Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 140
Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.
Beprobung von Moorbirkenbeständen in Bayern
Zoombild vorhanden
AWG-Mitarbeiter Jonas Eckel bei der Beprobung des Moorbirkenbestandes bei Benediktbeuern (© M. Šeho)
Die Moorbirke ist Baum des Jahres 2023 – eine typische Art der Moore und oft deren einzige Baumvegetation. Mit ihren weißen Rindenpartien ist sie schon aus der Ferne gut erkennbar. Im Klimawandel nehmen die Moore eine bedeutende Rolle für die Bindung von CO2 ein und bieten einen wichtigen Lebensraum für seltene heimische Arten. Aus diesem Grund sollten Praxis und Wissenschaft die Erhaltung und Nutzung der seltenen heimischen Baumart und dadurch die Biodiversität fördern. In Bayern sind für die Moorbirke derzeit nur zwei ausgewählte Saatguterntebestände nach dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) zugelassen. Diese wurden von Mitarbeitern des Amts für Waldgenetik (AWG) beprobt. Daneben betreibt das AWG eine Samenplantage, die noch keine Zulassung hat. Die zugelassenen Moorbirkenbestände bei Benediktbeuern und Kaufbeuren zeichnen sich durch sehr gute Stammformen aus. Da es in den Saatguterntebeständen viele Moorbirken gibt und auch junge Moorbirken nachwachsen, befinden sich die Moorbirken-Vorkommen in einem guten Erhaltungszustand. Um die Erntebasis zu erweitern und Wissen zum genetischen Status zu erarbeiten, sollten weitere Moor-Birkenbestände in Bayern beprobt und genetisch analysiert werden. Sobald Erkenntnisse über die räumlich genetischen Strukturen sowie über die genetischen Vielfaltsparameter der Moorbirke in Bayern vorliegen, wird geprüft, welche Moorbirken-Bestände sich zur Erhaltung forstlicher Genressourcen und zur Erweiterung der Erntebasis eignen.
Dr. Muhidin Šeho, AWG
Sexuelle Fortpflanzung in Mischbeständen von Küsten- und Inlandsdouglasie
Zoombild vorhanden
Küstendouglasie im Bestand Mitterfels mit noch grünen, geschlossenen Zapfen (© Barbara Fussi)
Die Douglasie (Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco) ist eine Baumart des amerikanischen Westens und wird dort in zwei Varietäten unterschieden: Die Küstendouglasie (var. menziesii) wächst entlang der Küste der USA und Kanadas, die Inlandsdouglasie (var. glauca) folgt den Rocky Mountains von Kanada bis Mexiko. Ein natürlicher Kontakt ist nur in einem sehr begrenzten Bereich im Norden zu beobachten. Historisch wurde beim Saatgutimport meist nicht auf die Herkunft geachtet und daher auch nicht dokumentiert. Beide Varietäten decken eine sehr breite Standortsamplitude ab. Daher ist es entscheidend für den Anbau in Bayern, die richtige Herkunft zu wählen und die Zusammensetzung der Erntebestände zu kennen. Um das Paarungsverhalten zwischen Bäumen der Küsten- und Inlandsdouglasie zu studieren, wurden zwei gemischte Bestände (einer in Bayern, einer in Mecklenburg-Vorpommern) genetisch untersucht. Die beiden Bestände waren jeweils in zwei Bereiche unterteilt, die bereits optisch deutliche Unterschiede zwischen den Varietäten aufwiesen. Die genetische Analyse anhand von DNA-Markern konnte diese Beobachtung bestätigen.
Zoombild vorhanden
Inlandsdouglasie im Bestand Mitterfels mit schon reifen, teils geöffneten Zapfen (© Barbara Fussi)
Durch die genetische Untersuchung der Samen von Küsten- und Inlandsdouglasien in diesen Beständen konnten Bestäubungspartner und damit auch die Bestäubungsentfernung ermittelt werden. Die Analyse der Bestäubungsentfernungen zeigte, dass 80 % der Bestäubungen in einer sehr kurzen Entfernung von etwa 44–55 m stattfanden. Diese Trennung der Bestände in zwei Bereiche und die kurzen Bestäubungsabstände führten dazu, dass die Bestäubungen hauptsächlich innerhalb der Varietäten stattfanden und wenige Hybride zwischen den beiden zu beobachten waren. Die Analyse der Bestäubungspartner von Bäumen, die nahe der Grenze am Übergang der beiden Bereiche wachsen, wies deutlich mehr Bestäubungen der jeweils anderen Varietät auf. Es ist somit grundsätzlich nicht davon auszugehen, dass Fortpflanzungsbarrieren zwischen Bäumen der beiden Sorten vorhanden sind. In Mischbeständen ist daher von einer Saatguternte abzuraten, da der Anteil an gemischten Nachkommen nicht abschätzbar ist.
Dr. Barbara Fussi, AWG
Quer durch Europa für trockentolerante Eichen
Heimische Wälder werden sich wegen der enormen Geschwindigkeit des Klimawandels möglicherweise nicht schnell genug an die veränderten Umweltbedingungen anpassen können. Waldbesitzer suchen deshalb dringend nach alternativen Baumarten und Herkünften, um den Wald auf diese klimatischen Veränderungen vorzubereiten.
Im Rahmen des Projekts »QPFC« werden die drei trockentoleranten mediterranen Eichenarten Flaumeiche (Quercus pubescens), Ungarische Eiche (Quercus frainetto) und Zerreiche (Quercus cerris) untersucht, da diese zur Erweiterung der Baumartenpalette genutzt werden könnten. Abgesehen von einzelnen Reliktbeständen der Flaumeiche kommen diese Arten in Deutschland nicht natürlich vor. Alle drei Eichenarten sind gut an anhaltende sommerliche Dürreperioden angepasst. In Deutschland liegen für diese Arten bislang keine forstlichen Erfahrungen vor. Deshalb erkundete das Amt für Waldgenetik (AWG) als Grundlage für wissenschaftliche Untersuchungen im Herbst 2022 potenzielle Erntebestände und führte kontrollierte Saatguternten durch.
Herzstück des Projekts ist die Anlage von Herkunftsversuchen, die als Grundlage zur Erarbeitung von Herkunfts- und Verwendungsempfehlungen dienen sollen. Hierzu werden im Herbst 2023 in der Nähe von Alzenau in Unterfranken zahlreiche Herkünfte dieser drei Baumarten auf Herkunftsversuchsflächen ausgepflanzt.
Für die Beschaffung des benötigten Saatgutes kommen ausschließlich autochthone Reinbestände in Frage, die eine überdurchschnittliche Qualität aufweisen. Nach längeren Recherchearbeiten wurden zahlreiche potenzielle Erntebestände in mehreren Ländern identifiziert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AWG besichtigten diese im Herbst 2022 im Rahmen mehrerer, zum Teil mehrwöchiger Auslandsdienstreisen. Dabei führten sie auf jeder potenziellen Erntefläche eine ausführliche Bestandsaufnahme durch. Im Anschluss wurden in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Förstern vor Ort Eicheln geerntet. Zu den bereisten Ernteländern gehörten Bulgarien, Griechenland, Italien, Frankreich, Rumänien, Schweiz, Serbien, Südtirol und Ungarn. Eine Vielzahl der beernteten Eichenwälder waren qualitativ hochwertig und im Hinblick auf die zukünftigen Erntemöglichkeiten aussichtsreich und auch die Kooperationsbereitschaft der zuständigen Förster zeigte sich vielversprechend. Einige der besuchten Bestände wiesen 2022 eine schlechte Fruktifikation auf. Sie konnten deshalb nicht beerntet werden, sind aber möglicherweise in Zukunft von Interesse. Das gewonnene Saatgut wird im Frühling 2023 im AWG-Baumschulbereich gesät werden.
Nur durch viel Kommunikation mit vielen gutwilligen Beteiligten im In- und Ausland konnte dieser erste wichtige Schritt des Projekts zu einem Erfolg werden. Allen Beteiligten sei herzlich gedankt!
Rebekka Stüwe, AWG
105 Eschen-Plusbäume ausgewählt und vermehrt
Zoombild vorhanden
Pfropflinge von weniger anfälligen Eschen. (© Felix Rentschler, FVA-BW)
Das Eschentriebsterben schränkt die Verwendung der Esche zur Risikostreuung in der Waldbewirtschaftung ein. Allerdings werden immer wieder Eschen beobachtet, die vital sind. Diese Einzelbäume können in Selektionsprogrammen genutzt werden, um die Grundlage für weniger anfälliges Vermehrungsgut zu schaffen. Im Rahmen des Projektverbundes »FraxGen« innerhalb des bundesweiten Demonstrationsvorhabens »Konzertierte Aktion zum langfristigen Erhalt der Esche als Wirtschaftsbaumart (FraxForFuture)« wurde in Bayern nach Plusbäumen gesucht, die vital und gegenüber dem Erreger des Eschentriebsterbens weniger anfällig erscheinen.
Ausgehend von den Saatguterntebeständen der Bayerischen Staatsforsten, den bayerischen Intensivbeobachtungsflächen des Demonstrationsvorhabens und den Dauerbeobachtungsflächen des Bayerischen Amtes für Waldgenetik verteilten sich die Suchgebiete auf die vier großen bayerischen Herkunftsgebiete der Esche. In den Saatguterntebeständen ist eine sehr gute phänotypische Qualität der Bäume zu erwarten. In 31 Beständen konnten insgesamt 105 weniger anfällige Eschen aus sieben Wuchsgebieten ausgewählt werden, diese repräsentieren somit eine breite Klima- und Standortsamplitude.
Von diesen Bäumen wurden Reiser gewonnen, die die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg anschließend heterovegetativ vermehrte. Von einem Teil dieser Eschen wurde im Sommer 2022 Saatgut im Grünernteverfahren geerntet. Weitere Bäume werden in diesem Sommer beerntet. Die Sämlinge werden ebenfalls in Freiburg angezogen. Um die Resistenz der Pfropflinge zu überprüfen, wird noch in der Baumschule ein Resistenztest durchgeführt. Hierzu verteilte man mit dem Erreger des Eschentriebsterbens infiziertes Laub auf der Anzuchtfläche und inokulierte die Pfropflinge zum Teil mit infiziertem Material. Mit den positiv bewerteten Klonen wird eine Samenplantage angelegt, die in Zukunft resistentes Vermehrungsgut bereitstellen soll.
Dr. Hannes Seidel und Dr. Barbara Fussi
Beitrag zum Ausdrucken
Weitere Informationene