Karina Hoffmann, Bodo Coenradie, Leilah Haag und Veit Nitzsche
Sachsenforst setzt auf Fernerkundung – LWF aktuell 115
Im Auftrag des Staatsbetriebs Sachsenforst wurde in den letzten fünf Jahren ein Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe ein ausreichendes Minimum an Waldzustandsinformationen für den Gesamtwald Sachsens aus Daten der Fernerkundung (semi-)automatisiert erfasst werden kann. Die positive Resonanz der Nutzer, Forstbezirksleitungen und Revierleiter der bereits bearbeiteten Forstbezirke belegen, dass die Informationstiefe und die Struktur der ausgelieferten Daten für praktische Zwecke prinzipiell geeignet sind.
Datenaktualisierungen mit Fernerkundungsdaten der Landesvermessung bei Sachsenforst
Diese sind:
- Qualifizierung der Informationsbasis zur Beratung und Betreuung nicht staatlicher Waldbesitzer
- Rationalisierung der Forsteinrichtung im öffentlichen Wald (Vorstratifizierung der Betriebsinventur und des Planungsbegangs)
- Monitoring von Wald-Lebensraumtypen auf der Grundlage von Texturmosaiken als ein Schlüsselindikator für die Bewertung der Lebensraumvielfalt
- Ableitung von Parametern für die forstbetriebliche Steuerung und die Standorts- und Leistungsmodellierung
- Abschätzung waldschutzrelevanter Risiken
- Waldflächenerfassung
Abb. 1: Forstbezirksgliederung des Staatsbetriebs Sachsenforst mit den Bearbeitungsgebieten der Jahre 2011 bis 2016 (Grafik: LWF)
Als Testgebiete der Pilotstudie dienten der Forstbezirk Marienberg im Erzgebirge und das ehemalige Forstamt Kamenz im Forstbezirk Oberlausitz. In einem Folgeprojekt wurden die entwickelten Methoden und Modelle im gesamten Forstbezirk Oberlausitz und im BROHT erprobt und praxisreif weiterentwickelt. Ein besonderes Interesse galt einerseits der Kartierung von Baumarten und anderseits der Abschätzung ausgewählter Parameter über Bestandshöhenanalysen.
Als Grundlage dienten die dem Staatsbetrieb Sachsenforst landesweit kostenfrei zur Verfügung stehenden Luftbild- und Laser-Daten des Sächsischen Staatsbetriebs für Geobasisinformation und Landesvermessung (GeoSN). Für die Kartierungen von Waldflächenzugängen und Waldflächenabgängen, beschirmter und unbeschirmter Fläche, Bestandeshöhen, Wuchsklassen und Baumhöhenklassen, Baumartengruppen sowie Überhältern wurden spektrale und texturale Merkmale ermittelt sowie Vegetationshöheninformationen analysiert.
Datengrundlage
Jährliche Befliegungskampagnen der Landesvermessung mit digitalen Luftbildkameras finden in Sachsen bevorzugt in den Monaten Mai bis Juli statt. Diese liefern für jeden Landesteil im dreijährigen Turnus RGBI-Daten mit einer Bodenauflösung von 20 cm. Luftbilder bzw. Orthophotos stehen Sachsenforst in der Regel spätestens ein Jahr nach der Befliegung zur Verfügung. Die Abtastung der Landesfläche mit Laser-Messflügen dient vorrangig der Ableitung bzw. Verbesserung des ATKIS-DGM (Digitales Geländemodell) und findet deshalb in der vegetationsfreien Zeit statt. Aus den Punktwolken der Messwerte werden unter anderem Digitale Oberflächenmodelle (DOM) und Vegetationshöhenmodelle (VHM = nDOM = DOM - DGM) mit Rasterweiten von 2 m x 2 m oder 1 m x 1 m erzeugt.
Die ersten Laseraufnahmen fanden in Sachsen zwischen 2005 und 2012 statt. 2015 wurde mit Wiederholungsaufnahmen begonnen. Da während der Projektbearbeitung die Wiederholung der qualitativ hochwertigen, aber auch kostenintensiven Laseraufnahmen nicht feststand, wurden im Testgebiet Marienberg Oberflächenmodelle automatisiert aus Luftbilddaten abgeleitet, diese in den Auswerteprozess eingebunden und alle Auswerteverfahren für die optionale Nutzung von Laser- und Luftbildinformationen entwickelt.
Fachinformationen des FGIS (Forstgrunddaten, Forsteinrichtungsdaten) und die Daten des Waldinformationssystems (WIS) wurden im gesamten Auswertungsprozess integriert. Ferner standen als Referenzdaten aktuelle Forsteinrichtungsdaten der Landeswälder und Körperschaftswälder zur Verfügung.
Verfahrensentwicklung
Abb. 2: Verfahrensablauf zur Erfassung von Waldzustandsdaten mit Methoden der Fernerkundung. (Grafik: LWF)
Alle Kartierungsergebnisse liegen zunächst als Rasterdaten vor. Im Rahmen der Vektorisierung der Bilddaten dienen umfangreiche Datenmodelle dazu, eine konsistente Einbindung in das FGIS sicherzustellen.
Waldflächenzugänge und Waldflächenabgänge
Für die Verdachtsflächenkartierung von Waldabgängen und Waldzugängen wurde ein zweistufiges Verfahren entwickelt, das eine automatisierte Vorkartierung und eine manuelle Nachkartierung umfasst. Hierbei werden zuerst aus den Informationen des Vegetationshöhenmodells potenzielle Waldflächen(-verluste) abgeleitet und segmentiert, diese in Regelwerken mit anderen Geodaten verknüpft und Verdachtsflächen als Zwischenergebnisse gespeichert.
Die Vorkartierungsergebnisse werden danach am Bildschirm kontrolliert und manuell in die Forstgrunddaten digitalisiert. Neben den bereitgestellten Forstgrunddaten werden aktuelle Höheninformationen aus dem Vegetationshöhenmodell, Biotop- und Landnutzungsinformationen aus der Biotoptypenlandnutzungskartierung (BTLNK) und dem Amtlichen Topographisch- Kartographischen Informationssystem (ATKIS) sowie den Digitalen Orthophotos (DOP) eingebunden.
Wuchsklassen und Baumhöhen
Abb. 3: Wuchsklassen, abgeleitet aus Fernerkundungsdaten (Grafik: LWF)
Ziel ist die flächenscharfe Kartierung von homogenen Höhensegmenten, die über ein Regelwerk schrittweise zu forstwirtschaftlich relevanten Einheiten aggregiert werden. Die nachgeschaltete Baumhöhenklassenkartierung dient der weiteren Feingliederung innerhalb der vorab abgegrenzten Wuchsklassen (Abbildung 3).
Überschirmung
Der Kartierungsansatz geht von der Annahme aus, dass die Projektion des Kronendachs bzw. des Oberstands auf die Geländeoberfläche der Beschirmung bzw. der Deckung entspricht. Als Orientierungshilfe für die Zuordnung von Höhendaten zum Oberstand wurde die sächsische Arbeitsanleitung für Forsteinrichtungen (SBS 2011) herangezogen. Hiernach werden Bestandesteile mit maximalen Höhen von über 20 m dem Oberstand zugerechnet. Ein Altholzschirm muss einen Kronenschlussgrad von über 0,2 erreichen. Unbeschirmte Bestandesteile müssen demnach in Oberflächenmodellen nicht zwingend auch Bodenpunkte sein. Eine Differenzierung von Blößen und Anwuchsflächen ist mit den Oberflächenmodellen schwierig. Deshalb wird nicht zwischen Anwuchs und unbeschirmten Bestandesteilen unterschieden.
Baumartenerfassung
Abb. 4: Zahlreiche Baumartengruppen lassen sich aus Fernerkundungsdaten ableiten. (Grafik: LWF)
Ein erheblicher Informationsgewinn wird durch die Verknüpfung der kartierten Baumhöhenklassen und Hauptbaumarten mit vorhandenen Forsteinrichtungsdaten erzielt. Diese sind in der Walddatenbank auf Bestandsebene abgelegt. Die WIS-Daten weisen auch in Abhängigkeit von der Waldeigentumsart sehr unterschiedliche Aktualitätsgrade auf. Vereinzelt wurden diese Datenbankeinträge über 20 Jahre fortgeschrieben. In einem Regelwerk werden daher ausgewählte Waldzustandsparameter einem Plausibilitätstest unterzogen. So werden für alle Bestände unter anderem aktuelle, fernerkundungsbasiert ermittelte Baumhöhenklassen und Laubholzanteile mit den WIS-Einträgen verglichen. Bei plausiblen Ergebnissen werden die »alten« WIS-Daten übernommen. Entsprechend kann in diesen Fällen auch die Baumartenkartierung noch weiter verfeinert werden. Es werden zudem Waldflächen selektiert und lokalisiert, die vermutlich eine mehr oder weniger starke strukturelle Veränderung erfahren haben (Waldbau, Schäden, Abgänge usw.).
In der Abbildung 4 werden die Ergebnisse der Baumartengruppenkartierung exemplarisch dargestellt.
Überhälter
Übergabe der Daten an die forstliche Praxis
Einsatz der Daten in der Forstpraxis
Insgesamt beteiligten sich 22 Revierleiter an der Befragung. Im Privatwald werden die Layer Wuchsklassen, Baumhöhenklassen, Baumartengruppen auf Flurstücksbasis bevorzugt genutzt. Waldflächenzugänge und -abgänge sind für weniger Nutzer von Interesse. Je größer der Betrieb, umso mehr werden Daten aus der Verschneidung mit der Forstgrundkarte auf Teilflächenbasis genutzt. Die Qualität der Daten beurteilten 58 % der Nutzer als gut und 39 % als ausreichend. Die Daten werden als wertvolle Ergänzung der vorhandenen Einrichtungsdaten im eingerichteten Kommunalwald sowie zur Vorbereitung der Beratung auf der Fläche im Privatwald gesehen.
Ferner kann man sich mit einzelnen Layern einen schnellen Überblick über dringende Pflege- und Verjüngungsbereiche im Privatwald verschaffen oder einen Waldbesitzer aufgrund der Baumarten, der Überschirmung und der Höhenklassen gezielt zu den Maßnahmen auf seinen Flurstück beraten, ohne im Vorhinein das Flurstück aufsuchen zu müssen. Weitere Anwendungsfälle sind die Beurteilung der Notwendigkeit von Nachlichtungen der Verjüngung unter Schirm anhand des Überschirmungslayers, die Vorbereitung von Gruppenberatungen, die Vorbereitung von Durchforstungs- und Hiebskomplexen am Rechner und das gezielte Ansprechen von Waldbesitzern, deren Wald in diesen Hiebskomplexen liegt.
Fazit und Ausblick
Die Standarddaten des GeoSN sind prinzipiell zur Erfassung der von der Praxis geforderten Parameter geeignet. Die Laserdaten haben sich vor allem bei der Abgrenzung von Wuchs- und Baumhöhenklassen sehr gut bewährt. Abstriche sind vor allem bei der Erfassung der Baumartengruppen aufgrund der radiometrischen Inhomogenitäten der digitalen Luftbild- und Orthobilddaten zu berücksichtigen.
Vergleiche der Auswertungsergebnisse von luftbild- und lasergenerierten Oberflächenmodellen zeigen, dass letztere derzeit erwartungsgemäß zu detaillierteren und flächenschärferen Ergebnissen führen. Die dynamischen Entwicklungen auf dem Software- und Hardwaresektor einerseits sowie weitere Optimierungen von Luftbildbefliegungsmerkmalen (Weiterentwicklungen von Kameras, größere Überlappungen von Einzelbildern, höhere Pixelauflösung) lassen erwarten, dass in naher Zukunft ein weiterer Qualitätssprung bei der DOM-Prozessierung und deren Auswertbarkeit möglich ist und ein operationaler Einsatz für forstwirtschaftliche Anwendungen Einzug hält.
Beitrag zum Ausdrucken
Weiterführende Informationen
Autoren
- Karina Hoffmann
- Bodo Coenradie
- Leilah Haag
- Veit Nitzsche