zum Beispiel in den 1960er und 1970er Jahren, waren zum Teil bereits erhebliche Defizite der Grundwasserneubildung zu verzeichnen.
Im Gegensatz zur derzeitigen Situation wurden diese jedoch bereits nach deutlich kürzerer Zeit durch ausgeprägte Nassjahre mit nennenswerten Neubildungsüberschüssen wieder ausgeglichen. Mit dem aktuellen Winterhalbjahr 2019/2020 setzt sich die 2003 begonnene, langfristige Entwicklung in Bayern fort. Neben einem Niederschlagsdefizit in Höhe von 15 % für ganz Bayern wirkte sich auch der zuletzt nahezu völlig fehlende Schneespeicher zusätzlich ungünstig auf die Entwicklung der Grundwasserneubildung aus.
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Abb. 5: Die Metzenbachquelle nach einer Aufrüstung für kontinuierliche Quellschüttungsmessungen und Datenfernübertragung. (Foto: N. Foullois, LfU)
Vergleicht man die Situation im Spessart mit den Verhältnissen im übrigen Bayern, so fällt auf, dass die Schwankungsbreite der jährlichen Werte im Spessart höher ist. Das bedeutet, dass die Unterschiede zwischen Normal- und Extremjahren hier besonders groß sein können. Zugleich fällt das Defizit im Spessart mit einem Wert von 17 % sogar nochmals niedriger aus (Abbildung 3). Zum Ausgleich dieses mehrjährigen Wassermangels und zur nachhaltigen Wiederauffüllung der Grundwasserspeicher sind insbesondere überdurchschnittlich niederschlagsreiche Winter erforderlich. Modellrechnungen in Fallstudiengebieten haben jedoch gezeigt, dass einzelne Winter voraussichtlich nicht mehr ausreichen werden, um das entstandene mehrjährige Defizit vollständig kompensieren zu können (Neumann 2018).
Langfristige Änderungen der Grundwasserneubildung müssen zwangsläufig Auswirkungen auf Grundwasserstände und Quellschüttungen haben. So wurde bayernweit in den letzten Jahren eine stetig steigende Zahl von Niedrigstgrundwasserständen und -schüttungen an den staatlichen Messstellen registriert.
Der bisherige Rekordwert für Bayern wurde vor allem auf Grund der trockenen »Vorgeschichte « der vorangegangenen Jahre erst im Jahr 2019 erreicht (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2020). Zur Beschreibung der zeitlichen Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen können auch die tagesaktuell veröffentlichten Daten im Niedrigwasser-Informationsdienst Bayern (NID) herangezogen werden (www.nid.bayern.de). Eine statistische Auswertung und Einordnung der entsprechenden Datenreihen zeigt dabei, dass die größte Zahl an Messstellen mit niedrigen Messwerten sogar erst Ende Januar 2020 registriert wurde.
Auch an der Schüttung der Quelle des Metzenbaches im IHM-Messgebiet »Hochspessart « (Abbildung 4) lässt sich seit 1989 ein klar negativer Trend erkennen. Diese Entwicklung der Schüttungsmengen zeigt sich sowohl im Sommerhalbjahr als auch insbesondere im Winterhalbjahr. In den letzten Jahren war die Schüttung der Metzenbachquelle im Winterhalbjahr mit durchschnittlich 1,5 l/s nur noch halb so hoch wie zu Beginn der Messungen Anfang der 1990er Jahre.
Wassermangel im Boden führt zu Trockenstress für die Bäume
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Abb. 6: Die mittlere Anzahl der Tage mit Wassermangel hat an der WKS Rothenbuch von der Dekade 1990–1999 bis zur Dekade 2010–2019 kontinuierlich zugenommen. (Grafik: LWF)
Während der Vegetationszeit liegt die Bodensaugspannung im durchwurzelten Waldboden in der Regel zwischen 60 und 15.000 hPa, also im Bereich der nutzbaren Feldkapazität. Mit zunehmender Austrocknung nimmt der Füllstand des Bodenwasserspeichers ab und die Saugspannung, die die Wurzeln aufbringen müssen, um das Wasser aus dem Boden aufzunehmen, steigt an.
Ab einem Füllstand von weniger als 40 % der nutzbaren Feldkapazität kommt es zu Trockenstress für die Pflanzen, ab weniger als 30 % zu starkem Trockenstress. An der Waldklimastation Rothenbuch ist das nur in besonderen Trockenjahren wie 2003, 2015, 2018 und 2019 stärker der Fall. Besonders auffällig ist dabei die Häufung solcher Trockenjahre seit 2015 mit entsprechenden Auswirkungen auf die Wälder (s. Beitrag Zimmermann et al. 2020, S. 18 in diesem Heft).
Die Anzahl der Tage mit mangelhafter Wasserversorgung der Waldbäume (verfügbarer Bodenwasservorrat im Wurzelraum unter 30 % der nutzbaren Feldkapazität) nahm im Zehnjahresmittel vom Zeitraum 1990–1999 von vier Tage über zehn Tage (2000– 2009) auf 23 Tage im Zeitraum 2010– 2019 zu (Abbildung 6). Besonders lang anhaltender Trockenstress herrschte in den Jahren 2003 mit über 100 Tagen und 2018 mit sogar 131 Tagen mangelhafter Wasserversorgung.
Auch 2019 litten die Bäume an 71 Tagen unter massivem Trockenstress. Ansonsten ist die Wasserversorgung meist über die gesamte Vegetationsperiode hinweg ausreichend oder nur kurzzeitig eingeschränkt. In Trockenjahren ist der pflanzenverfügbare Wasservorrat im durchwurzelten Boden dagegen für mehrere Wochen nur noch mangelhaft und wurde zum Teil fast vollständig ausgeschöpft. Entsprechende Vitalitätseinschränkungen der Bäume sind die Folge (s. Beitrag Zimmermann et al. 2020, S. 18 diesem Heft).
Unterschiede bei Boden und Grundwasser
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Abb. 7: Füllstand des Bodenwasserspeichers der Waldklimastation Rothenbuch von Januar 2018 bis Februar 2020 (Grafik: LWF)
Was passiert nun in extremen Trockenjahren mit der Wasserversorgung für Wald und Mensch? Hierzu bilden die Jahre 2018 und 2019 ein geradezu ideales Anschauungsobjekt und können als »Stresstest « für die möglichen Auswirkungen des Klimawandels betrachtet werden.
In beiden Sommern fielen im Spessart weit unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen und die Temperaturen waren deutlich höher als normal (vgl. Zimmermann & Raspe 2019, 2020). Dadurch stieg die Transpiration der Bäume zunächst extrem stark an und die Bodenwasservorräte gingen entsprechend zur Neige, so dass die Bäume ihre Spaltöffnungen zunehmend schließen mussten, um die Verdunstung zu verringern. Es entstand Trockenstress für die Bäume.
Modellierungen des verfügbaren Bodenwasservorrates an der Waldklimastation Rothenbuch mit dem Wasserhaushaltsmodell LWF-Brook90 (Hammel & Kennel 2001) zeigen, dass im Sommer 2018 bereits ab Ende Juni der Bodenwasserspeicher in der gesamten Durchwurzelungstiefe bis auf unter 30 % nFK ausgeschöpft wurde (Abbildung 7).
Nur im Oberboden kam es im weiteren Verlauf des Sommers durch gelegentliche Niederschläge zu einer kurzfristigen Wiederbefeuchtung. Der tiefere Mineralboden blieb dagegen bis in den Januar des Folgejahres hinein trocken. Die Wiederauffüllung des Bodenwasserspeichers begann jedoch bereits Ende Oktober im Oberboden und setzte sich allmählich bis in 60 cm Tiefe fort, so dass hier ab Anfang Dezember wieder ein Füllstand von über 40 % nFK erreicht wurde. Ab Mitte Januar war der Bodenwasserspeicher in dieser Tiefe dann sogar vollständig wieder gefüllt und auch im tieferen Mineralboden bis 1,10 m Tiefe war die Wasserversorgung der Wurzeln wieder ausreichend.
Auch wenn die von oben nach unten erfolgte Wiederbefeuchtung der Waldböden im Jahr 2018 also besonders lange dauerte, konnte der Wald an der WKS Rothenbuch dennoch mit gut gefüllten Bodenwasserspeichern in die Vegetationsperiode 2019 starten. Ab Mitte Juli begann dann auch in diesem Jahr wieder eine tiefreichende Austrocknung der Waldböden, die aber nicht so lange andauerte wie im Vorjahr. Bis Anfang November waren die Bodenwasserspeicher bis zu einer Tiefe von 50 cm wieder mindestens zur Hälfte gefüllt (> 50 % nFK) und bis Mitte Dezember dann auch im gesamten Wurzelraum bis 1,10 m Tiefe.
Mitte März 2020 waren die Bodenwasservorräte an der WKS Rothenbuch vollständig gefüllt, danach stellte sich die Großwetterlage aber grundlegend um. Beständige Hochdruckgebiete übernahmen das Wetterregime und dem Regen wurde förmlich der »Hahn abgedreht«. Im April begann die Abnahme der winterlichen Bodenwasservorräte bei teilweise schon sommerlich-warmer Witterung. Diese Frühjahrstrockenheit im April wiederholte sich nun im dritten Jahr in Folge und ist eine Beispiel für häufigere Trockenperioden im Klimawandel.
Die hohen Verdunstungsraten wurden zusätzlich durch starken und trocknenen Wind aus Osten begünstigt. Durch den späten Termin des Laubaustriebs der Eichen an der Mittelgebirgs-Waldklimastation sank die Füllung bis Ende April aber nur auf 90% nFK. Der unter dem langjährigen Mittel bleibende Niederschlag im gesamten Winterhalbjahr (November– April), lediglich unterbrochen durch die ergiebigen Niederschläge von Ende Januar bis Mitte März, sorgte für eine erneut unterdurchschnittliche Grundwasserneubildung.
Grundwasserspende hinkt steigenden Bodenwassergehalten hinterher
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Abb. 8: Trockenheit und Wiederauffüllung der Wasserspeicher zeigen eine unterschiedliche Dynamik. (Grafik: LWF)
Trockenheit und Wiederauffüllung der Wasserspeicher zeigen im Boden und Grundwasser eine unterschiedliche Dynamik. Das lässt sich anhand von Modellierungen des Bodenwasserhaushalts und der Sickerwasserspende mit dem Wasserhaushaltsmodell LWF-Brook 90 sowie Messungen der Bodensaugspannung und des Grundwasserstandes auf der IHMMessfläche »Hochspessart« zeigen (Abbildung 8).
Während der Trockenjahre 2018 und 2019 wurde der Bodenwasserspeicher im Sommer nahezu vollständig ausgeschöpft und der Wald litt unter Trockenstress. Im Herbst und zu Beginn des Winters wurde der Waldboden in beiden Jahren langsam wiederbefeuchtet, so dass bis Jahresende jeweils wieder Feldkapazität erreicht wurde. Nun lag das Matrixpotenzial im Boden (Bodensaugspannung) wieder unter 60 hPa und die Sickerwasserspende setzte ein.
Mit einem Zeitverzug wurde dann auch an der Grundwassermessstelle ein Anstieg des Wasser- stands gemessen. 2018 nahm der Grundwasserstand bis zum Jahresende hin deutlich ab. Die anschließende Wiederauffüllung des Grundwasserspeichers dauerte schließlich bis Ende März 2019. Während also der nutzbare Bodenwasserspeicher für den Wald bereits Ende des Jahres wieder vollständig aufgefüllt war, lag in dem für die Trinkwasserversorgung des Menschen wichtigen Grundwasserspeicher bis Ende März noch ein Defizit vor, so dass in der Presse zum Teil noch von Wassermangel gesprochen wurde.
Zusammenfassung
Der Klimawandel verändert auch im Wald den Wasserhaushalt mit Konsequenzen für die Wasserversorgung der Bäume wie auch für das Grundwasser als wichtigste Trinkwasserressource des Menschen. Die Mechanismen, aber auch die unterschiedlichen Dynamiken im Bodenwasserhaushalt sowie im Grundwasser werden an einem Beispiel im Hochspessart dargestellt.
Abnehmende Niederschläge im Winterhalbjahr führten in den letzten Jahren zu einer abnehmenden Grundwasserneubildung, deutlich sichtbar auch an einer zurückgehenden Quellschüttung. Für die Waldbäume ist neben der Wiederbefüllung der Bodenwasserspeicher im Winter vor allem das Wasserangebot während der Vegetationszeit von Bedeutung.
Modellierungen der Bodenfeuchte zeigen in den letzten Jahren auch an diesem Standort im Mittelgebirge häufigere und intensivere Trockenstressperioden im Sommerhalbjahr. Der zeitliche Verlauf der Bodenfeuchte, kombiniert mit Messungen des Grundwasserstandes, zeigt die zeitverzögerte Wiederbefüllung des Grundwassers im Winterhalbjahr, da nach längerer Trockenheit der Boden zunächst erst wieder aufgesättigt werden muss, um eine Spende ins Grundwasser geben zu können.
So kann es noch ein Defizit im Grundwasser geben, selbst wenn die Bodenwasservorräte im Wald längst wieder gefüllt sind. Das Bodenwasser reagiert als Speicher vergleichsweise schnell auf Niederschläge, während die Regeneration des Grundwassers zeitlich verzögert erfolgt und ihre Höhe stark von der Niederschlagsmenge im Winterhalbjahr abhängt.
Auf diese Weise kann sich im Grundwasser über mehrere Jahre ein erheblich größeres Defizit als im Bereich des Bodenspeichers aufbauen. Niedrige Grundwasserstände erlauben daher keine direkten Rückschlüsse auf die Wasserversorgung der Bäume und ersetzen keine aktuelle Betrachtung des Bodenwasserhaushalts im Wald.
Literatur
- Bayerisches Landesamt für Umwelt (2020): Gewässerkundlicher Jahresbericht 2020 (www.lfu.bayern.de/wasser/gewaesserkundliche_ berichte/jahresberichte/index.htm)
- Gudera, T.; Morhard, A. (2015): Hoch aufgelöste Modellierung des Bodenwasserhaushalts und der Grundwasserneubildung mit GWNBW. Hydrologie und Wasserbewirtschaftung 59 (5), S. 205–216; DOI: 10.5675/HyWa_2015,5_1
- Hammel, K.; Kennel, M. (2001): Charakterisierung und Analyse der Wasserverfügbarkeit und des Wasserhaushalts von Waldstandorten in Bayern mit dem Simulationsmodell Brook90. Forstl. Forschungsber. München 185
- KLIWA (2017): Monitoringbericht 2016 - Klimawandel in Süddeutschland, Veränderungen von meteorologischen und hydrologischen Kenngrößen (www.kliwa.de/_download/KLIWA_Monitoringbericht_2016.pdf)
- Kopp, B.; Baumeister, C.; Gudera, T.; Hergesell, M.; Kampf, J.; Morhard, A.; Neumann, J. (2018): Entwicklung von Bodenwasserhaushalt und Grundwasserneubildung in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen von 1951 bis 2015. Hydrologie & Wasserbewirtschaftung, 62, (2), S. 62–76; DOI: 10.5675/ HyWa_2018,2_1
- Neumann, J. (2018): Vulnerabilität von Grundwassersystemen Süddeutschlands – Ergebnisse von Stresstestuntersuchungen. In: KLIWA-Berichte Heft 22: 6. KLIWA-Symposium am 22./23. Mai 2017 in Baden-Baden. Fachvorträge Risiko Klima – Herausforderungen managen; S. 211–218
- Statistisches Bundesamt (2019): Öffentliche Wasserversorgung 2016. Fachserie 19, Reihe 2.1.1. 79 S.
- Zimmermann, L.; Raspe, S. (2019): Witterung 2018: »Heißzeit« von April bis November. LWF aktuell 121, 63–65
- Zimmermann, L.; Raspe, S. (2020): Wieder ein Jahr mit außergewöhnlicher Witterung. LWF aktuell 125, 63–65
- Zimmermann, L.; Raspe, R.; Dietrich, H.-P.; Wauer, A. (2020): Wassermangel und Waldgesundheit. LWF aktuell 126, S. 18–23
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