Baum des Jahres 2023
Die Moorbirke (Betula pubescens)

Baumstamm mit weiß aufreißender RindeZoombild vorhanden

Weiße Rinde der Moorbirke (© J. Stiegler, LWF)

Die Moorbirke (Betula pubescens), regional auch Haar- oder Besenbirke genannt, ist als typische Pionierbaumart darauf spezialisiert, neu entstandene Lebensräume zu erobern. Grundsätzlich auf sonnige Standorte angewiesen kann sie aber auch starke Fröste bis zu Temperaturen von minus 40 Grad Celsius tolerieren. Auch zeitweise Überflutungen erträgt sie gut und mit ihrem Herzwurzelsystem trotzt sie starken Winden. Sie ist in Mittel- und Nordeuropa, Russland und Asien verbreitet und gilt als nördlichster Baum Europas.

Es lohnt sich, die beiden heimischen Birkenarten getrennt zu betrachten, um ihre Standortspotenziale zu verstehen und nutzen zu können. Die Moorbirke ist eine heimische Baumart, die mehr kann, als man ihr zuweilen als Pionierbaumart zutraut. So ist beispielsweise bei fachgerechter Astung die Erzeugung von Schnitt- oder sogar Wertholz durchaus möglich.

Systematik

OrdnungFagales = Buchenartige
FamilieBetulaceae = Birkengewächse
UnterfamilieBetuloideae
GattungBetula = Birken
ArtBetulus pubescens = Moorbirke

Standort

Die Moorbirke kommt auf sauren, feuchten Böden mit geringer Nährstoffversorgung ebenso wie auf mineralischen Feuchtstandorten sehr gut zurecht. Kalkreiche Standorte meidet sie, in kalkreichen Regionen ist sie auf Moore beschränkt. Sie ist noch anspruchsloser als die Sand- oder Hänge-Birke (Betula pendula), die sich ebenfalls als Pionier auf trockeneren Flächen ausbreitet.

Vorkommen

Saftiges Gras mit vereinzelten Birken und KiefernZoombild vorhanden

Moorbirken-Kiefernmoor (© P. Gilbert)

Der Moorbirke gelang es nach der Eiszeit, von Mitteleuropa bis weit nach Norden und in alpine Regionen vorzudringen. In ihrer subarktischen Heimat ist sie auf Moorstandorten, aber auch in der Taiga und Baumtundra eine wichtige Waldbaumart. Im Norden bildet sie als reiner Birkenwaldgürtel die subarktische Baumgrenze.

Typische Lebensräume in Deutschland sind Moor- und Bruchwälder und bestimmte Sumpf- und Auwaldtypen. Außerdem findet man die Moorbirke am Rand von Blockhalden und im Gebirge nahe der Baumgrenze.

Erscheinungsbild

hellgrüne, gezahnte Blätter an einem behaarten TriebZoombild vorhanden

Die jungen Triebe der Moorbirke sind anfangs behaart, die Blätter leicht gesägt (© K. Stangl)

Die Moorbirke kann bis zu 120 Jahre alt und im Flachland bis zu 30 Meter hoch werden. In der Nähe der Baumgrenze wächst sie als niedriger Strauch. Im Unterschied zur Sandbirke ist die glatte Borke bei der Moorbirke anfangs dunkel rötlich-braun gefärbt und wird erst mit zunehmendem Alter heller und schließlich gräulich-weiß.

Ihre jungen, rotbraunen Triebe sind im Gegensatz zu denen der Sandbirke mit Härchen besetzt, die sie später wieder verliert. Junge Laubblätter von Betula pubescens duften aromatisch und sind ebenfalls - besonders entlang der Blattadern - flaumig behaart. Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Moorbirke kann bei Temperaturen unter minus 40 Grad die in den Zweigen enthaltene Stärke in Öl umwandeln. Die hierbei entstehende Wärme schützt sie vor dem Erfrieren.

Waldbauliche Verwendung

Birkenarten eignen sich in der modernen Forstwirtschaft hervorragend als sogenannter Vorwald auf größeren Kahlflächen, beispielsweise nach Stürmen oder Borkenkäferschäden. Sind die Birken einige Jahre alt, bieten sie den nachfolgenden Baumarten Schutz gegen Frost oder Wind und verhindern eine zu starke Vergrasung des Waldbodens.

Da die sehr leichten Birkensamen mit dem Wind weit verbreitet werden und ein einzelner Baum pro Jahr bis zu 16 Millionen Samen produzieren kann, werden Freiflächen oft rasch besiedelt. Auf Moorböden sind Moorbirken nicht nur Pioniere, sondern bilden dauerhaft eine natürliche Waldgesellschaft. Auf anmoorigen oder sumpfigen Standorten ist die Moorbirke eine mögliche Alternative zur Schwarzerle, wenn diese an Phytophtora erkrankt.

Flora und Fauna

BirkhuhnZoombild vorhanden

Birkhuhn (© L. Hlasek)

Zahlreiche Arten kommen an Birken und in Birkenwäldern vor, darunter zwei nach ihr benannte Arten mit Natura-2000-Schutz-Status: die Birkenmaus und das Birkhuhn. Beide Arten profitieren von mageren Standorten mit einem Wechsel von offenen Bereichen und Moorbirken-Pionierbewuchs.

Unter den xylobionten und phytophagen Käfern hat die Moorbirke viele und auch einige spezialisierte Liebhaber. Bevorzugt und zum Teil ausschließlich an Moorbirken leben außerdem viele Blatt- und Rüsselkäfer, sowie Zikaden, Wanzen, Pflanzenwespen und Schmetterlinge. Ferner kommt eine ganze Reihe von Pilzen besonders an Birken in Hochmooren vor.

Verwendung

Das Birkenholz ist fast weiß und ohne Maserung. Es lässt sich sehr gut glätten und eignet sich gut für den Möbelbau. Da es wenig resistent gegen Witterungseinflüsse ist, kann es nur im Innenbereich eingesetzt werden. Das Holz aller Birken ist auch ein beliebtes Brennholz. Insbesondere bei Sichtkaminen ist es sehr beliebt.
Das aromatische Birken-Öl, das aus Rinde und Teilen des Stammes gewonnen wird, wird teilweise bei der Verarbeitung von Leder verwendet. Moorbirkenblätter werden seit jeher in der Volksmedizin verwendet. Wegen ihrer salz- und wasserausscheidenden Wirkung wird Tee aus Moorbirke bei Nieren- und Harnwegsbeschwerden, aber auch Gicht und Rheumabeschwerden verwendet. Haarwässer aus Extrakten der Birkenblätter sollen gegen Haarausfall und Schuppenbildung wirken. Das als Birkenpech bezeichnete Extrakt der Rinde wurde schon in der Steinzeit als Hochleistungs-Klebstoff verwendet und interessiert auch heute wieder die Materialforschung.

Gefährdungen

Die Moorbirke hat praktisch keine natürlichen Schädlinge, die bestandsbedrohend werden können. Im Gegensatz zur Sandbirke ist sie stärker verbissgefährdet. Grund dafür sind vermutlich die weicheren Triebe und möglicherweise auch andere Inhaltsstoffe der Knospen und Triebe. Im Nationalpark Harz wird sie als Weiserpflanze in Bezug auf den Wildverbiss verwendet. Wichtiger Gefährdungsfaktor auf Feuchtstandorten ist eine fehlende Wertschätzung für ihre natürlichen Vorkommen, ihre Leistungen für die Biodiversität und ihr forstliches Potenzial. Deswegen wird sie öfter nicht gefördert, sondern gezielt entnommen.