Eichenprozessionsspinner - Gefahr für Wald und Mensch
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea L.) kommt in Bayern an allen Eichen-Arten der Gattung Eiche vor: Stieleiche, Traubeneiche und Roteiche. Er tritt in warm-trockenen Regionen auf und bevorzugt lichte Eichenwälder, Bestandesränder und Einzelbäume in warmtrockenen Regionen auf, in Trockenjahren auch in Massenvermehrungen.
Abbildung: Eichenprozessionsspinner-Raupen
Neben den Fraßschäden liegt die eigentliche Schadwirkung des Eichenprozessionsspinners in den gesundheitlichen Auswirkungen der giftigen Raupenhaare auf den Menschen. Die Haare der Raupen führen beim Menschen zu Allergien. Gesundheitliche Beschwerden durch den Eichenprozessionsspinner können während des gesamten Jahres entstehen.
Biologie und jährlicher Entwicklungszyklus
Abbildung 2: Eichenprozessionsspinner Verbreitungsnachweis 2021
Ein Eichenprozessionsspinner-Weibchen legt im Mittel 150 ca. 1 mm große weiße Eier ausschließlich im oberen Kronenbereich von Eichen. Diese werden an dünnen, ein bis zwei jährigen besonnten Eichen-Zweigen in Form länglicher Platten abgelegt. Das Weibchen tarnt diese Gelege mit grauen Afterschuppen und Sekret. Bereits im Herbst entwickelt sich der Embryo, die fertige Jungraupe überwintert im Ei. Anfang Mai schlüpfen die für den Menschen gefährlichen Raupen des Eichenprozessionsspinners. Sie durchlaufen bis zur Verpuppung fünf bis sechs Entwicklungsstadien. Auf der breiten dunklen Rückenlinie liegen samtartig behaarte Felder mit rotbraunen, langbehaarten Warzen. Die Raupen fressen die austreibenden Blätter der Eichen, wobei oft die Mittelrippe zurück bleibt.
Von Beginn an leben die Eichenprozessionsspinner in geselligen Familienverbänden und sammeln sich nestartig an locker zusammengesponnenen Blättern oder Zweigen. Mitte Juni ziehen sich die älteren Raupen tagsüber und zur Häutung in typische, mit Kot und alten Larvenhäuten gefüllte Gespinstnester am Stamm und in Astgabelungen von Eichen zurück. Diese Nester sind bis zu einem Meter lang. Von dort aus begeben sich die Eichenprozessionsspinner-Raupen wie in einer Prozession auf Nahrungssuche. 20 bis 30 ältere Raupen können dabei nebeneinander her wandern und Prozessionen von mehr als 10 m Länge bilden.
Die Verpuppung des Eichenprozessionsspinners erfolgt Ende Juni/Anfang Juli in dicht aneinandergedrängten Kokons im Gespinstnest. Die Puppenruhe dauert drei bis fünf Wochen. Die Nester können mehrere Jahre als feste Gebilde aus Spinnfäden, Raupenkot, Häutungsresten und Puppenhülsen erhalten bleiben. Die Gefahr von Allergien beim Menschen bleibt dabei weiter bestehen.
Gesundheitliche Einschränkungen durch Brennhaare
Bei Auftreten von allergischen Symptomen sollte der behandelnde Arzt oder Hautarzt aufgesucht werden. Der Patient sollte dabei von sich aus auf den Kontakt mit den Raupenhaaren hinweisen.
Informationen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Bedeutung für den Wald
Abbildung 3: Gesellschaft an einem Ast
Seit 1995 tritt der Schädling jedoch flächig in Massenvermehrung auf. Schwerpunkt sind auf der Fränkischen Platte v.a. ehemalige oder aktiv bewirtschaftete Eichen-Mittelwälder. Bei einmaligem Kahlfraß durch den Eichenprozessionsspinner verhindert die Regenerationskraft der Eichen Folgeschäden. Bei mehrjährig aufeinander folgendem starken Fraß wird die Vitalität geschwächt, die Disposition der Bäume gegenüber weiteren Schädlingen wie Mehltau oder Eichenprachtkäfer erhöht sich. Die Folgen sind Zuwachsverluste, Ausfall der Eichenmast sowie häufiges Absterben.
Natürliche Feinde
Der Eichenprozessionsspinner besitzt eine Vielzahl natürlicher Feinde. Einige entfalten ihre Wirkung erst nach mehreren Jahren der Massenvermehrung. Besonders wirksam sind Ei- und Raupenparasiten wie die Raupenfliegen aus der Familie der Tachinidae, deren Larven sich im Inneren des Wirtes entwickeln. Wichtigste räuberische Käferart ist der Puppenräuber. Seine Larven suchen ihre Beute im Raupengespinst, während der Käfer die freien Raupen attackiert. Der Kuckuck verspeist die behaarten Raupen trotz der Brennhaare. Sie zeigen bei ihm keine Wirkung, da er seine Magenschleimhaut mit den darin festsitzenden Haaren herauswürgen kann.
Überwachung und Prognose
Eine Einschätzung der Populationsentwicklung des Eichenprozessionsspinners erfolgt anhand stichprobenartiger Kontrollen der Eigelege in den Baumkronen. Hierzu werden die Zweigproben bei feuchter Witterung untersucht (Probefällung im Winter, Baumsteiger, Hebebühne), da die Gelege dann dunkler und deutlich sichtbar sind. Eine kritische Zahl der Eidichte ist nicht bekannt. Jedoch weisen auch nur wenige gefundene Gelege immer auf eine erhöhte Dichte hin. Eine Überwachung des Falterfluges mit Pheromonen, dies sind artspezifische Sexuallockstoffe, ist in der Praxis noch nicht möglich.
Bekämpfung
Vorrangig muss eine Bekämpfung aus hygienischen Gründen dort in Erwägung gezogen werden, wo Menschen durch die Gifthaare gefährdet sind und eine Absperrung des befallenen Geländes für längere Zeit unmöglich ist. Zuständig zur Abwehr der Gesundheitsgefahr auf öffentlichem Gelände sind die Gemeinden, bei Privatgrundstücken die Eigentümer. Privatpersonen sollten dabei jedoch nicht zum Mittel der Selbshilfe greifen. Der Einsatz von Insektiziden ist sorgfältig abzuwägen und muß die Belange von Naturschutz und Wasserschutz berücksichtigen. Dabei sollte immer der Rat von Fachleuten eingeholt werden.
Projekt
Hintergrundinformationen und Downloads zum Eichenprozessionsspinner
- FAQs zum Eichenprozessionsspinner
- Eichenprozessionsspinner - LWF-Merkblatt 15
- Eichenprozessionsspinner - Haarige Gefahr für Eiche und Mensch - LWF-Faltblatt
- Prozessionsspinner und Schwammspinner (Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit)
- Fraßschäden durch Schmetterlinge - Blickpunkt Waldschutz 6/2018
- Eichenprozessionsspinner: Zwischen Pflanzenschutz und Gesundheitsvorsorge – LWF aktuell 124
- Ist er’s oder ist er’s nicht? – Eichenprozessionsspinner in Oberbayern? - LWF-aktuell 100
- Eichenschäden in Unterfranken - LWF-aktuell 99
- Verbreitung und Populationsdynamik des Eichenprozessionsspinners - LWF-aktuell 88
- Waldschutzrelevante Organismen an der Traubeneiche - LWF-Wissen 75
- Der Eichenprozessionsspinner und die Eichenfraßgesellschaft 2009/2010 - LWF-aktuell 75
- Einsatz gegen den Eichenprozessionsspinner - Forstcast.net
- Monitoring Eichenschädlinge
- Newsletter "Blickpunkt Waldschutz"