Nachrichten aus dem AWG - LWF aktuell 139
Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel, die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.
Besuch aus Zagreb
Dr. Angelina Gavranovic-Markic (Mitte) besuchte zusammen mit Randolf Schirmer (links) Andreas Ludwig (rechts) im BaySF-Pflanzgartenstützpunkt Laufen. (© AWG)
Randolf Schirmer, AWG
Neue Samenplantage für die »Selber Höhenkiefer«
Leiter und Mitarbeiter des Forstbetriebs Nordhalben und Mitarbeiter des AWGauf der neuen Samenplantage (© Johann Geiger, AWG)
Die »Selber Höhenkiefern«, auch »Vogtländer Höhenkiefern« genannt, kommen aus dem Herkunftsgebiet 851 12 – Oberes Vogtland und Nordostbayerische Mittelgebirge und sind durch schmale und kegelförmige Kronen gut an Nassschnee angepasst. Sie besitzen lange, vollholzige Schäfte und bringen auf mäßig nährstoffversorgten Standorten hochwertiges Kiefern-Stammholz hervor. Die Pflanzen für die neue Kiefern-Samenplantage »Premeusel« wurden über Veredlung angezogen. Die geernteten Reiser wurden im forstlichen Versuchsgarten Grafrath auf Kiefern-Unterlagen gepfropft und auf eine bis dahin landwirtschaftlich genutzte Fläche bei Premeusel ausgepflanzt. Die Samenplantage ist 2,6 ha groß und wurde im Verband 10 x 8 m begründet. Um die Verteilung der Klone und ihre Wiederholungen zu optimieren, wurde ein Algorithmus eingesetzt. Dadurch soll später bei der Samenbildung eine optimale gegenseitige Bestäubung der Klone, d. h. ein intensiver genetischer Austausch und damit eine hohe genetische Vielfalt im Saatgut, sichergestellt werden.
Die Neuanlage der Samenplantage plante das Sachgebiet 3 »Erhalten und Nutzen forstlicher Genressourcen« des AWG. Die praktischen Arbeiten vor Ort führten die AWG-Mitarbeiter Andreas Zaiser, Johann Geiger und Jonas Eckel sowie zwei Mitarbeiter des Forstbetriebs Nordhalben aus. Die weitere Betreuung der Fläche übernimmt das AWG in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb und örtlichen Unternehmern.
Jonas Eckel, AWG
Identifizierung klimatoleranter Saatguterntebestände der Weißtanne
Weißtannen im ausgewählten Saatguterntebestand Schrög. (© Muhidin Šeho, AWG)
Standortbedingungen sowie die Resilienz der Bäume auf der Grundlage eines dendroökologischen Ansatzes. Die genetische Vielfalt als wichtigster Maßstab und Basis für die Anpassung an eine sich verändernde Umwelt wird auch zukünftig von großer Bedeutung sein.
Die Bewertung umfasst eine Vielzahl von Beständen, die die gesamte Bandbreite der ökologischen Ansprüche der Art repräsentieren. Ziel ist es, klimatolerante Saatguterntebestände zu identifizieren, deren Saatgut der Praxis langfristig als forstliches Vermehrungsgut empfohlen werden kann. Die populationsgenetische Analyse anhand molekularer Marker (Mikrosatelliten) lieferte erste wichtige Informationen zum Genpool sowie zu den genetischen Vielfaltsparametern der Weißtanne in Süddeutschland.
Bei der internationalen IUFRO Tagung zum Thema »Fir and pine management in a changeable environment: risks and opportunities«, die vom 19. bis 22. September 2022 in Sarajevo/Bosnien und Herzegowina stattfand, wurden erste Ergebnisse vorgestellt. Diese zeigen einerseits genetische Differenzierungen und Übergangszonen zwischen westlichen und östlichen Clustern in Süddeutschland sowie andererseits Gradienten und regionale Variationen der genetischen Vielfalt. Erklärung für diese Muster ist, dass die Weißtanne nach der Eiszeit die nördliche Grenze ihres Verbreitungsgebiets wiederbesiedelt hat. Die Ergebnisse aus den multidisziplinären Studien werden verwendet, um zukünftige Herkunfts- und Verwendungsempfehlungen zu erweitern.
Dr. Muhidin Šeho
So wirkt der Klimawandel auf Fichte und Buche
Früh- und spätaustreibende Buchen auf der Versuchsfläche Freising. (© Darius Kavaliauskas, AWG)
In den Jahren 2018 bis 2020 wurden im Rahmen des deutschlandweiten Projekts »GenMon« 14 Buchen- und zehn Fichtenbestände beobachtet. In jedem Bestand wählten wir 20 Altbäume und 200 Individuen der natürlichen Verjüngung aus und bewerteten den Zeitpunkt sowie die Dauer der Blatt-/Nadelentwicklung zusammen mit der visuell bewerteten Intensität der Blüten- und Samenbildung. Wir untersuchten den Einfluss von Spätfrost sowie Unterschiede in spezifischen phänologischen Mustern (früh vs. spät) über die Studienjahre hinweg und bewerteten den Zusammenhang von Blüte und Saatmast. In den meisten Beständen, insbesondere bei der Buche, entfaltete die Verjüngung im Vergleich zu den Altbäumen deutlich früher ihre Blätter. Höhere Frühlingstemperaturen waren mit einem früheren Austrieb der Altbäume und einer kürzeren Dauer der Blattentfaltung verbunden. Über die drei Beobachtungsjahre wurde ein um 2,5 Tage früherer Austrieb je Grad Temperaturanstieg festgestellt.
Die meisten Bäume, die sehr früh oder sehr spät ausgetrieben haben, zeigen über den gesamten Beobachtungszeitraum das gleiche Muster. Die Blühintensitäten scheinen über ganz Deutschland synchronisiert zu sein, jedoch zeigen die Fruktifikationsintensitäten auch lokale Einflüsse. Abgesehen davon, dass der Blattaustrieb als hochgradig vererbbares Merkmal angesehen wird, bestätigte unsere Studie eine plastische phänotypische Reaktion, die für Waldbäume unter sich ändernden Umweltbedingungen (Klimaerwärmung) vorteilhaft sein könnte.
Dr. Barbara Fussi, AWG
Poster zum Projekt wurde vorgestellt bei der Tagung »Pheno2022« in Avignon (F)