LWF aktuell 149
Laubholzschäden erfassen mit Laserscanner und Luftbild
von Christoph Straub, Johannes Jurgovsky und Rudolf Seitz
Zoombild vorhanden
Abb. 1a: Die Flugzeuge für die Befliegung sind mit Kamera und Laserscanner ausgestattet. (© PRIMIS spol. s r.o.)
Das Forschungsprojekt „AirLaserSpec" der LWF untersucht die Eignung von 3D-Laserscanning vom Flugzeug mit gleichzeitiger Luftbildaufnahme. Ziel des Projektes ist es, Laubholzschäden künftig automatisiert kartieren und beobachten zu können. Wie genau funktioniert diese Technologie und welcher Informationsgehalt kann aus den Befliegungsdaten gewonnen werden?
Hitzephasen und Trockenheit führten in den vergangenen Jahren insbesondere in den nordbayerischen Wäldern zu deutlichen Schäden. Zukünftig wird keine Entspannung, sondern eher ein weiterer Temperaturanstieg sowie eine Zunahme von Wetterextremen erwartet (LWF 2023). Im Vergleich zu sehr zeit- und arbeitsintensiven Feldaufnahmen bieten Fernerkundungstechniken die Möglichkeit, derartige Schäden auf großer Fläche kartieren und wiederholt beobachten zu können. Dabei haben bisherige Untersuchungen der LWF gezeigt, dass optische Satellitenaufnahmen einen großflächigen Überblick über geschädigte Waldbereiche liefern können. Eine feinere Unterscheidung von verschiedenen Schadkategorien ist allerdings derzeit noch nicht möglich (Gonzalez et al. 2023).
Zoombild vorhanden
Abb. 1b: Abgebildet ist die aus der Luft gemessene Punktwolke für einen Ausschnitt der Testfläche Waldbrunn in der 3D-Ansicht (© PRIMIS spol. s r.o.)
Werden jedoch präzisere Analysen des Waldzustandes benötigt, um beispielsweise einzelbaumbezogene Schadmerkmale wie Entlaubung, Verfärbung und Kronentotholz erkennen zu können, müssen räumlich höher aufgelöste Luftbilder aus einer Flugzeugbefliegung verwendet werden. Die manuelle Luftbildauswertung am Stereo-Bildschirm wird derzeit von der LWF immer noch als die zuverlässigste Fernerkundungsmethodik zur Erfassung von Schäden am und im Wald angesehen. Allerdings ist diese manuelle Vorgehensweise für große Flächen wie Landkreise oder Regierungsbezirke zu zeitaufwändig. Daher werden effizientere, automatisierte Auswerteverfahren benötigt.
Vor diesem Hintergrund untersucht das Forschungsprojekt „AirLaserSpec" der LWF die Möglichkeiten einer Schaderfassung vom Flugzeug aus, basierend auf Laserscanning-Technologie und gleichzeitiger Luftbildaufnahme. Der Laserscanner liefert dabei dichte 3D-Informationen der beflogenen Waldgebiete. In Kombination mit simultan aufgenommenen Bilddaten wird großes Potential für eine Charakterisierung von Baumkronenstrukturen gesehen. Ob und wie genau geschädigte Laubbäume damit automatisiert erfasst werden können, wird im Forschungsprojekt „AirLaserSpec" untersucht.
Schaderfassung vom Flugzeug
Im Juli 2023 beauftragte die LWF ein Spezialunternehmen mit der Befliegung von zwei Testgebieten. Dabei wurde ein Flugzeug eingesetzt, das sowohl mit einem Laserscanner als auch mit einer räumlich hochauflösenden Multispektralkamera ausgestattet war. Für den Test wurden zwei Waldgebiete in Unter- und Oberfranken ausgewählt, in denen die Kronenschäden an Altbuchen unterschiedlich stark ausgeprägt waren.
Projektgebiet Waldbrunn
Größe: 45 km²
Ausschnitte vom Irtenberger Wald und Guttenberger Wald; neben einzelnen Bäumen sind von den Schäden auch größere zusammenhängende Baumgruppen betroffen.
Projektgebiet Ebrach
Größe: 50 km²
Ausschnitte vom Bürgerwald, Ebracher Forst und Koppenwinder Forst; die Schäden sind im Vergleich zu Waldbrunn tendenziell kleinflächiger ausgeprägt.
Wie funktioniert die 3D-Lasermessung vom Flugzeug?
Das Befliegungsgebiet wird „aktiv" mit einem Laserscanner „abgetastet". Der Scanner sendet in sehr hoher Frequenz Laserlichtimpulse aus, die von der Erdoberfläche und darauf befindlichen Objekten reflektiert und zum Sensor zurückgestreut werden. Aus der verstrichenen Zeit zwischen Aussendung und Empfang kann die Entfernung zwischen dem Scanner und allen reflektierenden Oberflächen ermittelt werden. Zur präzisen Verortung bzw. Georeferenzierung der Lasermesspunkte wird ein GPS-Empfänger und ein inertiales Navigationssystem im Flugzeug verwendet. Die Laserscanning-Technologie liefert eine hohe Messpunktdichte und hat gleichzeitig eine hohe Messgenauigkeit. Zahlreiche Untersuchungen in unterschiedlichen Waldgebieten konnten gute bis sehr gute Zusammenhänge zwischen Baum- und Bestandeshöhen aus Feldmessungen und den Höhenmessungen aus flugzeuggestützter Laserscanning-Technologie herstellen (Yu et al. 2011, Heurich 2008, Coops et al. 2007, Næsset 1997).
Im Projekt „AirLaserSpec" wurden im Mittel ca. 40 Laserpunkte pro m² gemessen. Wie Abbildung 1 zeigt, kann daraus eine dichte, dreidimensionale Punktwolke abgeleitet werden. Dargestellt ist hier ein kleiner Ausschnitt der Fläche Waldbrunn aus einer Befliegung vom Juli letzten Jahres.
Eine positive Eigenschaft der Laserscanning-Technologie ist, dass je nach Struktur und Schichtung der Vegetation ein ausgesandter Impuls mehrere Echos der rückgestreuten Laserenergie hervorrufen kann. Dadurch ist eine Aufteilung in erste Reflexionen, letzte Reflexionen und Zwischenreflexionen möglich.
Zoombild vorhanden
Abb. 3: Ein Vegetations-höhenmodell für einen Ausschnitt der Testfläche Waldbrunn in der 2D-Ansicht. (© LWF)
Die ersten Reflexionen werden üblicherweise zur Berechnung von digitalen Oberflächenmodellen (DOM) eingesetzt. In Waldgebieten repräsentiert das DOM die Vegetationsoberfläche bzw. die äußere Hülle der Vegetation. Die letzten Reflexionen können zur Ableitung eines digitalen Geländemodells ohne Vegetation verwendet werden. Für die Geländerekonstruktion werden dabei Filter-Algorithmen angewendet, die innerhalb der letzten Reflexionen diejenigen Laserpunkte identifizieren, die den Boden bzw. das Gelände unterhalb der Vegetation am besten repräsentieren. Aus der Differenz dieser beiden Höhenmodelle, d. h. Oberflächenmodell minus Geländemodell, kann ein sogenanntes normalisiertes digitales Oberflächenmodell (nDOM) abgeleitet werden, in dem die tatsächlichen Objekthöhen über dem Gelände abgebildet werden.
Innerhalb von Waldflächen entspricht das nDOM einem Vegetationshöhenmodell. Abbildung 3 zeigt einen kleinen Ausschnitt des berechneten Vegetationshöhenmodells vom Testgebiet Waldbrunn mit einer räumlichen Auflösung von 0,5 m. Im dargestellten Ausschnitt sind Baumkronen in der obersten Schicht (hier überwiegend Buchen) gut sichtbar. Außerdem ist eine niedrigere zweite Baumschicht vorhanden. Ferner können einzelne kleinere Lücken im Kronendach identifiziert werden.
Gleichzeitige Luftbildaufnahme
Zoombild vorhanden
Abb. 4: Echtfarben- und Color-Infrarot-Darstellung der durch die Multispektralkamera erfassten Bilddaten. (© LWF)
Die im Flugzeug gleichzeitig zur Lasermessung eingesetzte Multispektralkamera erfasst die von der Erdoberfläche reflektierte Sonnenstrahlung. Bei der Befliegung für „AirLaserSpec" wurden vier Spektralbereiche aufgezeichnet: Blau, Grün, Rot und nahes Infrarot. Wie Abbildung 4 verdeutlicht, können durch unterschiedliche Kombinationen der Spektralbänder sowohl Echtfarben-Darstellungen (Rot, Grün, Blau) als auch Color-Infrarot-Darstellungen (nahes Infrarot, Rot, Grün) angefertigt werden. In Abbildung 4 ist derselbe Ausschnitt wie in Abbildung 3 gezeigt. Durch die hohe räumliche Auflösung von 0,1 m der Orthophotos sind die geschädigten Buchen mit entlaubten Kronenteilen gut erkennbar. Besonders gut sichtbar sind die geschädigten Laubhölzer im Color-Infrarot-Bild anhand der hier charakteristischen grün-bläulichen bis weißlich-grauen Farbtöne.
Zoombild vorhanden
Abb. 5: Der Normalized Difference Vegetation Index (NDVI) wurde anhand des roten Spektralbereichs und des nahen Infrarots mit dem Ziel berechnet, Unterschiede zwischen belaubten und geschädigten, unbelaubten Baumkronen hervorzuheben. (© LWF)
Die Spektralinformation der Luftbilddaten kann auch über Vegetationsindizes analysiert werden. Ein Vegetationsindex ist ein aus den originären Spektralbändern abgeleitetes „künstliches" Band. Im Laufe der Zeit wurden für unterschiedlichste optische Fernerkundungsdaten und Anwendungsgebiete zahlreiche Indizes entwickelt (Jones & Vaughan 2010). Je nach Ziel der Auswertung können verschiedene Rechenoperationen zum Einsatz kommen. Um den Unterschied zwischen vitaler und geschädigter Vegetation hervorzuheben, eignet sich die kombinierte Verwendung des sichtbaren roten Spektralbereichs und des nahen Infrarots (Hildebrandt 1996). Daraus lässt sich zum Beispiel der sogenannte Normalized Difference Vegetation Index (NDVI, Rouse at al. 1974) berechnen, ein sehr häufig verwendeter Index mit einem Wertebereich von –1 bis +1. Abbildung 5 zeigt, dass die belaubten Bäume durch tendenziell hohe NDVI-Werte charakterisiert sind. Die geschädigten Kronen zeigen dagegen eher niedrige NDVI-Werte. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass auch unbewachsene Flächen niedrige NDVI-Werte aufweisen können, weshalb die alleinige Verwendung eines Vegetationsindex zur Schaderfassung meist nicht ausreicht. Dies gilt insbesondere für die Auswertung von großen Waldgebieten. Hier sind weitere Faktoren zu berücksichtigen, die einen Einfluss auf die Ausprägung der Spektralinformation haben, wie zum Beispiel die Topografie oder die Altersklassen der Waldbestände und vieles mehr.
Zukünftige Forschungsarbeiten
Zoombild vorhanden
Abb. 6: Die Feldaufnahme vom 16. September zeigt stark geschädigte Buchen im Testgebiet Ebrach. (© J. Jurgovsky)
Vergleicht man die Orthophotos in Abbildung 4 mit dem Vegetationshöhenmodell in Abbildung 3 wird deutlich, dass geschädigte Baumkronen mit fehlender Belaubung teilweise auch in den Höhendaten erkennbar sind. Augenscheinlich können sich die beiden Datensätze also ergänzen. In welchem Ausmaß die Laserdaten zu einer Verbesserung bei der Beurteilung von geschädigten Baumkronen – im Vergleich zur alleinigen Verwendung von Luftbilddaten – beitragen können, wird im Projekt „AirLaserSpec" untersucht. Dabei wird auch der Einsatz von Verfahren aus dem Bereich des maschinellen Lernens zur automatisierten Klassifikation der Laubholzschäden geprüft.
Durch die gleichzeitige Lasermessung und Luftbildaufnahme ist es möglich, die Größe und Form von Lücken im Kronendach präziser zu erfassen als allein aus Luftbilddaten. Im Projekt „AirLaserSpec" wird deshalb zusätzlich untersucht, ob die Laserdaten auch Aussagen über das Vorhandensein einer Vegetationsschicht innerhalb der Lücken erlauben. Luftbilder sind dort oft verschattet und lassen keine verlässlichen Aussagen zu.
Zusätzlich zur Befliegung im Juli 2023 wurde von der LWF auch im Juli 2024 eine zweite Befliegungskampagne beauftragt. Dadurch wird es möglich, die Daten der beiden Aufnahmezeitpunkte gegenüberzustellen. Mit Hilfe von fernerkundlichen Methoden zur Veränderungsdetektion (change detection) wird geprüft, ob und wie genau Änderungen im Vegetationszustand und der Baumvitalität detektiert werden können.
Zusammenfassung
In der forstlichen Praxis werden Methoden benötigt, um Laubholzschäden auf großer Fläche möglichst präzise aufzufinden und zu dokumentieren. Vor diesem Hintergrund hat die LWF das Forschungsprojekt „AirLaserSpec" gestartet. Im ersten Projektabschnitt wurden von der LWF Befliegungen mit flugzeuggestützter Laserscanning-Technologie und gleichzeitiger Luftbildaufnahme für zwei Projektgebiete in Nordbayern beauftragt. Als Ergebnis stehen sowohl dichte 3D-Lasermessungen als auch hochaufgelöste, multispektrale Bilddaten der beflogenen Waldgebiete zur Verfügung. Mit Hilfe dieser Datengrundlage wird im weiteren Projektverlauf untersucht, wie genau geschädigte Laubhölzer erfasst werden können. Außerdem soll geprüft werden, ob damit ein automatisiertes Auswerteverfahren zur Schaderfassung entwickelt werden kann. Dabei wird das Ziel verfolgt, den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern möglichst zuverlässig Koordinaten von geschädigten Laubhölzern – insbesondere Buchen – bereitzustellen.
Literatur
Beitrag zum Ausdrucken
Weiterführende Informationen
Autoren
- Dr. Christoph Straub
- Dr. Johannes Jurgovsky
- Rudolf Seitz