Waldschutzfragen und Aktuelles zur Vitalität der Buche in Bayern - LWF Wissen 86
Zusammenfassung: Der Beitrag gibt einen Überblick über die verschiedenen Schadsymptome und Schadorganismen an der Buche, die in den letzten zehn Jahren beobachtet wurden. Vorweg wird anhand von Belaubungsdaten aus der Waldzustandserhebung die Vitalitätsentwicklung thematisiert. Abschließend liefert der Beitrag Einblicke in die Erfassung von Schadsymptomen aus der Luft sowie in die Ergebnisse einer Fallstudie an der Waldklimastation. Schwerpunkte liegen auf der Belaubungssituation, dem Buchenprachtkäfer, dem Buchenborkenkäfer, phytopathologischen Schaderregen und der Buchenvitalitätsschwäche. Grundsätzlich scheinen die biotischen Schaderreger bezogen auf Schadholzmengen eine weit weniger relevante Rolle zu spielen als bei Fichte und Kiefer. Bei der Buche überwiegen die abiotisch verursachten Schadsymptome.
Die Rotbuche (Fagus sylvatica L.) würde die Waldgesellschaften in Bayern von Natur aus und ohne menschliche Einflussnahme dominieren. Als Klimaxbaumart zeigt sie auf den meisten Standorten große Vitalität und Konkurrenzstärke. Aufgrund ihrer Vitalität, ihrer guten Bodenverankerung als Herzwurzler sowie ihrer geringen Windangriffsfläche in der sturmreichen, laublosen Zeit galt sie bisher als robuste Baumart. Dementsprechend niedrig waren in den letzten Jahrzehnten in Bayern die Schadholzanfälle – bis zu den Trockenjahren ab 2018. Gerade deshalb trafen die seither zu beobachtenden Absterbeerscheinungen viele Försterinnen und Förster ins Mark.
Dieser Beitrag fokussiert auf Vitalitäts- und Waldschutzaspekte der Buche. Wir stellen zunächst die Auswirkungen abiotischer Einflüsse auf die Buchengesundheit sowie waldschutzrelevante Schadereignisse der letzten Jahre vor. Anschließend geht der Artikel auf biotische Schäden ein, die Pilze und Insekten an Buche verursachen. Welche Relevanz diese abiotischen und biotischen Schäden für die Bewirtschaftung von Buchen und Buchenmischwäldern haben, zeigen wir im letzten Teil des Artikels auf.
Abiotische Schäden
Infolge der klimatischen Extremjahre 2018, 2019 und teilweise 2020 wurden vielerorts Buchen mit geschädigten Kronen sowie auch gänzlich abgestorbene Buchen beobachtet. Dies hat zu Diskussionen über die Zukunftsfähigkeit der Buche im Klimawandel in Bayern geführt (siehe Beitrag »Die Zukunft der Buche – zwischen Rückeroberung und Rücksterben«; Seite 35 – 43 in diesem Band).
Waldzustandserhebung – Ergebnisse der letzten 10 Jahre
Seit 1984 wird der Belaubungszustand der Buchen in Bayern jährlich im Rahmen der Waldzustandserhebung (WZE) visuell angesprochen, wobei die Belaubung als Indikator für die Vitalität der Buchen gewertet wird. Die Erhebungen ermöglichen eine objektive, zahlenmäßige Betrachtung der Situation. 2021 wies die Buche mit mittleren Blattverlustprozenten von 23,8 % deutlich günstigere Werte auf als noch im Jahr 2020 (29,4 %). Der Anteil stärkerer Verlichtung (Schadstufe 2 – 4) ging 2021 im Vergleich zum Vorjahr gar um 14,6 % signifikant auf 33,8 % zurück.
Betrachtet man eine längere Zeitreihe seit 2010, so sieht man für die Baumart Buche ein stetiges Auf und Ab der mittleren Blattverlustwerte. Besonders ungünstige Werte weisen die Jahre 2011 (26,6 %), 2016 (28,0 %) und 2020 (29,4 %) auf, besonders günstige Werte die Jahre 2012 (20,4 %), 2017 (19,8 %) und 2018 (20,3 %). Keine andere Baumart der WZE in Bayern zeigt – ungeachtet biotischer Schadfaktoren – derart große, ungerichtete Schwankungen im Hinblick auf die mittleren Blattverluste auf. Diese ungerichteten Schwankungen deuten auf ein hohes Resilienzpotenzial der Baumart bei aktuell herrschenden Wuchsbedingungen hin.
Zudem besteht bei der Buche ein enger Zusammenhang zwischen der Belaubungs- und der Fruktifikationssituation sowie der Zuwachsentwicklung (Marek 2020): Erstens fällt die Fruktifikation der Buche in den letzten Jahren deutlich stärker aus als noch vor wenigen Jahren. 2009, 2011, 2016 und 2020 wurden an über 50 % aller Buchenprobebäume der Waldzustandserhebung Fruktifikationsanzeichen vermerkt bzw. konnte eine Zuordnung zu den Fruktifikationsklassen vorgenommen werden. Zweitens zeigt ein Vergleich der in Abbildung 1 dargestellten Zeitreihe mit den bei z. B. Köstler (1950) oder Konnert (2014) dargelegten Zusammenhängen, dass die Abstände zwischen Jahren mit ausgeprägter Buchenfruktifikation im letzten Jahrzehnt immer kürzer geworden sind.
Abb. 1: Zeitreihe der relativen Anteile der Buchen, denen im Rahmen der jährlich durchgeführten Waldzustandserhebungen in Bayern Fruktifikationsstufen zugeordnet wurden. Quelle: Waldzustandsbericht 2021, s. u.
Waldschutzmeldewesen – abiotische Schäden
Das Waldschutzmeldewesen (WSM) der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) erhebt im halbjährlichen Turnus die waldschutzrelevanten Schäden in Bayern. Dabei melden die Reviere der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) Schäden für den Privat und Körperschaftswald, die Reviere der Bayerischen Staatsforsten die aus dem Staatswald. Die folgende Tabelle stellt die wichtigsten Schadmeldungen zur Buche für die Jahre 2015 – 2021 dar. Bei den abiotischen Schäden werden Sturmwurf/bruch, Schnee- und Duftbruch sowie Lawinenschäden in Erntefestmetern, Trockenschäden, Spätfrost und Hagelschäden in Hektarwerten aufgeführt (Tab. 1).
Tabelle 1: Abiotische Schäden an Buche von 2015 – 2021. Quelle: Waldschutzmeldewesen, LWF
Auffällig ist der starke Anstieg der Trockenschäden in den Jahren 2018 und 2019. In der Schadkategorie Trockenschäden (Bestand) werden die reduzierten Buchenflächen gemeldet, die auffällige Absterbeerscheinungen in der Oberkrone zeigen, wobei die Buchen nicht komplett abgestorben sein müssen. Anhaltend hohe Schadmeldungen gab es auch für 2020 und 2021, obwohl der witterungsbedingte Stress in den beiden Jahren abgenommen hat. Es scheint, dass die Buchenbestände nach den Trockenstressjahren von 2018 bis 2020 längerfristig geschwächt sind und mit absterbenden Kronen zeichnen. Dies gilt insbesondere für Unterfranken. Trockenschäden bei den Pflanzungen folgen dieser Tendenz.
Die umfangreichsten Trockenschäden wurden aus dem Regierungsbezirk Unterfranken gemeldet, wo 26 % des bayerischen Buchenvorrats (LWF 2022b) stocken. Die aus Unterfranken gemeldeten Trockenschäden umfassen mit 66 % den Großteil des bayernweiten Schadaufkommens (Abb. 2).
Abb. 2: Trockenschäden an Buche (Bestand) von 2015 – 2021 nach Regierungsbezirken. Quelle: Waldschutzmeldewesen, LWF
Biotische Schäden
Aus den Daten des Waldschutzmeldewesens ergibt sich nicht nur ein Überblick über abiotische Schäden, sondern auch ein Überblick über die Schadorganismen, die bei der Rotbuche potenziell relevant sein können.
Tabelle 2: Biotische Schadfaktoren an Buche von 2015 – 2021. Quelle: Waldschutzmeldewesen, LWF
Waldschutzmeldewesen – biotische Schäden
In der Kategorie »Biotische Schäden an Buche« werden im Waldschutzmeldewesen 16 Schadfaktoren erfasst. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die entsprechenden Meldungen aus den Jahren 2015 bis 2021. Im Hinblick auf gemeldete Mengen bzw. Flächen und Schadwirkung sind die fünf in Abbildung 3 dargestellten biotischen Schadfaktoren an Buche aus Waldschutzsicht von Relevanz. Sie zeigen alle einen Anstieg in 2018 bzw. 2019 und eine Abschwächung in den beiden nachfolgenden Jahren.
Abb. 3: Ausgewählte biotische Schadfaktoren an Buche von 2015–2021. Quelle: Waldschutzmeldewesen, LWF
Auf weitere Schadfaktoren aus der Übersichtstabelle wird trotz höherer Werte nicht gesondert eingegangen, da sie keine substanzielle Schadwirkung im Betrachtungszeitraum zeigten. Dies gilt beispielsweise für den Buchenspringrüssler (Rhynchaenus fagi), dessen starker Minierfraß in der zweiten Maihälfte mancher Jahre auffällt. Im Schadgeschehen an der Buche ist der Käfer derzeit aber – bis auf eine reduzierte Assimilationsfläche durch den Blattfraß – unbedeutend. Aufhorchen lassen jedoch die gemeldeten Maikäfer-Blattfraßschäden in 2021 aus den Regionen Regen und Passau. Die hohen Feldmaikäferdichten verursachten im Grasland massive Schäden. Die Fraßtätigkeit ging im vergangenen Jahr auch in die angrenzenden Waldbestände über.
Buchenprachtkäfer und Buchenborkenkäfer
Im Gegensatz zu den rindenbrütenden Borkenkäfern an der Fichte gibt es bei den Schadinsekten an der Buche nur selten Massenvermehrungen, die zum Absterben ganzer Bestände führen. In Bayern und anderen Teilen von Deutschland kam es jedoch nach den Trockenjahren der letzten beiden Jahrzehnte vermehrt zu Vitalitätsverlusten an älteren Rotbuchen, die zu Kronenverlichtungen, Rindenschäden und Insektenbefall, insbesondere durch den Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) führten und vielerorts noch immer deutlich sichtbar sind.
Neben dem Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) und dem kleinen Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) können an der Buche der Laubnutzholzborkenkäfer (Trypodendron domesticum), der Sägehörnige Werftkäfer (Hylecoetus dermestoides L.) und die Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagisuga) beobachtet werden – letztere gilt als wichtigster Schädling an der Buche. Sie ist fast im gesamten Verbreitungsgebiet der Rotbuche heimisch und breitet sich aktuell in Nordamerika aus. Starker Frost limitiert die Verbreitung und verringert das Schadpotential, da die überwinternden Nymphen erfrieren, bevor sie sich im darauffolgenden Jahr vermehren. Ein hoher Stickstoffgehalt der Rinde fördert hingegen eine Vermehrung (GISD, 2022). Durch die Saugaktivität der Buchenwollschildlaus entstehen Rindennekrosen, die sich bei Massenvermehrung zu Kambiumnekrosen entwickeln und zum Ausgangspunkt für die Buchen-Komplexkrankheit werden können. Zudem öffnen sie die Pforte für Sekundärschädlinge wie den Prachtkäfer oder den Kleinen Buchenborkenkäfer (LWF 2022a).
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Abb. 4: Zickzackförmiger Fraßgang mit Larve des Buchenprachtkäfers. (© J. Bischof, LWF)
Der Buchenprachtkäfer ist zwischen 5 und 11 mm lang und hat eine metallisch grüne bis olivgrüne Färbung. Die Käfer schwärmen je nach Witterung von April bis September. Die Weibchen legen Eipakete auf der Rinde ab, bevorzugt in besonnten mittleren und oberen Kronenbereichen, aber auch stammabwärts. Die Eier werden in Form kleiner Häufchen (meist 6 – 10 Eier) an die Rinde gekittet und mit einem weißen Schutzsekret überdeckt. Die Larven bohren sich anschließend durch die Rinde und beginnen ihren Fraß in Bast und Kambium. Die Einbohrlöcher sind sehr klein und deswegen mit bloßem Auge nur schwer zu erkennen. Die Fraßgänge sind zickzackförmig gewunden und werden mit zunehmendem Alter der Larven breiter. Beim Fraß wird das Kambium zerstört. Die Larven werfen kein Bohrmehl aus, dieses verbleibt in den Gängen. Die gesamte Entwicklungsdauer des Buchenprachtkäfers ist ein bis dreijährig. Die Überwinterung erfolgt stets im Larvenstadium. Ab April bis Mai verpuppen sich die Larven bis zu 10 mm tief im Splintholz. Bei dicker Rinde liegt die Puppenwiege in der Borke. Die Ausfluglöcher der Jungkäfer sind oben flacher und unten stärker gewölbt (D-förmig). Selbst der flächige Fraß des Buchenprachtkäfers führt bei der Buche nicht zu sofortigen Anzeichen für einen Befall – dieser ist damit schwierig bzw. erst sehr spät zu erkennen. Auffällig – aber vom Boden aus nicht zu erkennen – sind die Eigelege auf der Rinde sowie Schleimflussflecken (Baier et al. 2022).
Ist der Befall fortgeschritten, können betroffene Bäume am Kronenbild und Rindenmerkmalen identifiziert werden. Häufige Anzeichen für einen Befall mit Buchenprachtkäfer sind vorzeitiges Verfärben des Laubes und Laubfall, schüttere Belaubung, Absterben stärkerer Äste und Kronenteile, Zopftrocknis, Schleimflussflecken durch Fraßtätigkeit der Larven, Ausfluglöcher und Eigelege sowie Spechteinschläge. Beim kleinen Buchenborkenkäfer kommen bei Stehendbefall neben ähnlichen Merkmalen im Kronenbild zahlreiche, wie Wasserspritzer verteilte, kleine braune Schleimflussflecken am Stamm hinzu. Bei geringer Abwehrkraft ist nur braunes Bohrmehl ohne Schleimfluss zu sehen, der Befall ist dann kaum erkennbar.
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Abb. 5: Durch Einbohrversuche des Kleinen Buchenborkenkäfers verursachte Schleimflussflecken auf der Rinde und frisch angelegtes Brutbild mit Altkäfern. (© G. Lobinger, LWF)
Der Buchenprachtkäfer ist wie alle anderen Prachtkäferarten ausgesprochen thermophil und somit ein Begünstigter des Klimawandels. Da sich der Käfer zunächst meist im Kronenraum aufhält, wird sein Anteil am Schadgeschehen häufig unterschätzt. Deshalb wurde an der LWF das Projekt »Zur Beteiligung des Buchenprachtkäfers (Agrilus viridis) an Vitalitätsverlusten der Rotbuche nach Trockenstress« im Rahmen des Klimaprogramms Bayern 2020 (KLIP) von 2009 – 2012 bearbeitet. Ziel war es, den tatsächlichen Anteil von Buchenprachtkäfern an den bayernweit vor allem nach Trockenjahren auftretenden Vitalitätsverlusten und Absterbeerscheinungen zu ermitteln. Zudem sollte der Einfluss von Standortfaktoren und Bewirtschaftungsweise auf das Gefahrenpotenzial von (Agrilus viridis) überprüft und Handlungsempfehlungen für die forstliche Praxis abgeleitet werden. Dazu richtete man in Untersuchungsbeständen Probekreise mit Kombifallen zum Fang von Prachtkäfern ein. Zudem wurden einige Altbuchen gefällt, um die Eiablage und die Larvenentwicklung an frischem Totholz zu beobachten und um die Häufigkeit und das Ausmaß des Befalls zu untersuchen.
Insgesamt wurden in den acht Untersuchungsbeständen mit je zwei Probekreisen 166 Buchenprachtkäfer gefangen. Bereits innerhalb der Bestände unterschieden sich die Fangzahlen stark, was auf kleinräumig sehr unterschiedliche Aktivitätsdichten der Käfer hindeutete. Über die gesamte Projektdauer von drei Jahren zeigte sich, dass die Fangzahlen je Falle und Jahr signifikant mit der Vitalitätsstufe korrelierten. Die Jahresfangergebnisse waren in Buchenkronen von geringerer Vitalität höher als in den vitaleren. In allen drei Jahren wurden an den Bäumen mit »Spießen« deutlich höhere Zahlen erreicht als an denen ohne tote Astenden – dort fanden sich nie mehr als zehn Buchenprachtkäfer pro Jahr in den Fallen. In den Buchenkronen, in denen im Mittel die höchsten Temperaturen erreicht wurden, herrschten die größten Aktivitätsdichten von (Agrilus viridis). Im weiteren Verlauf des Projekts zeigte sich, dass Sonnenbrand dem Befall mit Buchenprachtkäfer fast immer voraus ging. Folglich lässt sich festhalten, dass die Befallshäufigkeit mit steigender Temperatur und mit abnehmender Baumvitalität zunahm. Es wurde aber auch deutlich, dass nicht alle geschwächten Bäume einen Befall aufwiesen (Brück-Dyckhoff, 2012). Zwischen den Fangergebnissen und Schlussgraden, als auch der ökologischen Feuchtestufe wurden keine signifikanten Korrelationen gefunden.
Die bisherigen Einschätzungen, dass (Agrilus viridis) unter für ihn günstigen Bedingungen das Potenzial hat, zur großflächigen Schädigung von Buchenbeständen wesentlich beizutragen, konnte mit der Untersuchung nicht widerlegt werden. Wie stark der ursächliche Zusammenhang zwischen Prachtkäferbefall und dem Absterben der Buchen ist, blieb ebenfalls offen. Petercord et al. (2007) gehen davon aus, dass die Vorschädigung der Buchen in den Trockenperioden und der insgesamt schlechte Vitalitätszustand den Befall durch Buchenprachtkäfer begünstigten und schließlich sogar chronisch werden ließen. Jedoch zeigten alle Buchen in ihrer Untersuchung vitale Knospen in der Lichtkrone. Petercord et al. schreiben dem Prachtkäfer daher eine Schlüsselrolle bei den damals beobachteten Absterbeerscheinungen zu und gehen davon aus, dass die Buchen ohne den Befall die Trockenschäden hätten ausheilen können.
Da im heute üblichen Bewirtschaftungsverfahren spätestens während der Verjüngungsphase stark aufgelichtet wird, steigt in diesen Beständen die Gefahr für Sonnenbrand und Käferbefall. Entgegenzuwirken wäre dem unter anderem durch eine weitere Anpassung der Bestände an Trockenstress und Sonnenbrand durch natürliche Selektion (v. a. durch Naturverjüngung), durch die Einbringung von Mischbaumarten zur Risikostreuung und zur Verbesserung des Wasserhaushalts, sowie eine Randgestaltung, die übermäßigen Strahlungseinfall verhindert. In gefährdeten Beständen sollte Totholz nur aus dem Wintereinschlag generiert werden, da die Stämme nach etwa vier Monaten nicht mehr bruttauglich sind (Brück-Dyckhoff, 2017).
Der kleine Buchenborkenkäfer ist zwischen 1,6 und 2,3 mm lang und braun bis braunschwarz gefärbt (Muck 2008). Er bildet in der Regel zwei Generationen pro Jahr aus. Die Hauptflugzeiten sind im März und im Juni. Das Brutbild ist im frühen Stadium sternförmig mit fünf bis acht Muttergängen und einer schwach ausgeprägten Rammelkammer. Die Larvengänge überkreuzen sich häufig, wodurch das typische sternförmige Brutbild unkenntlich wird. Der Larvenfraß zerstört die Kambialzone und den Rindenbast und ist von außen an zahlreichen, kleinen Schleimflussflecken auf der Rinde zu erkennen (LWF 2022a).
In den Jahren 2005 bis 2008 führte die LWF Untersuchungen zur Entwicklung von Buchen, Lärchen und Tannenborkenkäfer durch, aus denen sich unter anderem Erkenntnisse zur Biologie und Populationsdynamik des Kleinen Buchenborkenkäfers ergaben (Projektkürzel V64). Mit Hilfe von elektronischen Messstationen wurden Rückschlüsse auf die Populationsdichten und Generationsfolgen gezogen und Einflusskennzahlen wie Temperaturschwellenwerte abgeleitet. Zudem wurde der Frage nachgegangen, ob und in welchem Umfang der Buchenborkenkäfer in der Bodenstreu überwintert. Hinsichtlich seines Schwärmverhaltens konnte gezeigt werden, dass der Buchenborkenkäfer eine Zwischenposition einnimmt: Sein minimaler Toleranzwert für die Flugaktivität liegt mit 14,0 °C zwischen dem des Laubnutzholzborkenkäfers als typischem Frühschwärmer und dem des Buchdruckers als Spätschwärmer. Die Ergebnisse dieses Versuches zeigten, dass der Buchenborkenkäfer nur in geringen Zahlen in der Bodenstreu überwintert. Bei einer bayernweiten Befragung und anschließenden Bereisung wurde deutlich, dass die Schadbilder in ihrer Ausprägung und die Kombination der Schäden sehr unterschiedlich sind. Bei einem Großteil der Bestände stand der Schaden jedoch im Zusammenhang mit einer Störung des Wasserhaushalts und einem damit einhergehenden Vitalitätsverlust der Buchen. Das dadurch entstehende bruttaugliche Material im Kronenraum förderte die starke Vermehrung von rinden und holzbrütenden Käfern – unter anderem die des bereits beschriebenen Buchenprachtkäfers.
Um die Schädlingspopulation einzudämmen, sollte neben der Entnahme der befallenen Bäume auch das Schlagreisig bis März entsorgt werden, um weder Buchenborkenkäfern noch Buchenprachtkäfern Brutraum zu bieten (Muck 2008).
Altbekannte pilzliche und pilzähnliche Schadorganismen an Buche
An der Rotbuche treten eine große Anzahl an Schadorganismen auf, die unterschiedlichste Umweltbedingungen zu ihrem Vorteil nutzen können. Verschiedene Spezies der pilzähnlichen Oomyceten-Gattung Phytophthora sind weit in Buchenbeständen verbreitet, verursachen aber in der Regel keine großflächigen Schäden (Corcobado et al. 2020). Merkliche Schäden an Wurzeln und im Stammfußbereich können durch feuchte und vor allem wechselfeuchte Bedingungen gefördert werden, die zusätzlichen Stress für die Pflanze bedeuten und da Sporen verschiedener Phytophthora-Arten sich im Wasser aktiv fortbewegen können, so gefördert werden. Sporen verschiedener Phytophthora-Arten können sich im Gegensatz zu denen von Pilzen aktiv fortbewegen. Als Ausgangspunkte für eine überregionale Verbreitung vieler Arten können Baumschulen dienen (Jung et al. 2015). So kann, primär in forstlich nicht relevanten Sortimenten, auch die meldepflichtige Art P. ramorum verschleppt werden. In England trat jedoch bereits der Befall einer Altbuche durch diese Art auf, die durch das großflächige Absterben von Eichenwäldern in den USA bekannt wurde (Brown et al. 2006).
An milden und feuchten Standorten können gute Bedingungen für die bereits erwähnte Buchenwollschildlaus (Cryptococcus fagisuga) herrschen. Die durch die Saugaktivität am Phloem verursachten Wunden sind eine Eintrittspforte für Pilze, vor allem Neonectria coccinea, was zu großflächigen Rindennekrosen führen kann. Diese Schadabfolge ist bereits seit dem späten 19. Jahrhundert bekannt und wird als Buchenkomplexkrankheit bezeichnet (Hartig, 1878, in Arend et al. 2006).
Ein naher Verwandter von Neonectria coccinea, dem Scharlachroten Pustelpilzchen, ist Neonectria ditissima, der Erreger des Buchenkrebses. Wie es der Name erahnen lässt, verursacht dieser Pilz Wucherungen, die durch Abschottungsreaktionen des Baumes zustande kommen und über die Jahre »Krebsgeschwüre« bilden. Die Pflanze mag zwar in der Lage sein, die Infektion zu überwallen, es bleibt aber eine sog. »T-Nekrose« zurück – eine Problematik, die Bäume jeden Alters betreffen, jedoch auch durch andere Pilze und Rindenverletzungen verursacht werden kann. Die oft unerkannte Holzentwertung ist hier ein größeres Problem als ein schnelles Absterben. Welche Faktoren bzw. Vektoren wie z. B. die Buchenwollschildlaus einen Befall begünstigen, ist schwer zu bestimmen. Beobachtungen deuten darauf hin, dass ein langer Verbleib unter Schirm in wenig wüchsigen Beständen eine Durchseuchung fördert (Klein, 1997).
Aktuelle Entwicklungen der »Buchenvitalitätsschwäche«
Beobachtungen der LWF und anderer forstlicher Institutionen in Mitteleuropa zeigen, dass sich nach Jahren mit starkem abiotischen Stress die Symptome der »Buchenvitalitätsschwäche« häufen (Langer & Bußkamp 2021). Dabei wird die abiotisch ausgelöste Buchenvitalitätsschwäche von den anderen komplexen Buchenerkrankungen unterschieden, die durch Phytophthora cambivora oder durch Wollschildlausbefall ausgelöst werden (Bressem 2008).
Neben Buchenborkenkäfer und Prachtkäfer nutzen eine Vielzahl bekannter pilzlicher Schaderreger die herabgesetzten Abwehrkräfte und z. B. durch Sonneenbrand und Totholz entstandene Eintrittspforten zur Besiedlung geschwächter Bäume. Hier treten wiederum N. coccinea und N. ditissima auf (Niesar et al. 2007). Letzterer kann sich in gestressten Jungwüchsen im Holz ausbreiten und neben Wucherungen sogar Längsrisse in der Rinde verursachen. Als Schwächeparasiten treten auch Rindenbranderreger wie Diplodia mutila und Fäulnis verursachende Pilze wie der Gemeine Spaltblättling (Schizophyllum commune), Kohlenbeeren (Hypoxylon spp.) und die Pfennig-Kohlenkruste (Biscogniauxia nummularia) auf. Auch in Bayern wurde die zunehmende Beteiligung von [i]B. nummularia[i/] im Schadgeschehen der letzten Jahre auffällig. In der Regel tritt sie in der Krone auf; unter günstigen, d. h. warmen Bedingungen breitet sie sich bis zum Stammfuß aus. Die schnell fortschreitende Weißfäule birgt die Gefahr von Grünastbruch.
In dieser Abwärtsspirale von abiotischen und biotischen Stressoren spielen auch bodenbürtige Erreger eine wichtige, jedoch schwer zu quantifizierende Rolle. Bei einer laufenden Untersuchung von geschädigten Rotbuchenflächen in Nordbayern waren bei knapp der Hälfte der 134 Versuchsbäume über alle Vitalitätsstufen hinweg Hallimasch-Rhizomorphe (Armillaria spp.) am Stammfuß und im nahen Wurzelraum zu finden. Diese dienen dem Wurzelpathogen und Schwächeparasit zur Erschließung neuer Nahrungsquellen und zur Überdauerung, bis sich günstige Infektionsbedingungen einstellen. Auch im Waldschutzmeldewesen ist neben der Zunahme der Rindennekrosen die Häufung von Hallimaschschäden im Nachgang der Trockenjahre auffällig.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich zum Vitalitätszustand der Rotbuche in Bayern festhalten, dass die in Bayern vielerorts beobachteten geschädigten Bäume zahlenmäßig noch keinen Niederschlag in den Ergebnissen forstlicher Großrauminventuren auf Landesebene gefunden haben. Die Ergebnisse der Bundeswaldinventur 4, die auf einem deutlich dichteren Rasternetz als die Waldzustandserhebung durchgeführt wird, werden zeigen, ob diese Aussage weiterhin Bestand hat. Bisherige Daten belegen einerseits, dass sich die Buche in der Vergangenheit nach Jahren, in denen sie großem Stress ausgesetzt war, wieder gut regenerieren konnte. Andererseits sind Stressfaktoren (klimatische Extremjahre, aber auch Samenjahre) in den letzten Jahren deutlich häufiger aufgetreten, weshalb die Regenerationszeiten der Buche deutlich kürzer wurden.
Betrachtet man den Anteil der biotischen Schäden im Verhältnis zu den abiotischen, besteht bei der Baumart Buche ein deutlicher Unterschied zu den anderen Hauptbaumarten. Im Gegensatz zu Fichte, Kiefer und Eiche überwiegen bei der Buche die abiotischen Schäden deutlich (Abb. 6). Dies ist insbesondere durch Trockenschäden bedingt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der räumliche Schwerpunkt der Buchenschäden in Unterfranken liegt (Abb. 2). Bei den anderen Hauptbaumarten Fichte, Kiefer und Eiche dominieren mit Abstand biotische Schaderreger wie Buchdrucker an Fichte, Blauer Kiefernprachtkäfer und Diplodia an Kiefer sowie Schwammspinner und andere blattfressende Schmetterlingsraupen und Eichenprachtkäfer an Eiche.
Abbildung 6: Anteil an a-/biotischen Schäden als Summe von 2015 – 2021 für Fichte, Kiefer, Buche und Eiche. Quelle: Waldschutzmeldewesen, LWF
Die breite standörtliche Anpassung der Buche, vom sauren Hainsimsen-Buchenwald bis zum alkalischen Blaugras-Buchenwald und vom feuchten Bergland-Buchenwald bis hin zum trockenen Seggen-Buchenwald spiegelt ihr riesiges standörtliches und klimatisches Potenzial wider. Schaut man sich die Schäden ab den Jahren 2018 im Detail an, zeigt sich, dass vor allem Altbuchen betroffen waren. Dies ist nicht verwunderlich, da die genetische Selektion der Bäume bei einem aus heutiger Sicht weniger warmtrockenen Klima erfolgte. Bei der genetischen Selektion und bei der Wurzelbildung am Waldort versucht der Baum sich bestmöglich an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Verändern sich diese Rahmenbedingungen aber zu extrem, können sich in einer vergangenen Umwelt erwachsene Altbäume nur bedingt anpassen. Die neuen standörtlichen Rahmenbedingungen bestimmen ihrerseits den heutigen Selektionsdruck auf alte und junge Individuen, wobei in jungen Beständen die nach heutigen Bedingungen angepassten Individuen aus den stammzahlreichen Verjüngen selektiert werden.
Daher ist die Zukunftsfähigkeit der Buche aus Waldschutzsicht aktuell nicht in Frage gestellt.
Leider scheint Waldbewirtschaftenden das Steuern eines geplanten Vorgehens aber durch Trockenheits und Hitzeschäden immer mehr aus der Hand genommen zu werden (vgl. Ergebnisse des Waldschutzmeldewesens und Beitrag zu Buchenschäden an der WKS Ebrach auf S. 54f in diesem Band). Eine Auflichtung des Kronendach durch Extremereignisse und die damit verbundenen Zunahme waldschutzrelevanter Arten nahm in den letzten Jahren deutlich zu.
Die aktuell gängigen Konzepte der Buchenwaldbewirtschaftung sollten angesichts zunehmender Störungen und Extremereignisse mit Blick auf die Auswirkungen auf waldschutzrelevante Arten diskutiert werden. Insofern stellt sich die Frage, ob das waldbauliche Vorgehen einer Neubewertung aus Sicht des Waldschutzes bedarf und weniger die Buche selbst, als vielmehr die Art des Managements auf den Prüfstand gestellt werden sollte.
von Christoph Straub
Aufgrund von Trockenperioden und Extremtemperaturen stellte man im Jahr 2019 insbesondere im Norden Bayerns zunehmende Schäden an Buchen fest. Die Abteilung »Informationstechnologie« der LWF führte in den Jahren 2019 und 2020 daher das Forschungsprojekt »BeechSAT« in Kooperation mit der Firma IABG mbH durch. Untersucht wurde, ob und wie genau geschädigte und abgestorbene Buchen in Luftbildern und verschiedenen Satellitenbilddaten (für eine Erfassung und Beobachtung dieser Phänomene in der Zukunft) automatisiert detektiert werden können.
Dazu wurden im August 2019 Luftbildbefliegungen für zwei laubholzdominierte Untersuchungsgebiete in Unter- und Oberfranken mit einer Gesamtgröße von 17.500 Hektar beauftragt. Zeitnah zu den Bildflügen konnten Aufnahmen von mehreren Satellitensystemen mit unterschiedlichen räumlichen Auflösungen beschafft werden: WorldView-3 (0,30 m), SkySat (0,80 m), PlanetScope Dove (3 m), RapidEye (5 m) und Sentinel-2 (10 m – 20 m). Die Erfassung erfolgte über semiautomatische Verfahren. Dazu wird ein Algorithmus zur Bildklassifizierung mit manuell erstellten Referenzdaten »trainiert«. Die manuelle Erstellung der Trainingsdaten ist der zeitaufwändigste Arbeitsschritt bei dieser Vorgehensweise.
Der Informationsgehalt der Fernerkundungsdaten ist besonders abhängig von der räumlichen Auflösung der Bilddaten. Aus Tabelle 4 (aus Straub et al. 2021) geht die Beurteilung der Erkennbarkeit von einzelnen geschädigten oder abgestorbenen Bäumen und Baumgruppen für die im Projekt BeechSAT eingesetzten Fernerkundungsdaten hervor. Ferner wurde bewertet, ob und wie gut eine visuelle oder semi-automatische Auswertung möglich erscheint.
Tabelle 4: Beurteilung des Informationsgehalts und von Auswertungsmöglichkeiten (visuelle Bildinterpretation und semiautomatische Klassifizierung) verschiedener in BeechSAT eingesetzter Fernerkundungsdaten zur Erfassung geschädigter und abgestorbener Einzelbäume oder Baumgruppen. (© LWF)
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Abb. 7: Ausschnitt eines True-Orthophotos mit automatisiert abgegrenzten geschädigten und abgestorbenen Buchen (gelbe Polygone) (© LWF)
Luftbilddaten bieten die besten Möglichkeiten zur Erkennung von geschädigten und abgestorbenen Bäumen, da in diesen Daten Einzelbaumstrukturen und somit auch die Schadmerkmale »Entlaubung« und »Kronentotholz« gut erkennbar sind. Im Idealfall erfolgt die Erfassung manuell über eine stereoskopische Luftbildinterpretation. Auch bei der automatisierten Auswertung wurden in BeechSAT auf Grundlage der Luftbilddaten die höchsten Genauigkeiten erzielt.
Im Vergleich zu Luftbildaufnahmen aus dem Flugzeug haben Satellitenbilddaten üblicherweise eine niedrigere räumliche Auflösung. Vorteile von Satellitenaufnahmen sind allerdings eine größere Flächenabdeckung in kürzerer Zeit und dadurch potenziell homogenere Beleuchtungsverhältnisse in den Bilddaten sowie eine höhere zeitliche Auflösung. Außerdem haben einige Satellitensysteme (z. B. World-View-3 und Sentinel-2) im Vergleich zu Luftbildkameras eine höhere spektrale Auflösung.
Die Forschungsaktivitäten im Projekt mit Schwerpunkt Boden und Umwelt haben gezeigt, dass in den Untersuchungsgebieten eine große Anzahl an geschädigten Buchen in der Oberschicht zu finden waren. Der Vergleich der visuellen Einzelbaumbeurteilung auf Basis einer UAV-Befliegung dieses Projektteils mit der oben beschriebenen Luftbildauswertung bestätigte, dass die automatisierte Klassifikation der Luftbilddaten eine sehr hohe Genauigkeit bei der Detektion bzw. der Unterscheidung vitaler und geschädigter Vegetation aufweist.
Abbildung 7 zeigt einen Ausschnitt eines True-Orthophotos als Color-Infrarot Darstellung aus der Luftbildbefliegung mit automatisiert abgegrenzten geschädigten und abgestorbenen Buchen. Eindeutige Zusammenhänge der Schäden zu kleinstandörtlichen Wasserhaushaltsinformationen bzw. Basenausstattungsinformationen des Bayerischen Standortinformationssystem (BaSIS) konnten nicht gefunden werden. Weitergehende, differenziertere Untersuchungen werden hierzu angestrebt.
von Hans-Peter Dietrich, Michael Muser, Julia Bischof, Julia Schißlbauer und Stephan Raspe
Das »Trockenexperiment« der Natur zeigt: Extreme werden den Wandel bestimmen. Im Hochsommer 2020 traten erstmals in der 25-jährigen Beobachtungszeit starke Schäden in dem circa 180-jährigen Buchenaltbestand an der Waldklimastation (WKS) Ebrach im Steigerwald auf (Abb. 8). Alle herrschenden Altbuchen (N = 119/ha in 2019; 80 % Buche, 20 % Traubeneiche) auf dem Keuper-Sand mit tonigerem Unterboden waren teilweise stark geschädigt. Der Messbetrieb und die wöchentliche Probennahme auf der Messfläche mussten wegen erhöhter Kronenbruchgefahr zeitweise ausgesetzt werden.
Die WKS Ebrach im Steigerwald ist eine von 19 Intensivmessflächen des forstlichen Umweltmonitoring der LWF in Bayern. Sie ist eingebunden in ein nationales und internationales Beobachtungsnetz in Wäldern, in denen kontinuierlich und intensiv die wichtigsten Umwelteinflüsse und ihre Wirkungen auf den Wald gemessen und registriert werden. Seit 1995 steht der Waldbestand in Ebrach unter intensiver Beobachtung. Unsere Messdaten geben Aufschluss unter anderem über Witterung, Wasserhaushalt und Vitalitätsentwicklung. Die zurückliegenden Extremjahre konnten so durch Messungen unmittelbar begleitet werden.
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Abb. 8: Altbuchen mit starker Entlaubung und Kronen- bzw. Stammschäden (© H.P. Dietrich, LWF)
In einer interdisziplinären Fallstudie an zehn Einzelbäumen unterschiedlicher Schädigung im Forschungsbestand haben Experten der LWF im Oktober 2020 gezielt Vitalität und Schädigungsgrad, den Schädlingsbefall und die Jahrringentwicklung mit Stammscheibenanalysen untersucht. Ziel war es, biotische Schadeinflüsse und den Schadverlauf besser aufzuklären. Demnach erlebten die Buchen in den Sommern 2015 und 2018 bis 2020 erstmals in ihrer Lebensspanne extremen Trockenstress in Serie (Abb. 9). In der Folge des Extremjahres 2015 verschlechterte sich der Vitalitätszustand zunächst, um sich bis in das nächste Extremjahr 2018 sowohl bei Zuwachs wie im Kronenzustand sichtbar wieder zu erholen (Resilienz). Das Extremjahr 2018 mit verfrühtem Blattfall und das Trockenjahr 2019 in der Folge mit seiner früh einsetzenden Trockenphase und Hitze hatten dann wohl erhebliche Auswirkungen auf Reservestoffbildung und Vitalität.
Ab 2019 sind an den Buchen der WKS stärkere Vitalitätsverluste erkennbar, die auch von Zuwachsrückgängen begleitet wurden und 2020 zu irreversiblen Kronenschäden bei erhöhter Mortalität führten (Abb. 10). Auch in der einwachsenden Baumschicht aus Naturverjüngung (90 % Buche; N = circa 700 Bäume/ha mit BHD > 5 cm) fallen bis 2021 circa 8 % der Jungpflanzen aus (nicht dargestellt).
Abb. 9: Pflanzenverfügbarer Bodenwasservorrat an der WKS EBR im Jahresverlauf 2015 bis 2021; hellgrün hinterlegt ist jeweils Dauer der Vegetationszeit. Die Schwellen der Wasserversorgung der Waldbäume sind farblich hervorgehoben (gelb: eingeschränkte Wasserversorgung; orange mangelhafte Wasserversorgung). Quelle: LWF Abt. 2
Abb. 10: Vitalitätsentwicklung der Altbuchen auf der Bestandesmessfläche der WKS Ebrach. Dargestellt sind die relative Zunahme des mittleren Nadel-Blattverlustes (mittl. NBV, grüne Säulen), des Anteils der Bäume mit starker Entlaubung größer 40% (Ant SST 3–4; blaue Säulen) und der Absterberate (Mortalität, orange Säulen), sowie der Rückgang der relativen Grundflächenzuwächse (Gfl Zuwachs; gelbe Säulen) in den Jahren 2015 bis 2021 (in Prozent jeweils bezogen auf die Referenzperiode 2005 bis 2009). Quelle: LWF Abt. 2
Die starken Baumschäden gehen einher mit zeitgleich starkem Insekten- und Pilzbefall. Alle Probebäume der Fallstudie waren von Buchenprachtkäfer (Agrilus viridis) und/oder Buchenborkenkäfer (Taphrorychus bicolor) in Krone (9) und/oder Stamm (3) befallen. Vier Bäume wiesen starken Befall auf (> 30 % der Kronenäste oder des Stammumfangs). Alle untersuchten Kronen-Dürräste größer 5 cm Basisdurchmesser waren stets von einer der beiden Käferarten befallen. In vitalen Kronenästen waren hingegen nur Einzelbefunde, in vitalitätsgeschwächten Kronenästen selten Käferbefall nachzuweisen. An den Probebäumen war eine große Bandbreite an phytoparasitären Pilzen im Wurzel-, Stamm- und Kronenbereich nachweisbar. Hallimasch an Stamm und Wurzel und /oder stärkerer Buchenkrebsbefall (N. ditissima) an Krone traten verbreitet an neun von zehn Probebäumen auf und in den Kronenbereichen mit starkem Totholz war auch der Befall durch z. B. die Pfennig-Kohlenkruste (B. nummularia) ubiquitär vorhanden.
Eine erneute Erholung der Buchen erfolgte angesichts des starken Käfer- und Pilzbefalls auch im Jahr 2021 mit günstigerem Witterungsverlauf nicht. Die beigemischten Alteichen zeigen sich demgegenüber wenig in ihrer Vitalität beeinträchtigt und erweisen sich – entsprechend ihres erwarteten Anbaurisikos – als sehr resilient.
Summary
This contribution focusses on the most relevant disturbances and pests in European Beech (Fagus sylvatica) forests in Bavaria. Abiotic disturbances seem to overrule the relevance of biotic pests on the basis of damaged timber volume. Thus, the chapter also gives insights on the foliation monitoring within the last ten years. Taphrorychus bicolor and Agrilus viridis and their management relevance are focussed more in detail, as well as the loss of vitality due to heat and a decline of precipitation. The authors propose to discuss the current management practices in face of climate change and its effect on forest pests.
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