Wolfgang Falk, Hans-Joachim Klemmt, Franz Binder und Birgit Reger
Die Winterlinde – Standort, Wachstum und waldbauliche Behandlung in Bayern - LWF-Wissen 78
Die Winterlinde ist eine Baumart, die kulturgeschichtlich bedeutend ist, jedoch mit einem Flächenanteil von weniger als 0,7% in Bayerns Wäldern forstlich eher eine untergeordnete Rolle spielt. Mit nachfolgendem Beitrag werden der Standort, das Wachstum und die waldbauliche Behandlung der Winterlinde in Bayern dargestellt. In Europa wächst die Winterlinde unter ganz unterschiedlichen Klimabedingungen. Sie zeigt hier bezüglich Boden und Klima eine große Flexibilität. Die Winterlinde hat im Vergleich zur Sommerlinde geringere Wärmeansprüche und bevorzugt frische bis mäßig trockene, basenreiche Böden. Ihr Wuchspotential ist beachtlich. Wertholz kann erzeugt werden. Im Zuge des Klimawandels sollte ihr ein größeres Augenmerk geschenkt werden.
Abbildung 1: Inventurpunkte der BWI 2012 mit Linde (Winterlinde und Sommerlinde werden gemäß Aufnahmeanweisung
zur BWI 2012 (BMELV 2011) nicht explizit unterschieden) in Bayern (Auswahl Winkelzählprobe mit Zählfaktor vier - WZP4)
Auch heute ist die Linde in Bayern wegen ihres seltenen Vorkommens unter den Edellaubbaumarten von eher untergeordneter Bedeutung. Beide Lindenarten nehmen nach den Ergebnissen der Bundeswaldinventur 2012 (BWI 2012) für das Bundesland Bayern nur einen Flächenanteil von lediglich 0,7% ein (Abbildung 1). Daher existieren nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen über diese Baumart, die sich im Wesentlichen mit den waldbaulichen und bodenkundlichen Eigenschaften sowie der Verbreitung und der vegetationsökologischen Stellung der Linden beschäftigen (Böckmann 1990).
Wenngleich Fehleinschätzungen bezüglich der Naturalentwicklung aufgrund der derzeit geringen Flächenbedeutung dieser Baumart eher von untergeordneter Bedeutung sein dürften, gilt es die Wachstumsgänge der Linde für bayerische Wuchsverhältnisse unter gegenwärtigen und zukünftigen Wuchsbedingungen zu analysieren. Nachfolgend wird hierzu – neben einer Literaturanalyse – die Auswertung von BWI-Daten dargestellt. Diese sind derzeit – neben den Inventurdaten aus dem Staatswald Bayerns – die einzige flächenrepräsentative Datengrundlage zu Linden in Bayern.
Ökologie und Standort
Der Anteil der Linden steigt in Europa von Südwesten nach Nordosten hin an (Ellenberg 1996). Die bei uns als Mischbaumart sommerwarmer Laub- oder Laub-Nadelmischwälder (Eichen-Hainbuchen-Wälder, Ahorn-Hangwälder, Eichen-Auwälder, Eichen-Kiefern- Wälder) von der Ebene bis zu den mittleren Gebirgslagen (Nord-Alpen bis 1.360m, Zentral-Alpen bis 1.500m ü. NN) vorkommende Winterlinde, gewinnt östlich der Verbreitungsgrenze der Buche deutlich an Bedeutung und hat ihr Hauptverbreitungsgebiet in den kontinental getönten Laubmischwaldgebieten Polens (z. B. Bialowies Nationalpark), des Baltikums oder der russischen Laubwaldzone. Dort können mitunter auch annähernd Reinbestände vorkommen (Schütt et al. 1992).
Die Verbreitung spiegelt die klimatische Nische der Art wider: Winterlinden gedeihen bei Jahresdurchschnittstemperaturen von minimal ca. 5 bis maximal 12 – 14°C und jährlichen Niederschlagssummen von 500 bis 1.500mm. Die Winterlinde hat geringere Wärmeansprüche als die Sommerlinde und ist dabei gleichzeitig weniger dürreempfindlich. Sie ist wesentlich frosthärter als die Sommerlinde (Ellenberg 1996), was durch ihre Verbreitung im kontinentalen Osteuropa belegt wird und kann Fröste bis – 34°C aushalten (Jensen 2003). Beide Arten sind aber spätfrostgefährdet, insbesondere die Sommerlinde durch ihr früheres Austreiben (Mayer 1980; Schütt et al. 1992).
Ellenberg (1996) unterscheidet die Lindenarten deutlich bezüglich Nährstoffe und Dürreempfindlichkeit: Die Sommerlinde bevorzugt reiche Böden und meidet trockene Standorte. Sie hat größere Ansprüche an Basen- und Nährstoffreichtum und ist entsprechend auf Karbonatstandorten zuhause (Mayer 1980). Die Winterlinde hingegen geht mit Nährstoffen und Wasser sparsamer um und ist deshalb weiter verbreitet. Sie hat die besten Entwicklungsmöglichkeiten insbesondere dort, wo die Buche in bodensauren Eichenmischwäldern fehlt.
In der Konkurrenz zur Buche weicht die Winterlinde bezüglich des Wasserangebots sowohl auf trockene als auch auf feuchte Standorte aus (Ellenberg 1996). Nach Fromm (2001) ist die Winterlinde weitgehend nur noch dort natürlich vertreten, wo die Buche aufgrund des Wasserhaushaltes in ihrer Konkurrenzkraft geschwächt ist, z. B. in der feuchten Hartholzaue oder auf den trockenen Standorten des Eichen-Hainbuchen-Waldes. Auf Pseudogleyböden begleitet die Winterlinde z. B. Stieleichenbestände (Dengler 1992a). Über die konkrete Verbreitung Anfang der 1990er Jahre in Bayern inklusive waldbauliche Strategien berichtet Schmidt (1991).
Das Standortsspektrum der Linden-Probebäume der BWI 2012 für Bayern ist in Tabelle 1 dargestellt. Während beim Nährstoff- und Wasserhaushalt ein breites Spektrum abgedeckt wird, ist das Wärmeangebot mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 6,9 bis 9,2°C auf einen engeren Bereich beschränkt. In Bayern bewegt sich nach Koss (1982) der Höhenrahmen der Winterlinden-Vorkommen zwischen 200 und 650m ü. NN (im Mittel bei 383m) und bestätigt damit die Auswertungen der BWI 2012.
Im Bayerischen Standortinformationssystem (Tabelle 2) wird die Winterlinde bezüglich Boden nach einer Einschätzung durch Standort-Experten als weniger empfindlich gegenüber Stauwasser und Überflutung sowie geringer Basenversorgung eingestuft als die Sommerlinde (Taeger et al. 2016).
Tabelle 1: Standortspektrum der Linden-Probebäume (WZP4) der BWI 2012 für Bayern.
Abbildung 2: Anbaurisikokarte 2000 (links) und 2100 (rechts) für die Winterlinde aus dem Bayerischen Standortinformationssystem BaSIS (Version 7/2015)
Die Analysen zeigen für Bayern derzeit ein gebietsweise geringes und sehr geringes Risiko (Abbildung 2). Standorte mit zu kaltem Klima wie die Hochlagen der Bayerischen Alpen und die östlichen Mittelgebirge scheiden für die Winterlinde als im Anbau zu risikoreich aus. Unter Annahme einer geringen Erwärmung von rund 2°C bis zum Ende des Jahrhunderts nehmen die Bereiche mit sehr hohem Anbaurisiko ab.
Für die Bereiche mit sehr geringem Anbaurisiko hingegen wird diese Bewertung strenger, das Risiko steigt nach dieser Auswertung eher an. Diese Einwertung muss allerdings stets durch eine Einschätzung vor Ort auf Anbauwürdigkeit und potenzielle Risiken kritisch hinterfragt und mit der Einschätzung zum Wachstum und damit zum potenziellen Ertrag überprüft werden.
Tabelle 2: Einfluss besonderer Standortfaktoren auf das Anbaurisiko von Winterlinde und Sommerlinde (Taeger et al. 2016).
Ertrag und Wachstum
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen untersuchte Böckmann (1990) das Wachstum der Winterlinde in Niedersachsen und Nordhessen in Reinbeständen und entwickelte die für Deutschland einzig existierenden Massen- und Ertragstafeln für diese Baumart. Er stellte für das Untersuchungsgebiet folgendes fest:
- Buche und Winterlinde haben eine unterschiedliche Höhenentwicklung. Die Winterlinde zeigt in der Jugend ein stärkeres Höhenwachstum als die Buche. Mit zunehmendem Alter vermindert sich ihr Wachstumsfortschritt,
während der der Buchen ansteigt. Bergahorn und Roteiche weisen entgegengesetzte Verläufe auf. In der Jugend haben sie ein stärkeres Höhenwachstum als die Linden, in höherem Alter liegen dagegen die Höhenkurven der Winterlinde über denen des Bergahorns sowie der Roteiche. - Die Winterlinde hat hinsichtlich des Vorrats eine deutlich andere Entwicklung als die Vergleichsbaumarten. Während die Vorratskurven der Winterlinde in der frühen Jugend die größten Steigungen aufweisen und mit zunehmendem Alter abflachen, ist der Wachstumsverlauf bei den anderen vier Baumarten entgegengesetzt. Die Tendenzen in der Vorratsentwicklung sind auch bei gleicher Höhe zu beobachten. […]
- Von den Vergleichsbaumarten liegt die Kulmination des laufenden und durchschnittlichen Volumenzuwachses bei den Lichtbaumarten Bergahorn und Roteiche sehr früh [...]. Ähnlich früh kulminieren auch die Zuwächse nach der erstellten »Winterlinden-Ertragstafel «. Die Buche erreicht nach den beiden Ertragstafeln das Maximum des laufenden und durchschnittlichen Zuwachses sehr spät und unterscheidet sich diesbezüglich deutlich von den übrigen Baumarten.
Im Mittel sind die Linden 71 Jahre alt, wobei für die älteste aufgenommene Linde ein Alter von 324 Jahren angegeben wird. Die Lebensspanne wird von Burschel und Huss (1997) mit größer 400 Jahre angegeben. Nach den Daten der BWI 2012 erreicht die Linde in Bayern eine maximale Höhe von 33,8m. Dies entspricht den Angaben in der wissenschaftlichen Literatur mit Höhen für die Winterlinde von 25 bis 35m (Schütt et al. 1992). Im Mittel liegt die Höhe der Linde in Bayern bei 21m.
Mittelwert | Min | Max | |
---|---|---|---|
Alter [Jahre] | 71 | 22 | 324 |
Durchmesser [cm] | 29,2 | 7,2 | 154,2 |
Höhe [m] | 21,0 | 7,8 | 33,8 |
Abbildung 3: Gemessene
Höhen der Linden über dem Alter in Bayern (Daten: BWI 2012). Die Höhenmesswerte
wurden in drei gleich große Wuchsklassen (unterdurchschnittliches,
durchschnittliches und
überdurchschnittliches relatives
Wachstum) eingeteilt.
In der Höhenentwicklung wird der Winterlinde ein vergleichsweise rasches Jugendwachstum zugeschrieben (Böckmann 1990), das je nach Bonität und Wuchsgebiet bis zum Alter 70 und darüber hinaus anhält (Götz und Wolf 2004). Nach Grosser und Teetz (1998) ist das Höhenwachstum mit 120 bis 180 Jahren abgeschlossen.
Die Linden-Probebäume der BWI 2012 erreichen in Bayern einen maximalen BHD von 154cm (Tabelle 3). Im Durchschnitt liegt der BHD bei 29cm. Für die Betrachtung der Zuwachsleistung wurde der relative Grundflächenzuwachs verwendet. Der relative Grundflächenzuwachs von 258 Linden wurde aus den BHD-Daten der BWI 2002 und der Wiederholungsmessung der BWI 2012 sowie den Zuwachstagen berechnet.
Abbildung 4: relativer Grundflächenzuwachs der Linde je Baumklasse nach Kraft (Baumklassen: 1 = vorherrschender Baum, 2 = herrschender Baum, 3 = gering mitherrschender Baum, 4 = beherrschter Baum, 0 = nicht Hauptbestand)
Ein hoher Zuwachs mit im Median 12,95mm² pro Zuwachstag findet sich bei vorherrschenden Linden der Baumklasse 1 (Abbildung 4). Neben der Baumklasse liefern das Alter der Linde, die nutzbare Feldkapazität, der Schluffanteil und die Grundfläche als Maß für das Standraumangebot an dem Inventurpunkt aussagekräftige Ergebnisse.
Mit dem Alter nehmen der Durchmesser und damit der relative Grundflächenzuwachs zu. Eine höhere nutzbare Feldkapazität und ein höherer Schluffanteil tragen zu einem erhöhten relativen Grundflächenzuwachs bei. Temperatur und Niederschlag liefern keine signifikanten Ergebnisse, da vermutlich die Temperatur- und Niederschlagsunterschiede in Bayern zu gering sind.
Kennzeichen und waldbauliche Behandlung
Die Winterlinde besitzt einige Eigenschaften, die von besonderer Bedeutung für ihre waldbauliche Verwendung und Charakterisierung sind. Diese sind zum Teil abhängig vom Standort. In der Literatur wird sie als Schatten ertragend beschrieben (Tabelle 4), je besser der Standort, desto mehr Schatten verträgt sie.
Dies trifft vor allem auf mittel- bis tiefgründigen, lockeren, neutralen bis basischen Böden mit einem ausgeglichenen Wasserhaushalt zu. Sie büßt diese Fähigkeit, Schatten zu ertragen, auf Standorten ein, die ihr weniger zusagen (Fromm 2001). Untersuchungen im Bialowies Nationalpark zeigen, dass Etablierung und langsames Wachstum auch im Schatten möglich ist (Pigott 1975 zitiert in Radoglou et al. 2009). Insbesondere für Keimlinge wird eine sehr hohe Schattentoleranz berichtet (Radoglou et al. 2009), die mit dem Alter abnimmt (Hemery et al. 2008).
Zunehmender Lichtgenuss führt zu einer positiven Wuchsreaktion (Radoglou et al. 2009). Die ziemlich sturmfeste Baumart (Mayer 1980) wird von Leibundgut (1982) und Schütt et al. (1992) als empfindlich gegen Spätfröste beschrieben. Nach CABI (2016) toleriert sie Frost (s. a. Tabelle 4). Nach Dengler (1992a) leidet sie sogar selten darunter, im Unterschied zur Buche (Tabelle 4).
Die Linde wird in der Jugend im Sommer gerne verbissen, Hinweise dazu finden sich regelmäßig in der Literatur (u. a. Koss 1982), auch wird sie zuverlässig gefegt, dafür wenig von Mäusen geschädigt. Gelegentlich wird sie von der Mistel befallen (CABI 2016). Ihre Laubstreu zersetzt sich sehr gut und wirkt bodenverbessernd (Dengler 1992a). Aufgrund dieser Eigenschaft, einer sich sehr schnell zersetzenden und mineralstoffreichen Streu, gehört sie zu den bodenpfleglichsten Baumarten (Fromm 2001).
Tabelle 4: Wichtige Eigenschaften für die Konkurrenzfähigkeit von Laubbaumarten (aus Conrad 2005)
Winterlinde kann sich sowohl vegetativ als auch generativ verjüngen. Die vegetative Reproduktionskraft der Linde ist durch die Bildung von Adventivknospen am Stock oder an den Wurzeln groß. Dabei ist Wurzelbrut weitaus seltener als die Bildung von Stockausschlägen (Lang 1982). »Die Winterlinde schlägt sicher aber grob aus« (Rebel 1922). Die Stockausschläge können sich zu kräftigen großen ansehnlichen Bäumen entwickeln (Lang 1982) bzw. bilden auch hochwertige Schäfte (OFD Augsburg 1983).
Das Stockausschlagverhalten entspricht dem der Hainbuche oder Hasel und ist deutlich besser als das der Eiche oder gar der Buche (aus Helfrich-Hau 2014). Die Ausschlagfähigkeit wurde in der Nieder- und Mittelwaldwirtschaft genutzt (Götz und Wolf 2004). Es ist eine Überlebensstrategie der Winterlinde und erlaubt ihr sich erfolgreich in Niederwäldern gegenüber Buche zu behaupten (De Jaegere et al. 2016).
Die generative Verjüngung fällt ihr im Vergleich zur vegetativen Verjüngung schwer. Obwohl sie reichlich fruktifiziert, ist ihr nur ein geringer Verjüngungserfolg vergönnt (Dengler 1992b). Dies bestätigen auch Untersuchungen von Mölder et al. (2009) in artenreichen Laubwäldern im Nationalpark Hainich. Trotz reichlich vertretener Linde in der Baumschicht fanden sich kaum Linden in der Verjüngung.
Vom Gegenteil berichtet Hocker (1979). Demnach kommt die Naturverjüngung leicht an, wenn der Altbestand einen gewissen Anteil an fruktifizierenden Altlinden enthält. Allerdings warnt er vor einem schnellen Auflichten des Altbestands, da die Naturverjüngung in der einsetzenden Bodenverwilderung verschwindet.
Fromm (2001) kommt nach Auswertung der Literatur zu dem Schluss: »Selbst unter günstigen klimatischen Bedingungen ist die Bildung viabler Nachkommen in Relation zu der Produktion von Blüten bei der Winterlinde gering. In kühlen Sommern ist oft ein kompletter Ausfall der sexuellen Reproduktion zu verzeichnen«. Windbestäubung spielt im Reproduktionssystem der Winterlinde nur eine untergeordnete Rolle.
Für die Verbreitung von Pollen über größere Entfernungen sind bei der Linde Insekten verantwortlich (Fromm 2001). Die Winterlinde wird daher meistens gepflanzt. Als zukünftig hauptständige Baumart wird sie in der Regel trupp-, gruppen- bis horstweise im Reihenverband eingebracht. Typische Sortimente sind 1 + 1 und 1 + 2, Größe 50 – 80cm bzw. 80 – 120cm (Bayerische Staatsforsten 2012; aid 2013). Gepflanzt werden auf der Freifläche zwischen 2.500 bis 3.300 Pflanzen/ha unter Schirm bis 3.000 Pflanzen/ha (aid 2013). Nach De Jaegere et al. (2016) sollte Winterlinde nicht auf die Freifläche gepflanzt werden, da die Jungpflanzen Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung brauchen. Allerdings berichten Don et al. (2007) über den Anwuchserfolg von Winterlinden auf einer Erstaufforstung. Demnach ließen sich Winterlindenbestände problemlos auf Freiflächen anlegen.
In Eichenkulturen werden in dienender Funktion 1.000 bis 2.000 Stk/ha Winterlinden im Nebenbestand eingebracht (Bayerische Staatsforsten 2012), um später die Wasserreiserbildung an der Eiche zu verhindern. Dabei wird in der Regel jede dritte Reihe der Eiche durch Winterlinde ersetzt (OFD Augsburg 1983). Sie kann gleichzeitig mit der Hauptkultur oder nach Durchforstung im Stangen- und Baumholz ab einem Alter von 30 bis 50 Jahren (De Jaegere et al. 2016) gepflanzt werden.
Die Pflanzung gleichzeitig mit der Hauptkultur ist aus Kostengründen sinnvoll und möglich, da sie im Falle zu starker Entwicklung, was durchaus vorkommt, und damit Bedrängung der Hauptbaumart jederzeit geköpft oder auf den Stock gesetzt werden kann, ohne abzusterben. Gegenüber den »klassischen« Unterbauarten besitzt sie noch weitere Vorteile. Sie verträgt weitgehend Staunässe und infolge ihrer weichen Äste bildet sie sich nicht so zum Reiber aus wie die Buche (Dittmar 1929 zitiert nach Koss 1982).
Die günstigste Zeitspanne für den Unterbau eines Stieleichenbestands liegt nach Koss und Fricke (1982) zwischen einem Alter von 35 bis 50 Jahren. Ein früherer Zeitpunkt bringt die Gefahr eines Einwachsens der Linde in die Eichenkronen mit sich. Im Altbestand scheint sich dagegen die Linde im Unterschied zur Buche in ihre dienende Rolle zu fügenund teilt sich den Kronenraum mit der Eiche ohne sie zu verdrängen (Bürvenich et al. 2012).
Im Regelfall denkt der Waldbauer bei der Winterlinde an ihr Einbringen als dienende Baumart. 1960 wurde in den alten Bundesländern mit einer Fragebogenaktion der Anbau der Winterlinde abgefragt. Dabei kam heraus, dass die Winterlinde fast doppelt so oft Verwendung als gleichaltrige Mischbaumart wie im Unterbau fand. Ein Schwerpunkt ihrer Rolle als beigemischte Baumart lag eindeutig bei den Edellaubhölzern sowie Eiche und Lärche (Koss 1982).
Folgende Eigenschaften sind bei der Winterlinde zu beachten: Sie wächst in der Jugend (15 – 25 Jahre) schneller in die Höhe als die Buche. Das Höhenwachstum lässt allerdings mit dem Alter nach (De Jaegere et al. 2016). Nach Untersuchungen von Böckmann (1990) und Magyar (1978) beide zitiert nach De Jaegere et al. (2016) erreicht die Winterlinde nach 20 Jahren Oberhöhen von 11,7m und 13,5m. Auf besten Standorten kann im Alter von 100 Jahren ein Brusthöhendurchmesser von 54cm erwartet werden (Böckmann 1990). Die Gesamtwuchsleistung ist im Alter < 80 Jahren höher als bei der Buche.
Gegenüber dem Bergahorn unterscheidet sich die Gesamtwuchsleistung nicht (De Jaegere et al. 2016). Wird die Winterlinde plötzlich und stark freigestellt überzieht sich der Stamm mit Wasserreisern (OFD Augsburg 1983; Wiedemann 1951 zit. nach Koss und Fricke 1982). Allerdings bildet sie bei entsprechendem Schluss im Stangenholzalter saubere Schäfte aus. »Es verblüfft häufig, wie sie ihre Äste rückbildet und damit ihre Schaftqualität verbessert« (Anonymus 1979). Im Bestandsschluss haben Linden walzenrunde, astreine Schäfte mit hoch angesetzten Kronen (OFD Augsburg 1983).
Für die waldbauliche Behandlung von Winterlinde finden sich in der Literatur nur wenige Hinweise. Waldbaulich wird sie behandelt wie die klassischen Edellaubholzbaumarten Esche und Bergahorn, zu denen nach Röhrig (1966) aber auch seltenere Baumarten wie Spitzahorn, Vogelkirsche, Berg- und Feldulme, Sommer- und Winterlinde sowie Elsbeere und Mehlbeere gezählt werden können.
Die Einreihung in diese Gruppe leuchtet aus waldbaulichen Gesichtspunkten ein, da sie nach De Jaegere et al. (2016) eine dem Bergahorn, der Esche, der Schwarzerle und der Vogelkirsche ähnliche Höhenwachstumsstruktur aufweist. Die Edellaubholzrichtlinie der Bayerischen Forstverwaltung aus dem Jahr 1999 (BayStMELF 1999) schließt sich in letzter Konsequenz dieser Auffassung an. Ziel der Pflege ist auch bei der Linde, so rasch wie möglich hochwertiges, stark dimensioniertes Stammholz zu erzeugen.
Produktionsziele wie z. B. Umtriebszeit oder Zieldurchmesser wie sie für andere seltenere Baumarten (z. B. Esche, Vogelkirsche, Schwarzerle) abgeleitet wurden, sind in der Literatur für die Winterlinde nicht verfügbar. Im Allgemeinen ist die Linde in der Jugend möglichst dicht zu halten. Wird die Linde im Alter zu stark durchforstet, bildet sie Wasserreiser. In jungen Jahren können sie die Wasserreiser beim Kronenschluss noch verlieren.
In der Baumholzstufe gelingt dies nur bei Erhaltung des Kronenschlusses (ETHZ und BUWAL 2001). Nach ETHZ und BUWAL (2001) beträgt die Umtriebszeit 100 bis 140 Jahre, eine Zeitspanne die auch Böckmann (1990) vorschlägt. Das BayStMELF (1999) gibt in seinen Richtlinien auf besseren Standorten als Zieldurchmesser 60cm und eine astreine Schaftlänge von 7 bis 12m an. Um diese Ziele zu erreichen, muss mit dem Kronenausbau frühzeitig begonnen werden. Das im Folgenden vorgestellte Pflegekonzept beruht im Wesentlichen auf der Edellaubholzrichtlinie des BayStMELF (1999).
Als zukünftig hauptständige Baumart ist bei sich starkastig entwickelnden Linden in der Jugendphase ein Formschnitt empfehlenswert (OFD Augsburg 1983) bzw. Entfernung dieser Baumexemplare. In Naturverjüngungen müssen unbrauchbare Vorwüchse auf den Stock gesetzt werden. Die große Ausschlagsfähigkeit der Linde erleichtert diese Maßnahme (Hocker 1979).
Bei einer Oberhöhe von 2 bis 3m sollte überprüft werden, ob eine negative Auslese notwendig ist. Radoglou et al. (2009) gehen davon aus, dass die erste Pflegemaßnahme 5 Jahre nach Pflanzung notwendig sein könnte. Längerfristige Unterbrechungen des Kronenschlusses sind unbedingt zu vermeiden.
Auf den Erhalt der Trupp- und Gruppengröße ist bei gepflanzten Linden zu achten bzw. sind diese bei Linden aus Naturverjüngung auszuformen. Ab einer Oberhöhe von 8 bis 10m (10 – 12m nach Radoglou et al. 2009), wird eine positive Auslese durchgeführt. Eine Anzahl von 200 bis 250 gut geformten Linden/ha wird angestrebt. Eingriffe sind so zu führen, dass der Kronenschluss nach sehr kurzer Zeit wieder eintritt. Dies gilt bei der zur Wasserreiserbildung neigenden Linde in besonderem Maß.
Ab einer grünastfreien Schaftlänge von je nach Standortsbedingungen 7 bis 12m wird die Krone von ca. 100 Linden/ha umlichtet. Dies erfolgt in zwei, eher drei Schritten. Die Lust der Linde zur Wasserreiserbildung darf dabei nie außer Acht gelassen werden. Nach Radoglou et al. (2009) liegt der Durchforstungsturnus bei 8 bis 10 Jahren.
Das Holz der Winterlinde hat eine regelmäßige, feine Struktur und kann als Furnierholz verwendet werden. Getrocknet ist es stabil und in jede Richtung leicht zu bearbeiten. Daher eignet es sich besonders gut zum Schnitzen. Das Holz wird im Musikinstrumentenbau verwendet und kann auch als Möbelholz für kleine Möbel genutzt werden. Aufgrund des geringen Gewichtes eignet sich das Holz zur Kisten- und Schachtelherstellung und, da es nicht schilfert, perfekt auch für die Herstellung von Werkzeugstielen. Aufgrund seiner geringen Haltbarkeit ist es nicht für Gebäude und Außenkonstruktionen nutzbar (nach De Jaegere et al. 2016).