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Gabriele Lobinger, Hannes Lemme und Karin Bork Fraßschäden durch Schmetterlinge - Blickpunkt Waldschutz 6/2018
Schwammspinner
Die bis zu 7,5 cm großen Raupen des Schwammspinners ([i]Lymantria dispar[/i]) verzehren große Mengen Laub. Da sich die Fraßzeit der Raupen meist weit in den Juni hinein erstreckt, ist vom Fraß nicht nur der Mai-, sondern auch der Johannistrieb betroffen. Häufig werden zusätzlich die jungen Blätter der Nachtriebe vom Eichenmehltau befallen und sterben ab.
Beim Schwammspinner ist seit 2016 eine deutliche und vor allem synchrone Erhöhung der Besatzdichten im Befallsgebiet zu verzeichnen. Aufgrund der hohen Eischwammdichten an den Prognosestandorten wurde im Herbst/Winter 2017 eine flächige Eigelegesuche durch die Reviere der Forstverwaltung und der BaySF im gesamten potenziellen Befallsgebiet veranlasst. Die Eigelegesuche ergab für mehrere Waldbestände bzw. –bestandesteile in Unter- und Mittelfranken das Risiko eines vollständigen Kahlfraßes. Um diesen zu verhindern wurden im Mai 2018 auf ca. 1.000 ha in den Amtsbereichen der ÄELF Uffenheim, Kitzingen, Würzburg, Schweinfurt und Neustadt an der Saale Pflanzenschutzmittel ausgebracht.
Die Pflanzenschutzmittelbehandlung verlief erfolgreich. Auf Flächen mit Behandlung sind die Dichten des Schwammspinners deutlich zurückgegangen. Auf nicht behandelten bzw. übersehenen Flächen erfolgte geringer Fraß bis hin zum kompletten Kahlfraß aller Laubbäume. Zum Teil wurden auch Nadelbäume im Bestand wie Fichte, Lärche oder Douglasie und der Eichennebenbestand wie Buche oder Hainbuche vom Schwammspinner komplett befressen.
Aufgrund vorzeitiger Verpuppung durch Nahrungsmangel erfolgt derzeit auf Kahlfraßflächen teilweise schon der Flug der Schmetterlinge zur Eiablage. Auf Flächen mit Fraß bis hin zu starkem Lichtfraß sind derzeit die letzten fressenden Larven noch in den Kronen.
Seit wenigen Tagen beginnen die Eichen mit ihrem Johannistrieb und können damit Blattmasseverluste ausgleichen. Die Revitalisierung der vom Schwammspinnerfraß geschädigten Eichen hängt entscheidend davon ab, inwieweit die jungen Blätter dieser Nachtriebe vom Eichenmehltau (Microsphaera alphitoides) befallen werden. Der Grad der Revitalisierung der befressenen Eichen ist auch entscheidend für die Anfälligkeit in den kommenden Jahren gegenüber Sekundärschädlingen, wie dem Zweipunktigen Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus).
Erfahrungsgemäß dauern Gradationen des Schwammspinners mehrere Jahre, sodass der Höhepunkt der Dichteentwicklung in den Jahren 2019 oder 2020 zu erwarten ist.
Eichenprozessionsspinner
Bis vor wenigen Jahren beschränkte sich der Raupenfraß des Eichenprozessionsspinners (EPS, [i]Thaumetopoea processionea L.[/i]) auf einzeln stehende Eichen in Parkanlagen oder entlang von Waldrändern. Seit 1995 tritt der Schädling jedoch flächig in Massenvermehrung auf. Mittlerweile besiedelt er nicht nur Eichen- und Eichenmischwälder in Mittelfranken, Unterfranken und dem westlichen Oberfranken, sondern wird in ganz Bayern auffällig. Er scheint vom Klimawandel zu profitieren.
Im vergangenen Jahr trat der Eichenprozessionsspinner kleinflächig mit erhöhten Gespinstnestdichten und Fraß in Schwaben, Mittelfranken und der westlichen Oberpfalz deutlicher in Erscheinung. Heuer frisst der EPS flächig und anhaltend in allen Befallsgebieten, bis hin zum Kahlfrass der Eichen in Waldkomplexen.
Im Fraßbild unterscheiden sich Schwammspinner und Eichenprozessionspinner:
Tabelle: Unterscheidung von Schwammspinner und Eichenprozessionspinner im Fraßbild
Schwammspinner
Eichenprozessionsspinner
Fraßpflanzen
Fraß an Vielzahl von Laubbaumarten, bei extrem hohen Dichten Kahlfraß von Laubmischbeständen
nur Eiche, kein Kahlfraß von Laubmischbeständen
Fraßbild
bei sehr hohen Dichten kompletter Fraß der Eichenblätter mit Blattnerven und Blattrippe; ältere Larven fressen verschwenderisch, die Blattreste liegen am Boden
Blattrippen und meist auch Blattnerven bleiben bestehen, oft mit sehr geringen braunen Resten der Blattfläche, der Eindruck des kahlgefressenen Baumes erscheint von weitem braun
Die Raupenhaare des Eichenprozessionsspinners stellen eine akute gesundheitliche Gefährdung für Menschen dar. Ab dem dritten Larvenstadium wachsen den Raupen sehr feine, giftige Brennhaare, die bei Berührung sowie Bewegungen und Häutung der Raupen frei werden und durch Luftströmungen transportiert werden. Zudem befinden sie sich in den am Baum verbleibenden Gespinstresten und Verpuppungsnestern. Da diese Brennhaare eine lange Haltbarkeit und langanhaltende Giftwirkung besitzen, reichern sie sich über mehrere Jahre in der Umgebung an.
Sofern Aspekte des Gesundheitsschutzes betroffen sind, ist das zuständige Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde Ansprechpartner. Bei allen Fragen zur Waldbewirtschaftung im Zusammenhang mit dem Eichenprozessionsspinner beraten die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Der Goldafter [i](Euproctis chrysorrhoea)[/i] tritt seit 2015 bayernweit häufig in Erscheinung, 2018 wird auffälliger Befall mit Kahlfraß an verschiedenen Wirtsbaumarten beobachtet. Die Schmetterlingsart ist vor allem an Einzel- und Alleebäumen, in Obstgärten, an Waldrändern und in lichten Laubwäldern zu finden und nutzt als Wirtsbäume zahlreiche Laubbaumarten, dabei bevorzugt Eiche, Weißdorn und Obstgehölze.
Derzeit sind die älteren Raupenstadien zu finden, die bis zu 4,5 cm lang werden. Sie sind braun und gut erkennbar an den seitlichen Reihen weißer Haarflecken und zwei roten Trichterwarzen am Körperende (Abb.). Die Raupen leben gesellig in faustgroßen, sehr festen Gespinstnestern an den Zweigspitzen, von wo sie sich jeweils zum Fressen in der Baumkrone verteilen. Im Juni verpuppen sich die Raupen, die weißen Falter schlüpfen Ende Juni bis Anfang August. Die weiblichen Falter legen ihre Eier an den Zweigen der Wirtsbäume ab, die Jungraupen schlüpfen im August, fressen noch bis in den September und überwintern dann in den Gespinsten.
Die Raupen besitzen giftige Brennhaare, die neben mechanischen Reizungen der Haut und Schleimhäute auch allergische Reaktionen hervorrufen können. Bei geringer Befallsdichte können im Winter die Gespinstnester mit entsprechenden Schutzvorkehrungen von den Bäumen geschnitten werden. Eine Behandlung mit zugelassenen Insektiziden kann entweder unmittelbar nach Laubausbruch oder vor Schlupf der neuen Raupengeneration Ende Juli/August durchgeführt werden.
Auch ungefährliche Arten, wie z. B. der Wollafter ([i]Eriogaster lanestris[/i]) bilden sackförmige Gespinstnester an sonnenexponierten Laubbäumen (v. a. Linden und Birken) und Sträuchern und können daher mit dem Goldafter verwechselt werden.
Abb. 3 - 7: Raupen und Gespinste vom Goldafter (Fotos: G. Lobinger)
Start der Nonnenprognose
Die Nonne ([i]Lymantria monacha[/i]) gehört zu den forstlichen Großschädlingen und tritt überall in Bayern an Fichte und Kiefer auf. Kahlfraß der Nonne in Fichtenbeständen kann bereits im ersten Jahr zum Absterben der Bestände führen, in Kiefernwäldern kommt es häufig erst im zweiten Fraßjahr zu hohen Absterberaten.
In den vergangenen Jahren befand sich die Nonne auf Latenzniveau. In diesen Tagen startet die Nonnenprognose 2018 anhand der Falteranflüge an den „Variotrap“- Fallen. Die Nonnenprognose wird von der LWF, Abteilung Waldschutz, organisiert und ausgewertet. Die Förster vor Ort übernehmen die Leerung der Fallen und melden der LWF die Fangergebnisse.
Der Fangzeitraum erstreckt sich über die gesamte Schwärmzeit der Nonne (Juli/August) mit einer 14-tägigen Fallenleerung. Aufgrund der sehr warmen Witterung seit April rechnen wir mit einem vorzeitigen Schwärmbeginn der Falter. Daher beginnt die Nonnenprognose dieses Jahr 1 Woche früher. Die Warnschwelle (Übergang von Latenz in mögliche Progradation) liegt bei 1.000 Faltern je Falle und Fangsaison.
Wird diese Warnschwelle erreicht, leitet die LWF weiterführende Prognosemaßnahmen in Rücksprache mit den Revierleitern der ÄELF und BaySF ein. Dazu gehört zunächst die Puppenhülsenzählung im August/September. Deutet auch diese auf eine Erhöhung der Population hin, erfolgen im Frühjahr des Folgejahres Raupenspiegelzählungen und Probebaumfällungen zur Erfassung der Raupenzahlen. Weitere Maßnahmen sind Kotfall- und Fraßkontrollen, um einen möglichen Übergang in die Massenvermehrung rechtzeitig zu erkennen.