Ralph Jenner und Muhidin Šeho
Saatgut-Lagerversuch bei Weißtanne – LWF aktuell 129
Das AWG Teisendorf und der Pflanzgartenstützpunkt (PGS) Laufen der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) starten einen Gemeinschaftsversuch zur Lagerung von Weißtannen-Saatgut.
Trockenheit, Niederschlagsmangel und invasionsartige Ausbreitung von Schadorganismen schädigen zunehmend stärker mehr Nadelholzarten. Vor allem die Fichten- und Kiefernbestände sind stark betroffen und sollten durch Waldumbaumaßnahmen stabilisiert werden. Eine mögliche heimische Nadelbaumart, die bei geeigneten Standortsbedingungen und ausreichender Wasserversorgung in Frage kommt, ist die Weißtanne. Der heutige Waldanteil der Weißtanne in Bayern liegt bei 2 % (ca. 55.000 ha). Gute bis sehr gute Anbaubedingungen für die Weißtanne werden in den kühleren und feuchten Lagen der Mittelgebirge, im Voralpenland und den Alpen prognostiziert. In den wärmsten Gebieten Bayerns (z. B. Fränkische Platte) sowie im Flach- und Hügelland zeichnet sich jedoch ein hohes Anbaurisiko für die Weißtanne ab. Hier sollte sie nur als Mischbaumart beteiligt werden.
Abb. 1: Weißtannen-Zapfen von der Samenplantage Wiedmais (Foto: M. Šeho)
Der Bedarf nach Weißtannen-Saatgut hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und wird sehr wahrscheinlich auf einem hohen Niveau bleiben. Da Vollmasten nur alle drei bis acht Jahre auftreten, ist eine regelmäßige Beerntung schwer umsetzbar. So wurden beispielsweise im Erntejahr 2017/18 in der Kategorie »Ausgewählt« lediglich 191 kg Weißtannen-Saatgut in ganz Bayern geerntet. Dadurch ergeben sich in bestimmten Regionen Bayerns bereits heute Versorgungsengpässe. Im Gegensatz dazu wurden im Erntejahr 2016/17 4.123 kg geerntet. Das zehnjährige Mittel für ganz Deutschland liegt bei 8.106 kg. Zur regelmäßigen Deckung des Saatgutbedarfs bei Weißtanne wäre daher eine mittel- bis langfristige (5–10 Jahre) Lagerung von Weißtannen-Saatgut von erheblichem Vorteil. Dadurch könnte das Saatgut aus Mastjahren länger gelagert und verwendet werden.
- bis 3 Jahre (Schönborn 1964)
- 4 bis 5 Jahre (Muller 1980, Furnier 1980)
- 6 Jahre (Schubert 1998)
Abb. 2: Entwicklung der Keimfähigkeit von Weißtannensaatgut bei längerfristiger Einlagerung (–10 °C) (Grafik: LWF)
Um eine langfristige Bewertung der Lagerfähigkeit zu gewährleiten, wird der Versuch auf zehn Jahre angelegt. Sollten die Prüfergebnisse aufzeigen, dass bei einer oder mehreren Varianten die Keimfähigkeit nach zehn Jahren um weniger als 20 % abgenommen hat, kann der Versuch an diesen Varianten verlängert werden. In dieser Zeit wird das Saatgut im Saatgutprüflabor des AWG jährlich auf Keimfähigkeit und alle zwei Jahre zusätzlich noch auf Lebensfähigkeit untersucht. Zu Versuchsbeginn wird an jeder Teilpartie eine Komplettuntersuchung durchgeführt (Reinheit, Tausendkorngewicht, Feuchtegehalt, Keimfähigkeit und Lebensfähigkeit).
- Die Lagertemperaturen und -orte sind:
- –7 °C am PGS in Laufen
- –10 °C am AWG Teisendorf
- –20 °C am AWG Teisendorf
- Ein Feuchtegehalt von 7 bis 9 % ist nach Schönborn (1964) für die Tannen-Saatgutlagerung empfohlen. Darauf basierend, werden drei Feuchtegehalts-Varianten im Versuch getestet:
(Für die einzelnen Feuchtegrade ist hier immer eine Spanne angegeben, da eine exakte Einstellung des Feuchtegehaltes im Saatgut nicht immer möglich ist. Ziel ist ein Bereich in der jeweiligen Mitte)- 5 – 7 %
- 7 – 9 %
- 9 – 12 %
- Die Lagerung erfolgt in luftdicht verschlossenen PE-Beuteln der Stärke von 90 µ.
- Der Lagerungsversuch startet in der Erntesaison 2020 mit folgenden Herkünften:
- 091 827 06 082 3 - SPL Lehmbach
- 091 827 07 060 3 - SPL Wiedmais
- 091 827 10 027 2 - FB Kelheim, 30 Frauenforst
- 091 827 11 117 2 - FB Berchtesgaden, 57 Stoissberg
- 091 827 12 099 2 - FB Ruhpolding, 32 Schwarzachen
Literatur
- Rohmeder, E. (1972): Das Saatgut in der Forstwirtschaft. 273 S.
- Schirmer, R. (2006): Zum Vermehrungsgut der Weißtanne. LWF Wissen 45
- Schönborn, A. v. (1964): Die Aufbewahrung des Saatgutes der Waldbäume
- Schubert, J. (1998): Lagerung und Vorbehandlung von Saatgut wichtiger Baum - und Straucharten. LÖBF: Eberswalde-Finow