LWF aktuell 142
Schäden im Wald aus der Vogelperspektive aufspüren
von Christoph Straub, Jan Dempewolf, Adelheid Wallner, Hans-Joachim Klemmt und Rudolf Seitz
Abb. 1a: UAV-Befliegung des Naturwalds Vierzehnheiligen in Oberfranken (© Patrick-Benjamin Ibron)
Räumlich sehr hochaufgelöste Luftbildaufnahmen ermöglichen einen Überblick über das Ausmaß von Schadflächen im Wald aus der Vogelperspektive. Zur Aufnahme der Luftbilder eignen sich unterschiedliche Luftfahrzeuge. Derzeit werden meist Flugzeuge sowie unbemannte Luftfahrzeuge (unmanned aerial vehicle, UAV; »Drohnen«) eingesetzt. Im Rahmen des Projekts »FastOrtho« analysierte die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) die Eigenschaften von Luftbildaufnahmen aus dem Flugzeug und vom UAV zur Erfassung von Borkenkäferschäden an Fichten.
Luftbilder dokumentieren den Zustand von Waldbeständen zum Aufnahmezeitpunkt und können dadurch bei der Detektion von verfärbten bzw. geschädigten Fichten helfen. Aus den originären Luftbildern abgeleitete Orthophotos (d. h. verzerrungsfreie und maßstabsgetreue Luftbilddaten) liefern dabei präzise Informationen zur genauen Lage der Schadflächen. Deshalb beauftragte das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die LWF, im Herbst 2021 und 2022 großflächige Luftbildbefliegungen in Oberfranken durchführen zu lassen. Die Befliegungsdaten unterstützten die dort zuständigen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bayreuth-Münchberg, Coburg-Kulmbach und Bamberg bei der Erfassung von Borkenkäferschäden und den in Folge entstandenen Kahlflächen (Straub et al. 2023). Aufgrund der großen Befliegungsgebiete mit Flächengrößen von 2.840 km² im Jahr 2021 und 4.220 km² im Jahr 2022 wurden diese Bildflüge mit Flugzeugen durchgeführt. Anschließend sollte das Bildmaterial schnellstmöglich bereitgestellt werden, weshalb die beauftragten Firmen die aufgenommenen Stereo-Luftbilddaten in möglichst kurzer Zeit in Orthophotos mit einer räumlichen Auflösung von 20 cm umrechnen mussten. Mit dem Ziel, die Datenmenge möglichst klein zu halten und dadurch eine schnelle Prozessierung gewährleisten zu können, wurde die Überlappung der einzelnen Stereo-Bilder mit 70 % Längsüberdeckung in Flugrichtung und 30 % Querüberdeckung der Flugstreifen möglichst stark reduziert. Um die Bereitstellungszeit noch weiter zu verkürzen, wurden geringere Genauigkeitsanforderungen an die Orientierung der Stereo-Luftbilder vorgegeben als bei einem klassischen Bildflug. Außerdem erfolgte die Orthophoto-Berechnung unter Verwendung eines bereits vorliegenden amtlichen Geländemodells für Bayern, so dass ein weiterer zeitintensiver Berechnungsschritt – nämlich die Ableitung eines Oberflächenmodells aus den Stereo-Bildern – wegfallen konnte. Die somit gegenüber klassischen Bildflügen schneller angefertigten Bilddaten werden deshalb als »Fast-Orthophotos« bezeichnet. Im Rahmen des Forschungsprojekts »FastOrtho« testete die LWF die Einsatzmöglichkeiten sowie den Arbeitsablauf zur Bereitstellung der Fast-Orthophotos.
Für die Luftbildaufnahmen wurden neben Flugzeugen auch unbemannte Luftfahrzeuge (UAV) eingesetzt, die umgangssprachlich oft als Drohnen bezeichnet werden. Im Forschungsprojekt FastOrtho analysierte die LWF die unterschiedlichen Eigenschaften von Luftbildern aus dem Flugzeug und vom UAV. Außerdem wurde erprobt, wie schnell die Bilddaten vom jeweiligen Luftfahrzeug erstellt und der Forstpraxis bereitgestellt werden können.
Um diese Fragestellungen beantworten zu können, wurde von der LWF-Abteilung »Waldbau und Bergwald« am 29. September 2022 eine UAV-Befliegung für den 541 ha großen Naturwald Vierzehnheiligen durchgeführt (Abbildung 1). Zehn Tage später wurde diese Fläche auch im Rahmen des bereits erwähnten Fast-Orthophoto-Bildflugs aus dem Flugzeug aufgenommen. Zwar herrschen im Naturwald Vierzehnheiligen naturnahe Laubmischwälder vor, es wurden aber dennoch zahlreiche verfärbte Fichten für die Untersuchung vorgefunden. Wegen der kurzen Zeitdifferenz zwischen der Flugzeug- und der UAV-Befliegung ließen sich die beiden Bilddatensätze sehr gut vergleichen.
UAV-Befliegung Naturwald Vierzehnheiligen
Abb 1b: Die rote Schraffur in der Karte kennzeichnet die Lage des Naturwaldes, hinterlegt ist ein Orthophotomo-saik des gesamten Fast-Orthophoto-Bildflugs, derim Herbst mit einem Flugzeug durchgeführt wurde. (© LWF)
Zur Befliegung des Naturwalds Vierzehnheiligen waren insgesamt sechs Einzelflüge von unterschiedlichen Startplätzen aus notwendig. Jeder Einzelflug erfolgte von einem anderen Startplatz mit neuem Batteriesatz. Zur Kartierung der Waldflächen wurde für jeden Flug ein Flugplan mit parallel verlaufenden Fluglinien erstellt, der das jeweilige Teilgebiet systematisch abdeckte. Die gesamte UAV-Befliegung konnte innerhalb eines halben Tages abgeschlossen werden.
Das UAV nimmt pro Flug über tausend Einzelfotos auf, die sich stark überlappen. Der hohe Überlappungsgrad ist eine Voraussetzung für die nachfolgende Bildverarbeitung. Diese erfolgte über ein spezielles Softwarepaket, mit dem sowohl ein hochaufgelöstes Oberflächenmodell als auch ein zusammenhängendes Orthophoto (Bildmosaik) mit einer räumlichen Auflösung von 3 cm erstellt wurde.
Lagegenauigkeit von Baumpositionen
Erkennbarkeit von verfärbten Fichten in den Luftbilddaten
Abb. 2: Bildausschnitte von UAV-Orthophoto (oben) und Fast-Orthophoto (unten) im Vergleich; das linke Bildpaar (a und b) beinhaltet neben Beispielen für beginnende rotbraune Kronenverfärbung auch grau verfärbte Fichten. In der Mitte (c und d) sind rotbraun verfärbte und rechts (e und f) grau verfärbte Fichten zu sehen. (© LWF)
- Rotbraun und grau verfärbte Fichten in der luftbildsichtbaren Oberschicht sind sowohl in den UAV-Orthophotos (Abbildungen 2a, 2c und 2e) als auch in den Fast-Orthophotos (Abbildungen 2b, 2d und 2f) visuell sehr gut erkennbar.
- Erwartungsgemäß ist in den UAV-Orthophotos aufgrund der höheren räumlichen Auflösung mehr Kronenstruktur zu sehen. Farbliche Variationen wie vollständige oder teilweise Verfärbung einzelner Kronen sind besser identifizierbar (Abbildung 2a); UAV-Bilddaten sind zur Identifizierung einer beginnenden, rotbraunen Verfärbung deshalb etwas besser geeignet. Diese leichten Kronenverfärbungen sind im Fast-Orthophoto (Abbildung 2b) nicht so deutlich ausgeprägt, aber trotzdem feststellbar.
- In Abbildung 2d erscheint die rotbraune Verfärbung im Fast-Orthophoto im Vergleich zum UAV-Orthophoto (Abbildung 2c) etwas kräftiger. Die Trennung zu grau verfärbten Fichten fällt hier in den Fast-Orthophotos etwas leichter.
- In den UAV-Bilddaten sind Lücken im Kronendach besser ausgeleuchtet (Abbildungen 2a und 2e). Im Vergleich dazu ist in den Fast-Orthophotos (Abbildungen 2b und 2f) die Verschattung in den Kronenlücken stärker ausgeprägt, wodurch hier kleinere verfärbte Bäume im Schattenbereich teilweise nicht mehr sichtbar sind.
Wie schnell können die Orthophotos erstellt werden?
Abb. 3: Basierend auf drei Bildflugaufträgen der LWF hergeleiteter Zusammenhang zwischen der Flächengröße eines Befliegungsgebietes und der Bereitstellungszeit* für die Erstellung von Fast-Orthophotos (a) sowie geschätzte Bereitstellungszeit* für UAV-Orthophotodaten (b) in Abhängigkeit von der Flächengröße eines Befliegungsgebietes (© LWF)
In Abbildung 3b wird die geschätzte Bereitstellungszeit für UAV-Orthophotos gezeigt. Die Darstellung beruht auf bisherigen Erfahrungswerten der LWF-Abteilung »Waldbau und Bergwald«. Die hier dargestellte Bereitstellungszeit basiert auf der Annahme, dass das Gebiet aufgeteilt und parallel von zwei Drohnenpiloten mit zwei Drohnen beflogen wird. Analog zur Befliegung mit dem Flugzeug wurde auch hier davon ausgegangen, dass keine zeitlichen Verzögerungen durch ungünstige Witterungsverhältnisse entstehen.
Abb. 4: Übersicht über ausgewählte Eigenschaften von Luftbildaufnahmen aus dem Flugzeug und vom UAV (© LWF)
* bisherige Erfahrungswerte der LWF, gutes Flugwetter vorausgesetzt