auch: Gewöhnliche Stechpalme, Gemeine Stechpalme, Hülse, Holst, Holly, Waxloaba, Stechloaba oder Ilex
Die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium) - Baum des Jahres 2021
Die Stechpalme kennen viele eher als Gartenstrauch oder Weihnachtsschmuck. Sie ist jedoch auch ein, wenn auch seltener, einheimischer Waldbaum.
Sie wächst in der Jugend gerade, aufrecht und schmal kegelförmig. Im Alter kann die Krone auch rundliche Formen haben. Ilex aquifolium wird bis zu 300 Jahre alt.
In Deutschland kommen Baumhöhen bis 15 m und Brusthöhendurchmesser (BHD) bis 60 cm vor. Die meisten Exemplare erreichen jedoch nur eine Höhe von sechs bis acht Metern und einen BHD von max. 20 Zentimeter. Das stärkste Exemplar Deutschlands steht wohl bei Emmerich am Niederrhein nahe der holländischen Grenze. Der Baum soll 260 Jahre alt sein, ist zwölf Meter hoch und hat einen glatten, walzenförmigen Stamm mit zwei Metern Umfang.
Kurzporträt Stechpalme
Klasse: | Magnoliopsida - Bedecktsamige Pflanzen |
Unterklasse: | Magnoliidae - Magnolienähnliche Gewächse |
Ordnung: | Aquifoliales - Stechpalmenartige |
Familie: | Aquifoliaceae - Stechpalmengewächse |
Gattung: | Ilex - Stechpalmen |
Art: | Ilex aquifolium - Gemeine Stechpalme |
Tagung zum Baum des Jahres 2021
Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Bayern e.V. und die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft veranstalten auch 2021 wieder die Tagung „Baum des Jahres“ – dieses Jahr wieder „online“!
Vorkommen
Abb. 1: Verbreitungsgebiet (Quelle: G. Caudullo, DOI: doi.org/10.1016/j.dib.2017.05.007)
In der Bundesrepublik findet man sie in Bereichen mit atlantisch und subatlantisch geprägtem Klima. Vorkommen gibt es im Norden von Mecklenburg-Vorpommern über die gesamte norddeutsche Tiefebene bis zum Niederrhein. Im Westen ist sie von Niedersachsen bis zum Schwarzwald zu finden. In Bayern gibt es vor allem im Süden kleinere Vorkommen besonders in einem schmalen Streifen am Alpennordrand.
Wasser und Boden
Optimale Wuchsbedingungen bieten die atlantisch geprägten Gebiete Nordwesteuropas mit milden Wintern und relativ hohen Sommerniederschlägen.
Anbaurisiko im Klimawandel
Vegetationskundler diskutieren als Folge des Klimawandels die sogenannte "Laurophyllisierung" mitteleuropäischer Wälder. Bei uns profitieren besonders immergrüne Gehölze, wie z. B. Efeu, Mistel oder Stechpalme vom Klimawandel und breiten sich in den letzten Jahren deutlich aus. In den Wäldern an der Alpen-Südseite sind es v. a. immergrüne Laubgehölze, wie Kampferbaum, Hanfpalme, Großblütige Magnolie und Kirschlorbeer, die häufig aus großen Gärten oder Grünanlagen in die Wälder verwildern. Es könnten sich daher wieder den tertiären Lorbeerwäldern ähnliche Wälder mit sommergrünen und wintergrünen Laubbaumarten mit neuer Artenzusammensetzung bilden.
Waldbau und Wuchsleistung
Abb. 7: Verjüngung von Ilex aquifolium (Foto: Gregor Aas)
Sie ist zwar ausgesprochen schattentolerant, um aber die in Mitteleuropa mögliche Wuchshöhe von 10 -15 Meter zu erreichen, benötigt auch sie mindestens lichten Halbschatten oder hellere Verhältnisse. Auch ihre Vitalität und ihre Fähigkeit, für Nachwuchs zu sorgen, werden durch ein besseres Lichtangebot gefördert. Die Entnahme beschattender Nachbarbäume sollte behutsam und über mehrere Jahre verteilt, aber dennoch konsequent, vorgenommen werden.
Andererseits sollte man der Stechpalme extremes Freiflächenklima ersparen und möglichst im näheren Umkreis stets einige wenige Alt- oder Pionierbäume als Frostschutz erhalten.
Waldschutz
Bei Gärtnern unbeliebt sind die Ilex-Minierfliege (Phytomyza ilicis) und die Ilex-Blattlaus (Aphis ilicis).
Der Asiatische Stechpalmenspanner Plesiomorpha flaviceps wurde bereits mehrfach in Deutschland nachgewiesen, ist jedoch noch nicht etabliert. Die Raupen dieser Art fressen die frischen, noch weicheren Blätter der Stechpalmen. Falls sich diese, allerdings eher subtropische, Schmetterlingsart bei uns etabliert, könnten dann auch die natürliche Vorkommen der heimischen Stechpalmen befallen werden [SELIGER/HEMMERSBACH (2018)].
Die Stechpalme zeigt, vermutlich als Fraßschutz vor Wildvberbiss, unterschiedliche Blattformen. Im unteren Bereich der Sträucher sind die Blätter gewellt und sehr stachelig. Im oberen Bereich, außerhalb des Äsers der Schalenwildarten, findet man immer weniger Stachel an den Blättern, bis sie schließlich völlig flach und stachellos sind. Unterschiedliche Blattformen am gleichen Exemplar nennt man botanisch "Heterophyllie".
Biologische Vielfalt
Sie ist bei Insekten relativ "unbeliebt", da es sehr wenige Arten gibt, die an Ilex vorkommen. Die bekannteste Art ist die Ilex-Minierfliege (Phytomyza ilicis), deren Larven sich monophag von Stechpalmenblättern ernähren. Die Fliegen treten von Ende Mai bis Ende Juni auf. Sie legen ihre Eier einzeln blattunterseits an der Basis der Mittelrippe oder an den Blattstiel an frischen Stechpalmenblättern ab. Die schlüpfende Larve frisst sich im Inneren der Mittelrippe in Richtung Blattspitze. Nach der 1.-Häutung verlässt die Larve die Mittelrippe und miniert im Palisaden-Parenchym. Nach der der zweiten Häutung (Jan-März) wird eine typische, gelbe Platzmine am Blatt erkennbar. Die Larve verpuppt sich dann März/April.
Die Beeren der Stechpalme werden von relativ wenigen Vogelarten aufgenommen. In England sind es v. a. Amsel, Rotdrossel, Misteldrossel, die die Beeren von Ilex fressen (SNOW/SNOW 1988, Birds and Berries). In Mitteleuropa sind nur 12 Vogelarten bekannt, die Ilex-Beeren als Nahrung aufnehmen (TURCEK 1961 – Ökologische Beziehungen der Vögel und Gehölze). Im Vergleich dazu fressen 63 Vogelarten die Früchte der Vogelbeere.
Holz
Abb. 8: Stechpalmenholz
(Foto: © Edelholzverkauf.de)
Kulturhistorische Bedeutung
Abb. 9: Ilex-Zweig auf dem alten 20 DM-Schein (Foto: Irina Fernandes/WDR, Deutsche Bundesbank)
Da Ilex wie die richtigen Palmen (daher wohl auch der Name Stech"palme") immergrün ist, wurden früher an Palmsonntag die Kirchen mit Zweigen geschmückt. Außerdem wurden Palmzweige zum Schmuck der Gräber zu Allerheiligen und zu Weihnachten geschnitten. In England und Nordamerika sind sie wichtiger Teil des Weihnachtsschmuckes.
Der bekannten Dichterin Annette von Droste-Hülshoff wurde unser früherer 20-DM-Schein gewidmet. Er zeigte eine starke Buche als Hinweis auf ihre Novelle „Die Judenbuche“ und einen Zweig der Stechpalme als Hinweis auf ihren Namen.
Besonderheiten und weitere Ilex-Arten
Erstens ist sie zweihäusig, d.h. es kommen jeweils Pflanzen mit nur männlichen und welche mit nur weiblichen Blüten vor. Zweitens sind alle wesentlichen Teile dieser Baumart giftig.
Mit der Japanischen Stechpalme (Ilex crenata), die in Aussehen und Wuchs dem Buchs ähnelt, wurde bereits mehrfach der Stechpalmenspanner nach Deutschland eingeschleppt.
Der südamerikanische Matestrauch (Ilex paraguariensis) liefert mit seinen Blättern den v. a. in der Südhälfte Südamerikas sehr beliebten Mate-Tee.
- waldwissen.net: Schulte, U. (2009): Die Stechpalme auf dem Vormarsch
- Übersicht der Naturwaldreservate in Oberbayern: Naturwaldreservat Fischbach mit Stechpalmenvorkommen
- Übersicht der Naturwaldreservate in Schwaben: Naturwaldreservat Rohrachschlucht mit Stechpalmenvorkommen
- Veste, M. und Kriebitzsch, W.-U.: Die Stechpalme – ein Gewinner des Klimawandels? - AFZ-DerWald, 16/2010, 16 - 18
- Burkart, A. (2018): Kulturanleitungen für Waldbäume und Wildsträucher. Anleitungen zur Samenernte, Klengung, Samenlagerung und Samenausbeute sowie zur Anzucht von Baum- und Straucharten. WSL Ber. 63: 104 S.
- Daum, Th. (1998): Kartierung und vegetationskundliche Untersuchung der Stechpalme (Ilex aqu.) in den Bayer. Forstämtern Marquartstein und Ruhpolding. 64 S., Diplomarbeit an der FH Hildesheim/Holzminden
- Rößner, H. (1998): Die Stechpalme (Ilex aquifolium L.), in: Sträucher in Wald und Flur, Bay. Forstverein, ecomed-Verlag, S. 312 - 317
- Literatursammlung zur Stechpalme in: Zoologisch-Botanische Datenbank ZOBODAT der Oberösterreichischen Landes-Kultur GmbH
- Roloff, A.; Weisgerber, H.; Lang, U.; Stimm, B. und Schütt,P. : Enzyklopädie der Holzgewächse, 33. Erg.Lfg. 9/03, III-2, 12 S.
- Schütt, P.; Schuck, H.-J. und Stimm, B. (2014): Lexikon der Baum- und Straucharten, 3. Auflage, 581 S.
- Jagel, A., Höggemeier, A., Kasielke,T. (2016): Ilex aquifolium – Gewöhnliche Stechpalme, Hülse, Ilex (Aquifoliaceae), Jahrb. Bochumer Bot. Ver. 7, S. 226 - 236
- Berger, S., Walther, G-R. 2007): Immergrüne Laubgehölze – Indikatoren des Klimawandels?, Ber. d. Rein.- Tüxen-Ges. 19, 44 - 59
- Schrötter, H. (1995): Die Stechpalme (Ilex aquifolium L.) an der Nordostgrenze ihres Verbreitungsgebietes, Forst und Holz 50. Jhg., S. 785 - 787