Nachrichten aus dem AWG – LWF aktuell 128
Das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) verfolgt das Ziel die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.
Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des AWG finden sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem AWG erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF-aktuell.
FraxGen – Rettet die Esche!
Abb. 1: Gesunde Esche auf einer der drei Untersuchungsflächen in Bayern (Foto: B. Fussi)
Seit dem Auftreten des Eschentriebsterbens wird europaweit und auch in Deutschland intensiv dazu geforscht. Unterschiedlichste Forschungseinrichtungen führen Studien zu diesem Thema durch. Eine koordinierte Vorgehensweise zum Umgang mit dem Eschentriebsterben ist dabei unerlässlich. Daher wurde ein neues Verbundvorhaben »Konzertierte Aktion zum langfristigen Erhalt der Esche als Wirtschaftsbaumart (FraxForFuture)« ins Leben gerufen, das sich aus fünf Unterverbünden mit insgesamt 28 Projektpartnern zusammensetzt und von Juli 2020 bis Februar 2024 läuft. Gesamtziel des Vorhabens ist ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen gegenüber dem Eschentriebsterben unter Einbeziehung aller relevanten Fachdisziplinen. Diese reichen von der »Erfassung des Eschentriebsterbens« zum »Er halt der Esche als Wirtschaftsbaumart« bis hin zum »Umgang mit befallenen Beständen und Vorkommen«. Daraus sollen zielgerichtete Aktivitäten entwickelt werden, um notwendige Entscheidungen für die zukünftige Bewirtschaftung der Esche treffen zu können.
Basis des gemeinsamen Vorgehens werden über das gesamte Bundesgebiet verteilte Monitoringflächen sein. Auf diesen gemeinsamen Flächen werden augenscheinlich vitale Eschen ausgewählt. Die Auslese gesunder Plusbäume wird darüber hinaus auch in weiteren Gebieten mit hohem Befallsdruck durchgeführt. Das AWG beteiligt sich im Projektverbund »FraxGen« an der Auslese gesunder Eschen in ganz Bayern. Die selektierten Eschen werden vegetativ vermehrt und in Klonsammlungen gesichert, um einen Beitrag zur Generhaltung zu leisten und in der Zukunft gesundes Vermehrungsgut erzeugen zu können. Im genetischen Labor des AWG wird an der Auswahl und Validierung von Resistenzmarkern gearbeitet. Diese sollen an Eschen getestet werden, die auf Versuchsflächen des AWG hinsichtlich des Eschentriebsterbens schon seit Längerem beobachtet werden. Diese Versuchsflächen wurden 2013 angelegt und stetig erweitert und waren in Deutschland die ersten in dieser Form angelegten Flächen. Sie sind eine wertvolle Grundlage für die Erforschung von Resistenzmechanismen und deren genetische Veranlagung und können Grundlage für Erhaltungsmaßnahmen der Esche darstellen. Die so entwickelten und getesteten Marker stellen eine wertvolle Unterstützung von Züchtungsprogrammen bei der Esche hinsichtlich der Auswahl von gesundem und genetisch variablem Material dar.
Dr. Barbara Fussi, AWG
Eiche aus dem Iran – erstmaliger Anbau in Bayern
Abb. 2: Ein Herkunftsversuch soll klären: Ist die Kastanienblättrige Eiche eine Alternative für Bayerns Wälder? (Foto: R. Schirmer)
Aufgrund der starken Höhenzonierung des iranischen Gebirges lassen sich anhand von morphologischen Merkmalen vier Unterarten bzw. Varietäten abgrenzen. Neben dieser phänotypischen Differenzierung ist von einer deutlichen genetischen Differenzierung in unterschiedliche Herkünfte auszugehen. Im Klimawandel sind insbesondere die mit Hainbuche vergesellschafteten Herkünfte der mittleren Lagen um 700 m ü. NN interessant. Im Rahmen der von der Bayerischen Staatskanzlei geförderten Zusammenarbeit mit dem Iranischen Forstforschungsinstitut konnte das AWG im Winter 2017/18 Saatgut von kontrollierten Ernten in den iranischen Provinzen Mazdaran und Golestan beziehen. Es wurde Saatgut von vier Herkünften aus Höhenlagen zwischen 200 und 1.200 m ü. NN ausgesät.
Der Anbau iranischer Orginalherkünfte ist in Bayern einzigartig. Die Pflanzen wurden im Rahmen eines Herkunftsversuchs im Bereich der Forstbetriebe Berchtesgaden und Kelheim im Frühjahr 2020 als zweijährige Sämlinge ausgepflanzt. Trotz der ausgeprägten Frühjahrstrockenheit im März/April zeigten die Pflanzen einen sehr guten Start mit 93 % Anwuchs. Ein Zusammenhang zwischen Höhenlage der Herkunft und Anwuchsrate konnte nicht festgestellt werden. Wegen des späten Austriebs zeigte diese Eichenart keine Spätfrostschäden wie andere Baumarten in den angrenzenden Kulturen.
Auf der Versuchsfläche bei Laufen kann die Entwicklung dieser bislang bei uns im Forstbereich unbekannten Eichenart mit fast gleichaltrigen heimischen Eichen verglichen werden. Die Ergebnisse des Herkunftsversuchs werden zeigen, ob es sich bei der Kastanienblättrigen Eiche um eine Alternativbaumart im Klimawandel handelt.
Randolf Schirmer, AWG
Von der Nebenrolle zum Hauptdarsteller
Abb. 3: Hainbuchenbestand mit hervorragenden Stammformen (Foto: M. Šeho)
Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, die bestehende Baumartenpalette zu erweitern und damit das Risiko auf mehrere Baumarten zu streuen. Neben alternativen Herkünften heimischer Hauptbaumarten sollten die seltenen bzw. Nebenbaumarten stärker berücksichtigt werden. Da diese Baumarten oft eine untergeordnete Rolle gespielt haben oder als dienende Baumarten genutzt wurden, war das Anpassungspotenzial nie detaillierter untersucht worden. Die Ausweisung von Saatguterntebeständen erfolgte ausschließlich anhand des Phänotyps. In dem ab 2021 bewilligten Projekt »AcCarTi« wird eine Überarbeitung von Herkunftsempfehlungen und -gebieten sowie eine Verbesserung der Erntebasis für die Baumarten Spitzahorn (Acer platanoides), Hainbuche (Carpinus betulus) und Sommerlinde (Tilia platyphyllos) vorgenommen. Das Ziel ist es, die Erntebasis zur Deckung des zukünftigen Bedarfs an Vermehrungsgut für Spitzahorn, Sommerlinde und Hainbuche zu verbessern. So soll in Regionen mit unzureichen dem Umfang zugelassener Erntebestände oder Samenplantagen eine Zulassung weiterer Erntebestände erfolgen. Als erstes werden die räumlich-genetischen Strukturen der Projektbaumarten in Bezug zu den für Bayern relevanten Herkunftsgebieten ermittelt. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse kann eine Überarbeitung der Herkunftsempfehlungen auf genetischer und phänotypischer Grundlage vorgenommen werden. Anhand der genetischen Vielfaltsparameter wird ein Vorschlag für Ausweisung von Saatguterntebeständen und Erhaltungsbeständen mit hoher genetischer Variabilität zur Sicherung der Anpassungsfähigkeit erarbeitet. Im Rahmen des bayerischen Konzeptes zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung forstlicher Genressourcen wird dann eine Bewertung der Bestände hinsichtlich der Kriterien Erhaltungswürdigkeit und Erhaltungsdringlichkeit vorgenommen. Dafür werden folgende Arbeitsschritte umgesetzt:
- Genetische Untersuchung ausgewählter, zur Beerntung geeigneter Vorkommen; Ermittlung von Artreinheit, genetischer Vielfalt und Diversität, genetischer Differenzierung, stratifiziert über das Verbreitungsgebiet in Bayern anhand biochemischer und molekulargenetischer Marker
- Gesamtbewertung der genetischen Befunde und der regionalen Differenzierung; hieraus Überprüfung der Herkunftsgebiete auf genetischer Grundlage und ggf. Neuvorschläge
- Vorschläge zur Ausweisung von Erntebeständen für die Landesstelle und Erfassung in einer Datenbank unter Hinzuziehung des Landesgutachterausschusses
- Erfassung von »Entwicklungsbeständen«, die durch Pflege zu Erntebeständen entwickelt werden können
- Erarbeitung von Vorschlägen zur Erweiterung des bayerischen Samenplantagenprogramms
- Verknüpfung der Vorkommens- und Erntebestandsdaten mit Daten der LWF (z.B. BaSIS9
Mediterrane Eichenarten für’s Trockene
Abb. 4: Natürliche Verbreitung der Flaumeiche (Grafik: LWF)
- Definition von Herkunftsgebieten mit der Methode der Analogklimata (AWG, LWF)
- Aufbau einer Versorgung mit herkunftsgesichertem Vermehrungsgut (AWG)
- Bewertung der phänotypischen Ausstattung von Saatguterntebeständen (AWG)
- Anzucht des Pflanzenmaterials und Anlage von Herkunftsversuchen in Bayern und Baden-Württemberg (AWG, FVA)
- Identifikation von Standorten (Brennpunkten) in Bayern und Baden-Württemberg mit gegenwärtig hohem Ausfallrisiko heimischer Hauptbaumarten (LWF, FVA)
- Etablierung dauerhafter Versuchsanlagen nach Erfordernissen der Provenienzforschung
- Aufbau von Standraumversuchen zur Untersuchung des Wuchs- und Resilienzverhaltens bei unterschiedlichen Bestandesdichten
Projektpartner: Lehrstuhl für Waldwachstumskunde (TU München), Stadt Alzenau, Abt. »Boden und Umwelt« (LWF), Abt. »Waldwachstum« (FVA)
Dr. Muhidin Šeho, AWG
Dr. Rudolf Dimpflmeier verstorben
Abb. 8: Rudolf Dimpflmeier (Foto: privat)
Rudolf Dimpflmeier wurde am 3. Dezember 1926 in Polling bei Weilheim geboren. Er studierte von 1948 bis 1952 Forstwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München und bestand 1955 die Große Forstliche Staatsprüfung. Schon im Studium mit besonderem Interesse für Forstpflanzenzüchtung arbeitete Rudolf Dimpflmeier von 1955 bis 1964 am Institut für Forstsamenkunde und Forstpflanzenzüchtung, wo er 1959 promovierte. 1964 wurde Rudolf Dimpflmeier zum Gründungsleiter der Bayerischen Landesanstalt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht bestellt, die er 27 Jahre lang bis zu seinem Ruhestand 1991 leitete.
Rudolf Dimpflmeier hat immer über den forstlichen Tellerrand hinausgeschaut. Mit der Errichtung eines der ersten Forstgenetik-Labore in Deutschland hat er richtungsweisende Weichen für die heutige Ausrichtung des Bayerischen Amts für Waldgenetik (AWG) gestellt. Die Verknüpfung von Forstpraxis und angewandter forstgenetischer Forschung ist sein bleibender Verdienst.
In seiner langjährigen Tätigkeit hat sich »Rudi« Dimpflmeier fachliche Anerkennung verschafft und sich durch seine herzliche Art auch viele Freunde im In- und Ausland gemacht. An der Arbeit »seines« AWG hat er bis zuletzt regen Anteil genommen. Bei allem fachlichen Engagement hat er stets auch menschlich Zeichen gesetzt und war daher bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr beliebt.
Dr. Alwin Janßen und Randolf Schirmer, AWG