Ottmar Ruppert und Wolfram Rothkegel
Die Saat im Wald – wieder entdeckt – LWF aktuell 116
»Die Lebenskraft eines Zeitalters liegt nicht in seiner Ernte, sondern in seiner Aussaat.« Dieser Satz von Carl Ludwig Börne (1786– 1837) trifft auch und vor allem für die Begründung von Wäldern zu. Wälder neu durch Saaten zu begründen ist ein Aspekt nachhaltiger Forstwirtschaft, über viele Jahrhunderte von Forstleuten ausgeübt, zuletzt fast vergessen und heute wieder aktuell.
Die Saat ist der Forstwirtschaft seit sehr langer Zeit als eine wichtige Methode der Waldbegründung bei Wieder- bzw. Erstaufforstung bekannt und steht auch am Anfang der forstlichen Nachhaltigkeitsüberlegungen. Schon 1368 beschrieb der Nürnberger Patrizier Peter Stromer diese Methode und setzte sie im Reichswald mit Kiefernsaaten um. Saaten sind in vieler Hinsicht günstig zu beurteilen.
Die Saat – von Natur aus gut, aber auch mit Risiken behaftet
Abb. 1: Saatgut (Foto: O. Ruppert)
Neben den zahlreichen Chancen und Vorteilen sind jedoch auch die Risiken zu sehen. Bedingt durch das in der Regel nicht im Überfluss vorhandene Saatgut ist die Saat im Vergleich zu den Prozessen der Naturverjüngung ein einmaliger Vorgang mit einer zeitlich eher kurzen Wirkung. Die Natur arbeitet mit großen Samenmengen und streut diese kontinuierlich über lange Zeiträume hinweg, den Erfolg dadurch sichernd. Bei der künstlich ausgebrachten Saat muss dies dagegen innerhalb eines kurzen Zeitraums gelingen.
Dabei stehen neben Fraßschäden durch Wild, Kleinsäuger, Vögel, Schnecken und Insekten vor allem Witterungsereignisse mit ihren Auswirkungen dem Erfolg entgegen. Frost zur falschen Zeit, hohe Feuchtigkeit oder Nässe mit Pilzerkrankungen, Trockenperioden oder Wärmephasen sowie sehr hohe Tagestemperaturen führen sehr schnell zum Misserfolg.
Diese Risiken sind wenig beeinflussbar, aber zu kalkulieren. Andere Risiken, die seitens der vorgegebenen waldbaulichen Situation oder Lage der Waldbestände zu beurteilen sind, können eher berücksichtigt werden und bei guter Einschätzung den Erfolg von Saaten nicht verhindern.
Saatgutvorbereitung
Eine unmittelbare Ausbringung hat die Vorteile, dass die natürlichen Abläufe wie Nachreifen, Abbau der Keimhemmung und angepasstes Keimen möglich werden. Verbunden damit sind jedoch die Nachteile, dass Fressfeinde, Witterungsextreme oder Schädlinge die Samenmenge verringern bzw. die Keimfähigkeit reduzieren. Wenn man das Saatgut nicht sofort nach der Ernte ausbringen kann, muss es nachbehandelt (stratifiziert) und eingelagert werden. Auch die Einlagerung birgt Gefahren oder Nachteile für das Saatgut, weil hierbei ebenfalls die Keimkraft leidet, bei fehlerhafter Einlagerung und Behandlung auch komplett verloren gehen kann.
Klengbetriebe und fachkundige Baumschulen als Spezialisten auf diesem Gebiet bieten hier eine gute Gewähr für den richtigen Umgang bzw. den Bezug von qualitativ hochwertigem und aussaatfertigem Forstsaatgut.
Bestandsauswahl
Standortverhältnisse
Klimaentwicklung und Witterung
Bodenbewuchs
Verfahren | Baumarten | Bemerkungen |
---|---|---|
Handsaaten | alle Baumarten | arbeitsintensiv und kostenintensiv Sonderfälle: steil, steinig, blocküberlagert, Klein(st)flächen |
Pferdesaaten | Weißtanne, Buche, Ahorn, Eiche, Lärche, Kiefer, Douglasie | flächiger Einsatz sinnvoll, sehr flexibel im Bestand. z.T. Schlagabraumbehandlung |
Maschinensaaten | Eiche, Buche, Ahorn, Birke, Weißtanne, Douglasie | flächiger Einsatz sinnvoll, geräumte Flächen, 20% Hangneigung |
Fräsen | Eiche, Buche, Ahorn, (Weißtanne, Borke, Kiefer) | geringe organische Auflagen; Fräsmaterial gut setzen lassen! |
Grubbern | Weißtanne, Kiefer, Eiche | Humusauflage geringmächtig |
Mulchen | Eiche, Buche, Ahorn, Kiefer | vor allem in Beerkrautbeständen, Durchmischung von Rohhumus und Mineralboden; Fräsmaterial gut setzen lassen! |
Scheibenpflug | Eiche, Weißtanne, Buche, Birke, Kiefer, Douglasie | flächiger Einsatz, Maschinenbefahrbarkeit |
Der Altbestand und sein Risiko
Abb. 2: Die Bestandessituation zeigt die Grenzen für eine Freisaat mit Schattbaumarten auf. (Foto: O. Ruppert)
Als zusätzliche Rahmenbedingungen sind Untersonnung und Verhagerung (zu lichte oder südexponierte Waldränder) als Risikofaktoren vor allem für Schattbaumarten zu beachten. Die Erfolgschancen für die Lichtbaumarten Eiche und Kiefer sind davon weniger betroffen.
Belichtungsverhältnisse
Bodenbearbeitung und Saattechnik
Verfahren | Kosten/ha (ohne Saatgut) [€] |
---|---|
Handverfahren | 800-4.000 |
Pferdesaat | 800-1.500 |
Kleinschlepper + Saatgerät | 600-1.000 |
Scheibenpflug | 600-2.000 |
Fräsen | 600-2.000 |
Mulcher | 600-2.000 |
Grubber | 600-2.000 |
Eichelsämaschine | 400-2.000 |
Häckselmesser/Terracut | 800-1.200 |
Kleinbagger | 400-2.000 |
Humusbehandlung – Freilegen des Mineralbodens
Mit diesen Geräten werden Humusanteile entfernt und der Mineralboden freigelegt. Es können auch Mischungen aus Humus und Mineralboden als Keimbett erzeugt werden. Sollen größere Flächen vorbereitet werden, ist der Einsatz von Grubbern, Scheibeneggen oder leichten Pflügen sinnvoll. Diese können von Pferden sowie kleinen oder mittleren jedoch wendigen Schleppern gezogen werden.
Behandlung mit tiefergehendem Eingriff in den Mineralboden
Dies lässt sich durch verschiedene Verfahren und Herangehensweisen verhindern. Eine sichere Methode ist die zeitliche Trennung der Verfahren. Das bedeutet, dass sich nach dem Mulchen oder Fräsen das Fräsgut über einen Zeitraum von 3 bis 5 Monaten setzen kann. Danach kann kontrolliert eingesät werden. Es gibt auch Säaggregate, die über die Möglichkeit verfügen, das Fräs- bzw. Mulchgut zu verdichten, darauf das Saatgut abzulegen und standardisiert mit Bodensubstrat abzudecken (Abbildung 3). Fräsrillen oder schmale Streifen können sich bei starker Vernässung oder hoher Luftfeuchtigkeit ungünstig auf das Saatgut oder den Keimling auswirken. Zwar verträgt beispielsweise die Stieleiche eine Vernässung in der Rille über kurze Zeit gut und kann evtl. sogar die gute Wasserversorgung nutzen, die Weißtanne wird bei gleichen Bedingungen jedoch schnell geschädigt und stirbt ab (vgl. Abbildung 4 und 5).
Meist werden für diese Verfahren kleine oder mittelgroße Schlepper mit entsprechenden Anbaugeräten eingesetzt. Auf kleineren Flächen kann die Bodenbearbeitung für die Saaten aber auch gut mit Einachsfräsen bzw. motorgetriebenen Handgeräten durchgeführt werden. Gute Saaterfolge zeigten sich ebenfalls bei Versuchen, die organische Auflage mittels Kleinbagger abzuziehen. Dieses Verfahren ist jedoch aufgrund der geringen Arbeitsgeschwindigkeit auf großen Flächen eher kostenaufwändig.
Saattechnik und Saatmengen
Abb. 6: Erfolgreiche Rotbuchensaat bei günstigen Bestandes- und Oberbodenbedingungen (Foto: O. Ruppert)
Großflächige Saaten oder Saaten mit hohem Saatmengeneinsatz werden in der Regel pferde- oder maschinenunterstützt ausgebracht. Wichtig ist bei allen Verfahren die gezielte und dosierte Ablage unter Beachtung der kontrollierten Ablagetiefe. Ziel ist es, das Saatgut gleichmäßig über die Rille oder bei Streifen über die Fläche zu verteilen und nicht zu tief in den Boden einzuarbeiten bzw. zu überdecken. In den meisten Fällen (v.a. bei kleinfrüchtigen Samen) ist eine gesonderte Einarbeitung oder Abdeckung nicht notwendig, andrücken ist hier ausreichend.
Nur wenn Vögel oder Mäuse als Fressfeinde im größeren Umfang vorhanden sind, empfiehlt es sich, das Saatgut abzudecken. Bei den Abdeckungen sollte es nicht zu verkrustenden Bodenoberflächen kommen, welche die Keimkraft der Sämlinge überfordern könnten. Bei der Menge des auszubringenden Saatguts sollte man in der Regel nicht sparen und eher an die obere Grenze der genannten Rahmenwerte (Abbildung 6) gehen, da man hierdurch eine gewisse Sicherheitsreserve schafft.
Bei zahlreichem Auflaufen kann sich in den Folgejahren die Chance der Wildlingsgewinnung bieten. Hierdurch besteht die Möglichkeit, weitere Flächen zu begründen oder Ausfallstellen zu ergänzen.
Baumart | Saatgutmenge [kg/ha] | Saatgutkosten [€/kg] | Saatgutkosten [€/ha] |
---|---|---|---|
Eiche | 300-800 | 1-8 | 300-2.400 |
Buche | 30-100 | 25-45 | 750-3.000 |
Weißtanne | 10-20 | 90-130 | 900-2.400 |
Birke | 0,5-4 | 80-120 | 40-200 |
Berg-, Spitzahorn | 3-5 | 60-90 | 200-400 |
Kiefer | 2-3 | 450-700 | 900-2.000 |
Douglasie | 0,5-2 | 700-1.300 | 500-2.500 |
Lärche | 0,5-2 | 450-700 | 300-1.200 |
Esskastanie | 75-150 | 7-11 | 500-1.500 |
Saatzeitpunkt
Aussaat | Baumart | Begründung |
---|---|---|
Frühjahr | Buche | Fressfeinde Stratifizierung ermöglicht gute Auflaufergebnisse |
Kiefer | Fressfeinde (Herbst/Winter) | |
Lärche | Fressfeinde (Herbst/Winter) | |
Douglasie | Fressfeinde (Herbst/Winter) | |
Eiche | nur bei guter Lagermöglichkeit und thermotherapiertem Saatgut | |
Weißtanne | mit eingelagertem und stratifiziertem Saatgut | |
Herbst | Weißtanne | frisches Saatgut unmittelbar nach der Ernte und Nachreife und eingelagertes Saatgut |
Eiche | unmittelbar nach Ernte | |
Buche | nur wenn ausreichend Saatgut vorhanden | |
Esche, Berg-, Spitzahorn |
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Autoren
- Ottmar Ruppert
- Wolfram Rothkegel