Michael Mößnang
Holzwerkstatt: Der die krummen Dinger liebt – LWF aktuell 126
Stefan gestaltet Holz – mit Swing und Schwung wie kein anderer
Wenn man Stefan Zaus’ »Showroom« in seiner Schreinerei in Thierstein betritt und auf seine mit Kästchen und Schatullen gefüllten Regale blickt, dann kommt einem unweigerlich Friedensreich Hundertwasser in den Sinn. Hundertwasser war berühmt für seine geschwungene Architektur. Und Stefan ist vielleicht auf den Weg dorthin mit seinem Swing und Schwung, den er seinen zahlreichen HolzAccessoires verleiht.
Ohne Ecken und Kanten
Wer bei einem Schreiner eine Kommode oder ein anderes Möbel bestellt, der hat normalerweise im Kopf: ›125 cm lang, 85 cm hoch und 45 cm tief‹ . Dann geht der Schreiner her, nimmt ein Stück Brett und schneidet es mit der Kreissäge zurecht, wobei Waldkante, astige und schlechte Bereiche in den Abfall gelangen. Anders bei Stefan: Stefan achtet ganz besonders auf die ›Besonderheiten‹: »Ich sortier’ mein Holz durch und schau: Wo sind die schönsten Äste und wo ist die gute Baumkante? Und das lass ich alles dran. Wenn man sowas im Blick hat, dann muss man schon mal außenrum sägen«.
Wie alles begann
Stefan Zaus (42) ist gelernter Zimmermann und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern im oberfränkischen Thierstein, Landkreis Wunsiedel. 2011 machte Stefan für seine Tochter aus einer Laune heraus ein kleines ovales Holzkästen mit einer ebenso ovalen »Schublade«. Vielleicht noch nicht ganz so perfekt wie seine Nachfolgemodelle, aber seine Design-Idee war geboren und dieser ist er bis heute treu geblieben: »G´rad geht gar net«, lautet sein Motto.
Abb. 1: Stefan Zaus (Foto: holzdesign-zaus)
Abb. 2: Kästchen in Herzform (Foto: holzdesign-zaus)
Abb. 3: Kleines Kästchen (Foto: holzdesign-zaus)
Abb. 4: Noch ein kleines Kästchen (Foto: holzdesign-zaus)
Aus Alt mach Neu
Wenn man für seine Kreationen auf die »besonders schönen Fehler« achtet, dann braucht man bei der Holzauswahl gar nicht mehr allzu wählerisch sein, dann ist eher Kreativität gefragt. So braucht es keinen zu wundern, dass das 100 Jahre alte »Backöfele« als Schreinerware für Stefan geradezu ein Volltreffer war. Das 14 m hohe »Backöfele« stand fast 100 Jahre als eichener Aussichtsturm auf dem Schneeberg, der mit seinen 1.051 m ü.NN der höchste Berg im Fichtelgebirge ist. Baufällig und in die Jahre gekommen wurde das Backöfele durch einen neuen Holzturm ersetzt, der alte wanderte jedoch nicht ins Brennholz, sondern in Stefans Schreinerwaren-Lager. Und so hält es Stefan durchaus auch mit seinen anderen Holzwaren.
Jedes Teil ein Unikat
2011 entstand sein erstes Kästchen. In den folgenden Jahren per fektionierte Stefan die Produktion seiner Schatullen. 2015 machte er sich dann selbständig und erweiterte stetig seine Produktpalette. Die einzigartige Gestaltung und die fließenden Formen seiner Kästchen spiegeln sich jetzt auch in Truhen, Schränken, Tischen und Bänken bis hin zum »Aquariumschrank« wieder. Daneben findet man in seinem Ausstellungsraum aber Musikanlagen und Kopfhörerständer der Premiumklasse oder einen dreidimensionalen Adventskalender der besonderen Art. Alle Möbelstücke werden auf Maß gefertigt und kein Teil gleicht dem anderen.
Der Kreativität ihren Raum geben
»Wennst an Bildhauer fragst, wie er aus an Stoablock an Engel macht, dann sagt er dir, dass du all’s weghau’n muasst, was koa Engel is. Und irgendwie mach i des wohl auch a so, aber wia genau, des woaß i selber net«. Aber das ist auch gar nicht so wichtig. Seine Kreativität jedenfalls blieb auch anderen nicht verborgen. Und so hat ihn die Oberfränkische Handwerkskammer 2016 mit dem Design- und Erfinderpreis des Oberfränkischen Handwerks ausgezeichnet.
Unterwegs auf Ausstellungen, Märkten und Dulten
Natürlich präsentiert Stefan seine Möbel und Accessoires nicht nur in Thierstein. So ist Stefan auch auf Ausstellungen, Märkten und Dulten im heimischen Landkreis und auch außerhalb unterwegs. 2019 konnten Besucherinnen und Besucher seine Produkte in Abensberg auf der fast schon legendären »Kuchlbauer Turmweihnacht« bestaunen.
Und damit befanden sich Stefans kleine und große Kästchen in allerbester Gesellschaft. Der Abensberger Kuchlbauer Turm hat seine Wurzeln in dem Schaffen des weltbekannten Künstlers Friedensreich Hundertwasser, der dieses Bauwerk geplant, aber selbst nicht mehr vollenden konnte.
Hundertwasser hätte seine Freude an Stefans Werken gehabt, da diese mit ihren runden Formen und organischen Linien den Vorstellungen des Künstlers von einem »Einklang mit der Natur« ganz und gar entsprachen.
Gebrandmarkt
Jedes Teil ist ein Unikat und jedes Schächtelchen hat seine eigene »Herkunftsgeschichte«. Die Geschichte brennt Stefan in Form eines modernen Brandzeichens – eines QR-Codes – in jedes seiner Produkte. Und wer es genau wissen will, wo denn das Holz seines Möbels herkommt, vielleicht sogar wo es gewachsen ist, der scannt seinen QR-Code ein und geht damit auf Stefans Holzdesign-Internetseite. Über den QR-Code gelangt man auf eine Karte, die uns zeigt, wo der Baum einmal gestanden hat oder das Holz hergekommen ist.
Das kann die Birke aus Marktredwitz sein, die aus Sicherheitsgründen entfernt werden musste, das »Backöfele«, dieser alte abgebaute Holz turm auf dem Schneeberg oder die MahagoniBretter, welche einst als Treppenstufen in just dem Kinder garten gedient hatten, welchen auch Stefan seinerzeit als Kind besucht hatte. Soviel noch zum Thema »upcycling«.
Abb. 6: Ein Messerblock (Foto: holzdesign-zaus)
Abb. 7: Eine Besteckschublade (Foto: holzdesign-zaus)
Abb. 8: Alte Backöfele auf dem Fichtelberg (Foto: D. Herrmann)
Abb. 9: Hier entsteht gerade was (Foto: holzdesign-zaus)
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