Günther Dobler und Michael Suda
Der Held und der Bösewicht - LWF-aktuell 97
Narrationen (Geschichten und Erzählungen) orientieren Selbst- und Weltsichten und damit verbundene Handlungsweisen. In der Öffentlichkeit konkurrieren unterschiedliche Erzählungen um Wahrnehmung und Weitererzählung. Narrationen weisen eine immer wiederkehrende Tiefenstruktur auf, die mit unterschiedlichen Inhalten aufgeladen ist.
Zoombild vorhanden
Abbildung A: Schematische Darstellung der Struktur des Minimärchens »Held rettet Prinzessin«; Zeichnungen: G. Dobler
Durch die Positionierung in der Tiefenstruktur werden Akteure in Geschichten als gut oder böse identifiziert. Um »gut wegzukommen«, ist es daher wichtig, in einer öffentlichen Erzählung, eine positive Position wie die des Helden zu besetzen. Eine Strategie, auf die Greenpeace immer wieder »erfolgreich« baut.
Wir alle sind begnadete Geschichtenerzähler. Unsere Biografie könnte zwar als nüchterne Aneinanderreihung von Daten präsentiert werden, sie wirkt aber als Lebensgeschichte viel lebendiger. Wir sind nämlich fasziniert von Erzählungen und merken sie uns leichter, weil sie Verbindungen knüpfen und mit Gefühlen verwoben sind. Kinder lieben es, dieselbe Geschichte immer wieder zu hören, obwohl sie den Ausgang bereits kennen. Durch Geschichten verleihen wir unserer Welt und uns selbst Kohärenz und Sinn.
Wir verfolgen in dieser Betrachtung die These: Es sind Erzählungen und Geschichten, die wir in unserer Erinnerung tief verankern und die uns eine Schablone für die Erklärung dieser komplexen Welt liefern. Von diesen Geschichten geht eine Faszination aus, weil sie die Dinge auf oft so einfache Weise deuten. Die komplexe Welt wird durch einfache Muster erschlossen.
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