Zentrum Wald-Forst-Holz
Forschung für die Wälder der Zukunft - LWF-aktuell 130

Am 24. März 2021 fand das 25. Statusseminar des Kuratoriums für Forstliche Forschung statt. Sieben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten ihre aktuellen Arbeiten vor. Rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Forstpraxis und Wissenschaft verfolgten die Vorträge der erstmals online durchgeführten Tagung. Zahlreiche Fragen und hoher Diskussionsbedarf zeigten, dass Forschungsthemen bei den Forstwissenschaftlern und Forstpraktikern eine hohe Bedeutung einnehmen.

»SusTree« – Alwin Janßen

Buchenwald mit aufkommender Naturverjüngung im FrühjahrZoombild vorhanden

Abb. 1: In Waldgesellschaften mit Eichen ist der Eichenanteil in der Verjüngung oft gering. (Foto: K. Schreiber, LWF)

Durch den Klimawandel sind viele Wälder in Mitteleuropa gefährdet. Die Geschwindigkeit des Wandels erschwert eine natürliche Anpassung der Waldökosysteme. Dr. Alwin Janßen, Leiter des Bayerischen Amts für Waldgenetik, berichtete über das Projekt »SusTree – Saat- und Pflanzgut für Wälder der Zukunft«.

Zu den Zielen des Projekts gehört es, die Klimaanpassung durch einen gezielten Baumsamen-Transfer zu fördern. Im Fokus stehen Baumarten, die sowohl bei uns als auch in trocken-warmen Regionen vorkommen. »Wir arbeiten daran, Herkunftsfragen über Ländergrenzen hinweg zu lösen und die Saatgutversorgung zu sichern«, so Janßen.

Im Rahmen des Projekts wurde auch die App »SUSselect« entwickelt, die für die sieben wichtigsten Baumarten (Tanne, Lärche, Fichte, Kiefer, Buche, Stiel- und Traubeneiche) je nach Pflanzort eine Vorkommens-Wahrscheinlichkeit zu den jetzigen und den zukünftig erwarteten Klimabedingungen angibt.

Forstwirtschaft – Stefan Friedrich

EichennaturverjüngungZoombild vorhanden

Abb. 2: Nur noch selten verjüngt sich die Eiche in solcher Dichte. Vielerorts ist die Eichen-Verjüngung auf konsequente Pflege angewiesen. (Foto: Klaus Schreiber)

Mit der Baumartenwahl im Klimawandel unter ökonomischen Gesichtspunkten beschäftigte sich Stefan Friedrich an der TU München. Er untersuchte unterschiedliche Zusammensetzungen von Fichte und Buche, unterschiedliche Baumartenanteile, die Variation der Umtriebszeit und der Behandlung in Bezug auf das Risiko für Waldbesitzer.

Ihn interessierte, welche Baumartenzusammensetzungen und welche Art der Bewirtschaftung sich besonders günstig auf die Stabilität der Wälder, auf deren Kohlenstoff-Speicherfähigkeit und auf finanzielle Erträge durch Holzverkauf auswirken. Insgesamt erfüllen diversifiziertere Betriebe den Wunsch nach Risikominderung und nach Multifunktionalität besser, als dies homogen strukturierte Betriebe können.

Unter Berücksichtigung von Klimawandelfolgen sinken jedoch die finanziellen Erträge, die Kohlenstoffspeicherung und auch die Stabilität deutlich, wenn sich die Wuchsbedingungen verändern. Anpassungsmaßnahmen können insbesondere die Stabilität der Wälder erhalten oder verbessern, sind aber begrenzt in ihrer Wirksamkeit.
Die Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit, den Waldaufbau anzupassen und das Baumartenspektrum zu erweitern. Derzeit läuft ein weiteres Forschungsprojekt, in dem Informationen zu den Ökosystemleistungen auch seltener und nicht heimischer Arten in die Optimierung eingespeist werden.

Eichenverjüngung – Kilian Stimm

Unter den Hauptbaumarten in Bayern ist die Eiche besonders gut an Hitze und Trockenheit angepasst. Für die Klimaanpassung der Wälder spielt sie deshalb eine große Rolle. Forschungsergebnisse aus Naturwaldreservaten zeigen allerdings, dass die Eichenanteile in sich selbst überlassenen Wäldern seit mehreren Jahrzehnten zurückgehen. Eichen-Jungwuchs wird durch Konkurrenz von anderen Baumarten und Wildverbiss stark dezimiert.

»Nicht mal ein Prozent Eichenanteil in der Verjüngung haben wir in den untersuchten Buchen-Waldgesellschaften, in denen durchschnittlich 26 Prozent Eichen im Altbestand vorkommen. In Eichen-Waldgesellschaften hat die Eiche nur gut fünf Prozent Anteil an der Verjüngung«, erläuterte Kilian Stimm von der TU München. »Eichen brauchen viel Licht und eine konsequente Pflege«, betonte Stimm. Gezieltes Waldmanagement ist für die Förderung von Eichen also unerlässlich.

Schwammspinner – Wolfgang Weisser

Vom Schwammspinner kahlgefressene BaumkronenZoombild vorhanden

Abb. 3: Kahlfraß durch Schwammspinner-Massenvermehrungen können mit der Klimaerwärmung häufiger auftreten. Die Abwägung von Handlungsoptionen ist eine der vielen Herausforderungen, die der Klimawandel für die Wälder mit sich bringt. Foto: H. Lemme, LWF

Mit einer für Eichenwälder charakteristischen Schmetterlingsart, dem Schwammspinner, befasst sich Professor Wolfgang Weisser, TU München. Seit 2018 durchläuft der Schwammspinner in Teilen Bayerns eine Massenvermehrung, die voraussichtlich erst dieses Jahr abklingen wird. Besonders hohe Populationsdichten führten in den letzten Jahren mehrfach zu Kahlfraß durch die Raupen. Um das Absterben von Eichenbeständen zu verhindern, werden diese nach einem aufwändigen, von der Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) durchgeführten Prognoseverfahren zum Teil mit Pflanzenschutzmittel behandelt.

In einer Kooperation zwischen LWF, Uni Würzburg und TU München wurde ein neuartiges Versuchsdesign entwickelt. Es erlaubt, sowohl die Auswirkungen eines Schwammspinner-Ausbruchs auf die Eichen und die restliche Lebensgemeinschaft im Wald zu untersuchen als auch eventuelle Nebenwirkungen des Einsatzes des Pflanzenschutzmittels Mimic auf die Lebensgemeinschaft zu quantifizieren. Es zeigte sich, dass der Blattverlust in Folge der Gradation zu einer messbaren Einschränkung im Baumwachstum führt. Wie stark dies die Sterblichkeit der Bäume erhöht, werden die nächsten Jahre zeigen.

Bei den Schmetterlingen zeigte sich noch ein Jahr nach der Behandlung ein Effekt auf die Artenzusammensetzung. Wie schnell sich die Lebensgemeinschaft erholt, wird sich ebenfalls erst in den nächsten Jahren zeigen. Bei Fledermäusen und Vögeln gab es zum Teil überraschende Ergebnisse, wie eine positive Reaktion auf ein höheres Beuteangebot; bei den Laufkäfern war kaum ein Effekt des Insektizids nachweisbar.

Biomassenutzung – Stefan Rimmele

Mit der Energiewende wächst die Nachfrage nach schwächerem Holz für die Energieerzeugung und zur Borkenkäferbekämpfung ist das Zerhacken von Kronenmaterial notwendig. Gerade in der Rinde sowie in Nadeln und Blättern sind aber besonders viele Nährelemente enthalten, die mit der Nutzung dem Wald entzogen werden.

»Insbesondere die Nährstoffversorgung von Waldökosystemen darf bei einer intensivierten Biomassenutzung nicht außer Acht gelassen werden, um dem Nachhaltigkeitsanspruch der Forstwirtschaft gerecht zu werden und optimale Zuwächse auch in Zukunft zu gewährleisten«, betonte Stephan Rimmele von der LWF.

In dem von ihm vorgestellten Projekt sollen Nährstoffbilanzierungen für die gesamte bayerische Waldfläche durchgeführt und Ergebnisse mit einer Auflösung von 50 mal 50 Metern zur Verfügung gestellt werden. Die Bilanzierung ermöglicht Aussagen zur Nährstoffsituation der einzelnen Waldstandorte und bieten eine Grundlage für Empfehlungen zur Nutzungsintensität im Hinblick auf die Nährstoffnachhaltigkeit. Ein solches einfach verständliches Informationssystem kann ein wichtiges Werkzeug sein, um die nährstoffnachhaltige Waldbewirtschaftung sicherzustellen und die Wuchskraft der bayerischen Wälder für die Zukunft zu erhalten.

Schalenwildmanagement – Wibke Peters

Dr. Wibke Peters, leitende Wildbiologin an der LWF, stellte das Projekt »Integrales Schalenwildmanagement im Bergwald« vor. In dem Forschungsvorhaben werden in zwei repräsentativen Projektgebieten im Karwendel und im Chiemgau neben der Populationsgröße und dem Populationszustand auch die Raumnutzung von Gams, Rot- und Rehwild detailliert untersucht.

Die ersten Auswertungen für das Gebiet »Karwendel« ergaben einen Frühsommerbestand von über 650 Gämsen. Beim Rotwild wurde nach ersten Schätzungen auf einen Bestand von mehr als 240 Stück geschlossen. Zusammen mit Zähldaten des Forstbetriebs und Auswertungen von Fotofallendaten deuten die Zahlen auf einen stabilen Bestand hin.

Moderne Untersuchungsverfahren wie die Kotgenotypisierung zeigen, dass traditionelle Methoden, wie die direkte Zählung von Wildtieren, den tatsächlichen Bestand unterschätzen. Neben einer deutlich höheren Genauigkeit ist ein weiterer Vorteil der Kotgenotypisierung, dass die Dichte in verschiedenen Teilbereichen des untersuchten Gebietes abgeleitet werden kann und nicht nur die Populationsgröße für das Gesamtgebiet bestimmt wird. Die in dem Projekt erarbeiteten Ergebnisse sollen unter anderem die Grundlage für ein zukunftsweisendes integrales Schalenwildmanagement schaffen.

Rotwildmanagement – Frederik Franke

RotwildZoombild vorhanden

Abb. 4: Zwei Vorträge am Status-seminar befassten sich mit Forschungstätigkeiten zum Schalenwild, insbesondere dem Rotwild

Dr. Frederik Franke, Wildbiologe an der LWF, stellte das Projekt »Neue Wege zu einem grenzüberschreitenden Rotwildmanagement in Zeiten des Klimawandels« vor. Die Rotwildbestände in der Grenzregion zwischen Bayern und Tschechien nehmen zu und das Wanderverhalten ändert sich. Gründe sind das sich wandelnde Klima, zunehmende Störungen der Wälder durch Sturmwurf und Borkenkäfer, erhöhtes Nahrungsvorkommen, der Abbau des Grenzzaunes sowie der Ausbau des regionalen Tourismus-Sektors.

Regulierend auf die Population wirkt im Wesentlichen die Jagd. Luchs und Wolf haben bislang wahrscheinlich einen geringen Einfluss. Zur Populationserfassung kam die systematische Beprobung von Rotwildlosung mit anschließender genetischer Untersuchung (Genotypisierung), ein flächendeckendendes Fotofallenmonitoring und eine Infrarotkamera-gestützte Rotwildzählung aus der Luft zum Einsatz. Um das Raumnutzungsverhalten der Tiere zu erfassen, wurden außerdem 70 Tiere mit GPS-Halsbändern versehen.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Nationalpark Šumava die höchsten und im Forstbetrieb Neureichenau die geringsten Rotwilddichten vorkommen. Ein Teil der Population wechselt über weite Strecken vom Sommer- zum Wintereinstand und die Herbstmigration in die Wintereinstände findet mittlerweile später im Jahr statt als bisher. Die erhobenen Daten und die gewonnen Erkenntnisse sollen nun in ein integrales Rotwildmanagement für die Grenzregion eingehen.

Alle vorgestellten Projekte wurden aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) gefördert. Veranstalter des Statusseminars sind die LWF und die Geschäftsstelle des Zentrums Wald-Forst-Holz Weihenstephan.

Vorträge und weitere Informationen Externer Link

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