25.11.2024
Mäuse-Monitoring 2024 und rechtliche Hinweise - Blickpunkt Waldschutz Nr. 15/2024
von Cornelia Triebenbacher, Emanuel Geier, Andreas Hahn
Ergebnisse und rechtliche Hinweise zu Prognose und Bekämpfung
Achtung Rechtslage!
Vor der nun anstehenden Überwachungs- und Bekämpfungssaison der forstschädlichen Kurzschwanzmäuse in gefährdeten Kulturflächen möchten wir Sie über grundlegende Änderungen informieren, die das bisherige Prognoseverfahren und die Bekämpfung mit Schlagfallen betreffen.
Das Prognoseverfahren mit Schlagfallen entspricht nicht mehr den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (§§ 1 und 4 TierSchG)! Bisher war dies ein Graubereich, der inzwischen anders interpretiert wird: Eine Prognose ist kein triftiger Grund, der die Tötung von Wirbeltieren rechtfertigt. Daher entfällt diese Methode zur Prognose. Wir empfehlen bis zur endgültigen Klärung des Sachverhaltes bei der Prognose ausschließlich die „Steckholzmethode“ bzw. die Prognose über die Aufnahme frischer Schäden in den Kulturen abzudecken (s.u.).
Auch die Bekämpfung mit Schlagfallen ist kritisch zu hinterfragen; zudem wäre eine weitere Sachkunde für deren Einsatz notwendig, die mit dem Sachkundenachweis zum Pflanzenschutz nicht abgedeckt ist. Auf den Einsatz von Schlagfallen sollte daher bei der Bekämpfung verzichtet werden! Das Aufstellen von Fallen im privaten Haus und Hofbereich ist hiervon nicht betroffen.
Mäusedichten 2024
Wegen der oben angesprochenen Situation wurde das Mäusemonitoring 2024 kurzfristig auf Apfelsteckreiser umgestellt. Dazu wurden auf den bisher beprobten Monitoringflächen in Bayern von Anfang bis Ende Oktober jeweils 50 Steckreiser nach 2 Wochen auf deutliche Fraßschäden hin untersucht. Wenn 20 % der Steckhölzer nach 2 Wochen deutliche Fraßspuren aufweisen, ist auf der Prognosefläche mit einem Schaden durch die Kurzschwanzmäuse zu rechnen.
Die Mäusedichten sind nach 2023 auch in diesem Jahr weiterhin auf einem hohen Niveau (Abb.1). Auf 26 der 30 Monitoringflächen wurden nach 2 Wochen mehr als 20 % der Steckhölzer deutlich benagt. Die mittlere Annahmerate liegt bei 55 % (bis maximal 100 % auf 1 Fläche).
Abb. 1: links: Fallenindex für die Probeflächen in 2023 (Schwellenwert liegt bei Index 10) – rechts: Anteil der benagten Reiser in 2024 (Ab 20% benagter Reiser ist mit Schäden zu rechnen). Je dunkler die Punkte, desto höher ist der Index bzw. der Benagungsanteil und damit die Gefährdung (© LWF)
Direkte Vergleichswerte in Bayern zur Einwertung der Annahmeraten gibt es aufgrund der Umstellung des Monitoringverfahrens leider noch nicht. An den Monitoringstandorten der Göttinger NW-FVA lag 2023 die mittlere Annahmerate nach einer Woche bei 25,7% bis maximal 52 % und wurde als deutliche Erhöhung der Gefährdung zu 2022 interpretiert (NW-FVA 2022: Ø 10 %, max. 40 %). (Quelle: Waldschutzinfo 7/2023 https://www.nw-fva.de/wir/aktuelles/herbstprognose-kurzschwanzmaeuse). In Bayern lag die mittlere Annahmerate nach 1 Woche bereits bei 39% und max. 96%. Wir gehen daher von einer sehr starken Gefährdung der Aufforstungsflächen durch Mäuse aus. In den Wintermonaten ist lokal mit starkem Mäusefraß zu rechnen. Dies betrifft v.a. vergraste Laubholzkulturen aus Wiederaufforstungen. Jedoch können auch Nadelholzkulturen, insbesondere mit Tanne und Douglasie betroffen sein.
Häufigkeitsverteilung der Indexwerte 2021-2023
Anteil benagter Reiser 2024 nach 2 Wochen
Handlungsempfehlungen
Das Monitoring spiegelt die landesweite Situation wider: An der weit überwiegenden Anzahl von Monitoringflächen ist ein starker Fraß zu erwarten (26 von 30 Flächen). Daher empfehlen wir Sichtkontrollen in vergrasten Laubholzkulturen und anderen gefährdeten Flächen (s.o.) nach dem vollständigen Abwelken der Begleitvegetation.
Nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis und des integrierten Pflanzenschutzes muss zeitnah vor jeder Bekämpfungsmaßnahme eine Prognose vor Ort durchgeführt werden. Weisen frische Fraßschäden in deutlichem Umfang auf eine Gefährdung durch Kurzschwanzmäuse hin, können auch diese als ausreichende Prognose angesehen werden. Dabei müssen 10 % der Kulturpflanzen – ohne Fraß an Begleitwuchs wie Holunder, Weide, Birke oder anderen - geschädigt und hinreichend dokumentiert sein.
Verfahrensbeschreibung zulässiger Prognoseverfahren
Steckholz (geeignet für Erd-, Feld- und Rötelmäuse)
Bei dieser Methode werden mindestens 50 frische Apfelreiser mit einer Länge von 50–80 cm und einem Durchmesser von ca. 0,5–1 cm verwendet. In sehr trockenen Jahren erfolgt die Ausbringung bereits im August, ansonsten im Oktober zum Beginn des Winterfraßes. Die Steckhölzer werden aufrecht im Abstand von 2 m in vergraste Stellen gesteckt. Die Kontrolle erfolgt einmal wöchentlich. Sind nach 1 Woche mindestens 20 % der Steckhölzer bereits deutlich benagt (abgefressene Knospen und kleine einzelne Nagespuren gelten nicht!), ist mit Schäden durch Kurzschwanzmäuse zu rechnen und eine Bekämpfung angezeigt. Ist der Schwellenwert noch nicht erreicht, wird nach einer weiteren Woche kontrolliert. Sind dann 20% der Reiser oder mehr benagt, gilt der Schwellenwert ebenfalls als erreicht. Eine Unterscheidung der Arten der Kurzschwanzmäuse ist durch diese Methode nicht möglich. Jedoch ist Steckholzmethode selektiv für die vegetarisch lebenden Kurzschwanzmäuse. Langschwanz- und Spitzmäuse benagen keine Rinde. Eine Unterscheidung von gelegentlich vorkommendem Fraß durch Hasen, Kaninchen oder Schalenwild ist leicht möglich (gilt auch für die Schadaufnahme an Kulturpflanzen).
Schadaufnahme an Kulturpflanzen (geeignet für Erd, Feld- und Rötelmäuse)
Bei der Schadaufnahme werden insgesamt mindestens 100 Pflanzen auf einer Flächendiagonale oder an jeweils 10 Kulturpflanzen (keine Sträucher oder angeflogenen Füllhölzer) auf 10 über die Fläche verteilten Stellen überprüft. Die Lage der Punkte sollte flächenrepräsentativ alle Bereiche der Kulturfläche abdecken, da Mäuse Kulturflächen unterschiedlich frequentieren. Am besten überlegen Sie sich die Verteilung der Punkte vor dem Betreten der Fläche.
Wenn 10 % der Kulturpflanzen oder mehr deutliche Nagespuren aufweisen, ist eine Bekämpfung möglich. Wird der Schwellenwert nicht erreicht, ist eine Wiederholung der Aufnahme zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll. Wir empfehlen eine Dokumentation der Schadaufnahme mit Fotos und formlosen Dokument.
Rodentizide
Die zugelassenen Pflanzenschutzmittel für eine Rodentizidbehandlung können Sie der Online-Datenbank des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit entnehmen.
Online-Datenbank Pflanzenschutzmittel
Bei der Anwendung eines Rodentizids muss die anwendende Person sachkundig sein. Des Weiteren sind die Anwendungsbestimmungen der einzelnen Pflanzenschutzmittel einzuhalten und die einschlägigen Bundes- und Ländergesetze zu beachten.
Wir möchten in diesem Zusammenhang nochmals auf die „Verordnung über Anwendungsverbote für Pflanzenschutzmittel (Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung)“ vom 01.06.2022 hinweisen. In dieser ist in § 4 ein Anwendungsverbot für zinkphosphidhaltige Pflanzenschutzmittel in bestimmten Gebieten, beispielsweise FFH-Gebieten, ausgesprochen. Da alle verfügbaren Rodentizide auf dem Wirkstoff Zinkphosphid basieren, ist in den betroffenen Schutzgebieten eine Mäusebekämpfung mit PSM prinzipiell nicht mehr möglich. Es besteht die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung im Einzelfall.
Tabelle 1: Zugelassene Rodentizide (Quelle: www.bvl.de, Stand 22.11.2024)Rodentizid | Zulassungsende | Rötelmaus | Erdmaus | Feldmaus | Schermaus |
---|
Ratron Gift-Linsen | 30.04.2025 | x | x | x | - |
Ratron Gift-Linsen Forst | 30.04.2025 | x | x | x | - |
Ratron Giftweizen | 30.04.2025 | x | x | x | - |
ARVALIN | 30.04.2025 | - | - | x | - |
Arvalin Forte | 30.04.2025 | - | - | x | - |
Giftweizen ArvaStop | 30.04.2025 | - | - | x | - |
Detia Wühlmausköder Neu | 31.12.2027 | - | - | - | x |
Ratron Schermaus-Sticks | 30.04.2025 | - | - | - | x |
Wühlmaus-Köder | 31.12.2027 | - | - | - | x |
Wühlmausköder Arrex | 31.12.2027 | - | - | - | x |
WÜHLMAUS-KÖDER RATZIA | 31.12.2027 | - | - | - | x |
Wühlmausköder WUELFEL | 31.12.2027 | - | - | - | x |
Weitere Informationen
Auf unserer Internetseite finden Sie neben aktuellen Neuerungen unsere Arbeitshilfe für die Entscheidungsfindung Behandlung ja/nein, eine Arbeitshilfe für die Dokumentation bzgl. der Anwendungsbestimmungen, einen Ausnahmeantrag nach §4 Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung und auch das überarbeitete Merkblatt 24 „Mäuse in Forstkulturen“ als Online-Ausgabe.
Vorbeugung, Maßnahmen der Schadensabwehr und Kontrolle - Erd-, Feld- und Rötelmäuse