Stefan Tretter
Wege zum Mischwald - Eine forstliche Generationenaufgabe - LWF aktuell 113

Mischwälder haben für Menschen und Umwelt ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Vorzüge. Je nach waldbaulicher Ausgangssituation bieten sich verschiedene Wege zum Mischwald an.

Mischwälder bieten zahlreiche Vorteile. Schon die Vorreiter einer naturnahen Forstwirtschaft wie Karl Gayer (1822–1907), Karl Rebel (1863–1939) oder Alfred Möller (1860–1922) setzten sich daher für die verstärkte Begründung von Mischwäldern ein. So stellte Gayer bereits 1886 in seinem grundlegenden Werk »Der gemischte Wald« neben den ökonomischen auch die ökologischen Vorteile des Mischwaldes in den Vordergrund.

In Bayern wurde in den 1970er Jahren der forstpolitische Rahmen für Förderung von Mischwäldern geschaffen. So enthält das Waldgesetz für Bayern von 1974 das Ziel, standortsgemäße und naturnahe Wälder zu bewahren oder wiederherzustellen. Hinzu kamen verstärkte Anstrengungen für angepasste Schalenwildbestände.

Unsere Wälder verändern sich

Man sieht einen Bergmischwald, der in hellgraue Nebelschwaden gehüllt istZoombild vorhanden

Abb.1: Bergmischwald im Höllental bei Garmisch (Foto: S. Tretter, LWF)

Wer mit offenen Augen durch Bayerns Waldlandschaften geht, sieht, dass die veränderten Weichenstellungen Wirkung zeigen und sich das Erscheinungsbild unserer Wälder langsam, aber stetig verändert. Vielerorts geht der Anteil von Reinbeständen aus Fichte und Kiefer zurück. Gemischte Bestände aus Nadel- und Laubbäumen prägen zunehmend die Hauptbestockung und die Verjüngung. Dies belegen die Zahlen der Bundeswaldinventuren.

Besonders eindrucksvoll stellt sich die Entwicklung des Laubholzanteils in Bayern in den letzten 40 Jahren dar. Dieser ist kontinuierlich von damals 22 % auf heute 36 % angestiegen: angesichts der langen Produktionszeiten in der Forstwirtschaft eine beachtenswerte Leistung der Waldbesitzer und Forstleute. Trotz des gestiegenen Laubholzanteiles gibt es in Bayern weiterhin einen hohen Waldumbaubedarf.

Mit waldbaulicher Förderung und speziellen Maßnahmenpaketen wie der Bergwaldoffensive oder der Initiative Zukunftswald unterstützt die Bayerische Forstverwaltung dabei die Waldbesitzer. Gleichzeitig finden sich bei angepassten Wildständen und entsprechendem waldbaulichem Vorgehen zunehmend Flächen, auf denen die Naturverjüngung des Laubholzes, insbesondere der Buche, das waldbauliche Geschehen bestimmt. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Strategien, die eingeschlagen werden müssen, wenn man dem Ziel gemischter Bestände aus Laub- und Nadelholz näher kommen will.

Mehrwert durch Mischung

Mischwälder haben wirtschaftliche, ökologische und gesamtgesellschaftliche Vorteile. Bereits die frühen Protagonisten des Mischwaldes erkannten, dass diese ein deutlich geringeres Risiko gegenüber Schäden durch Insekten, Pilze, aber auch Windwurf und Schneedruck haben. Auch die Vorteile von Mischwäldern bei Nachfrageveränderung am Holzmarkt wurden bereits früh herausgestellt. Aktuelle Studien zeigen, dass sich diese Vorteile auch betriebswirtschaftlich belegen lassen. So zeigt Knoke (2007), dass sich mit einem Bestand aus 40 Prozent Buche und 60 Prozent Fichte größere Erträge als mit einem reinen Fichtenbestand erzielen lassen.

Mehr Wachstum

Zugleich führen Mischbestände zu einer insgesamt erhöhten Produktivität gegenüber Reinbeständen aus den jeweiligen Baumarten. So konnten Pretzsch et al. (2010) für Mischbestände aus Fichte und Buche ein erhöhtes Wachstum gegenüber Reinbeständen nachweisen. Dabei scheint die Wirkung der Mischung standortsabhängig zu sein: Während auf ärmeren Standorten eine Buchenbeimischung das Wachstum der Fichte verstärkte, erhöht umgekehrt auf besseren Standorten eine Fichtenbeimischung das Wachstum der Buche. Zum Wachstum von Mischbeständen siehe auch die Beiträge von Wellhausen und Pretzsch (Kiefer/Fichte) und Thurm et al. (Buche/Douglasie) in diesem Heft.

Mehr Stabilität und Nährstoffe

Als Ursache für diese Wachstumssteigerungen werden insbesondere ökologische Gründe angesehen. So durchwurzeln Mischwälder aufgrund der unterschiedlichen Wurzelsysteme der einzelnen Baumarten den Boden intensiver als Reinbestände. Dies führt zum einen zu einer erhöhten Stabilität gegenüber Windwurf und Schneebruch. Zum anderen verbessert dies die Nutzung des Angebots an Nährstoffen und Wasser im Boden.

Tiefwurzelnde Baumarten erschließen Nährstoffe aus tieferen Bodenschichten und können sie über den Streufall in den Nährstoffkreislauf zurückführen. Da sich zugleich die Streu von Laubbaumarten und Tanne deutlich besser zersetzt als diejenige von Fichte und Kiefer, weisen Mischbestände mit Beteiligung von Laubbäumen und Tanne in der Regel günstigere Humusformen auf als Nadelholzreinbestände, mit positiven Auswirkungen auf die Nährstoffversorgung aller Baumarten.

Mehr für Mensch und Natur

Blick in einen Fichten-Tannen und Buchenbestand mit üpiger Vegetation am Boden.Zoombild vorhanden

Abb.2: Fichten-Tannen-Buchenbestand (Foto: S. Tretter, LWF)

Schließlich haben Mischwälder auch gesellschaftlich relevante Vorteile. So verbessern sie die Trinkwasserqualität und erhöhen den Schutz vor Hochwasser- und Naturgefahren, letzteres ist vor allem im alpinen Bereich von hoher Bedeutung. Auch sind naturnah bewirtschaftete, gemischte Wälder naturschutzfachlich wertvoller als nicht standortsgemäße Reinbestände.

Und nicht zuletzt werden Mischwälder von Waldbesuchern als deutlich attraktiver empfunden. Neue Trends im Bereich Wald und Gesundheit wie das Shinrin-Yoku (»Baden« in der Waldluft) zeigen, dass gemischte, naturnahe Wälder von der Gesellschaft als Ausgleich zu einem zunehmend urbanisierten und digitalisierten Leben immer mehr geschätzt werden.

Zukunftsmodell Mischwald

4 Kuchendiagramme, in denen die Flächenanteile von Laub- und Nadelwald aufgetragen sind. Zoombild vorhanden

Abb.3: Der Laubwaldanteil in Bayern ist stetig angestiegen. (Grafik: Bundeswaldinventur, LWF 2014)

Darüber hinaus spielen Mischwälder auch bei einem weiteren gesellschaftlichen Megathema eine wichtige Rolle: dem Klimawandel. Dieser erhöht die Unsicherheiten und Risiken bei der Waldbewirtschaftung. Mittlerweile können wir die erwarteten Veränderungen durch den Klimawandel nicht nur global, sondern auch regional mit hoher Detailschärfe modellieren. Auch für die Eignung unserer Baumarten unter künftigen Klimabedingungen konnten wir in den letzten Jahren differenzierte Instrumente zur Beratung der Waldbesitzer entwickeln.

Ein Beispiel hierfür ist das Bayerische Standortinformationssystem BaSIS (Taeger und Kölling 2016), das eine standortsspezifische Risikoeinschätzung für 21 Baumarten ermöglicht. Dennoch bleibt hinsichtlich der tatsächlichen Klimaveränderungen und der Reaktionen der Baumarten darauf eine gewisse Restunsicherheit. Wie ein risikobewusster Geldanleger niemals alles auf eine Karte setzt, sollte auch ein Waldbesitzer bei der Begründung und Pflege seines Waldes nach dem Prinzip der Risikostreuung (Diversifizierung) vorgehen. Denn gemischte Bestände können klimabedingte Ausfälle von Bäumen durch Trockenheit, Sturm oder Schädlinge besser abpuffern.

Neben der Mischung (horizontale Diversifizierung) ist vor allem die Schaffung ungleichaltriger, gestufter Wälder mit ausreichend Vorausverjüngung (vertikale Diversifizierung) ein wichtiges Element der Risikostreuung. Dies war bereits früheren Forstleuten bewusst. So schreibt Gayer (1886, S. 6) unter Bezug auf den damaligen Trend, Laubholz- und Mischwälder in Fichten oder Kiefernbestände zu überführen: »Wer seinen Spieleinsatz auf eine einzige Karte stellt, überlässt sich dem zweifelhaften Glücke des Zufalls, er spielt bekanntlich Hasard.« Keine neue Erkenntnis also, aber unter den Aspekten des Klimawandels von neuer Aktualität.

Wege zum Mischwald

Um Mischbestände zu schaffen, bieten sich je nach Bestandesalter und waldbaulicher Ausgangssituation vielfältige Möglichkeiten. Die größte Bedeutung hat dabei der Voranbau schattentoleranter Baumarten wie Buche und Tanne in Nadelholzbeständen. Neben der gruppenweisen Einbringung durch Pflanzung gewinnt hier in den letzten Jahren zunehmend auch die Saat an Bedeutung.

Der Vorteil ist dabei insbesondere die gegenüber der Pflanzung deutlich bessere Wurzelausbildung. Allerdings erfordert die Saat eine sehr genaue und kritische waldbauliche Beurteilung des Waldzustandes und entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen.

Häufig steht der Waldbewirtschafter auch vor der Situation, dass sich in einem Verjüngungsbestand bereits üppige und dichte Fichtennaturverjüngung eingestellt hat. Hier sind die Möglichkeiten für die aktive Einbringung von Mischbaumarten nur mehr gering und beschränken sich auf das Auspflanzen eventuell vorhandener Fehlstellen mit geeigneten Baumarten, zum Beispiel Edellaubholz. Um hohen Pflegeaufwand zu vermeiden, ist dies in der Regel nur erfolgreich, wenn die Fehlstellen mindestens Trupp- bis Gruppengröße aufweisen.

Genaues Hinsehen lohnt sich

Fichtenwald, mit üppiger NaturverjüngungZoombild vorhanden

Abb.4: Auch in dichten Fichtennaturverjüngungen lassen sich häufig einzelne Mischbaumarten finden und fördern. (Foto: W. Rothkegel, LWF)

Allerdings sind selbst in dichten Fichtennaturverjüngungen durchaus einzelne Mischbaumarten wie Buche, Eiche und Tanne zu finden. Diese sollten – soweit es die Wuchsverhältnisse zulassen – im Zuge einer Jungwuchspflege, die ohnehin zur Stabilisierung einer dichten Fichtennaturverjüngung zu empfehlen ist, in jedem Falle gefördert werden. Zum besseren Wiederauffinden empfiehlt sich, die Pflanzen mit Stäben zu markieren.

Weitaus häufiger ist die Situation, dass sich ausschließlich Weichlaubholz wie Birke, Vogelbeere, Aspe und Salweide als Mischbaumarten in Fichtennaturverjüngungen finden. Dieses sollte nicht vollständig im Zuge einer Pflege entnommen werden. Denn bereits in geringer Beimischung können diese Baumarten durch ihren Laubfall den Humuszustand verbessern und zur ökologischen Stabilisierung des Bestandes beitragen.

Zugleich können insbesondere Birke und Vogelbeere frühzeitig durch positive Pflege gefördert werden, denn durch ihr rasches Jugendwachstum können sie so in wenigen Jahrzehnten erntereif sein. Auch im Zuge der Erstdurchforstung von Fichtenbeständen lohnt sich ein genauer Blick: Denn auch hier kann sich einzeln beigemischtes Laubholz oder die Tanne finden.

Dieses ist jedoch häufig von der Fichte überwachsen und weist kleine Kronen und ein sehr ungünstiges hd-Verhältnis auf. Hier müssen beim Laubholz aus Gründen der Stabilität die Eingriffe zunächst sehr vorsichtig geführt werden, um Schäden durch Schneedruck zu vermeiden. Und auch hier lohnt es sich – vor allem wenn keine anderen Mischbaumarten vorhanden sind – auch Weichlaubholz nicht generell zu entnehmen, sondern gut geformte und vitale Exemplare gezielt zu fördern.

Gezieltes Licht für alle

Auch Laubholzbestände aus einer Baumart weisen höhere Betriebsrisiken zum Beispiel gegenüber Schädlingsbefall oder Klimaänderungen auf. Deshalb müssen bei der natürlichen Verjüngung von Misch- und Laubholzbeständen die jeweiligen lichtökologischen Erfordernisse der zu verjüngenden Baumarten berücksichtigt werden, um in der nächsten Waldgeneration ausreichend Mischung zu erzielen. Gerade die Buche hat bei angepassten Wildständen und langfristiger, schirmschlagartiger Verjüngung auf geeigneten Standorten ein erhebliches Naturverjüngungspotenzial.

Dies kann dazu führen, dass erwünschte und in den Altbeständen vorhandene Mischbaumarten im Zuge der Verjüngung von der Buche verdrängt werden. Dies trifft nicht nur für Edellaubholz oder Eiche zu. Auch die Fichte kann so in der Verjüngung an Fläche verlieren und das unter Umständen in einem höheren Maß, als dies aufgrund ihres Klimarisikos notwendig wäre. Statt schirmschlagartigem Arbeiten auf der gesamten Bestandesfläche sollte daher räumlich differenziert betont femelartig gearbeitet werden, um lichtbedürftigere Baumarten zu fördern. Auch gezielte Pflegeeingriffe unter Schirm können zur Sicherung der Mischbaumarten sinnvoll sein (Mages und Hollersbacher 2016).

Mischung auch mit Nadelholz

Fichten-KiefernwaldZoombild vorhanden

Abb.5: Nadelbäume wie Kiefer und Fichte werden auch in Zukunft ihern Platz in der naturnahen Forstwirtschaft haben: " Die Mischung macht's." (Foto: J. Böhm)

Angesichts der bundesweit steigenden Laubholzanteile wird in der Forst- und Holzwirtschaft zunehmend die Frage diskutiert, ob dem Holzmarkt in Zukunft ausreichend Nadelholz zur Verfügung steht. Diese Diskussion ist angesichts der Langfristigkeit forstbetrieblicher Entscheidungen richtig und wichtig. Und sie kann durch die regelmäßig stattfindenden Bundeswaldinventuren auf einer soliden Zahlenbasis geführt werden.

Angesichts des durch den Klimawandel steigenden Risikos sind Waldbesitzer gut beraten, ihr Risikopotenzial zu senken. Dies wird zu einer weiteren Reduzierung der Fichte führen. Im Gegenzug wird die Bedeutung von Nadelbaumarten wie Tanne und Douglasie zunehmen, lassen sich doch beide Baumarten gut in einen naturnahen Waldbau integrieren. Gerade bei der Douglasie geht es ausdrücklich darum, diese als bereichernde Mischbaumarten in einen naturnahen Waldbau zu integrieren (Brosinger und Baier 2008), nicht um einen großflächigen Anbau im Reinbestand.

Hierfür müssen nicht nur waldbaulich, sondern auch gesellschaftlich die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sein, um auch künftigen Generationen naturnahe und gemischte Wälder zu hinterlassen. Angepasste Wildstände gehören zu diesen Rahmenbedingungen genauso wie eine sachliche Diskussion um den Anbau nichtheimischer Baumarten.

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