LWF aktuell 146
Mit Klimaprojektionen Waldbrandgefahr vorhersagen
von Lennart Königer

Bodenfeuer in einem Kiefernwald.Zoombild vorhanden

Abb. 1: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, reicht oft schon ein Funke; hier ein Bodenfeuer in einem Kiefernwald. (© Gilitukha, PantherMedia)

Neben menschlichen Aktivitäten und der Beschaffenheit des Waldes beeinflussen meteorologische Gegebenheiten maßgeblich die Entstehung von Waldbränden. Mit dem Klimawandel verbundene Extremwetterereignisse spielen für das künftige Waldbrandrisiko zunehmend eine entscheidende Rolle. Das Projekt MultiRiskSuit nutzt neueste Klimaprojektionen, um erstmals die potenzielle meteorologische Waldbrandgefahr in Bayern bis zum Jahr 2100 abzuschätzen.

Ein Teilvorhaben des MultiRiskSuit-Projekts, das an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) bearbeitet wird, analysiert die potenzielle künftige Waldbrandgefahr in Bayern. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen als Grundlage für präventive Maßnahmen gegen die steigende Waldbrandgefahr in Bayern dienen. Denn Waldbrände haben nicht nur wirtschaftliche und sicherheitstechnische, sondern potentiell auch erhebliche ökologische und sogar soziale Auswirkungen. Die Berechnungen der zukünftigen meteorologischen Waldbrandgefahr stellen eine wichtige Datengrundlage für die Ausweisung besonders waldbrandgefährdeter Flächen innerhalb Bayerns dar. Diese wiederum können als Eingrenzung dienen, wo präventive Maßnahmen wie beispielsweise die Förderung von Wundstreifen und Waldbrandschutzriegel oder die Bereitstellung ausreichender Löschwasserkapazitäten im Wald, aber auch die priorisierte Anfertigung von Waldbrandeinsatzkarten im Fokus stehen.

Das Projekt nutzt hierzu unter anderem den Canadian Forest Fire Weather Index (CFFWI) (Van Wagner 1987) und als Datengrundlage für die Klimaentwicklung das Bayern-Ensemble (LfU 2020). Es ist eine Zusammenstellung von Klimamodellen, die sich als besonders passend für den Freistaat Bayern erwiesen haben. Die Kombination aus Klimamodellen und CFFWI erlaubt die Abschätzung der langfristigen Entwicklung der meteorologisch bedingten Waldbrandgefahrensituation in Bayern. Nachfolgend einige Ergebnisse:

Feuerwetter wird häufiger

Die Analyse verdeutlicht, dass das meteo­rologische Potenzial für anhaltende warm-trockene Perioden signifikant zunimmt. In Abbildung 2 wird die Entwicklung der durchschnittlichen Anzahl von Tagen mit hoher Waldbrandgefahr (CFFWI ≥ 4) im dreißigjährigen gleitenden Mittel dargestellt. Der CFFWI bietet eine zuverlässige Methode zur Abschätzung der meteorologischen Waldbrandgefahr, da er äußerst sensibel auf die gleichzeitige Einwirkung von Trockenheit, Wärme und Wind reagiert.

Diagramm zeigt Szenariobereiche, die die Anzahl der Tage an denen Waldbrandgefahrenstufen herschen darstellt.

Abb. 2: Besonders bei stärkeren Klimawandelszenarien (RCP 8.5) kommt es zu einem erheblichen Anstieg der Tage mit hoher Waldbrandgefahr im bayerischen Mittel (>200%). (© LWF)

Steuerung ist möglich

Ebenso wird verdeutlicht, dass die zukünftige Entwicklung keineswegs festgeschrieben ist. Betrachtet man die aktuellsten Klimawandelszenarien, basierend auf sogenannten „repräsentativen Konzentrationspfaden" (RCP), die den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre abbilden, steigt die Anzahl der Tage mit erhöhter Waldbrandgefahr in sämtlichen untersuchten Szenarien an. Die Ausprägung dieser Zunahme variiert jedoch erheblich. Bereits das moderateste Szenario (RCP 2.6) führt zu einem Anstieg von etwa ٥٠ ٪ im Vergleich zum Ende des letzten Jahrtausends. Im mittleren Szenario (RCP 4.5) zeigen sich Zuwächse von bis zu 100 %. Das extremste Klimawandelszenario (RCP 8.5) könnte sogar zu einer Steigerung um mehr als 200 % der Tage mit erhöhter Waldbrandgefahr in Bayern führen. Dies zeigt die dringende Notwendigkeit zur Verbesserung des Brand- und damit Waldschutzes in unseren Wäldern.

Das Nord-Süd-Gefälle

Grafik zeigt Klimawandelszenarien die die Waldbrandgefahr darstellt.Zoombild vorhanden

Abb. 3: Je nach Klimawandel-szenario ist die Steigerung der Waldbrandgefahr verschieden stark ausgeprägt, der räumliche Trend ist aber eindeutig: Der warm-trockene Nordwesten wird am stärksten betroffen. (© LWF)

Die zeitliche Entwicklung der Waldbrandgefahr zeigt eine regionale Differenzierung (Abbildung 3). Die meteorologische Potentialanalyse verdeutlicht, dass die besonders warm-trockenen Gebiete im nordwestlichen Teil Bayerns die höchste Gefährdung aufweisen. Dennoch darf auch der Anstieg der brandgefährdeten Tage in Südbayern nicht unterschätzt werden. Insbesondere unter dem starken Klimawandelszenario RCP 8.5 wird hier bis zum Ende des Jahrhunderts ein deutlicher Anstieg der Gefährdungslage prognostiziert.

Besonders problematisch ist die gleichzeitige Wirksamkeit verschiedener negativer Einflussfaktoren. Die erhöhte potenzielle meteorologische Waldbrandgefahr, wie sie hier dargestellt wird, trifft auf Wälder, die bereits durch Trockenheit und das damit einhergehende Schadgeschehen gezeichnet sind. Diese Kombination verschärft die bereits bestehenden Herausforderungen erheblich und verdeutlicht, vor welch großen und wichtigen Aufgaben die Forstwirtschaft bis zum Ende des Jahrhunderts steht.

Sensitivität gegenüber Veränderung der Eingangsgrößen

Sensitivitätsstudie zeigt die kom­plexe Abhängigkeit der Waldbrandgefahr von den meteorologischen EingangsgrößenZoombild vorhanden

Abb. 4: Eine Sensitivitätsstudie an ausgewählten Standorten bayerischer Waldklimastationen zeigt die kom­plexe Abhängigkeit der Waldbrandgefahr von den meteorologischen Eingangsgrößen. (© LWF)

Im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse wurden Abhängigkeiten des CFFWI von seinen Eingangsgrößen näher untersucht (Abbildung 4). Dafür wurden Modelldaten mit täglicher Auflösung im 150 Jahre überspannenden Zeitraum 1951–2100 ausgewertet. Die aufgetragenen Kurven stellen die Sensitivität des physikalischen Modells auf die Eingangsgrößen unter Realbedingungen dar. Die y-Achse repräsentiert die mittleren CFFWI-Werte, die jeweils den auf der x-Achse angegebenen Perzentilen der entsprechenden Eingangsgröße entsprechen. Dabei steht das kleinste (größte) Perzentil für die Minimalwerte (Maximalwerte) der Eingangsgrößen, das im Falle der Temperatur beispielsweise wiederum mit einem niedrigen (hohen) CFFWI-Wert assoziiert ist.

Hohe CFFWI-Werte werden typischerweise bei niedriger Luftfeuchtigkeit, geringen Niederschlagsmengen und hohen Temperaturen erreicht. Trotz der Annahme, dass hohe Windgeschwindigkeiten die Waldbrandgefahr erhöhen, zeigt die Analyse, dass dies unter Realbedingungen nicht durchgängig der Fall ist. Starke Winde allein führen nicht unmittelbar zu erhöhter Waldbrandgefahr; erst in Kombination mit anderen Extremen wird diese erhöht. Der begrenzende Effekt des Niederschlags ist ebenfalls deutlich, da bereits geringe Niederschlagsmengen dazu führen, dass der CFFWI-Wert gegen null geht. Die Untersuchung verdeutlicht, welche Eingangsgrößen unter realen Bedingungen besonders relevant für die Waldbrandgefahr sind und nicht nur in der Modellformulierung einen großen Einfluss haben. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass das Modell im Kontext der bayerischen Umweltbedingungen konsistent funktioniert, da vergleichbare Kurvenformen ohne erkennbare Unstetigkeiten an allen Standorten beobachtet werden.
Die vier Standorte wurden so gewählt, dass sie dem Gradienten der bayerischen Umweltbedingungen von Nordwesten nach Südosten folgen. Erwartungsgemäß reagiert das Modell mit niedrigeren CFFWI-Werten an den feucht-kühleren Standorten (Würzburg > Dinkelsbühl > Freising > Berchtesgaden).

Zusammenfassung

Insgesamt deuten zukünftige meteorologische Entwicklungen darauf hin, dass die Waldbrandgefahr in Bayern deutlich ansteigt. Der Feuerwetterindex (CFFWI) reflektiert das komplexe Zusammenspiel mehrerer waldbrandfördernder meteorologischer Faktoren. Besonders deutlich ist, dass eine hohe Waldbrandgefahr zu erwarten ist, wenn mehrere dieser Faktoren gleichzeitig auftreten – insbesondere bei Extremwerten. Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Höhe des CFFWI, während Niederschlag eine begrenzende Rolle spielt. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung eines umfassenden Verständnisses der meteorologischen Bedingungen für die Vorhersage und das Management von Waldbränden in Bayern.

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