Alfred Schneider
Das Flechthandwerk am Obermain – Geschichte und Gegenwart - LWF-Wissen 24
Die Korbflechterei ist ein Naturhandwerk. Sie kann in ihrem Urzustand ohne wesentliche Hilfsmittel, Werkzeuge und Geräte, ausge übt werden. Die Geschicklichkeit der Hand und die vielfältigen Werkstoffe wie Feld und Wald sie bieten, genügen allein, einfache, aber auch kunstvolle Flechtwerke zu schaffen. Darum ist die Korbflechterei wohl von Urbeginn an Hilfe und Freude der Menschheit gewesen wie kaum ein anderes Gewerbe.
Nicht nur das. Sie war sicherlich auch Vorläuferin der Weberei. Schließlich lassen Geflechtsabdrücke bei Tongefäßen die Theorie aufkommen, dass die Töpferei aus der Flechterei durch zufälliges berühren lehmbeschmierter Körbe mit Feuer, das den Ton erstarren ließ, entstanden sei.
Die Natur selbst hat in den Verflechtungen dichter Hecken und Unterhölzer, in den Vogelnestern und Spinnweben, in den Bauten gewisser Nagetiere Vorbilder für die ersten menschlichen Flechtarbeiten gegeben. Zum Schutz gegen Unbilden der Witterung wurden Windschutzwände und Dächer, gegen die wilden Tiere Zäune geflochten, wie sie heute noch im Hochgebirge oder in den Tiefebenen Ungarns zu finden sind. Die Ausgrabungen früherer Siedlungen bezeugen, dass wesentliche Elemente geflochten und mit Lehm verputzt waren.
Bis ins Mittelalter hinein hat sich der Hausbau mit geflochtenen Lehmwänden zumal auf dem Lande und in den Landstädten erhalten. Mag der Name „Korb" für kleine Anlehnhäuser in der Gegend von Feuchtwangen in Mittelfranken ein Beweis dafür sein. Wir finden, noch bis in unsere Zeit hinein, an Scheunen und Bauernhäusern ausgeflochtene, mit Lehm beworfene Fachen.
Der Eigenart der flechterischen Werkstoffe, gegenüber Feuer, Fäulnis, Wurm und harten Gebrauch auf lange Zeit wenig Widerstand bieten zu können, entspricht es, dass sich, mit Ausnahme weniger Moorfunde und Ausgrabungen in Pfahlbausiedlungen, kaum Flechtwaren aus vorgeschichtlicher Zeit erhalten haben.
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