Michael Mößnang im Gespräch mit Dr. Peter Pröbstle
»Panta rhei« Alles in Bewegung – LWF aktuell 127
Seit August leitet der Erlanger Forstdirektor Dr. Peter Pröbstle die Geschicke der LWF
Am 1. August 2020 übernahm Dr. Peter Pröbstle die Leitung der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Sein Vorgänger Olaf Schmidt war Ende Juli nach mehr als 20 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden.
Doch auch Pröbstle ist an der LWF kein Unbekannter. Vor 25 Jahren arbeitete er zwei Jahre als "rechte Hand" des LWF-Präsidenten Dr. Günter Braun. Dadurch hat er die LWF mit all ihren Aufgaben und Herausforderungen bestens kennengelernt – mitsamt den Erwartungen, die man schon damals in die Forschungsanstalt setzte.
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Abb 1: Der neue LWF-Leiter mit seiner Leitungs-»Crew« (Foto: C. Josten)
Herr Dr. Pröbstle, Sie waren bereits von 1995 bis 1997 an der LWF. Welche Erinnerungen sind Ihnen geblieben?
Ich habe nur beste Erinnerungen an diese Jahre. Nach einigen Monaten an der Oberforstdirektion München waren dies ja meine ersten Berufsjahre in der Staatsforstverwaltung. Allerdings muss ich zugeben, dass ich gar nicht so gerne an die LWF gekommen bin. Ich hatte nach meinem Studium bereits vier Jahre am Lehrstuhl für Bodenkunde der LMU gearbeitet und dort promoviert. Nach Referendarzeit und Staatsexamen wollte ich daher schnellstmöglich an ein Forstamt in die Praxis und nicht wieder in die Forschung.
Allerdings durfte ich an der LWF eine extrem hohe Fachkompetenz erleben, die mit einer unglaublichen Kollegialität und Hilfsbereitschaft verbunden war. Kein Wunder, dass ich erneut traurig war, als ich die LWF bereits nach zwei Jahren wieder verlassen musste. Konkrete Ereignisse an der LWF, an die ich mich gerne zurückerinnere, gibt es viele. Aber ganz besonders gerne denke ich an mein Abschiedsfest im Foyer mit fast allen Kolleginnen und Kollegen zurück, das damals bis tief in die Nacht ging …
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Abb. 2: 15 Jahre lang leitete Dr. Pröbstle die forstlichen Geschicke am AELF Fürth. (Foto: berufenet.arbeitsagentur.de.)
Welche Aufgaben hatten Sie denn damals konkret an der Landesanstalt?
Mein damaliger Dienstposten war unglaublich vielfältig: Als persönlicher Mitarbeiter des LWF-Präsidenten Dr. Günter Braun hatte ich sehr viel mit Personal, Haushalt und der gesamten Verwaltung der LWF zu tun – Aufgaben, die mir heute noch viel Freude machen. Als Sachbearbeiter für das Forschungskuratorium hatte ich umfassenden Einblick »in« die Forschungsförderung und die Ansprüche und Wünsche der Praxis »an« die forstliche Forschung.
Zudem bekam ich damals vom Präsidenten den Auftrag, zwei im Entstehen begriffene LWF-Publikationsreihen weiterzuentwickeln: »Berichte aus der LWF« und »LWF aktuell«. Sie sehen, wir hatten schon damals das Ziel, die forstliche Öffentlichkeit über Forschungsergebnisse zu informieren, auch wenn wir aus heutiger Sicht bei der Umsetzung natürlich noch in den Kinderschuhen steckten.
Für "LWF aktuell" half es mir aber schon, dass ich als Mitarbeiter des Präsidenten über neue Entwicklungen in der Staatsforstverwaltung meist sehr gut informiert war.
Darüber hinaus bat mich Dr. Braun aufgrund meiner Laborerfahrungen an der Universität, kommissarisch das Zentrallabor der LWF zu leiten. Gerade in diesem Arbeitsbereich habe ich die akkurate, zuverlässige und engagierte Arbeit unserer dortigen Kolleginnen und Kollegen sehr schätzen gelernt. Auch wenn sich die Namen dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meist nicht in den Publikationen finden – ohne ihre exakte Arbeitsweise gäbe es viele Forschungsergebnisse und Veröffentlichungen gar nicht!
Gestatten Sie mir noch eine Frage zurück in die – wenn auch jüngste – Vergangenheit. Sie sind zwar noch keine »ersten 100 Tage« im Amt, aber wie blicken Sie auf Ihre ersten 50 Tage Amtszeit zurück?
Die sind extrem schnell vergangen. Dabei müssen Sie berücksichtigen, dass ich bis jetzt meine bisherigen Aufgaben als Bereichsleiter Forsten am AELF Fürth-Erlangen weiter kommissarisch wahrgenommen habe. Trotz dieser Doppelbelastung hatte ich in den letzten Wochen die Möglichkeit, mich persönlich von meinen Netzwerkpartnern in der Metropolregion Nürnberg zu verabschieden. Vor allem aber konnte ich mich gebührend von meinen Kolleginnen und Kollegen am Forstamt Erlangen verabschieden, die mir wirklich sehr ans Herz gewachsen sind.
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Abb. 3: Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber mit Dr. Peter Pröbstle bei der Amtsübergabe zum neuen LWF-Leiter (Foto: StMELF)
Und in der LWF, was waren hier Ihre intensivsten Eindrücke in den ersten acht Wochen?
Beeindruckt hat mich der herzliche Empfang und wie offen die Kolleginnen und Kollegen meinen Ideen und Änderungsvorschlägen gegenüberstehen. Der Einstieg ist mir aber vielleicht auch deswegen so leicht gefallen, weil mir hier auf dem Flur ständig bekannte Gesichter begegnen. Insofern ist es fast ein bisschen wie »Heimkommen«, wenn auch erst nach 24 Jahren!
Aktuell nicht so schön finde ich allerdings die vielen leeren Büros, da viele aus der Belegschaft sich noch im Homeoffice befinden. Ich hoffe sehr, dass wir bald wieder zu einem normalen, intensiven »LWF-Leben« zurückfinden können.
Ob im Homeoffice oder in Präsenz: Tief beeindruckt bin ich vom unglaublichen Engagement der LWF-Beschäftigten. Teilweise werden E-Mails am Wochenende oder sogar mitten in der Nacht beantwortet! Natürlich zeugt das von großem Verantwortungsbewusstsein und einer starken Identifikation mit der LWF. Bei aller Bewunderung und Anerkennung müssen wir alle aber dennoch auf eine gesunde Work-Life-Balance achten.
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Abb. 4: Auf dem Regionalen Waldbesitzertag 2015 führte Dr. Pröbstle die Bayerische Waldkönigin Isabella Wimmer über das Ausstellungsgelände. (Foto: G. Schießl)
Jetzt richten wir den Blick nach vorne: Unter Ihrem Vorgänger hat die LWF ihre Strategie bis Ende 2024 fortgeschrieben. Gibt es Punkte, die für Sie besonders wichtig oder sogar entscheidend sind?
Die Aufgabe ist klar: Die LWF muss bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse sammeln, Forschungslücken frühzeitig erkennen und mit eigener Forschung gegensteuern. Doch damit alleine ist es nicht getan:
Die wissenschaftlich fundierten Fakten müssen wir in leicht verständlicher Form an die Politik, die Verwaltung, die Staatsforsten, aber auch an die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer als seriöse Entscheidungsgrundlage vermitteln.
Das klingt viel einfacher, als es wirklich ist. Gerade in Zeiten von »Fake News« und »Alternativer Fakten« werden Institutionen wie die LWF dringend benötigt: Forschungseinrichtungen, denen man vertrauen kann.
Für das Vertrauen ist auch eine gewisse Unabhängigkeit der Landesanstalt erforderlich. Es freut mich sehr, dass diese uns von der Forstministerin und dem Leiter der Forstverwaltung explizit zugesichert wurde. Jetzt müssen aber wir auch dafür sorgen, dass unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse viele hören und verstehen können.
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Abb. 5: Immer auch mit Überzeugung politisch unterwegs: In seinen Funktionen als VHBB-Vorstand und stellvertretender Landesvorsitzender des BDF Bayern (Foto: Archiv VHBB)
Damit ist ja schon fast meine nächste Frage beantwortet. Wohin, glauben Sie, müsste sich die LWF künftig entwickeln?
Präsident Olaf Schmidt hat die LWF bereits sehr gut auf ihre künftigen Aufgaben vorbereitet, nicht zuletzt durch die schon erwähnte LWF-Strategie. Aber wir dürfen nicht stehen bleiben, denn alles ist immer in Bewegung, alles ist im Fließen: »Panta rhei«. Deswegen werden wir immer nachsteuern, wann immer es erforderlich ist.
In jedem Fall muss jedoch die LWF ihre hohe Wissenschaftskompetenz und ihre Präsenz in den Wissenschaftsmedien aufrechterhalten. Im Kreis der deutschen und internationalen Organisationen forstlicher Forschung spielt die LWF eine wichtige Rolle und muss weiterhin als kompetenter Kooperationspartner wahrgenommen und geschätzt werden. Deswegen müssen wir unsere hervorragende Forschung unvermindert weiterführen und in einzelnen Bereichen, wie zum Beispiel der Wildbiologie, unser Profil sogar noch schärfen.
Wie schon erwähnt, müssen wir unsere Ergebnisse dann zielgruppengerecht und verständlich präsentieren. Die Verständlichkeit ist dabei aber nur eine Seite der Medaille: Wir müssen auch die Medien verwenden, die zu unserer jeweiligen Zielgruppe passen. Dies sind oft die klassischen Printmedien oder auch das Internet. In diesem Bereich sind wir beispielsweise mit unseren Merkblättern, den Praxishilfen, LWF aktuell, unserer Homepage oder mit waldwissen.net bereits sehr gut aufgestellt. Bei den sozialen Medien haben wir aber sicher noch Optimierungspotenzial.
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Abb. 6: Im Mai 2019 enthüllte Dr. Pröbstle zusammen mit der Familie Sinner im Sebalder Reichswald den Gedenkstein für Karl Friedrich Sinner (Foto: R. Straußberger)
Wie kann die LWF den Wandel von Wald und Forstwirtschaft mitgestalten?
Die Rahmenbedingungen für unsere Wälder ändern sich rasant, natürlich durch den dramatischen Klimawandel, aber ebenso durch die stark veränderten Ansprüche der Gesellschaft. Als forstliche Forschungsanstalt muss die LWF daher Ideen entwickeln, wie Bayerns Wälder der Zukunft aussehen können.
Dabei geht es nicht nur um eine Veränderung der Baumartenpalette oder der Waldbauverfahren. Darüber hinaus werden wir beispielsweise auch unsere sozioempirischen Untersuchungen ausweiten müssen, um daraus Empfehlungen für die forstliche Praxis ableiten zu können.
Doch die Herausforderungen sind noch viel umfassender:
Digitalisierung, Fernerkundung, Geografische Informationssysteme und andere Technologien eröffnen völlig neue Möglichkeiten. Hier muss die LWF praxisreife Anwendungen entwickeln.
Weitere künftig noch mehr gefragte Kernkompetenzen der LWF sind die Waldökologie und der Waldschutz. Kohlenstoffspeicherung und Wasserqualität sind weitere wichtige Fragen. Außerdem kann die LWF wertvolle Beiträge zur waldbezogenen Umweltbildung, zum gesellschaftlichen Dialog und zur Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern leisten.
Dr. Peter Pröbstle
Dr. Peter Pröbstle wurde 1964 in Erlangen geboren. Nach dem Studium der Forstwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München arbeitete er vier Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bodenkunde. In dieser Zeit hatte er die technische Leitung des interdisziplinären Höglwald-Projekts inne. In der nachfolgenden zweijährigen Referendarzeit beendete er auch seine Dissertation.
Nach dem Staatsexamen schrieb Dr. Pröbstle an der damaligen Oberforstdirektion München die waldbauliche Rahmenrichtlinie für die Jungmoräne. Nach seiner zweijährigen Tätigkeit an der LWF war er sieben Jahre lang am Staatsministerium im Referat für Aus- und Fortbildung, Forschung, Öffentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik tätig. 2002 übernahm er die stellvertretende Leitung des Forstamts Eltmann im Landkreis Haßberge und 2005 die Leitung des Bereichs Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth.
Mit der Ernennung zum Leiter der LWF ab August 2020 trat er als weiterer stellvertretender Landesvorsitzender des BDF¹ Bayern zurück. Seine berufsverbandliche Arbeit als forstliches Landesvorstandsmitglied des VHBB² führt er weiter. Dr. Peter Pröbstle ist verheiratet und hat einen 16-jährigen Sohn.
¹ Bund Deutscher Forstleute ² Verband der höheren Verwaltungsbeamtinnen und Verwaltungsbeamten in Bayern e.V.
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Abb. 7: Den Umgang mit dem Zuwachsbohrer hat Dr. Pröbstle auch nach 30 Jahren nicht verlernt. (Foto: berufenet.arbeitsagentur.de)
Was haben Sie in Ihren ersten zwei Monaten an der LWF bereits geändert?
Zunächst einmal gilt es klarzustellen: Olaf Schmidt hat ein wohl bestelltes Haus hinterlassen. Da stehen keine akuten Probleme an, und dafür bin ich ihm sehr dankbar.
An meinem ersten Arbeitstag habe ich allen Abteilungsleitern gesagt, dass ich mir viel Zeit nehmen möchte, um mich in die Strukturen an der LWF einzuarbeiten und die Beschäftigten persönlich näher kennenzulernen. Dabei hinterfrage ich aber vieles, um die Zusammenhänge zu verstehen. Und das werde ich sicher in den nächsten Monaten noch weiter tun. Ob ich dann dem Leitungsteam Änderungen vorschlage?
Lassen Sie sich einfach überraschen.
Haben Sie spezielle Wünsche an LWF aktuell?
Auch da möchte ich mich gerne noch zurückhalten. Ein Anliegen hätte ich aber schon: Um eine noch größere Leserschaft zu erreichen, sollten wir eventuell noch verständlicher formulieren – und uns manchmal vielleicht auch ein klein wenig kürzer fassen.
Gut, dann nehme ich Sie beim Wort und beschließe damit unser Gespräch. Vielen Dank, viel Glück und viel Erfolg beim Leiten unserer Landesanstalt.
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