Gerhard Enders, Joachim Hamberger und Walter Irlinger
Entdecken, mitdenken, nachdenken - LWF-aktuell 108
Mit großem Erfolg wandert seit nunmehr fünf Jahren die Ausstellung »Denkmal im Wald – Kultur in der Natur« durch Bayern. Bisher an bereits 35 Standorten gezeigt, ist sie derzeit bis Mitte 2017 nahezu ausgebucht.
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Abbildung 1: Ausstellung im »Wald-Cafe« der INTERFORST 2010; im Vordergrund das 4m²
große Diorama.
2008 hatten die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, das Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan und der Verein für Nachhaltigkeit e.V. in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die Broschüre »In Boden und Stein – Denkmäler im Wald« herausgegeben, die jetzt bereits in 3. Auflage erschienen ist.
Die Broschüre stellt die vielfältigen archäologischen Zeugnisse in Bayerns Wäldern vor, die dort – geschützt vor Erosion und Pflug – Jahrhunderte und Jahrtausende in gutem Zustand überdauert haben. Gleichzeitig weisen sie anhand zahlreicher Beispiele auf ihre akute Gefährdung hin, die hauptsächlich aus Unkenntnis um ihre Existenz und Unwissenheit über ihre geschichtliche und kulturelle Bedeutung resultiert.
Ende 2009 überlegten nun die Autoren, wie die Intention der Broschüre, Öffentlichkeit und Forstwirtschaft auf Bayerns Bodendenkmäler im Wald aufmerksam zu machen, breitenwirksam unterstützt werden kann. Am geeignetsten schien eine Ausstellung, die über die attraktive Visualisierung von Information beim Betrachter kognitive Lernprozesse anstößt und als »Wanderausstellung« in der Fläche wirkt.
Die persönliche Erfahrung vor Ort, wie beispielsweise bei öffentlichen Exkursionen oder im Rahmen von Lehrgängen für Revierleiter, wie sie die Bayerische Forstverwaltung durchführt, ist besonders geeignet, Laien und Forstpraktiker für die Belange des Denkmalschutzes zu sensibilisieren; allerdings werden damit nur wenige Menschen erreicht.
Dagegen kann eine Wanderausstellung, die nicht ausschließlich in der konventionellen Museumslandschaft, sondern auch in »öffentlicher« Umgebung zu sehen ist, auch diejenigen erreichen, die sich sonst nur schwer zum Besuch kultureller Einrichtungen oder zur Teilnahme an zeitintensiven Exkursionen überwinden.
Dazu darf eine solche Ausstellung nicht zu umfangreich sein, muss optisch attraktiv zum Betrachten der Exponate einladen und das Thema interessant und anschaulich beleuchten, um bei Besuchern durch die Verknüpfung von Information mit emotionaler Empfindung kognitive Lernprozesse anzustoßen. Gleichzeitig aber muss eine Ausstellung zum Thema »Bodendenkmäler« auch die Zielgruppe der Forstpraktiker bedienen, denen vor Ort die Schlüsselrolle im Schutz dieser Geschichtsarchive zukommt.
Das auf diesen Überlegungen basierende Ausstellungskonzept versucht, über optische Anreize das Thema zu kommunizieren, und beruht auf zwei Kernelementen: a) Schautafeln, die exemplarisch die Fülle der im Wald verborgenen Denkmäler zeigen und mit kurzen Texten über ihren geschichtlichen und kulturellen Hintergrund informieren, und b) ein realistisches Walddiorama mit ausgewählten Bodendenkmälern zur Darstellung sonst nicht »ersichtlicher« Sachverhalte: Dioramen und Modelle sind besonders geeignet, Sachverhalte zu veranschaulichen und neu erworbenes Wissen im Gedächtnis zu verankern.
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Abbildung 3: Detail des Walddioramas: Hier wird die schonende Rückung des Holzes aus dem Erntebestand thematisiert. Foto: G. Enders
Um die Ausstellung auch Leihnehmern mit eingeschränkten Räumlichkeiten anbieten zu können, wurde die Zahl der Bildtafeln auf 13 beschränkt. Thematisch an den Kapiteln der Broschüre »In Boden und Stein« orientiert, sollen sie dem Besucher die ihm oft noch unbekannte denkmalbewahrende Rolle des Waldes vermitteln und ausdrücklich an die besondere Verantwortung von Waldbesitzern und Forstleuten für den Erhalt von Bodendenkmälern appellieren.
Ein 2 x 2,2m großes Diorama sollte exemplarisch Bodendenkmäler wie Grabhügel, Wegebündel und eine historische Schanzanlage in einem Waldbestand zeigen und gleichzeitig verdeutlichen, wie sensibel die Forstwirtschaft dort agiert und mit behutsamem Maschineneinsatz das im Boden verborgene Kulturerbe erhält. Dazu waren ein forstliches Wege- und Rückegassennetz, Holzlagerplätze und insbesondere auch der Einsatz moderner Holzerntemaschinen zu visualisieren.
Schließlich sollte schon das Thema der Ausstellung, »Denk mal im Wald«, das bewusst mit dem Wort »Denken« spielt, den Besucher auffordern, im Wald die enge Verbindung von Natur und Kultur zu entdecken und über den Wald als Bewahrer der Geschichte und damit unserer Identität nachzudenken.
Den Hintergrund aller Tafeln im Format 210 x 95cm bildet abwechselnd ein stilisierter Nadel- bzw. Laubbaum, die Überschrift »Denk mal im Wald« ist zweifarbig und mit unterschiedlichen Schrifttypen ausgeführt, um die Mehrdeutigkeit des Themas zu betonen. Am unteren Rand jeder Tafel unterstreicht der Schriftzug »Kultur in der Natur« die enge Verzahnung beider Begriffe.
Das Diorama entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Museum Mensch und Natur München, dessen Leiter, Dr. Michael Apel, gerne bereit war, die Kompetenz seines Hauses im Modellbau in das Projekt einzubringen: Alle Modellierungsarbeiten wurden durch Herrn Dieter Schön, Leiter der Abteilung »Präparation«, ausgeführt. Es besteht aus zwei Modulen und kann in wenigen Minuten zusammengebaut werden.
Zur Unterstützung von Leihnehmern gibt es ein Infopaket mit folgendem Inhalt: Eine Übersicht über alle Bildtafeln, einen Flyer, der die Inhalte und Ziele der Ausstellung beschreibt und zur Verteilung in Schulen, Waldbesitzerverbänden oder ähnlichen Institutionen oder Verbänden und zur Unterstützung der Pressearbeit gedacht ist, und einen Leitfaden mit Angaben zum Platzbedarf, zum Aufbau und zu den Maßen und Gewichten der insgesamt vier Transportboxen.
Seit 2015 wird die Ausstellung durch einen vom Förderverein Zentrum Wald-Forst-Holz Weihenstephan e.V. finanzierten und vom Verein für Nachhaltigkeit e.V. konzipierten 6-minütigen Film »Sanfte Holzernte auf dem Hügelgräberfeld Geisenfeld« audiovisuell bereichert, der auf jedem Laptop, gegebenenfalls über einen Beamer auch großformatig, gezeigt werden kann.
Bei Interesse wird zudem zum Ausstellungsbeginn ein einführender Vortrag durch die Initiatoren Dr. Hamberger, Dr. Irlinger oder Dr. Enders angeboten.
An- und Abtransport der Ausstellung übernehmen kostenlos die Bayerischen Staatsforsten, wobei das Engagement des Forstbetriebes Rothenkirchen besonders hervorzuheben ist.
Das Konzept der Ausstellung bietet verschiedene Möglichkeiten. Sie ist in sich schlüssig, erlaubt aber auch die Erweiterung. So war in den letzten Jahren zu beobachten, dass die »Grundausstellung« eigentlich immer neu gestaltet wirkt. Manche Museen haben aus ihren Depots Funde hinzugefügt, die zum Thema passen, sonst aber nicht gezeigt werden. An einem anderen Ausstellungsort wurden Fotos unter dem Motto »Bürger fotografieren ihre Denkmäler« gezeigt.
Häufig werden auch eigene Tafeln entwickelt, die Beispiele aus der jeweiligen Region zeigen. Hier wirken in der Regel die Museumsleitungen und die örtlichen Heimatpfleger mit dem Landesamt für Denkmalpflege zusammen, das bei Bedarf das Layout von bis zu drei lokalen Zusatztafeln übernehmen kann.
Inwieweit mit dieser Ausstellung Öffentlichkeit und Forstpraktiker für den Schutz von Bodendenkmälern sensibilisiert werden können, zeigt eine summative Evaluation durch Beobachtung und Befragung der Besucher, die der Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik der TU München u.a. während der INTERFORST 2010 durchgeführt hat. Aus Zeit- und Kostengründen konnte aber nur ein begrenzt repräsentatives Publikum befragt werden, die Sicht von Personen, die weder die Binnenperspektive vertreten noch über Fachwissen verfügen, fehlt.
Dennoch ließen sich grundsätzliche Schlüsse ziehen:
- Die zentrale Botschaft der Ausstellung wurde vom überwiegenden Teil der Besucher mit »der Wald bewahrt wichtige Kulturdenkmäler, die es zu schützen gilt und über die es sich lohnt, mehr zu erfahren« aufgenommen
- auf die Frage »Die größte Gefahr für Bodendenkmäler sind …« antworteten 40% der Befragten mit »Holzernte und Walderschließung«, 32% mit »Unkenntnis« und 28% mit »Technisierung«; 16% sahen keine Gefahr (Mehrfachnennungen möglich)
- die Frage nach Handlungsmöglichkeiten zu ihrem Schutz beantworteten 44% mit »mehr Wissen um sie schaffen«, 24% mit »kartieren«, 16% mit »dort keine Holzernte durchführen«; 12% sprachen sich für »unbekannt lassen« aus, 24% wussten dazu keine Antwort (Mehrfachnennungen möglich)
- nach dem speziellen Beitrag gefragt, den die Forstwirtschaft zu ihrem Schutz leisten sollte, waren 68% der Meinung »besser aufpassen und schonender arbeiten«, 28% forderten »Bodendenkmäler in Karten besser zu dokumentieren«, 24% »speziell Waldarbeitern bekannt machen«. 16% sahen keinen besonderen Handlungsbedarf, da »schon genug« getan werde, 8% wussten keine Antwort (Mehrfachnennungen möglich)
Als Fazit stellt die Studie fest, dass »fast ausnahmslos unter den Befragten die Meinung vorherrschte, dass Bodendenkmäler wichtige und interessante Elemente unserer Kultur darstellen. Sie sehen die größte Gefahr für ihr Fortbestehen in der Unwissenheit um sie und in den schweren Maschinen der Forstwirtschaft und sprechen sich für ihren Erhalt und damit für einen schonenderen Umgang bei forstwirtschaftlichen Arbeiten im Wald aus«.
Denk-mal nachhaltig!
Unser Land ist geprägt von einer innigen Verbindung von Kultur und Natur. An der Nahtstelle steht der Wald. Denn dort finden sich neben Naturschönheiten auch einzigartige Kulturgüter aus unterschiedlichen Epochen. Sie gehören zur Geschichte der Landschaft und prägen ihren Charakter.
Über viele Baumgenerationen hinweg erhält der Wald Denkmale in einmaliger Vielfalt. Im Wald sind sie frei zugänglich und können besichtigt, begangen und erlebt werden.
Kultur und Natur geben Identität und Orientierung, Voraussetzung für langfristiges Denken und nachhaltiges Handeln. Menschen, die sich des Reichtums der eigenen Heimat bewusst sind, übernehmen auch Verantwortung für die Erhaltung und Gestaltung dieses Lebensraumes. Aus der Verwurzelung mit der Heimat wächst auch bei Kindern achtsamer und toleranter Lebensstil, reift Respekt vor dem Gestern und dem Morgen. Zukunft braucht Herkunft, das ist die Kernformel einer Kultur der Nachhaltigkeit.
Fazit
Seit der Eröffnung 2010 im Bayerischen Landtag war die Ausstellung bisher an über 30 Orten, in Museen, in Banken, Walderlebniszentren, in Foyers von Landratsämtern und Regierungen sowie auf Messen zu sehen; vorsichtig kalkuliert haben sie in den ersten fünf Jahren ihrer Wanderschaft durch Bayern etwa 30.000 Menschen betrachtet. Das ist ermutigend, denn es geht um sensible Dinge, die kaum sichtbar sind. So leistet die Ausstellung wertvolle und nachhaltige Bewusstseinsarbeit, die dem Schutz und Erhalt der Denkmäler als Teil unserer heimischen Kulturlandschaft dient.
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Autoren
- Gerhard Enders
- Joachim Hamberger
- Walter Irlinger