LWF Wissen 87
Die Birken: Vielseitige Begleiter der Menschen von einst bis heute
von Michael Mößnang und Olaf Schmidt
Die »Birke« kennt doch jeder. Aber aufgepasst! Hinter dem Baum, den die meisten Menschen hier bei uns einfach nur »Birke« nennen, stehen zwei unterschiedliche Arten: die Moorbirke (Betula pubescens) und die Sandbirke (Betula pendula) (vgl. Beiträge von Aas, S. 7 und von Mette et al., S. 15 in diesem Heft). Wenn wir uns nun im Folgenden mit Kultur, Kulturgeschichte, Medizin und anderen »Nebennutzungen« im Zusammenhang mit Birken beschäftigen, können wir i. d. R. nicht zwischen Moor- und Sandbirke unterscheiden, v. a. deswegen nicht, weil in der Literatur bei diesen Themen nicht zwischen Moor- und Sandbirke unterschieden wird bzw. nicht unterschieden werden kann.
Als im Jahr 2000 die Sandbirke zum Baum des Jahres gewählt wurde, erschien der LWF-Bericht Nr. 28 »Beiträge zur Sandbirke« (LWF 2000). In diesem Bericht befasste sich u. a. Dr. Norbert Lagoni, Experte für Pharmakologie und langjähriger erfolgreicher Medizinjournalist, mit dem Thema »Birke als Rohstoff für die Pharmazie«. Doris Laudert, Diplom-Biologin und Biologielehrerin, schrieb für diesen LWF-Bericht einen kulturhistorischen Beitrag unter dem Titel »Die Birke – Symbol des Neubeginns«. Beide sehr lesenswerte Artikel haben von ihren Aussagen nichts an Gültigkeit verloren und werden daher zum Weiterlesen sehr empfohlen. In den nun folgenden Ausführungen werden immer wieder auch Themen aus beiden Beiträgen aufgegriffen, aber auch der eine oder andere neue Aspekt angesprochen.
Zum Namen der Birke(n)
Volkstümliche Namen für Birke sind u. a. Bark, Bork, Besenbaum, Frühlingsbaum oder Hexenbesen. Der Name Birke hat seine Wurzeln im indogermanischen bher ĝ (glänzen), bhrēĝ (weiß) (Pokorny 1959, wiktionary.org: Birke), was auf die weiße Rinde zurückzuführen ist. Weitere Namen speziell für die Moorbirke sind u. a. Haarbirke, Behaarte Birke und Besenbirke sowie auch Glasbirke. Den Name Glasbirke findet man häufig im holzkundlichen Bereich. Glasbirkenholz wird für die Herstellung von »Schwedenmetern«, den hölzernen Gliedermaßstäben (Zollstöcken) verwendet.
Die Birke, der Baum des Nordens
Die Birke hat v. a. in der Kulturgeschichte unserer nord- und osteuropäischen Nachbarn einen vergleichbar hohen Stellenwert wie etwa Linde und Eiche im deutschsprachigen Raum oder die Olive in Südeuropa. In der altnordischen Mythologie war die Birke der Göttin Freya geweiht, die Göttin der Fruchtbarkeit und des Frühlings, des Glücks und der Liebe (Wikipedia – Birken). Manche leiten den Namen »Birke« von der altirischen Göttin Brigid her (goettinen.org 2023), die als die »Helle«, die »Strahlende« bezeichnet wurde (Wikipedia – Brigid).
In Russland ist die Birke eine der häufigsten Bäume. Kein Wunder also, dass sie in vielen Liedern, Gedichten und Gemälden präsent ist. Es ist ein Symbol des Landes, das seit der Antike einen Platz in den Herzen der russischen Bevölkerung hat. Die Slawen betrachteten die Birken als heilige Bäume und verbanden sie mit Frühling, Reinheit, natürlicher, femininer Schönheit. Laudert (2000a) erkennt im nord- und osteuropäischen Kulturraum in der Birke eine große Bedeutung als Symbol des Neubeginns: »Ihre überragende Bedeutung jedoch liegt im Licht, im Frühjahr, im Neubeginn, weshalb der Maibaum, Sinnbild des Frühlingserwachens, nach alter Tradition ein Birkenbäumchen ist. Auch die Wiege des Neugeborenen baute man nach alter Überlieferung aus Birkenholz« (Laudert 2000a). Vor allem bei den Kelten, Germanen und Skandinaviern hatten und haben Birken einen festen Platz in den dortigen Landesbräuchen. So zum Beispiel bei der »Druidentaufe« der Kelten. Mit dieser Art Weihe versetzte der Lehrmeister seinen Schülern einen leichten Schlag mit einem mit Tau benetzten Birkenzweig (BUND-Naturschutz 2023a).
Aber auch in Mitteleuropa sind manche Bräuche mit der Birke verbunden. Im Fränkischen, aber auch darüber hinaus, sieht man noch hie und da die »Liebesmaien«. Dabei handelt es sich um kleine, bunt geschmückte Birkenbäumchen, die junge Männer ihren Angebeteten als Liebesbeweis in der Nacht zum ersten Mai vor die Tür stellen. Ein fast vergessener Brauch (wikitionary.org – Maibaum).
Birken in der Lyrik
Wiegend am blassgrünen Hag.
Lieblicher Gottesgedanke
Vom dritten Schöpfungstag.
…
Sinnend in göttlichen Träumen
Gab seine Schöpfergewalt
Von den mannhaften Bäumen
Einem die Mädchengestalt.
Göttliche Hände im Spiele
Lockten ihr blonden das Haar.
Daß ihre Haut ihm gefiele,
seiden und schimmernd sie war.
…
Auch in dem Gedicht von Hermann Claudius (1878 – 1980) aus seinem »Wolkenbüchlein« spielt das Weiß der Birkenrinde in Verbindung mit dem Weiß der Wolke die Hauptrolle. In der ersten Strophe des Gedichtes »Reise-Empfindung« (1832) von Nikolaus Lenau (1802 – 1850) kommt die silbern-weiße Birkenrinde auch wieder als Motiv vor:
Die Birkenstämme prangen,
Als wäre d’ran aus heller Nacht
Das Mondlicht blieben hangen.
Das Weiß der Birke in der weißen Winterlandschaft stellt Hugo Salus (1866 – 1929) in seinem Gedicht »Birke im Winter« aus der Sammlung »Die Harfe Gottes« in den Vordergrund (S. 81 in diesem Heft). Auch die feinen Zweige und Ästchen der Birke unterscheiden sie von den meisten anderen Bäumen. Dieses feine und zierliche Gezweig wird ebenfalls von den Dichtern bemerkt und besungen. In seinem Gedicht vergleicht Wilhelm Klemm (1881 – 1968) die feinen Zweige der Birke im Schein des Mondes sogar mit einer Fisch-Reuse:
Dich tief in den Himmel hinein.
In Deine hängenden Zweige
Kehrt der Abendstern ein.
In dem zarten Gehäuse
Leuchtet er doppelt und klar.
Ein Fisch in himmlischer Reuse –
Golden und wunderbar.
Wobei die Worte »in deine hängenden Zweige« darauf hindeuten, dass der Dichter die Sand- oder Hängebirke vor seinem geistigen Auge hatte. Hermann Hesse (1877 – 1962), der als Baumfreund viel über Bäume geschrieben und gedichtet hat, vergleicht das Gezweig der Birke in seinem Gedicht »Die Birke« sogar mit den verzweigten und verschlungenen Gedanken eines Dichters. Den hellgrünen Blattaustrieb der Birken im Frühjahr als Frühlingsbote bringt Johann Trojahn in seinem Gedicht »Die Birke im Frühlingskleide« zum Ausdruck. Ähnlich beschreibt Hermann Löns (1866 – 1914), der »Heidedichter«, in seinem Gedicht »Alle Birken grünen« den Austrieb der grünen Birkenblätter im Frühjahr. Als kundiger Naturbeobachter und -kenner fügt er aber noch weitere typische Naturerscheinungen des Frühjahrs mit an, so z. B. den blühenden Besenginster (Brahmbusch), die singenden Heidelerchen, den balzenden Birkhahn und die weißen Wollgrasflocken:
jeder Brahmbusch leuchtet wie Gold,
alle Heidelerchen dudeln vor Fröhlichkeit,
jeder Birkhahn kullert und tollt.
…
Dagegen stellt Wilhelm Busch (1832 – 1908) die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der Birke in den Mittelpunkt seines Gedichtes »Die Birke« und beschreibt die Nutzung der Birke für Holzschuhe und Tabaksdosen, des Birkensaftes als Haarwuchsmittel, der Zweige für Besen und Ruten und als Schmuckreisig zu Pfingsten. In ähnlicher Art und Weise stellt der Dichter Gustav Pfarrius (1800 – 1884) im 19. Jahrhundert in einem fiktiven Gespräch zwischen dem Bräutigam und der Birke (»Der Bräutigam und die Birke«) die verschiedenen Nutzungen der Birke heraus, wenn die Birke dem Bräutigam auf seine drängenden Bitten hin vom grünen Strauß über Rute und Besen, Peitschenstiel und Birkensaft bis zum Schluss noch ihr Holz zum Heizen seines Kämmerleins schenkt.
Die Bedeutung der Birke als Freudenbaum, der uns ein freundliches, sonniges Gemüt schenkt, kommt in dem Gedicht von Adolf Schults (1820 – 1858) »Birke und Trauerweide« aus der Sammlung »Naturbilder« nochmal zum Ausdruck. Auf das häufige Auftreten des Fliegenpilzes als Mykorrhiza-Partner der Birke bezieht sich das Gedicht von Friedrich Georg Jünger (1898 – 1977). Die weißen Stämme der Moorbirke, die im direkten Vergleich zur Sandbirke weniger schwarze Borke zeigen, erklärt scherzhaft ein Gedicht von Gerd Geiser unter dem Titel »Moorbirken«:
frag nur die Birken, sie haben geseh’n,
wie mancher Versuch, hier Fuß zu fassen,
jählings gescheitert. Entsetzen! Erblassen!
Der Boden war einfach zu feucht und zu weich,
Die Birken sind heute noch kreidebleich.
Birke in der Volksmedizin und der Heilkunde
Bitterstoffe haben nicht nur einen bitteren Geschmack, sondern sie wirken auch entzündungshemmend, appetitanregend, immunstärkend und verdauungsfördernd. Sie fördern die Durchblutung und Sekretproduktion des Verdauungstraktes und wirken so wohltuend auf Verdauungsbeschwerden wie Durchfall oder Verstopfung.
Flavonoide haben eine ähnliche Wirkung im Körper wie die Bitterstoffe. Aufgrund ihrer gelbfärbenden Inhaltsstoffe (flavus (latein.) = gelb) werden Flavone bis heute als natürliche Färbemittel in der Lebensmittel- und Textilindustrie eingesetzt.
Gerbstoffe in Pflanzen werden schon seit Jahrtausenden zum Gerben von Tierhäuten in der Lederverarbeitung verwendet. Aber sie haben auch aufgrund ihrer adstringierenden und entzündungshemmenden Wirkung schon lange ihren festen Platz in der Volksmedizin. So wurden und werden die Birkenextrakte mit ihren Gerbstoff-Bestandteilen in der Volksheilkunde als natürliche Desinfektionsmittel bei der Wundbehandlung eingesetzt.
Phytosterine sind Sterine, die in Pflanzen vorkommen (Wikipedia – Phytosterine). Phytosterine haben eine gewisse Ähnlichkeit zum Cholesterin des Menschen. So können Phytosterine ebenfalls die Cholesterin-Produktion im menschlichen Körper reduzieren. Vorsicht ist hierbei jedoch angesagt, da eine Überdosierung langfristig auch zu einer Erhöhung der Cholesterin-Konzentration führen kann.
Saponine sind Glycoside von Steroiden und Terpenen und ebenfalls in Pflanzen weit verbreitet (Wikipedia – Saponine). Sie haben eine ähnliche Wirkung wie Phytosterine und können Cholesterin an sich bin- den. Weiterhin wird Saponinen eine darmschützende, entzündungshemmende und verdauungsfördernde Wirkung zugewiesen. Auch haben Saponine hormonstimulierenden Eigenschaften. Daher ist es nicht verwunderlich, dass man den Birken bereits in der keltischen und germanischen Volksheilkunde frucht- barkeitsfördernde Wirkungen zugesprochen hat. Und seit vielen Jahrhunderten werden Birkenblätterextrakte gegen Haarausfall angewendet.
Früher wie heute werden aus den Pflanzenteilen der Birken Tinkturen, Salben, Säfte, Öle und Tees hergestellt.
Tee aus Birkenblättern
Abb. 1: Birkenblättertee (© Szakaly / Adobe Stock)
Von der Anwendung von Birkenblättern ist jedoch für jene unbedingt abzuraten, die auf Birkenpollen allergisch reagieren oder nach der Einnahme oder Anwendung Hautirritationen beobachten oder an Magen-Darm-Beschwerden leiden. Ebenso sollten Schwangere und stillende Mütter sowie Kinder unter 12 Jahren keine Birkenblätter-Produkte anwenden (EMA – Birkenblätter).
Betulin, vom »Weißmacher« über den Wundheiler bis zum Blutfettsenker
In der Kosmetik wird Betulin als Wirkstoff in Hautpflegemitteln und Hautcremes verarbeitet. In der medizinischen Forschung wird die Wirkung von Betulin auf den Stoffwechsel genauer untersucht. Bei Mäusen konnte man nach einer sechswöchigen Betulin-Verabreichung gegenüber einer Kontrollgruppe feststellen, dass die »Betulin«-Gruppe geringere Fettwerte in Blut und Leber aufwiesen und arteriosklerotische Ablagerungen in den Blutgefäßen reduziert waren (Pflanzen- forschung.de 2011, Song et al. 2011).
Bet v1, das »Allergie-Monster«
Erst vor kurzem haben polnische Wissenschaftler eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass Luftverschmutzung Birkenpollen noch aggressiver/allergener macht. Inwiefern die Luftverschmutzung die Beschaffenheit von Baumpollen verändert, untersuchten die Forschenden anhand von Birkenpollen. Sie sammelten Proben an sieben Standorten in der Großstadt Krakau, in Kleinstädten sowie im Wald. Ihr Ergebnis war: Birkenpollen an Orten mit hoher Luftverschmutzung sind möglicherweise allergener als Birkenpollen aus Gebieten mit sauberer Luft (Stawoska et al. 2023). Gemäß Einschätzung von unabhängigen Forschenden reichen die Daten der Studie aber nicht aus, um diese These ausreichend zu belegen. Präventive Maßnahmen in Städten seien aber trotzdem angebracht (Science Media Center Germany 2023). Manche Überlegungen gehen sogar so weit, Birken aus dem Stadtbild ganz zu entfernen. Wie vielschichtig dieses Thema diskutiert werden muss, zeigt sich schon daran, dass Stadtbäume gerade in Zeiten des Klimawandels in unseren Städten wichtiger denn je sind (GALK 2023, Bund Naturschutz 2023b, NABU 2023). Aber es ist durchaus zu überlegen, ob hochallergene Baumarten wie Birke, Erle oder Hasel in Wohngebieten mit starker Luftschadstoffbelastung in der Nähe stark befahrener Straßen angepflanzt werden sollen. So rät zum Beispiel der Allergologe Prof. Dr. Carsten Schmidt-Weber vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) in München, auf die Anpflanzung von Birken, Erlen und Haselnuss in Städten sowie im Umkreis von ca. 30 km zu Ballungszentren zu verzichten (Schmidt-Weber 2018).
Ein sehr informatives Positionspapier rund um Pollenallergie, Pollenfreie Bereiche, Rechtsproblematik und Stadtplanung hat der Arbeitskreis »Stadtbäume« der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz bereits im Jahr 2012 herausgegeben, wo er in seinem Fazit zur Pollenallergie u. a. Folgendes feststellt: »Allein durch gartenbauliche Maßnahmen ist eine Pollenfreiheit nicht zu erreichen, denn diese (gemeint sind »Pollen«: Anm. d. Red.) verbreiten sich durch Wind über ein großes Gebiet. Dennoch können schon bei der Auswahl der Bäume auch allergologische Kriterien im Rahmen einer Abwägung mitberücksichtigt werden und auf diese Weise die allergene Belastung gemindert werden. So ist bei der Verwendung von frühblühenden Gehölzen wie Birke, Hasel oder Erle schon im Planungsprozess abzuwägen zwischen den Interessen des Naturschutzes, der Stadtgestaltung und der allgemeinen Gesundheit« (GALK 2012).
Birkenpech – Klebriger Kunststoff aus der Steinzeit
Die altsteinzeitliche »Erfindung« des ersten Heißklebers in der Menschheitsgeschichte könnte man sich folgendermaßen vorstellen: Auf einer mit Steinen begrenzten Feuerstelle verbrannte ein Steinzeitmensch Birkenhölzer. Dabei tropfte aus der Birkenrinde Birkenpech auf die heißen Steine. Nach dem Erlöschen des Feuers blieb das Birkenpech als zähflüssige Masse auf den Steinen zurück und mit dem Erkalten der Steine wurde auch das Birkenpech fester. Wo das Birkenpech in eine Steinfuge zwischen zwei Steine hineinfloss, waren nach dem Erkalten der Steine diese durch das Birkenpech fest verklebt. Fest gewordenes kaltes Birkenpech konnten die Steinzeitmenschen von den Steinen kratzen und durch Erhitzen der Pechmasse wieder verflüssigen und so die klebenden Eigenschaften des Birkenpechs nutzen. Dazu erhitzte der altsteinzeitliche Frühmensch Bestandteile des Birkensaftes aus der Birkenrinde. Das daraus gewonnen Birkenpech war ein ausgezeichneter und zuverlässiger Kleber (Wikipedia – Birkenrinde).
Die Herstellung und Nutzung von Birkenpech hat sich über die Mittelsteinzeit bis ins Mittelalter stetig verbessert. So klebte z. B. »Ötzi«, jene 1991 auf dem 3.208 m hohen Tisenjoch entdeckte Gletschermumie in den Ötztaler Alpen, seine steinernen Pfeilspitzen mit Birkenpech an die Pfeilschäfte (Weibel 2023). Wie man im Mittelalter bei der Gewinnung von Birkenpech vor- gegangen ist, darüber berichtet sehr anschaulich die Gruppe »Marca brandenburgensis anno domini 1260«. In einem »Doppeltopf-Verfahren« wird Holzteer durch starkes Erhitzen von harzhaltigem Holz unter Luftabschluss durch die sog. »Trockene Destillation« bzw. Pyrolyse gewonnen. Hierzu wird in einem oberen Keramiktopf die Birkenrinde sehr dicht gepackt. Dieser Topf hat ein Loch im Topfboden, so dass die beim Brennvorgang entstehenden Teerdämpfe in einem darunter stehenden Auffanggefäß kondensieren können. Der obere Topf wird luftdicht mit feuchtem Lehm bedeckt, der erstens den Keramiktopf beim Brennvorgang vor dem Zerspringen schützt, und zweitens bewirkt, dass Luft weder eindringen noch austreten kann, so dass die Pyrolyse der Teerdämpfe unter Sauerstoffabschluss erfolgt. Nachdem die Lehmschicht getrocknet ist, werden die beiden Töpfe in einer Brenngrube versenkt und der obere Topf mit dem harzhaltigen Material durch ein Holzfeuer erhitzt. Im unteren Topf sammelt sich dann die ölige Teermasse. Holzteer wurde für zahlreiche Anwendungen verwendet, so z. B. als Klebstoff, Dichtungs- und Imprägnierungsmittel, als Farbstoff oder als Rohstoff für zahlreiche weitere Verwendungsmöglichkeiten.
Mit historischen Klebstoffen befasst sich sehr intensiv auch der 2020 gegründete Lehrstuhl »Biogene Polymere« unter der Leitung von Prof. Cordt Zollfrank der Technischen Universität München (Biogene Polymere – BGP – TUM Campus Straubing). »Der Heißklebstoff Birkenpech« »... ist genauso gut oder sogar besser als die derzeit am Markt verfügbaren Produkte«, urteilt Prof. Zollfrank (Doyle 2021).
Birkenrinde und ihre zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten
Abb. 2: Korb aus Birkenrinde (© chamillew / Adobe Stock)
Abb. 3: Schuhe aus Birkenrinde (© Vasily Merkushev / Adobe Stock)
Literatur
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