LWF aktuell 140
Mit Luftbildern Borkenkäferschäden erfassen
von Christoph Straub, Adelheid Wallner, Eike Reinosch und Rudolf Seitz
Abb. 1: Borkenkäferschäden wie hier im Frankenwald können mit Feldaufnahmen nur teilweise erfasst werden. Luftbilder geben einen umfassenderen Einblick in das Geschehen. (© E. Reinosch, LWF)
Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft beauftragte 2021 und 2022 großflächige Luftbildbefliegungen, um die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bei der Erfassung von Borkenkäferschäden zu unterstützen. Ziel war es, möglichst schnell hochaufgelöste Orthophotos bereitzustellen. Welches Potenzial steckt in den »Fast-Orthophotos« und wie kann deren Auswertung weiter optimiert werden?
Auch 2022 begünstigten Trockenheit und Hitze die Ausbreitung der Fichtenborkenkäfer. Besonders betroffen waren wie in den Vorjahren die nordbayerischen Fichtenwälder, zudem wurde eine Ausweitung der Gefährdung in den Süden beobachtet. Die höchsten Buchdruckerdichten bzw. Fangzahlen stellte man im Frankenwald fest (Triebenbacher et al. 2023) – dort sind durch den massiven Borkenkäferbefall mittlerweile große Kahlflächen entstanden (Abbildung 1).
Um einen Überblick über das Ausmaß von Borkenkäferschäden zu erhalten, sind Luftbildaufnahmen aus dem Flugzeug ein nützliches Hilfsmittel. In den vergangenen Jahren fragte die Forstpraxis deshalb zunehmend Luftbilddaten bei der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) an, um damit die Schaderfassung vor Ort zu unterstützen.
Abb. 2: Befliegungskulissen der beauftragten Fast-Orthophoto-Bildflüge in Oberfranken (© LWF)
Bei Massenvermehrungen (z. B. des Buchdruckers) ist eine möglichst schnelle Datenbereitstellung notwendig. Im Jahr 2021 testete die LWF im Projekt »Fast-Ortho« deshalb einen Arbeitsablauf, der digitale Orthophotos möglichst zeitnah bereitstellen soll. Ziel war es, den Zeitraum vom Bildflug bis hin zur Datenbereitstellung so weit wie möglich zu verkürzen, ohne dass dabei inakzeptable Präzisionsverluste bezüglich der Auffindbarkeit der Schäden entstehen. Die so erstellten Bilddaten werden aufgrund der schnelleren Aufbereitung auch als »Fast-Orthophotos« bezeichnet.
Was sind Fast-Orthophotos?
- Hohe räumliche Auflösung von 20 cm × 20 cm für die Erstellung der Fast-Orthophotos
- Systematische Aufnahme der Luftbilder in festgelegten Abständen entlang parallel verlaufender Flugstreifen
- Geringere Genauigkeitsanforderungen an die Orientierung der Stereo-Luftbilder beim Fast-Orthophoto-Bildflug im Vergleich zu klassischen Bildflügen
- Umrechnung der Luftbilder in eine verzerrungsfreie und maßstabsgetreue Orthogonalperspektive mit Hilfe eines amtlichen Geländemodells
Die räumliche Auflösung bezeichnet die Bodenfläche, die ein Pixel im Luftbild auf der Erdoberfläche abbildet. Die hohe räumliche Auflösung stellt sicher, dass Baumkronenstrukturen und Kronenverfärbungen in den Bilddaten gut erkennbar sind.
Bei der systematischen Aufnahme der Luftbilder überlappen sich benachbarte Bilder, um eine lückenlose, stereoskopische Auswertung des gesamten Befliegungsgebietes zu ermöglichen. Hier unterscheidet man die Längsüberlappung der Einzelbilder in Flugrichtung und die Querüberlappung der benachbarten Flugstreifen. Für die Herstellung der Fast-Orthophotos werden 70 % Längsüberlappung und 30 % Querüberlappung festgelegt. Im Vergleich dazu gibt die Bayerische Vermessungsverwaltung für die Herstellung von amtlichen Orthophotos mindestens 80 % Längsüberlappung und 50 % Querüberlappung vor (LDBV 2023). Die geringere Einzelbildüberlappung bei einem Fast-Orthophoto-Bildflug verstärkt Verkippungen und somit Lageabweichungen von Objekten über der Erdoberfläche außerhalb der Bildmittelpunkte (bzw. Nadir-Bereiche). Diese Abweichungen müssen in Kauf genommen werden – dafür werden aber weniger Flugstreifen benötigt und sehr viel weniger Einzelbilder aufgezeichnet. Dies reduziert die gesamte Datenmenge und beschleunigt die anschließende Prozessierung. Die geringeren Genauigkeitsanforderungen an die Orientierung der Stereo-Luftbilder beim Fast-Orthophoto-Bildflug ermöglichen eine schnellere Durchführung dieses Arbeitsschritts.
Die originären Stereo-Luftbilder sind zunächst eine zentralperspektivische Abbildung der aufgenommenen Landschaft, wobei die Zentralperspektive zu geometrischen Verzerrungen und zu Maßstabsunterschieden innerhalb der Bilder führt. Die Orthophotoherstellung verfolgt das Ziel, die Luftbilder mit Hilfe eines Höhenmodells in eine verzerrungsfreie und maßstabsgetreue Orthogonalperspektive umzurechnen. Diesen Prozess nennt man »Orthorektifizierung«. Erst dadurch lassen sich die Bilddaten zur Messung von Koordinaten in einem GIS nutzen. Um die orientierten Stereo-Luftbilder des Fast-Orthophoto-Bildflugs zu orthorektifizieren, wird ein amtliches Geländemodell aus flugzeuggestützter Laserscannermessung verwendet, welches bereits flächendeckend für Bayern vorliegt (LDBV 2023). Im Vergleich dazu erfolgt die Orthorektifizierung von amtlichen Stereo-Luftbildern mit einem Oberflächenmodell, das auf Grundlage der Stereo-Bilddaten berechnet wird. Die Verwendung des vorliegenden Geländemodells beschleunigt diesen Arbeitsschritt, führt aber zu etwas größeren Lageungenauigkeiten in den Fast-Orthophotos.
Durchführung der Bildflüge
Abb. 3a: Ausschnitte der Fast-Orthophotos vom Herbst 2021 in Echtfarben-Darstellung (© LWF)
Abb. 3b: Ausschnitte der Fast-Orthophotos vom Herbst 2022 in Echtfarben-Darstellung (© LWF)
Die Abbildungen 3 und 4 zeigen beispielhaft einige Ausschnitte der Fast-Orthophotos von den Herbstbefliegungen 2021 und 2022. Dargestellt sind jeweils Ausschnitte aus dem Frankenwald. Spätere Befallsstadien, bei denen sich die Baumkronen rotbraun oder grau verfärbt haben, können gut identifiziert werden. In Abbildung 3 ist auch die oben erwähnte Verkippung von Baumkronen außerhalb des Nadir-Bereichs erkennbar. Durch den Vergleich der Fast-Orthophotos der Jahre 2021 und 2022 lässt sich die Entwicklung des Schadgeschehens in diesem Zeitraum analysieren und dokumentieren. In diesem Zusammenhang verdeutlicht Abbildung 4, dass die Entstehung von Kahlflächen sehr gut sichtbar gemacht werden kann.
Positive Rückmeldungen aus der Praxis
Abb. 4: Durch den Vergleich der Fast-Orthophotos 2021 und 2022 wird sichtbar, wo innerhalb eines Jahres Kahlflächen entstanden sind. (© LWF)
Allerdings stößt die Bildanalyse in bestimmten topographischen Lagen an ihre Grenzen: Insbesondere in steilen Hanglagen beeinträchtigte eine zu starke Verschattung je nach Aufnahmezeitpunkt und Beleuchtungssituation die Erkennung von Schadflächen. Dies ist auch auf den späten Befliegungszeitpunkt im September und Oktober und den damit verbundenen niedrigen Sonnenstand zurückzuführen.
Aktuelle Forschung: Automatisierte Erfassung von Kahlflächen mit Oberflächenmodellen
Abb. 5: Dreidimensionale Ansicht eines Waldbereichs im Frankenwald (Größe: 15 ha). Durch die Berechnungsmethode stehen verschwundene Bäume (Differenzen) nach oben, unveränderte (Kronen-) Flächen sind eben dargestellt. Alle vier Darstellungen stellen den gleichen Ausschnitt dar. Die oberste Darstellung zeigt ein amtliches Oberflächenmodell vom Mai 2017, darunter ist das berechnete Oberflächenmodell aus der Fast-Orthophoto-Befliegung vom Oktober 2022 abgebildet. Daraus wurde die Veränderung bzw. Höhenabnahme zwischen beiden Aufnahmezeitpunkten abgeleitet. In der Darstellung ist allen Höhenzunahmen der Wert Null zugewiesen (Höhenzunahmen können beispielsweise durch Höhenwachstum oder auch durch lokale Ungenauigkeiten in den Modellen entstehen). Die unterste Abbildung zeigt automatisiert abgegrenzte Kahlflächen über dem Fast-Orthophoto. (© LWF)
Um für ein Untersuchungsgebiet festzustellen, welche Kahlflächen in einem bestimmten Zeitraum entstanden sind, werden zwei Oberflächenmodelle mit unterschiedlichen Aufnahmezeitpunkten miteinander verglichen (Veränderungsanalyse). In Abbildung 5 ist dieses Vorgehen schematisch dargestellt. Als Untersuchungsgebiet diente exemplarisch das Wuchsgebiet 8.1 Frankenwald. Im vorliegenden Fall wählte man als Referenz ein DOM der Bayerischen Vermessungsverwaltung aus, welches den Waldzustand Ende Mai 2017 darstellt. Der Höhenvergleich erfolgte mit einem DOM, das aus den Stereo-Luftbildern des Fast-Orthophoto-Bildflugs vom Herbst 2022 berechnet wurde. Die Höhenabnahme von Mai 2017 bis Oktober 2022 zeigt, wo potenziell Kahlflächen entstanden sind. Wie Abbildung 5 verdeutlicht, werden daraus im letzten Bearbeitungsschritt Polygonflächen abgegrenzt.
Allerdings gibt es für eine Höhenabnahme auch Gründe, die nicht mit der Aufarbeitung von Schadholz in Verbindung stehen. Bei Laubholz kann beispielsweise der Laubabwurf im Herbst eine Höhenabnahme verursachen. Zudem können der niedrige Sonnenstand im Herbst und die dadurch bedingten langen Schattenwürfe bei der Erstellung des Oberflächenmodells zu Fehlern führen. Deshalb ist es wichtig, die automatisch generierten Ergebnisse manuell zu überprüfen. Fehlerquellen wurden reduziert, indem zusätzliche Geodaten miteinbezogen wurden: Eine an der LWF erstellte Baumartengruppenkarte konnte verwendet werden, um Laubholzflächen von weiteren Bearbeitungsschritten auszuschließen; außerdem mussten kleine automatisiert erfasste Flächen mit einer Größe < 250 m² beseitigt werden, da hier die automatisierte Erfassung weniger zuverlässig funktioniert.
Die Genauigkeitsüberprüfung der automatisierten Kahlflächen-Erfassung erfolgte stichprobenartig im GIS über eine visuelle Bildinterpretation. Hierfür verteilte die LWF 630 Stichprobenpunkte zufällig innerhalb des Waldgebiets. An jedem Punkt wurde überprüft, ob das automatisch erstellte Ergebnis mit dem visuellen Eindruck im Orthophoto übereinstimmt. Dabei berücksichtigte man auch die Übergangsbereiche zwischen Kahlflächen und unveränderten Waldflächen, da dort die Genauigkeit der automatisierten Auswertung erfahrungsgemäß am niedrigsten ist.
Anhand der Validierung wurde eine Übereinstimmung (F1-Wert) von 91 % zwischen den automatisiert berechneten und den visuell bestätigten Kahlflächen festgestellt. Der Vergleich des aus der Fast-Orthophoto-Befliegung 2022 abgeleiteten DOM mit dem amtlichen DOM aus dem Jahr 2017 war demnach sehr gut geeignet, um die entstandenen Kahlflächen zu kartieren. Die Analyse ergab, dass zwischen Mai 2017 und Oktober 2022 insgesamt 71,73 km² (± 0,78 km²) Kahlflächen im Frankenwald entstanden sind – dies entspricht 15 % der gesamten Waldfläche im Wuchsgebiet 8.1 Frankenwald. Stehendes Totholz ist in dieser Berechnung allerdings nicht berücksichtigt, da dort in den hier ausgewerteten Oberflächenmodellen keine eindeutige Abnahme der Vegetationshöhen feststellbar war.
Fazit und Ausblick
Zukünftig wird eine möglichst automatisierte Auswertung der Fast-Orthophotos angestrebt, um den Zeitaufwand bei der Bildanalyse zu reduzieren. Dabei sollen auch moderne KI-Methoden wie Deep Learning (»tiefes Lernen«) – ein Teilbereich des maschinellen Lernens – getestet werden. Ob sich mit diesen Methoden ein robustes, zuverlässiges Modell zur Erfassung von verfärbten Fichten erstellen lässt, das zukünftig auf unterschiedliche Bilddatensätze angewendet werden kann, ist noch zu prüfen.
Die Berechnung eines Oberflächenmodells aus den Stereo-Luftbildern der Fast-Orthophoto-Befliegung 2022 war erfolgreich. Durch den Vergleich mit einem amtlichen Oberflächenmodell aus dem Jahr 2017 ließen sich Kahlflächen mit hoher Genauigkeit abgrenzen. Obwohl eine manuelle Korrektur der Ergebnisse stellenweise erforderlich ist, konnte dennoch ein hoher Automatisierungsgrad erreicht werden. Zukünftig soll getestet werden, ob alternative Fernerkundungstechniken – speziell mit flugzeuggetragener Laserscannermessung – eine noch präzisere Kartierung von Kahlflächen ermöglichen.
Zusammenfassung
Literatur
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Weiterführende Informationen
Autoren
- Dr. Christoph Straub
- Dr. Adelheid Wallner
- Eike Reinosch
- Rudolf Seitz