Wald kompakt - LWF aktuell 134

Dr. Hans-Joachim Klemmt, LWF
Mortalität in (un)bewirtschafteten Buchenwäldern

Blick nach oben entlang am Stamm einer großen Buche ins Kronendach vor einem blauem Himmel Zoombild vorhanden

Blick in das hellgrüne Kronendach einer Buche (© M. Friedel, StMELF)

Höhere Mortalität in unbewirtschafteten Buchenwäldern in klimatischen Extremjahren – unter anderem zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Meyer et al. (2022), die aktuell im wissenschaftlichen Journal Plant Biology veröffentlicht wurde.

Ausgangspunkt für die Untersuchung waren die flächig beobachteten Absterbeerscheinungen an Buchen infolge der klimatischen Extremjahre 2018 und 2019. Von verschiedenen Seiten wurde die Frage gestellt, inwieweit die forstliche Bewirtschaftung diese Mortalität befördert hat. Die Forscher stellten die Grundhypothese auf, dass das Absterben der Buchen in Ab­hängigkeit von Bewirtschaftungsintensität und Trockenstress zunehmen würde. Hierzu untersuchten sie in Hessen Inventurdaten von elf ausgewählten Naturwaldreservaten und verglichen diese mit Daten aus umliegenden, bewirtschafteten Waldbeständen.

Es zeigte sich, dass die mittleren jährlichen Mortalitätsraten der untersuchten hessischen Buchenflächen mit Werten zwischen 0,5 % und 2,1 % insgesamt vergleichsweise niedrig lagen, und zwar sowohl auf den bewirtschafteten wie auf den unbewirtschafteten Flächen. Vergleichswerte finden Sie in:

Klimawandel: Sterben immer mehr Bäume in Bayerns Wäldern? - LWF aktuell 132

In den extremen Trockenjahren 2018 und 2019 lagen die Absterberaten in den Naturwaldreservaten signifikant über den Werten der bewirtschafteten Vergleichsflächen. Diese höheren Werte waren insbesondere auf abgestorbene unter- und zwischenständige Buchen zurückzuführen. In den bewirtschafteten Buchenbeständen konnte in den Extremjahren dagegen kein Anstieg der Gesamtmortalitätsrate im Vergleich zu Normaljahren nachgewiesen werden. Allerdings zeigte sich eine Verschiebung des Absterbens auf haupt- und oberständige Buchen.

Die Studie bestätigt damit, dass sich Buchenbewirtschaftungsmaßnahmen (Durch­forstungs- und Erntemaßnahmen) in klimatischen Extremjahren nicht generell negativ auswirken müssen. Es kann aber zu Verschiebungen der Absterberaten zwischen unter-, zwischen- und hauptständigen Buchen kommen. Da sich die Studie weitgehend auf mittlere Standortverhältnisse konzentrierte, empfehlen die Autoren weitere Untersuchungen, um weitergehende, generalisierbare Aussagen für die Zukunft treffen zu können.

Die Studie ist frei zugänglich unter: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/plb.13396 Externer Link

Stephan Jüstl
»Ich glaube, meine Tanne laust!«

Ein stark mit Läusen befallener TannenzweigZoombild vorhanden

Starker Befall von Dreyfusia-Tannentrieblaus an Weißtanne (© R. Petercord)

Der Weißtanne kommt eine besondere Bedeutung für den Waldumbau in Bayern zu. Bei ihrer Etablierung stellen insbesondere Wildverbiss und Spätfröste die Tanne vor große Herausforderungen. Aber auch verschiedene Blattlausarten können ihr gefährlich werden: Diese Stamm- und Triebläuse sind selbst für Spezialistinnen und Spezialisten oft nur schwer unterscheidbar. Wie andere wärmeliebende Insekten zählen auch Blattläuse zu den Profiteuren des Klimawandels. Es ist davon auszugehen, dass sie in Zukunft weiter verbreitet und in größerer Dichte auftreten werden. Die Waldschutzsituation der Tanne würde sich dadurch verschlechtern.

Im Fokus der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) steht derzeit die im 19. Jahrhundert aus dem Kaukasus eingeschleppte Dreyfusia-Tannentrieblaus. Aktuell liegen aus ganz Bayern vereinzelte Meldungen vor, mit einem deutlichen Schwerpunkt in den oberbayerischen Alpen und den angrenzenden Saalforsten. In den bekannten Befallsgebieten soll eine Inventur an Stichprobenpunkten im Frühsommer weitere Erkenntnisse liefern: Sind Verbreitungsmuster erkennbar? Wie unterscheidet sich die Befallsintensität? Lassen sich Empfehlungen für die waldbauliche Praxis ableiten?

Um einen besseren Überblick über die bayernweite Verbreitung der Tannen-Blattläuse zu bekommen, baut die LWF zudem auf die Unterstützung der Försterinnen und Förster vor Ort: »Wir bereiten für den Sommer ein »forester science«-Projekt vor – forstliches Personal der Ämter für Ernährung Landwirtschaft und Forsten, der Bayerischen Staatsforsten und der Forstlichen Zusammenschlüsse erhalten die Möglichkeit, uns Tannentrieblaus-Befall ganz einfach per Smartphone zu melden«, erläutert Dr. Andreas Hahn, Leiter der Abteilung Waldschutz der LWF. Bei Tannentrieblaus-Befall kommt es zu charakteristischen Nadelverkrümmungen. Mit dem Smartphone können von diesen sogenannten »Flaschenbürsten« Fotos aufgenommen werden. Anhand der Bilder und automatisch zugeordneten GPS-Koordinaten (»Geotag«) können die Forschenden so auch bislang unbekannte Vorkommen von Dreyfusia-Triebläusen in Bayern dokumentieren.

Eine entsprechende Anleitung wird das Waldschutz-Team demnächst in einem Faltblatt zur Verfügung stellen. Dieser Flyer enthält zudem wissenswerte Informationen zum Erkennen und Behandeln von Tannen-Blattlaus-Befall

Dr. Thomas Kudernatsch, LWF
Die Einbeere - Blume des Jahres 2022

Die Vierblättrige Einbeere mit einer dunkelblauen Beere an der Spitze des PflanzenstängelsZoombild vorhanden

Vierblättrige Einbeere (© M. Jantsch)

Mit der Vierblättrigen Einbeere (Paris quadrifolia) wurde diesmal eine echte Waldpflanze zur Blume des Jahres gewählt. Die zur Familie der Dreiblattgewächse (Trilliaceae) gehörende Einbeere ist eine sommergrüne krautige Pflanze von 10 bis 30 cm Höhe, die mehr oder minder ausschließlich in schattigen Wäldern anzutreffen ist. Am aufrechten, kahlen Stängel befindet sich der charakteristische i. d. R. vierzählige Blattquirl, bestehend aus breit-elliptischen grünen Laubblättern. Aus dem Blattquirl entspringt in den Monaten Mai bis Juni eine eher unscheinbare grün-gelbe Blüte, aus der sich im weiteren Verlauf die namensgebende blauschwarze Beere entwickelt. Die auf den ersten Blick an eine Heidelbeere erinnernde, rund ein Zentimeter große Frucht ist – wie die gesamte Pflanze – giftig. Vögel können das Fruchtfleisch jedoch ohne Probleme verdauen, sie verbreiten die Samenkörner mit ihren Ausscheidungen.

Auch eine Ausbreitung der Samen durch Kleinsäuger (verschiedene Mäuse) ist belegt. Vorherrschende Fortpflanzungsart ist allerdings die vegetative Vermehrung durch das unterirdische Rhizom, welche mit einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von 2 bis 8 cm pro Jahr nur sehr langsam vonstattengeht. Die insgesamt begrenzte Ausbreitungsfähigkeit der Art ist auch der Grund, warum die Einbeere als Indikator für historisch alte Waldstandorte angesehen werden kann, die seit mehr als 400 Jahren ununterbrochen mit Wald bestockt sind.

Die Einbeere kommt fast in ganz Bayern vor. Sie besiedelt krautreiche Eichen- und Buchenwälder, Auwälder und Nadelmischwälder. Der Standort ist in der Regel ein frischer bis feuchter, humoser, nährstoff- und basenreicher Lehm- oder Tonboden. Paris quadrifolia gilt als Grund- oder Sickerwasser-Zeiger. Aufgrund ihrer Häufigkeit ist die Art in den Roten Listen Deutschlands und Bayerns als ungefährdet gelistet.

Die Einbeere enthält in allen Pflanzenteilen als Giftstoffe vor allem Saponine und Glycoside. Früher galt die Art als Heilpflanze gegen ansteckende Krankheiten wie die Pest, weswegen sie im Volksmund auch den Namen »Pestbeere« erhielt. Heute findet die Pflanze nur noch in der Homöopathie Verwendung, in entsprechend extremer Verdünnung.

Für die Entstehung des Gattungsnamen Paris gibt es mehrere Erklärungsansätze. Einer davon fußt in der griechischen Mythologie. Der trojanische Königssohn Paris sollte mit dem »Erisapfel« bzw. »Zankapfel« entscheiden, wer die schönste der Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite sei. Nach diesem Bild stellt die Frucht der Einbeere den »Zankapfel« in der Mitte dar und die vier umgebenden Blätter symbolisieren Paris mit den drei Göttinnen.

Markus Riebler
Nachhaltigkeitszertifizierung für Energieholz

Ein Haufwerk von HackschnitzelnZoombild vorhanden

Holzhackschnitzel aus nachhaltiger Forstwirtschaft (© N. Hofmann, LWF)

Anfang Dezember 2021 trat in Deutschland die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung in Kraft. Dabei handelt es sich um die nationale Umsetzung des Artikels 29 der europäischen Erneuerbare Energien Richtlinie bzw. Renewable Energy Directive (kurz: »RED II«). Im Kern besagt die Verordnung, dass Biomasseheizkraftwerke, die eine Förderung (z. B. nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz) erhalten und über eine Gesamtfeuerungswärmeleistung von mehr als 20 Megawatt verfügen, zertifiziert sein müssen, um förderfähig zu bleiben. Auch für forstliche Biomasse, die in solchen Heizkraftwerken eingesetzt wird, muss demnach seit dem 1. Januar 2022 die Nachhaltigkeit belegt werden. Nachhaltigkeitskriterien im Sinne der Verordnung sind dabei unter anderem legaler Holzeinschlag, nachhaltige Walderneuerung, Erhaltung der Bodenqualität und biologischen Vielfalt sowie Achtung von Schutzgebieten.

Im Jahr 2020 veröffentlichte der Bundesverband Bioenergie eine Risikobewertung – mit dem Ergebnis, dass forstliche Biomasse aus deutschen Wäldern der geringsten Risikokategorie zugeordnet werden kann.

Was gilt es nun zu beachten? Für Waldbesitzer entsteht keine grundsätzliche Zertifizierungspflicht. Es reicht aus, die nachhaltige Herkunft der gelieferten forstlichen Biomasse in Form einer Selbsterklärung zu bestätigen. Entsprechende Formblätter können bei den Zertifizierungssystemen heruntergeladen werden. Die Archivierung erfolgt beim Waldbesitzer oder beim sogenannten »Ersterfasser«.

Bei komplexeren Energieholzbereitstellungsketten (Handel) ist dagegen ein genauerer Blick auf die Geschäftsprozesse nötig. Hier ist vor allem der erste Eigentumsübergang von Bedeutung. Der erste Eigentümer nach dem Waldbesitzer wird zum Ersterfasser. Dieser ist zertifizierungspflichtig im Sinne der Verordnung. Das bedeutet, dass ganz unterschiedliche Glieder der Lieferkette, z. B. Hackschnitzelhändler oder Heizwerke selbst, Ersterfasser werden können. Auch forstliche Zusammenschlüsse können somit Ersterfasser werden, wenn sie Hackschnitzel ihrer Mitglieder ankaufen und damit als Händler tätig sind. Dagegen ist ein klassisches Vermittlungsgeschäft, sprich die reine Mengenbündelung ohne Eigentumsübergang, von der Zertifizierungspflicht im Regelfall ausgenommen, sofern die Selbsterklärungen vorliegen. Im Zweifel ist es ratsam, Kontakt mit den die RED II betreffenden Zertifizierungssystemen (z. B. SURE) aufzunehmen.

Beitrag zum Ausdrucken

Weiterführende Informationen