FAQs Kohlenstoff
Kohlenstoffbindung in Bayerns Wäldern
von Christoph Schulz

Mischwald mit liegenden und stehendem Totholz

Der Klimawandel ist überwiegend durch die menschliche Freisetzung von CO2 verursacht, das bei Verbrennung/Oxidation von Kohlenstoff entsteht.
Als Reaktion darauf gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten des Klimaschutzes: die Vermeidung oder Verringerung von Kohlenstofffreisetzungen oder die Erhöhung der Speicherung von Kohlenstoff. Wald kann beides.

Zum einen kann Kohlenstoff im Holz der lebenden Waldbäume, im Waldboden, im Totholz und in den Holzprodukten gespeichert werden. Zum anderen kann Holz alternative holzfreie Brennstoffe oder Werkstoffe ersetzen, bei deren oder Herstellung oder Verwendung Emissionen aus fossilen Brennstoffen entstehen würden.

Was ist Klimaschutz?

Weltweit gibt es verschiedene Kohlenstoffreservoirs: Ozeane, Vegetation, Böden inkl. Permafrost, fossile Reserven und die Atmosphäre (Kästen in Abbildung 1).

Natürlicherweise werden jährlich große Kohlenstoffmengen zwischen Vegetation (107 Milliarden Tonnen Kohlenstoff (=GtC)) bzw. Ozeanen (60 GtC) und der Atmosphäre ausgetauscht (graue Pfeile in Abb. 1). Der Mensch beeinflusst seit langem die Kohlenstoffflüsse (rote Pfeile) und verändert damit auch die Größe der Reservoirs (rote Zahlen in den Kästen). Die Anreicherung in der Atmosphäre von 589 GtC in vorindustrieller Zeit auf ca. 830 GtC führt zum Wandel des Klimas.
Klimaschutz beschreibt alle Maßnahmen des Menschen zur Minderung des menschengemachten Klimawandels. Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Vermeidung oder Verringerung von Kohlenstofffreisetzungen (rote Pfeile zur Atmosphäre) oder die Erhöhung der Speicherung von Kohlenstoff (rote Pfeile aus der Atmosphäre).

Grafik mit bunten Pfeilen und Kästen.

Abbildung 1: Wichtigste Ausschnitte aus dem Kohlenstoffkreislauf.

Die schwarzen Zahlen beschreiben den natürlichen Kohlenstoffbestand (Rechtecke) in Ozean, Böden, Vegetation und Atmosphäre sowie den natürlichen jährlichen Austausch (graue Pfeile) vor Beginn der Industrialisierung. Die roten Zahlen beschreiben die Störungen der Kohlenstoffbestände von 1750 bis 2011 sowie die vom Menschen verursachte Veränderung des jährlichen Kohlenstoffaustausches im Zeitraum 2000 bis 2009 (rote Pfeile).
Eine Gigatonne Kohlenstoff (GtC) entspricht 3,67 Gigatonnen Kohlendioxid.

Eigene Darstellung nach Ciais 2013.

Literatur: (IPCC 2013)

Wie kann die Klimaschutzwirkung mit Wald erhöht werden?

Ein effektives Mittel des Klimaschutzes ist die Schaffung zusätzlicher Kohlenstoffsenken z. B. durch eine Erhöhung der Waldfläche. Im dicht besiedelten Deutschland mit seinem bereits hohen Waldanteil, sind die Möglichkeiten begrenzt.
Global können Aufforstungen einen bedeutenden Beitrag leisten:

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Bäume pflanzen gegen Klimawandel: Kann DAS die Welt retten? | PlanetB | BR

Wichtige Begrifflichkeiten im Klimaschutz

Kohlendioxid (CO2) ist das bei weitem wichtigste Treibhausgas (THG). Es gibt jedoch mit Methan (CH4), Lachgas (N2O) oder fluorierten Gasen weitere Treibhausgase, die mengenmäßig weniger bedeutsam sind, aber eine viel höhere Klimawirkung (Treibhauspotenzial) haben, da sie thermische Strahlung viel stärker absorbieren und abstrahlen als Kohlendioxid. Um eine einheitliche Größe für Treibhausgase zu schaffen, werden die Klimawirkungen aller Treibhausgase auf das Treibhausgaspotenzial von Kohlendioxid umgerechnet. Es wird dann von Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-Äquiv.) gesprochen.

In fossilen Rohstoffen, Böden oder Vegetation ist in verschiedenen Formen Kohlenstoff gebunden. Bei der Verbrennung entsteht Kohlendioxid, welches das bedeutendste Treibhausgas ist. Es ist wichtig zu unterscheiden, wovon man spricht. In einer Tonne Kohlendioxid stecken 0,27 Tonnen Kohlenstoff. Oder andersherum: Eine Tonne Kohlenstoff entspricht 3,67 Tonnen Kohlendioxid, d.h. wenn ein Baumstamm eine Tonne Kohlenstoff enthält, sind der Atmosphäre beim Biomasseaufbau 3,67 Tonnen CO2 entzogen worden.

Wird Kohlendioxid freigesetzt, z. B. durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, spricht man von Quellen. Wenn der Atmosphäre Kohlendioxid entzogen wird, z. B. durch die Biomasseproduktion eines neu angelegten Waldes, handelt es sich um eine Senke.

Mit Speicher (auch „Pool“) wird die gesamte Menge des gespeicherten Kohlenstoffs bezeichnet. Für den Klimaschutz entscheidend ist jedoch die Vergrößerung des Speichers (Kohlenstoff-Speicherung), d. h. die Kohlenstoffmenge, die über einen bestimmten Zeitraum zusätzlich aufgenommen wurde. Ein großer, gleichbleibender Speicher hat keinen Effekt für den Klimaschutz, hier geht es eher um die Stabilisierung und/oder die Vermeidung eines Abbaus des Speichers.

Tragen Forst- und Holzwirtschaft zum Klimaschutz bei?

Nachhaltige Forst- und Holzwirtschaft wirken sich positiv auf beide Elemente des Klimaschutzes aus: Zum einen kann Kohlenstoff im Wald und in Holzprodukten gespeichert werden. Zum anderen können durch den Einsatz von Holz als Brennstoff oder Werkstoff (z. B. Bau, Fenster, Möbel) Emissionen aus fossilen Brennstoffen vermieden werden, die sonst bei der Herstellung und Verwendung alternativer, holzfreier Produkte entstehen würden. Der Forst-Holz-Sektor ist im Unterschied zu allen anderen klimaschutzrelevanten Sektoren (Energie, Verkehr, Haushalte, Landwirtschaft, usw.) der einzige, der keine Netto-Emissionen von Treibhausgasen verursacht, sondern eine Senke darstellt.

Welche Speicher gibt es in der Forst- und Holzwirtschaft?

Im Wald gibt es vier Speicher: lebende, ober- und unterirdische Biomasse, Totholz, Mineralboden und Streuauflage. Über die Photosynthese wird der Atmosphäre Kohlendioxid (CO2) entnommen und in der verholzten Biomasse als Kohlenstoff (C) gebunden. Abgestorbene Biomasse beliefert die Speicher Totholz und Streuauflage sowie nachfolgend über die Humusbildung den Speicher Mineralboden. Durch mikrobielle Veratmung wird der organische Kohlenstoff in den Speichern Totholz, Streuauflage und Mineralboden wieder an die Atmosphäre freigegeben. Durch die Holznutzung wird zusätzlich der Speicher der Holzprodukte geschaffen. Bei der Verbrennung von Holz wird der gebundene Kohlenstoff wieder freigesetzt.

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Wieviel Kohlenstoff wird in einem Kubikmeter (Festmeter) Holz gespeichert?

Als überschlägige Faustzahl sind in einem Festmeter (Kubikmeter) Holz 0,25 t C gebunden, das entspricht etwa einer Tonne CO2.

Die gespeicherten Kohlenstoffmengen unterscheiden sich nach den Baumarten, da sie verschiedene Holzdichten haben. Um vom in der Forstwirtschaft üblichen Raummaß (Festmeter oder Kubikmeter) in Masse umzurechnen, wird diese Gleichung verwendet:

Kohlenstoffmenge in t C = Holzmenge in fm * Raumdichte des Holzes in t/fm * Kohlenstoffgehalt in t C/t

- Holzmenge: Volumen des Holzes in fm
- Raumdichte: Dichte des Holzes in Tonnen je Festmeter; die Raumdichten unterscheiden sich je nach Baumart (siehe Tabelle 1)
- Kohlenstoffgehalt: der Anteil des Kohlenstoffs an der gesamten Holzmasse in tC/t; der Anteil liegt über alle Baumarten konstant bei ca. 0,5

Zur Umrechnung von Tonnen Kohlenstoff in Tonnen CO2 wird mit dem Faktor 3,67 multipliziert.

Tabelle 1: Raumdichte der Baumarten in t / m3
BaumartRaumdichte in t / m3BaumartRaumdichte in t / m3
Fichte0,379Linde0,417
Tanne0,363Robinie0,647
Douglasie0,414Ulme0,556
Kiefer0,431Kastanie0,558
Lärche0,487Birke0,526
Sonst. NH0,379Erle0,428
Rotbuche0,558Pappel0,353
Eiche0,571Weide0,462
Esche0,564Kirsche0,558
Hainbuche0,642Sonst. LH0,558
Ahorn0,522

Für die anfänglich genannte Faustzahl, wurde die Formel mit einer Raumdichte von 0,5 genutzt.

Quellen: Klein und Schulz 2012

Wieviel Kohlenstoff wird in der lebenden Biomasse im Wald gespeichert?

Der durchschnittliche Speicher der lebenden Biomasse beträgt in Bayern je Hektar 130 t C (in CO2: 477 t/ha). Die durchschnittliche jährliche C-Bindung liegt bei ca. 0,9 t C je Hektar (in CO2: 3,3 t/ha). Bei einzelnen Bäumen liegt die jährliche C-Bindung im Kilogrammbereich (siehe Beispiel unten).

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Wieviel Kohlenstoff wird im Waldboden gespeichert?

In den Waldböden Bayerns sind ohne Berücksichtigung von Mooren im Durchschnitt 128 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar bis in 1,5 m Tiefe gespeichert, der größte Teil im Mineralboden (115 t), der kleinere in der organischen Auflage (12 t). Die Größe der Waldbodenspeicher kann im Einzelfall extrem vom oben genannten Durchschnitt abweichen. Moorböden können weit über 800 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern (Schubert et al. 2015, Klein und Schulz 2012).

Veränderungen des Bodenkohlenstoffvorrats und damit die Größenordnung der Senken- bzw. Quellenfunktion von Waldböden sind schwierig zu quantifizieren. Bei pfleglicher Waldbewirtschaftung steigt der Bodenkohlenstoffvorrat langfristig leicht an. Für Mitteleuropa reichen dabei die Angaben von wenigen Kilogramm bis zu über einer Tonne jährlicher Kohlenstoffspeicherung pro Hektar (Schlesinger 1990, Liski et al. 2002, Grüneberg et al. 2014, Weis & Köhler 2018). Als sehr grobe Abschätzung kann für Bayern von einer langfristigen Kohlenstoffanreicherung von wenigen Kilogramm pro Hektar und Jahr in Waldböden seit der letzten Eiszeit ausgegangen werden (aktueller Vorrat geteilt durch 10.000 Jahre). Dabei können Teile des Bodenkohlenstoffs über Jahrtausende festgelegt sein, labile Vorräte aber auch sehr schnell abgebaut werden (Schmidt et al. 2011).

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Wieviel Kohlenstoff wird in Totholz gespeichert?

Totholz ist der kleinste C-Speicher im Wald. In Bayern sind im Durchschnitt 2,3 t C je Hektar in Totholz gespeichert. Der Speicher ist leicht ansteigend (jährlich um 0,03 t/ha).

Die Kohlenstoffspeicherung im Totholz hängt von dem Zersetzungsgrad ab. Da Totholz meist über das Volumen erfasst wird, muss die gespeicherte Kohlenstoffmenge über den Zersetzungsgrad des Totholzes hergeleitet werden. In der Bundeswaldinventur wird liegendes und stehendes Totholz ab einem Durchmesser von 10 cm gemessen. Dabei wird zwischen frisch abgestorben, beginnender Zersetzung, fortgeschrittener Zersetzung und stark vermodert unterschieden. Mit dem Zersetzungsgrad sinkt der Kohlenstoffgehalt des Totholzes. Die Abbaurate hängt von der Baumart, Dimension, Zusammensetzung der holzzersetzenden Organismen, Feuchte und Temperatur (kühles Klima verzögert die Zersetzung) ab. Buchen-Totholz wird im Vergleich zu Fichte, Kiefer und Eiche schneller abgebaut.

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Wieviel Kohlenstoff wird in Holzprodukten gespeichert?

In Bayern werden in Holzprodukten insgesamt 51 Millionen t C gespeichert. Über 75 Prozent davon sind in Wohngebäuden gespeichert. Der Speicher wächst jährlich um 1,3 Millionen t C.

Die gesamte Menge des in Holzprodukten gespeicherten Kohlenstoffs ist sehr schwer zu erfassen. Das fängt mit der Frage an, ob das in Bayern verbrauchte oder das in Bayern produzierte Holz in die Berechnung einfließt. Die oben genannte Speichergröße ist entsprechend den internationalen Regeln für das in Bayern produzierte Holz berechnet, d. h. alle aus bayerischem Holz auch außerhalb Bayerns entstandenen und verwendeten Holzprodukte sind berücksichtigt. Der Holzproduktespeicher setzt sich aus Produkten mit verschiedenen Lebensdauern zusammen. Gebräuchlich ist die Unterteilung in 4 Kategorien: (1) langlebige Produkte, v. a. Holz im Bau, mit einer mittleren Verweilzeit von 50 Jahren, (2) mittellebige Produkte wie Möbel mit 25 Jahren, (3) kurzlebige Produkte wie Verpackungen oder Paletten mit 3 Jahren, und (4) Energieholz, welches wegen der Lagerung eine einjährige mittlere Verweilzeit hat. Den Produktkategorien können Abbauraten zugeordnet werden, die meist exponentiell sind, d. h. anfänglich wird sehr wenig und mit der Zeit zunehmend stärker abgebaut.

Die für den Klimaschutz viel wichtigere Änderung des Speichers ergibt sich aus dem Verhältnis von Zufuhr (Input) zu Abgängen (Output). Um den Speicher zu vergrößern, müssen also mehr Produkte zugeführt werden, als im gleichen Zeitraum das Ende ihrer Lebenszeit erreichen und aus dem Holzproduktespeicher ausscheiden. Der Zufuhr wird über Holzeinschläge, Holzmarkt- und Stoffstromanalysen ermittelt, die Abgänge über modellierte Lebensdauern oder das Altholzaufkommen erfasst. Die Bilanz aus Zufuhr und Abgängen ist nicht statisch, sondern ändert sich mit Nachfrage, Holzmärkten und Stoffströme. Derzeit wächst der Holzproduktespeicher.
Die Zusammensetzung der Holzprodukte ist eng mit der Materialsubstitution verknüpft (siehe Frage 7.)

Quellen: Klein und Schulz 2012; Knauf und Friedrich 2016

Wie groß sind die Speicher in Wald und Holzprodukten und ihre Veränderungen in Bayern?

Die Zahlen in der Tabelle geben eine Größenordnung der Wald- und Holzspeicher in Bayern und ihrer Veränderung an. Der Waldboden (mit Streuauflage) und die lebende Biomasse sind die größten Kohlenstoffspeicher, der Holzproduktespeicher ist deutlich kleiner und der Totholzspeicher vergleichsweise gering. Die größten Änderungen sind in der lebenden Biomasse und in den Holzprodukten zu verzeichnen, diese Speicher wachsen gegenwärtig jedes Jahr weiter an.

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Was ist Substitution und welche Bedeutung hat sie?

Mit der Verwendung von Holz als Material oder Brennstoff findet eine Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen aus fossilen Brennstoffen statt. Gegenüber Materialien wie Aluminium, Stahl oder Kunststoffen und fossilen Brennstoffen wie Erdöl oder Kohle gelangen bei der Verwendung von Holz weniger Treibhausgas-Emissionen zusätzlich in die Atmosphäre. Eine unabdingbare Voraussetzung dabei ist, dass das verwendete Holz aus nachhaltiger Nutzung stammt und die Treibhausgas-Emissionen, die bei der Verbrennung von Holz entstehen, zeitnah wieder im Wald gebunden werden.

Im Unterschied zu der Treibhausgas-Speicherung kann diese Einsparung nicht direkt gemessen werden, sondern muss über den Vergleich mit dem jeweiligen ersetzten Produkt hergeleitet werden. Das geschieht über Ökobilanzen, welche per Definition die potenziellen Umweltwirkungen eines Produktsystems über den gesamten Lebensweg untersuchen. Entsprechend wird über die potenzielle Material- oder Energiesubstitution gesprochen.
Die Substitution ist ein ganz wesentlicher Faktor für die positive Klimawirkung nachhaltiger Forst- und Holzwirtschaft.

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Ist mit Nutzungsverzicht in den Wäldern mehr für den Klimaschutz zu erreichen?

Alle hier bekannten wissenschaftlichen Arbeiten, die unter gleichen Rahmenbedingungen bewirtschaftete und unbewirtschaftete Wälder vergleichen, kommen zu dem Ergebnis, dass bewirtschaftete Wäldern mit der C-Speicherung in Wald und Holzprodukten sowie der Substitutionsleistung die Atmosphäre stärker entlasten, als die C-Speicherung im unbewirtschafteten Wald.

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Literatur

Literaturübersicht

Weiterführende Informationen

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