LWF Wissen 86
Holzernte und Arbeitssicherheit in Buchenbeständen
Abb. 1: Raupenharvester bei der Holzernte in einem Buchenbestand. (© M. Bossenmaier)
In Bezug auf die Arbeitssicherheit, steht man bei der Holzernte in vielen Buchenbeständen durch die Auswirkungen der Trockenjahre vor großen Herausforderungen. Ziel soll es sein, Arbeitsverfahren zu wählen bei denen man sich gar nicht, oder möglichst wenig im Gefahrenbereich des Baumes aufhält. Hier steht die vollmechanisierte Aufarbeitung mit einem geeigneten Harvester an erster Stelle. Wenn eine maschinelle Fällung nicht möglich ist, kann die Seilwindenunterstützte Fällung oder die Verwendung von fernbedienbaren mechanischen und hydraulischen Keilen eine sichere Lösung sein. Wichtig ist, dass diese technischen Hilfsmittel von erfahrenen und geschulten Motorsägenführern fachlich richtig eingesetzt werden.
Die Buche hatte in vielen Regionen Deutschlands mit den Trockenjahren von 2018 – 2020 zu kämpfen. Sie wurde durch Trockenheit, Hitze und hohe Sonneneinstrahlung geschwächt und in der Folge verstärkt von Pilzen und Insekten befallen. Die Kombination dieser Belastungsfaktoren führte häufig zum Absterben von Kronenteilen oder im schlimmsten Fall des ganzen Baumes. Die Auswirkungen sind auch heute noch zu spüren, deshalb haben sich für die Holzernte in sehr vielen Buchenbeständen ganz neue Herausforderungen an die Arbeitssicherheit und die zu wählenden Arbeitsverfahren ergeben. Das oberste Gebot lautet hier: Abstand halten!
Risiko geschädigter Buchen
Fällung oder Biotopbaum?
Welches Arbeitsverfahren soll gewählt werden?
- Das sicherste Verfahren ist die Fällung mit einem geeigneten Harvester.
- Ist dies nicht möglich, erfolgt eine seilwindenunterstützte Fällung.
- st dies ebenfalls nicht möglich, erfolgt die Fällung mit einem fernbedienbaren Fällkeil.
Maschinelle Fällung mit Harvester
Der maschinelle Holzeinschlag ist bei Laubbäumen mit größeren Herausforderungen verbunden als bei Nadelbäumen. Krümmungen, Zwiesel und Steiläste erschweren die Entastung und Einteilung in Stammabschnitte. Auch die Beurteilung der Holzqualität und Ausformung der Sortimente ist aus der Distanz der Fahrerkabine heraus schwierig. Grenzen für die maschinelle Holzernte setzen vor allem Rückegassenabstände, die größer als die vom Kran erreichbare Zone sind. Auch Baumdurchmesser, welche die Öffnungsweite der Fällaggregate übersteigen, können eine maschinelle Fällung unmöglich machen. Oft sind es jedoch nicht die Durchmesser, sondern das große Gewicht der Laubbäume, welches die Hubkräfte der Maschinen überschreitet. Zudem wird häufig die Sicht auf den Stammfuß durch Verjüngung oder anderen Unterwuchs behindert, weshalb Bäume in Kranreichweite trotzdem nicht maschinell gefällt werden können. Darüber hinaus verhindert die Steilheit des Geländes in vielen Fällen den Maschineneinsatz.
Große Raupenharvester sind am ehesten geeignet, diese Grenzen zu überwinden. Durch die höhenverstellbare Fahrerkabine sind die Stammfüße auch besser einsehbar. Aufgrund des höheren Maschinengewichts sind auch größere Kranreichweiten realisierbar. Sind sie mit einer Baumhaltezange ausgerüstet (Abb. 1), können die Bäume verjüngungsschonend stehend vorgeliefert werden. Diese Maschinen benötigen jedoch breitere Rückegassen und das Umsetzen ist erheblich aufwändiger. Daher lohnt sich ihr Einsatz nur bei größeren Erntemengen.
Angesichts der kleinteiligen Besitzstruktur sind die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Einsatz dieser Maschinen im Privatwald eher selten gegeben. Selbst wenn Harvester zum Holzeinschlag von Laubbäumen eingesetzt werden, geschieht dies in der Praxis zumeist in kombinierten Verfahren, bei denen ein Teil der Bäume trotzdem motormanuell gefällt werden muss. Geht es rein um Verkehrssicherungsmaßnahmen, können auch Maschinen aus dem Bereich der Baumpflege eingesetzt werden, die mit Fällaggregaten an Teleskopkränen ausgerüstet sind. Diese können die Bäume auch stückweise abtragen. Die Bäume können mit diesen Aggregaten jedoch nicht maschinell entastet werden.
Seilwindenunterstützte Fällung
- der Zustand des Windenseils
- Zustand und der Windenzugkraft entsprechende Nutzlast von Anschlags und Befestigungsmitteln (Baumzugseil, Umlenkrolle, Rundschlingen, Schäkel)
- Baum mit Hilfe einer Umlenkrolle vom Schlepper weg ziehen (umgelenkter Zug)
- Baum aus sicherer Entfernung (doppelte Baumlänge) im direkten Zug umziehen, also zum Schlepper hin
Beim umgelenkten Zug muss ein geeigneter Ankerbaum für die Umlenkrolle ausgewählt werden.
- Der Abstand zum zu fällenden Baum sollte mindestens der doppelte Anhängehöhe entsprechen.
- Vorsicht – der Ankerbaum, die Umlenkrolle und die Anhängeschlinge werden mit der zweifachen Seilwindenzugkraft belastet!
Abb. 2: Königsbronner Anschlagtechnik (© Forst BW)
- Die Zugkraft einer Seilwinde ist auf dem Typenschild angegeben
- Konstantzugwinde: ein fester Zugkraftwert, z. B. 60 kN
- Herkömmliche Seilwinde: Zugkraft obere Lage und untere Lage, z. B. 40 kN und 60 kN à die Zugkraft variiert hier, je nachdem wie viel Seil von der Trommel abgespult wurde. Dies muss durch den Bediener abgeschätzt und miteinkalkuliert werden
Abb. 3: Calmbacher Tabelle zur Einschätzung der erforderlichen Zugkräfte bei der Seilwindenunterstützten Fällung. Quelle: Forst BW
Fällung mit ferngesteuerten Fällkeilen
Abb. 4: Fernbedienbarer mechanischer Fällkeil (© M. Bossenmaier)
Man unterscheidet mechanische Fällkeile, die per Spindel von einem Schlagschrauber angetrieben werden (Abb. 4) und hydraulische Fällkeile, die über eine Hydraulikpumpe laufen.
Beim Einsatz von ferngesteuerten Fällkeilen wird die »Sicherheitsfälltechnik« angewendet. Jedoch sollte man einige zusätzliche Punkte gegenüber dem üblichen Fällverfahren beachten.
Das Beischneiden der Wurzelanläufe sollte insbesondere bei geschädigten Laubbäumen, vermieden werden, da hierdurch möglicherweise die Bruchleiste zusätzlich geschwächt wird.
Falls der Stamm beim Anlegen des Fallkerbs Anzeichen für stärkere Fäule aufweist, darf der ferngesteuerte Fällkeil nicht verwendet werden, da die Fasern dann nicht ausreichend belastbar sind und der Keil sich in das geschädigte Holz drückt, ohne den Baum anzuheben. In diesem Fall ist seilwindenunterstützt zu fällen.
Mechanische und hydraulische Fällkeile sind im Vergleich zu herkömmlichen Fällkeilen weniger spitz ausgeformt. Bevor diese Keile in den Fällschnitt eingesetzt werden können, muss der Fällschnitt mit einem sogenannten »Schnabelschnitt« erweitert werden (siehe Abb. 4). Der Keil wird dann auf leichte Vorspannung gebracht, bis er im Fällschnitt zuverlässig sitzt, sodass er sich bei der Vorschubbewegung nicht aus dem Fällschnitt drückt.
Ein Ausreizen der maximalen Hubkräfte ist vor allem bei geschädigten Buchen nicht zu empfehlen, da die Festigkeit des Holzes hier schon beeinträchtigt sein kann und im schlimmsten Fall die Bruchleiste abreißen kann.
Abbildung 5: Hilfstabelle zur Ermittlung der benötigten Hubkraft bei der Fällung von Bäumen mit technischen Fällhilfen.
Quelle: Mark-Fabian Franz, KWF e.V., 2020
- Erstellt unter der Annahme einer Baumhöhe von 30 m, einem Kronendurchmesser von 10 m und einer Abholzigkeit von 1 cm/m und unter der Verwendung der Sicherheitsfälltechnik.
- Einschubtiefe 0 cm entspricht der Anwendung der Tabelle unter Verwendung technischer Fällkeile.
- Die mit den Hubkraftkalkulator ermittelten Werte liegen vergleichsweise nahe an den realen »Ist-Werten«. Daher wird empfohlen, die Hubkraftangaben der verwendeten technischen Fällhilfen, insbesondere der technischen Fällkeile, mit einem praxisbewährten Sicherheitsfaktor zu reduzieren. Dieser kann bis zu 50 % der Nennhubkraft betragen.
Summary
In terms of work safety, timber harvesting in many beech stands faces major challenges due to the effects of the dry years. The aim should be to choose working methods, where one is not at all, or as little as possible in the danger zone of the tree. Fully mechanised felling with a suitable harvester is the first choice here. If mechanised felling is not possible, winch-assisted felling or the use of remote-controlled mechanical and hydraulic wedges can be a safe solution. It is important that these technical solutions are used correctly by experienced and trained chainsaw operators.
Literatur
- Fottner, T.; Bossenmaier, M. (2020): Geschädigte Laubbäume sicher fällen. LWF aktuell Nr. 127, S. 2426
- Franz, M.; Lippert, K. (2021): Erforderliche Hubkräfte bei der Baumfällung unter Verwendung technischer Fällhilfen. FTI 1/2021, S. 1015
- Fottner, T. (2022): Keil oder Seil?. BLW 4, S. 2627
- KWF-Homepage (2022): hubkraftkalkulator.kwfonline.de
- Weise, G.; Heubaum, F. (2021): Über die FOPSPrüfung von Fahrerkabinen in totholzreichen Zeiten. Forsttechnische Informationen Nr. 5, S. 48
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Weiterführende Informationen
Autoren
- Michael Bossenmaier
- Thomas Fottner
- Dr. Herbert Borchert