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Stefan Friedrich, Fabian Härtl, Matthias Wilnhammer, Christel Lubenau und Gabriele Weber-Blaschke
Konkurrenz um Holz - LWF-aktuell 109

Für die holzverarbeitenden Branchen in Bayern ist die Versorgung mit dem Rohstoff Holz ein zentrales Thema. Viel diskutiert wird dabei in den letzten Jahren die Konkurrenz zwischen energetischer und stofflicher Nutzung von Holz. Vor diesem Hintergrund befasste sich zwischen 2011 und 2015 das Projekt »Konkurrenz um Holz« mit den Auswirkungen einer steigenden Nachfrage nach Energieholz auf die Volkswirtschaft, die Umwelt und die Gesellschaft in Bayern.

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Abbildung 1: Brennholz, ein Konkurrent im Wettbewerb um Holz sein. Foto: J. Böhm

Die Wälder in Bayern können jährlich nur eine endliche Menge an Holz für die Verbraucher bereitstellen. Nehmen stoffliche und energetische Holznutzung zu, verknappt sich bei gleichbleibendem Angebot die auf dem Markt verfügbare Holzmenge. Dadurch entsteht eine zunehmende Konkurrenz auf dem Rohholzmarkt, auf dem sich die Säge-, Holzwerkstoff-, Papier- und Zellstoffindustrie sowie die energetischen Verwerter mit Holz versorgen.

Die Folge sind Preissteigerungen, gegebenenfalls eine Unterversorgung der Nachfrager mit heimischem Holz, zusätzliche Nettoimporte und die mögliche Substitution von Holz durch andere Werk- und Baustoffe.

Nachhaltigkeitsindikatoren zur Bewertung

Die Erzeugung von Waren (auch Strom und Wärme) benötigt Rohstoffe (u.a. auch Energieträger) und Arbeit, führt aber auch zu Emissionen. Ändert sich die Rohstoffbasis, auf der Produkte und Energie hergestellt werden, verschieben sich auch die daran gekoppelten Effekte. Im Projekt »Konkurrenz um Holz« wurden zur Bewertung der Effekte sechs Indikatoren ausgewählt, die gleichzeitig die drei Säulen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Gesellschaft und Ökonomie) repräsentieren:
  • Fossiler Primärenergiebedarf (Ökologie)
  • Treibhausgasemissionen (Ökologie)
  • Feinstaubemissionen (Gesellschaft)
  • Arbeitsplätze (Gesellschaft)
  • Wertschöpfung (Ökonomie)
  • Löhne (Ökonomie)
Diese sechs »Nachhaltigkeitsindikatoren« für Holzprodukte und Energieträger wurden mit einer Lebenszyklusanalyse berechnet, die den Weg des Holzes vom Wald zum Verbraucher und darüber hinaus bis zum Recycling oder zur Verbrennung berücksichtigt.

Ein Modell, das diese Lebenszyklusanalyse bewertet, sollte sich aber nicht auf Holz allein beschränken, da sich Verschiebungen der Holzverwendung in andere Bereiche hinein auswirken. So müssen auch Effekte betrachtet werden, die durch die Verwendung von Alternativen zu Holz (z. B. Stahl oder fossile Energieträger) oder Holzimporte entstehen. Damit sind auch Auswirkungen außerhalb des Clusters Forst und Holz in Bayern in die Betrachtung miteinbezogen.

Modellhafte Abbildung der Realität

Die Bewertung erfolgte über ein Modell, das der Vereinfachung der Prozesse im Cluster Forst und Holz diente. Dennoch mussten zahlreiche Parameter für dieses Modell festgelegt werden:
  • Der Untersuchungsrahmen umfasst den gesamten Cluster Forst und Holz in Bayern (Abbildung 2).
  • Der Referenzzeitraum beginnt 2010 und endet 2035. Die Kalkulation erfolgt in 5-Jahres-Schritten.
  • Der Preis des Energieholzes ist an den Erdölpreis gekoppelt, andere Holzsortimente hängen indirekt davon ab (Härtl 2013; Härtl und Knoke 2014).
  • Die Forstwirtschaft entscheidet über Holzeinschlag und Sortierung nach ökonomischen Kriterien (Härtl 2012; Härtl et al. 2013).
  • Mögliche Reaktionen der Produzenten auf den Rohholzmangel können Produktionsrückgang, Kapazitätsabbau oder teilweise Importe von Holz(produkten) sein.
  • Ein »Nutzenkorb« mit Leitprodukten bildet die Bedürfnisse des Marktes nach Produkten (Holzprodukte, Papier und Energie) ab. Diese müssen in Summe erfüllt werden (Wilnhammer et al. 2015; Weber-Blaschke und Friedrich 2015).
  • Die Nachhaltigkeitsindikatoren wurden für den Lebenszyklus von sechs ausgewählten Leitprodukten berechnet. Die Leitprodukte Wärme aus Pellets bzw. Scheitholz, Strom und ­Wärme aus Hackschnitzeln, Schnittholz, Spanplatten, und grafisches Papier repräsentieren mengenmäßig das breite Produktspektrum des Clusters Forst und Holz.

Die Wertschöpfungskette Holz in Bayern läuft von der forstlichen Produktion über verschiedene Produkte, Nutzung und Nachnutzung.

Abbildung 2: Untersuchungsrahmen der Studie

Szenarien statt Prognosen

Eine wesentliche treibende Kraft der Konkurrenz um Holz ist der Erdölpreis. Über eine Literaturrecherche wurde untersucht, welche Erdölpreisentwicklung Experten für die Zukunft annahmen. Daraus wurden schließlich drei mögliche Szenarien abgeleitet:
  • Szenario A0: Ausgangsszenario mit konstanten Erdöl- und Holzpreisen bis 2035
  • Szenario A100: Verdoppelung des Erdölpreises bis 2035
  • Szenario A50: Moderate Preissteigerung mit halbierten Steigerungsraten bis 2035 – abgeleitet aus dem A100-Szenario, um eine mögliche Entschärfung des Energiepreisniveaus durch einen entkoppelten Gaspreis bzw. eine allmähliche Abkehr vom sich verteuernden Energieträger Heizöl abzubilden.
Die Szenarien dürfen dabei nicht als eine Prognose verstanden werden. Dafür ist die Spannweite zu groß, die in der Literatur angegeben wird, wenn zukünftige Erdölpreise beurteilt werden. Auch die aktuelle Entwicklung auf den Rohölmärkten zeigt, wie schnell Vorhersagen überholt sein können. Daher wurde in der Studie ein weiter Fächer möglicher Entwicklungen aufgespannt. Das Modell zeigt somit die Richtung an, in die sich Änderungen der Holzströme auswirken.

Über Wirtschaftlichkeitsgrenzpreise wurden aus diesen Erdölpreisszenarien mögliche Preise für Brennholz und darüber hinaus Stamm- und Industrieholz abgeleitet.

Die BWI²-Daten ermöglichten es, Modellbetriebe für die Wuchsgebiete in Bayern zu erstellen. Über die zugrundeliegenden Modellparameter steuerten diese virtuellen Betriebe ihren Holzeinschlag und die Sortierung. Zentrale Ergebnisse waren, dass mit steigenden Energieholzpreisen mehr Brennholz und Hackschnitzel zu Lasten von Stamm- und Industrieholz bereitgestellt werden. Gleichzeitig wird die Holzernte, sofern waldbaulich möglich, aufgeschoben, falls zukünftig höhere Holzpreise erwartet werden.

Anpassungsstrategien der Holzverwender

Experten aus der holzverarbeitenden Industrie nahmen Stellung zum erdölpreisgesteuerten modellierten Holzaufkommen und diskutierten mögliche Reaktionen der Branchen darauf. Da in den Szenarien gleichzeitig das Waldholzaufkommen für die stoffliche Verwendung sinkt und der Holzenergiebedarf steigt, kommt es in bestimmten Perioden zu Verknappungen.

Abbildung 3 zeigt die Anteile der stofflichen und energetischen Nutzung, wie sie sich aus Holzaufkommen und -verwendung ergeben. Zu erkennen ist, dass bei steigenden Erdölpreisen die stoffliche Nutzung zu Gunsten der Energiegewinnung aus Holz zurückgeht. Gleichzeitig wird deutlich, dass aufgrund des Verhaltens der Waldbesitzer das Waldholzangebot zurückgeht, um anschließend wieder mindestens das Ausgangsniveau zu erreichen.

Trotz der Reaktion der Branchen wie Reduzierung der Auslastung, technische Anpassungen sowie keine oder nur begrenzte Rohholzimporte sind in den abgeleiteten Szenarien Produktions- und teilweise auch Kapazitätsrückgänge in der Säge-, Spanplatten- und Papierindustrie die Folge.

Drei gestaffelte Säulendiagramme zeigen die Anteile von energetischer und stofflicher Holznutzung Zukunft. Die Diagramme beziegen sich auf im Text erläuterte Szenarien. Beim Basisszenario überwiegt die stoffliche Verwertung von Holz mit 54 Prozent. Bei den Energiepreissteigerungs-Szenarien A50 und A100 überwiegt die energetische Nutzung mit 52 bzw. 54 Prozent.

Abbildung 3: Energetische und stoffliche Holzverwendung von Holz aus Bayern für die drei Szenarien in 5-Jahresschritten von 2010 bis 2035

Mögliche Veränderungen von Nachhaltigkeitsindikatoren

Um Verschiebungen der Rohholzströme von der stofflichen zur energetischen Seite bewerten zu können, wurde die Nutzenkorbmethode angewendet. Der Nutzenkorb entspricht dabei einem Einkaufswagen, der stets die gleiche Menge an Energie und Produkten enthält. Dadurch können zu allen Zeiten die Bedürfnisse der Verbraucher erfüllt werden.

Die Energie kann dabei aus fossilen Energieträgern oder Holz gewonnen, die Produkte aus Holz oder Alternativen (z.B. Stahl) hergestellt werden. Für alle Szenarien wurden Nutzenkörbe erstellt. Der Vergleich der Nutzenkörbe ermöglichte dann Aussagen zu den Auswirkungen der geänderten Holzverwendung. Fehlmengen bei Energieholz im Basisszenario wurden mit fossilen Energieträgern oder dem Import von Pellets aufgefüllt, Fehlmengen bei stofflichen Holzprodukten (in den Energiepreissteigerungsszenarien) mit den entsprechenden Alternativen aus anderen Materialen bzw. durch importierte Holzprodukte.

Die Nutzenkörbe zeigten bei den untersuchten Nachhaltigkeitsaspekten unterschiedliche, teils gegenläufige Auswirkungen einer stofflich-energetischen Mengenverschiebung. In der Gesamtbilanz wurden gemittelte Ergebnisse pro Jahr über den gesamten Betrachtungszeitraum 2010 bis 2035 dargestellt (Weber-Blaschke et al. 2015). Hier werden beispielhaft die Ergebnisse für die Nachhaltigkeitsindikatoren »Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten« (Abbildung 4) und »Anzahl der Erwerbstätigen« in Bayern dargestellt (Abbildung 5).
Treibhausgasemissionen
Im Mittel ist im Szenario A50 und A100 der Einfluss der Mengenverschiebung im Vergleich zu den jährlichen CO2-Emissionen in Bayern sehr gering (0,1% bis 0,3% der Gesamtemissionen). Trotz der gegenüber dem Basisszenario höheren energetischen Nutzung von Holz können weder Vor- noch Nachteile eindeutig nachgewiesen werden.

Ein Grund hierfür ist, dass bei der Säge- und Spanplattenindustrie in den Szenarien im Mittel nur geringe Produktionsrückgänge und somit »Verluste« an positiven ökologischen Wirkungen zu erwarten sind. Ein Import von Bauschnittholz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung führt zu besseren ökologischen Ergebnissen als der Ersatz von Bauschnittholz durch Nicht-Holzbauprodukte.
Arbeitsplätze
Die Substitution fossiler Energieträger durch Holzenergie schafft Arbeitsplätze in Bayern. Durch die Verschiebung der Holzströme zur energetischen Seite hin geht insbesondere im Papier- und Druckgewerbe mehr Beschäftigung verloren als durch Energiegewinnung aus Holz entstehen.

Schlussfolgerungen

Mit diesem Projekt wurde zum ersten Mal eine Verschiebung der stofflichen zur energetischen Nutzung bilanziert und mit Nachhaltigkeitsindikatoren bewertet, wobei auch Effekte außerhalb des Clusters Forst und Holz miteinbezogen wurden.
Ein wichtiges Fazit ist, dass die Energiepreissteigerungs-Szenarien geringere ökologische Effekte zum Ergebnis haben als erwartet, aber höhere soziale und ökonomische Folgen aufzeigen.

Verknappungen wurden nur für einzelne Perioden der Szenarien berechnet, die von den Rohholzverbrauchern überbrückt werden müssten. Langfristig zeigen die Szenarien aber ein durchaus hohes Holzaufkommen. Insbesondere ist mit deutlich höheren Laubstammholzmengen zu rechnen. Eine Empfehlung ist daher, dass für eine stoffliche Verwendung der Laubstammholz-Sortimente kostengünstige Produkte mit neuen Verwendungsbereichen beispielsweise im Bauwesen geschaffen werden müssen, die eine Alternative zu Produkten aus Nadelholz darstellen. Gerade aus ökologischer Sicht spielt die Nutzung von Holz insbesondere im Bausektor eine wichtige Rolle zur Einsparung fossiler Energie und Treibhausgasemissionen durch den Ersatz von alternativen Nicht-Holzprodukten. Auch aus sozialer Sicht (Arbeitsplätze) wäre dies geboten.

Im Rahmen des Projekts wurden auch Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt, wie die Konkurrenz um Holz gemildert werden könnte. Dazu zählen beispielsweise die Reduktion des Energiebedarfs durch Gebäudesanierung oder technische Optimierung der Holzverbrennung und -verarbeitung (Weber-Blaschke et al. 2015).

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