Axel Göttlein
Auf der Suche nach einem besseren Baumschulsubstrat – LWF aktuell 129
Standard-Torfsubstrat und pflanzenkohlehaltiges Alternativsubstrat im Vergleich
Im Zuge der Klimaschutzdiskussion erfahren Moore, Moorschutz und Moorprodukte eine steigende öffentliche Aufmerksamkeit. Es liegt daher nahe, auch im Baumschulbereich die Eignung alternativer Substrate zu testen. In diesem Zusammenhang taucht bei den Alternativsubstraten immer wieder auch der Begriff »Terra Preta« auf.
Torf und seine »Alternativen«
Abb. 1: Das Versuchsergebnis war eindeutig: Im torfbasierten Kultursubstrat konnten sich die Sämlinge wesentlich besser entwickeln als im Alternativsubstrat. (Foto: A. Göttlein)
Aus Gründen des Moorschutzes wäre es jedoch wünschenswert, zumindest einen Teil des in der Pflanzenanzucht verwendeten Torfes durch heimische Alternativsubstrate zu ersetzen. Hier können neben organischen Ersatzstoffen wie Holzfaserstoffen, Komposte und Rindenhumus auch Terra Preta-ähnliche pflanzenkohlehaltige Substrate eine gewisse Rolle spielen (BZL 2020).
In den großen, wenig fruchtbaren Gebieten Amazoniens gibt es kleine Inseln sehr fruchtbarer dunkler Böden. Diese als »Terra Preta do indio« (schwarze Indianererde) bezeichneten Böden sind anthropogenen Ursprungs und haben ein Alter von mehreren hundert Jahren, teilweise bis 2.000 Jahre und mehr (Bechtold 1982). Terra Preta zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Pflanzenkohle aus, welche aufgrund ihrer großen spezifischen Oberfläche als Wasserspeicher und vor allem als Speicher für zugegebene Nährstoffe dienen kann.
Die positiven Effekte von Pflanzenkohle auf das Baumwachstum scheinen besonders ausgeprägt in frühen Wachstumsphasen und bei Laubbäumen zu sein. Allerdings gibt es hierzu nur eine relativ geringe Anzahl an Studien, so dass es angebracht erschien, zusätzliche Untersuchungen durchzuführen und den aktuellen Kenntnisstand zur Eignung von Terra Preta-ähnlichen Anzuchtsubstraten zu erweitern.
Versuchsdurchführung
Dieses Pflanzsubstrat wurde zusätzlich mit 100 g pro m3 Radigen, einem Mikronährstoff-Depotdünger, und mit 4 kg pro m3 Osmocote, einem NPKMg-Depotdünger, versetzt. Als Alternativsubstrat wurde ein von der Fa. Terra Magica vertriebenes und im Kompostwerk Buchen hergestelltes, pflanzenkohlehaltiges Substrat verwendet. Dieses Substrat enthält keine weiteren Zusätze.
Am 13. August 2020 wurden auf dem Baumschulgelände alle für das Projekt angezogenen Pflanzen auf Vitalität geprüft. Zusätzlich wurden pro Baumart und Substrattyp zehn Pflanzen samt Wurzelballen und je fünf Proben des Standard- und des Alternativsubstrates entnommen und zur Analyse nach Freising gebracht.
signifikant höhere Wert (p < 0,05) in Fettdruck
Eiche | Buche | Lärche | ||||
Substrat | Standard | Alternativ | Standard | Alternativ | Standard | Alternativ |
Ausfälle [%] | 9,7 | 27,2 | 5,0 | 16,5 | 2,5 | 29,2 |
Sproßlänge [cm] | 43,4 | 28,2 | 47,3 | 33,9 | 49,1 | 29,5 |
Sproßgewicht [g] | 4,60 | 2,33 | 5,98 | 2,78 | 5,26 | 2,10 |
Sproß/Wurzel-Verhältnis | 1,39 | 1,11 | 1,66 | 0,96 | 5,40 | 2,20 |
Wurzelhalsdurchmesser [mm] | 5,42 | 4,49 | 5,78 | 4,85 | 4,52 | 3,56 |
Vitalität und Wachstum
Der deutlich schlechtere Anzuchterfolg im Alternativsubstrat läßt sich zumindest in Teilen auf die schlechte Dränwirkung und damit auf den schlechteren Lufthaushalt zurückführen. Zufälligerweise ging am Beprobungstag ein Gewitterregen nieder. Dabei zeigte sich, dass in etlichen QuickPot®-Töpfchen des Alternativsubstrates nach Beendigung des Regens das Wasser bis zum Rand stand (Tabelle 2). Im Standardsubstrat konnte in keinem Fall ein Wasserüberstau beobachtet werden. Insgesamt waren die im Alternativsubstrat angezogenen Pflanzen einen deutlich schlechteren Zustand (Abbildung 1).
Es zeigen sich im Sproß- wie auch im Wurzelbereich signifikante Größen- und Gewichtsunterschiede. Die im Standardsubstrat angezogenen Pflanzen sind wesentlich schwerer und deutlich größer. Berechnet man das Sproß/Wurzel-Verhältnis auf Gewichtsbasis, so ist dies im Standardsubstrat für alle drei Baumarten höher. Auch der Wurzelhalsdurchmesser ist im Standardsubstrat stets um ca. 1 mm höher, wobei bei Eiche aufgrund der höheren Streuung der Einzelwerte die beiden letztgenannten Effekte nicht signifikant sind.
Einwertung der Ernährungssituation nach Göttlein et al. (2011): Überschuß (++); Mangel (); signifikant höhere Werte (p<0,05) sind ist in Fettdruck hervorgehoben
Baumart | Eiche | Buche | Lärche | |||
Substrat | Standard | Alternativ | Standard | Alternativ | Standard | Alternativ |
N – Stickstoff [%] | 2,59 | 2,76 | 2,51 (++) | 2,51 (++) | 2,32 (++) | 1,73 |
P – Phosphor [mg/g] | 2,57 (++) | 2,31 (++) | 2,04 (++) | 1,66 | 3,87 (++) | 3,78 (++) |
S – Schwefel [mg/g] | 2,23 | 2,10 | 2,03 | 1,87 | 2,35 | 1,60 |
K – Kalium [mg/g] | 10,99 | 16,37 (++) | 7,19 | 12,68 (++) | 10,82 | 22,05 (++) |
Ca – Calcium [mg/g] | 10,28 | 5,73 | 14,08 (++) | 5,95 (--) | 6,24 | 1,79 (--) |
Mg – Magnesium [mg/g] | 3,84 (++) | 3,31 (++) | 2,86 (++) | 2,30 (++) | 2,02 | 1,04 (--) |
Fe – Eisen [µg/g] | 1379 (++) | 1467 (++) | 1573 (++) | 1886 (++) | 648 (++) | 729 (++) |
Mn – Mangan [µg/g] | 512 | 389 | 744 | 375 | 313 | 51 (--) |
Cu – Kupfer [µg/g] | 6,82 (--) | 7,77 | 6,85 | 8,06 | 4,90 | 3,14 |
Zn – Zink [µg/g] | 45,39 | 38,25 (--) | 38,23 (--) | 49,10 | 28,64 | 19,61 (--) |
Nährstoffversorgung
Bei den Blatt/Nadelspiegelwerten zeigt sich, dass sich nur die Schwefelernährung durchgängig im Normalbereich befindet. Eisen befindet sich für alle Varianten im Überschußbereich, ebenso Magnesium für Eiche und Buche. Bei Stickstoff und Phosphor finden sich unsystematisch Werte im Überschußbereich, wogegen für Kalium ausschließlich überhöhte Werte für das Alternativsubstrat zu finden sind.
Werte im Mangelbereich finden sich bei den Makroelementen nur im Alternativsubstrat, und zwar für Buche und Lärche bei Calcium und für Lärche bei Magnesium. Bei den Spurenelementen fallen bei der Lärche der sehr niedrige Wert für Mangan und der niedrige Wert für Zink im Alternativsubstrat auf. Auch bei den beiden Laubbaumarten gibt es Mängel im Spurenelementbereich bei Kupfer und Zink, die jedoch kein systematisches Muster erkennen lassen.
Bei der Bewertung der Nährelementgehalte ist zu berücksichtigen, dass Nährelementüberschüsse bei einzelnen Elementen kombiniert mit Mängeln bei anderen Elementen zu Nährelementungleichgewichten führen. Auffällig ist, dass bei der Lärche, die im Alternativsubstrat die größte Anzahl von Nährelementmängeln und Nährelementungleichgewichten aufweist, auch die größte Differenz in Ausfallprozent und Sproßlänge zwischen Standard- und Alternativsubstrat zu beobachten ist.
signifikant höhere Werte (p<0,05) sind ist in Fettdruck hervorgehoben
Substrat-Typ | Standard | Alternativ |
pH (H2O) – pH-Wert | 4,10 | 7,30 |
C – Kohlenstoff [%] | 38,6 | 15,9 |
N – Stickstoff [%] | 1,11 | 1,33 |
Glühverlust [%] | 89 | 33 |
KAKeff [µmol IE/g Boden] | 1136 | 966 |
Basensättigung [%] | 99,3 | 99,9 |
Na – Natrium [%] | 1,77 | 1,25 |
K – Kalium [%] | 7,12 | 30,90 |
Ca – Calcium [%] | 78,73 | 52,02 |
Mg – Magnesium [%] | 11,68 | 15,73 |
Fe – Eisen [%] | 0,13 | 0,03 |
Mn – Mangan [%] | 0,27 | 0,06 |
Substrateigenschaften
Beide Substrate haben eine vergleichbare Austauschkapazität und einen Alkali-Erdalkali-Anteil (Basensättigung) von über 99%. Bei der Austauscherbelegung dominiert in beiden Substraten das Calcium, wobei dessen Anteil im Standardsubstrat signifikant höher liegt. Im Alternativsubstrat belegt Kalium gut 30% der Austauschplätze, das sind ca. 23% mehr als im Standardsubstrat. Bei Magnesium und Natrium liegt die Austauscherbelegung in beiden Substraten in einem vergleichbaren Bereich. Der hohe Kaliumanteil des Alternativsubstrates beeinflußt stakt die ernährungskundlichen Kennwerte.
Zusammenfassung und Ausblick
Zum einen neigt das Alternativsubstrat zur Verschlämmung, d.h. die Wasserleitfähigkeit ist nicht gut genug, um auch bei Starkregenereignissen eine ausreichende Drainage des Niederschlagswassers zu gewährleisten. Durch den Wasserstau verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung der Wurzeln. Feinwurzeln sterben ab und verfaulen. Zum zweiten hat das Alternativsubstrat ein unausgewogenes Nähstoffangebot. Bei der beobachteten Dominanz des Nährelementes Kalium führt dies zu einer K-Überversorgung, die Nährstoffungleichgewichte von Kalium relativ zu Calcium und Stickstoff bewirkt.
Alternative Pflanzsubstrate werden nur dann Akzeptanz finden, wenn sie in Reinform oder als Zuschlag zu Torfsubstraten aus wirtschaftlicher Sicht attraktiv sind, sowohl im Hinblick auf die Beschaffungskosten als auch bezüglich der erzielten Pflanzenqualität. Ferner müssen sie gleichmäßig günstige Substrateigenschaften aufweisen und maschinentauglich in der Pflanzenanzucht einsetzbar sein. Wie die vorliegende Studie gezeigt hat, ist die Abkehr vom Standard-Torfsubstrat kein einfaches Unterfangen und es bedarf umfangreicher und intensiver Studien um ein wirtschaftlich und betriebspraktisch realisierbares Alternativsubstrat zu finden.
Projekt
Literatur
- Bechtold, G. (1982): Terra Preta do Indio: Anorganisch-chemische Kennzeichnung eines brasilianischen Anthrohumoxes. Dissertation, Bayreuth/München
- BZL (2020): Torf und alternative Substratausgangsstoffe. Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, Hrsg. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bonn
- Göttlein, A.; Baier, R.; Mellert, K.H. (2011): Neue Ernährungskennwerte für die forstlichen Hauptbaumarten in Mitteleuropa – Eine statistische Herleitung aus van den Burg`s Literaturzusammenstellung. Allg. Forst- u. J.-Ztg. 182, S. 173–186