Nachrichten aus dem ASP – LWF aktuell 121
Das Bayerische Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP) verfolgt das Ziel die Vielfalt der Genressourcen in Bayerns Wäldern zu erhalten. Zu den zentralen Aufgaben des Amtes gehören demzufolge die Herkunftssicherung, die Umweltvorsorge und die Erhaltung der genetischen Vielfalt.
Die neuesten Erkenntnisse und Informationen aus der Landesstelle, den Bereichen Herkunftsforschung, Forschung und allgemeine Nachrichten des ASP finden sie auf dieser Seite. Die Nachrichten aus dem ASP erscheinen auch stets in der jeweiligen Ausgabe von LWF-aktuell.
Neuer Name, neue Herausforderungen: ASP wird zum AWG
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Abb. 1: Das Hauptgebäude des Bayerischen Amts für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (Foto: ASP)
Das Bayerische Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP) wird zum Bayerischen Amt für Waldgenetik (AWG) umbenannt.
In Zeiten des Klimawandels steigen zunehmend die Herausforderungen, vor denen die Forstwirtschaft gestellt wird. Der Wald ist vom Klimawandel in vieler Hinsicht besonders betroffen. Im Gegensatz zur Landwirtschaft haben die Entscheidungen bei der Wahl der geeigneten Baumart und Herkunft langfristige Folgen und können nicht jedes Jahr überdacht werden. Daher ist es besonders wichtig, dass verlässliche Aussagen vorliegen, welche Baumarten und vor allem welche Herkünfte auf welchem Standort am besten wachsen.
Wie von Forstministerin Michaela Kaniber am 6. August 2018 bei einem Besuch in Teisendorf angekündigt, wird das Amt in der Zukunft den Fokus auf Waldgenetik und Züchtung legen. Neben der Anpassungsfähigkeit von Waldpopulationen sollen zusätzlich die Artzugehörigkeit von Pilzen und Insekten mit genetischen Methoden bestimmt werden. Mit dem neuen Name wird das Amt auf die Herausforderungen der Zukunft ausgerichtet.
Die Ministerin betonte, dass die internationale Spitzenstellung dieser einzigartigen Forschungsstätte weiter gefestigt und zu einem unverzichtbaren Dienstleister für unsere Waldbesitzer gemacht werde. Für die wachsenden Aufgaben wird in den kommenden Jahren ein neues Labor- und Bürogebäude als Ersatz für das bisherige Bürogebäude gebaut. Das über 400 Jahre alte Amtsgebäude wird zudem von Grund auf saniert und modernisiert.
[i]Dr. Muhidin Šeho, ASP[/i]
Buchensaatgut aus Thüringen für Bayerns Wälder
Beim Waldumbau von Fichtenreinbeständen Nordbayerns in zukunftsfähige Mischbestände spielt die Rotbuche bekanntermaßen eine wichtige Rolle. Zudem muss vor allem der Verwendung der richtigen Herkunft ein besonderes Augenmerk beigemessen werden. Schwierig gestaltet sich nun die Situation im Herkunftsgebiet 81011 »Thüringer Wald, Fichtelgebirge und Vogtland«. Hier gibt es in Bayern nur eine geringe Anzahl von Saatguterntebeständen, die den Anforderungen entsprechen. Auch der Versuch, weitere Bestände vorschriftsgemäß neu zuzulassen, blieb infolge schlechter Stamm- und Wuchsformen und geringer Beerntbarkeit erfolglos. Der Frage, ob sich dieser Zustand des betreffenden Herkunftsgebiets auch im benachbarten Thüringen bestätigt, gingen die beiden für Nordbayern zuständigen Kontrollbeamten FoVG im Auftrag der Landesstelle am ASP nach.
Sie bereisten mit Unterstützung des Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrums Gotha, Referat »Monitoring, Klima und Forschung«, Erntebestände im Thüringer Wald. Dabei wurden in den thüringischen Forstämtern Bad Salzungen, Marksuhl und Oberhof amtlich zugelassene Rotbuchenerntebestände nach dem in Bayern verwendeten Schema für Neuzulassungen bewertet. Erfreulicherweise konnten einige qualitativ gute und mit vertretbarem Aufwand erntefähige Bestände gefunden werden. Ferner konnte konstatiert werden, dass für künftige Zulassungen ein klar erkennbares Potenzial besteht.
Insgesamt wurde offensichtlich, dass hinsichtlich der qualitätsbezogenen Zulassungskriterien im genannten Herkunftsgebiet die thüringischen den bayerischen Buchenerntebeständen überlegen sind. Trotz flächiger Naturverjüngung bieten sie auch genügend Sammelmöglichkeiten auf noch nicht verjüngten Bereichen oder absichtlich dafür freigemulchten Rückegassen.
Die thüringischen Forstämter stehen grundsätzlich einer Beerntung aufgeschlossen gegenüber, egal aus welchem Bundesland. Gleichzeitig signalisierte die zuständige Behörde bei entsprechender Nachfrage die Bereitschaft, weitere geeignete Bestände neu zuzulassen. Die Saatguternteunternehmen sind also aufgefordert, sich für eine ausreichende und qualitativ hochwertige Buchensaatgutversorgung des Herkunftsgebiets 81011 gerade auch an das benachbarte Thüringen zu wenden.
Gert Günzelmann und Michael Luckas, ASP
»Seedhunter« - Auf der Jagd nach Baumsamen
Aufgepasst: Mit der Smartphone-App »Seedhunter« schickt das Bayerische Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP) Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zur Jagd auf Baumsamen. Die Samen sind virtuelle Objekte, die das ASP im Rahmen des Lifegenmon-Projekts und in Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten in Bayerns Wäldern als GPS-Koordinaten verteilt. Nähert sich ein Spieler einem virtuellen Samen, kann er ihn mit dem Smartphone einsammeln und in seinem Samentresor speichern. Dafür erhält er Punkte und kann sich mit anderen Samenjägern messen.
»Wir möchten Kinder und Jugendliche mit dieser App auf die Vielfalt in Bayerns Wäldern aufmerksam machen, und ihr Bewusstsein für seltene Baumarten schärfen «, so Dr. Barbara Fussi, Leiterin des Lifegenmon-Projekts am ASP. »Daher sind virtuelle Samen von selteneren Baumarten auch weniger häufig zu finden. Gleichzeitig erhält der Spieler für diese Baumarten auch eine höhere Punktzahl.«
Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum forstgenetischen Monitoring ist es ein wichtiges Projektziel bei Lifegenmon, die Öffentlichkeit für Themen wie Forstgenetik und Klimawandel zu sensibilisieren. Mit einem Bonussystem vermittelt Seedhunter, dass der Erhalt möglichst unterschiedlicher Erbinformationen innerhalb einer Baumart eine sehr wichtige Aufgabe ist. So erhält der Spieler Extrapunkte, wenn er mehrere Samen einer Baumart findet.
Zudem finden Wissbegierige im Samentresor, dem Herzstück der App, umfangreiche Informationen zu den jeweiligen Baumarten. Dadurch ist Seedhunter sowohl für Waldneulinge als auch erfahrene Forstspezialisten interessant.
[i]Mark Walter, ASP[/i]
www.lifegenmon.si
Dr. Isabel Mück
Dr. Isabel Mück Nach meinem Bachelor in Biodiversität und Ökologie an der Paris-Lodron Universität in Salzburg bin ich 2009 für mein Masterstudium nach Norwegen gegangen. Dort habe ich mich auf den Bereich Biodiversität und im Speziellen auf die sexuelle Selektion bei Fischen festgelegt, mit welchen ich auch während meiner Promotion ab 2011 bis 2016 in Tübingen weiter geforscht habe. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin habe ich untersucht, wie sich unterschiedliche Umweltbedingungen entlang des Salzgradienten in der Ostsee auf Reproduktion, Verhalten, physiologische Aspekte und das Erbgut bei der Strandgrundel auswirken.
Populationsgenetische Analysen waren ein großer Teil meiner Doktorarbeit und sind es auch jetzt im Projekt AQUAREL des ASP, in dem ich seit 15. Januar 2019 als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig bin. Der Projektname »Anpassung Quercus petraea an Reliktstandorte« verrät bereits einen der Schwerpunkte, den wir zusammen mit der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg/Breisgau und der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland- Pfalz erarbeiten werden.
Hier vor Ort am ASP werde ich unter der Leitung von Dr. Barbara Fussi hauptsächlich dafür verantwortlich sein, die genetische Vielfalt und Anpassung autochthoner Traubeneichenbestände zu analysieren, um über das vorhandene Erbgut mögliche Rückschlüsse auf klimabedingte Adaption zu ziehen.
Forstliches Generhaltungskonzept – Ein Beitrag zum Erhalt der Biodiversität
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Abb. 5: Generhaltungszonen in Bayern basierend auf den Wuchsgebieten (Grafik: LWF)
Die genetische Vielfalt der Waldbäume als zentrales Element der Biodiversität ist ein entscheidendes Kapital unserer Wälder. Die Angepasstheit an gegenwärtige Umweltbedingungen und die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltbedingungen hängen wesentlich von der genetischen Ausstattung der Waldbäume und deren genetischer Vielfalt ab. Mit der Umsetzung des seit 2015 bestehenden forstlichen Generhaltungskonzeptes für Bayern leisten die Waldbesitzer und die Forstverwaltung gemeinsam einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der genetischen Vielfalt. So werden bestmögliche Voraussetzungen für eine nachhaltige und zukunftsfähige Forstwirtschaft und den langfristigen Erhalt der Biodiversität geschaffen.
Durch umweltbedingte Anpassungsprozesse haben die Baumarten in Mitteleuropa, unter anderem während der nacheiszeitlichen Rückwanderung, teilweise regional unterschiedliche Genpools ausgebildet. Aus dem vorhandenen Genpool einer Population haben sich dabei jeweils die Individuen durchgesetzt, die bezüglich der herrschenden Umweltbedingungen die größte Fitness besaßen. Auch zukünftig tragen diese Anpassungsprozesse zum Erhalt regionaler Populationen sowie der betreffenden Baumarten insgesamt mit ihrem Wert für die multifunktionale Forstwirtschaft bei.
Neben dem Erhalt der genetischen Vielfalt an sich ist auch der repräsentative Erhalt der so entstandenen »genetischen Landkarte Bayerns« ein wesentliches Ziel der forstlichen Generhaltung. So werden in jeder der fünf Generhaltungszonen Bayerns für die jeweiligen Baumarten Bestände ausgesucht, die sich auf Basis von Bestandesgeschichte, Vor-Ort-Begang und genetischer Charakterisierung als Generhaltungsbestände eignen. Dazu gehört, dass in aller Regel sogenannte »autochthone« Bestände ausgewählt werden, die noch möglichst ursprüngliche, d. h. wenig vom Menschen beeinflusste genetische Strukturen aufweisen. Die Vorauswahl für alle Waldbesitzarten basiert dabei auf Vorschlägen der Bayerischen Staatsforsten und der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zugelassenen Saatguterntebeständen sowie Schutzgebieten (Naturwaldreservate und Naturschutzgebiete). Begonnen hat die Auswahl von Generhaltungsbeständen 2018 in der Generhaltungszone 5 Bayerische Alpen, zuerst mit Fokus auf den Hauptbaumarten.
Um die genetischen Strukturen dieser Bestände möglichst unverfälscht erhalten zu können, ist die Naturverjüngung oder die künstliche Verjüngung mit bestandeseigenem Material eine Grundvoraussetzung. Ergänzend zu den Erhaltungsmaßnahmen vor Ort (in-situ) kommen in bestimmten Fällen auch Erhaltungsmaßnahmen an anderen Orten (ex-situ) hinzu, beispielsweise die Begründung von Samenplantagen oder die Einlagerung von Saatgut in der forstlichen Genbank am ASP.
[i]Jonas Eckel, Dr. Eva Cremer, ASP[/i]
AQUAREL – Neues Projekt zur Traubeneiche
Mit der Erhöhung der atmosphärischen CO2-Gehalte stehen den mitteleuropäischen Wäldern trockenere und wärmere Sommer bevor. Die neuen Belastungen wie zum Beispiel Trockenstress werden mitunter zu einem Baumartenwechsel führen. Die Traubeneiche gilt unter anderem als vielversprechende Baumart, für die Erweiterung der Baumartenpalette aus trockenen Standorten, um beispielsweise Eschen und Stieleichen zu ersetzten.
Der Projektname AQUAREL steht für »Anpassung Quercus petraea an Reliktstandorte«. Solche Reliktbestände der Traubeneiche [i](Quercus petraea)[/i] findet man auf trockenen Standorten, die aufgrund ihrer schweren Zugänglichkeit meist nur extensiv bewirtschaftet wurden. Um langfristig klimastabile Wälder zu erhalten, eignen sich besonders solche Herkünfte autochthoner Vorkommen, also Populationen, die über mehrere Generationen im selben Habitat durch natürliche Verjüngung, ohne menschliches Zutun, überlebt haben.
Mit Projektbeginn im Januar 2019 liegt nun zunächst der Schwerpunkt darin, geeignete autochthone Reliktbestände der Traubeneiche in Bayern, Baden- Württemberg und Rheinland- Pfalz zu bestimmen und zu beproben. Auf einem ersten Treffen Anfang Februar wurden unter anderem die Auswahlkriterien der Bestände sowie die Vorgehensweise bei der Beprobung und im Labor besprochen.
Der Großteil der genetischen Analysen wird vom ASP in Teisendorf durchgeführt und ausgewertet. Projektziele sind die Herkunftsbestimmung und Zuordnung der ausgewählten Reliktbestände zu nacheiszeitlichen Rückwanderungswegen, Prüfung ihrer Autochthonie über molekulare Marker aus der Chloroplasten-DNA und populationsgenetische Analysen über neutrale DNA-Marker. Zudem soll eine Charakterisierung der Angepasstheit zum Beispiel an Trockenstress mithilfe molekulargenetischer Marker aus Kandidatgenen erfolgen und in stressphysiologischen Untersuchungen wird zusätzlich die Trockenstressresistenz untersucht.
Vorausschauend für die Zukunft werden Grundlagen für die Anlage einer Nachkommenschaftsprüfung erarbeitet, um damit Eigenschaften wie Wuchsstärke und Qualität überprüfen zu können.
[i]Dr. Isabel Mück, ASP[/i]
Genetische Vielfalt sichtbar machen
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Abb. 7: Unterschiede beim Austrieb in einem Buchenbestand (Foto: Dr. D. Kavaliauskas, ASP)
Eine Buche unterscheidet sich von einer danebenstehenden Buche in ihrem Erbgut. Diese Unterschiede sind nur teilweise von außen erkennbar. Zum Beispiel entfalten sich die Blätter benachbarter Bäume oft zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Das kann man an den Kronen in einem Buchenbestand im Frühjahr sehr gut beobachten. Dieses Merkmal »Blattaustrieb« ist zu einem großen Teil in den Genen festgelegt und wird an die Nachkommen weitergegeben. Geforscht wird derzeit an Methoden, die diese Merkmale bereits in den Samen erkennen können. Dazu gibt es spezielle Methoden, mit deren Hilfe man in die Bäume hineinschauen kann – was auch »genetischer Fingerabdruck« genannt wird. Mit Gentechnik hat das nichts zu tun. In unserem Labor werden Erbanlagen entschlüsselt. Mit gentechnischen Methoden werden jedoch Erbanlagen gezielt verändert.
Ein Beispiel für die forstgenetische Forschung am ASP ist das forstgenetische Monitoring. Dabei werden Erbanlagen der Altbäume, Samen und Jungpflanzen analysiert. Dabei kann die DNA aus Blättern, Knospen, dem Holz oder aus dem Embryo extrahiert werden. Das Pflanzenmaterial wird zerkleinert und mithilfe von zahlreichen chemischen Substanzen die DNA aus den Zellen herausgelöst. Anschließend werden bestimmte Abschnitte des DNA-Stranges vervielfältigt und statistisch ausgewertet. Die Anzahl und Verteilung der Varianten an diesen Abschnitten wird dabei gezählt. Das Vorkommen dieser Genvarianten in den verschiedenen Generationen gibt danach Auskunft über die Intaktheit des genetischen Systems.
[i]Dr. Barbara Fussi, ASP[/i]
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