Barbara Fussi
So hat die Esche eine Chance! – LWF aktuell 126
Züchtungsprogramm mit »gesunden« Eschen- Nachkommen weckt Hoffnung für erfolgreichen Anbau
Die Esche kommt mit wärmeren und trockeneren Bedingungen gut zurecht und wurde für den Umbau der Wälder im Zuge des Klimawandels zunächst als mögliche Ersatzbaumart auf trockenen Standorten eingeschätzt. Aufgrund der massiven Ausbreitung des Eschentriebsterbens in den letzten Jahren ist diese Baumart vielerorts akut gefährdet. Eine direkte Bekämpfung des verantwortlichen Pilzes ist nur begrenzt möglich, und die Frage der Resistenz von Einzelbäumen gegenüber dem Eschentriebsterben bzw. der Vererbbarkeit und möglicher Züchtungsstrategien wird immer wichtiger.
Für die Nachzucht von Pflanzen für zukünftige stabile Eschenpopulationen ist entscheidend, dass die genetische Diversität ausreichend hoch ist. Die Prüfung der Resistenz bedarf einer intensiven und langfristigen Beobachtung. Resistente Individuen sollten nur aus Beständen ausgewählt werden, die schon längere Zeit (8 bis 10 Jahre) starkem Befallsdruck ausgesetzt waren. Die Einstufung der Bäume als »gesund« ist ohne langfristiges Konzept oft nur eine Momentaufnahme, die sich nur bedingt auf längere Sicht hält. Eine vegetative Vermehrung von falsch eingestuftem Ausgangsmaterial wird langfristig keinen Erfolg bringen.
Neben kranken und absterbenden Bäumen werden immer wieder auch weniger anfällige Bäume beobachtet. Der Anteil der resistenten Eschen in Beständen wird derzeit auf ca. 5 % geschätzt. Das bedeutet eine massive Fragmentierung der Eschenpopulationen, im Extremfall bleiben nur einzelne Eschen – isoliert voneinander – übrig. Ein effektiver Genfluss zwischen resistenten Bäumen ist aber notwendig, um den Anteil an gesunden Jungeschen zu erhöhen. Unzureichender Genfluss kann den Genpool einengen und damit das Anpassungspotenzial zukünftiger Eschengenerationen negativ beeinflussen.
Resistenzversuche unter erhöhtem Infektionsdruck
Um mögliche resistente Klone zu identifizieren, wurde 2014 in Grabenstätt (Oberbayern) eine Klonsammlung mit insgesamt 319 Ramets (Wiederholungen der Einzelklone) angelegt (Abbildung 1). Die Fläche liegt an der Tiroler Ache, wo sich der Pilz stark vermehren kann. Die Klone stammten von 36 optisch gesunden Bäumen aus stark befallenen Beständen ab. 2015 wurde in Grabenstätt eine weitere Versuchsfläche mit 24 Nachkommenschaften angelegt. Der Gesundheitszustand wurde einmal jährlich erhoben.
In 2014 waren noch 81 % der Pfropflinge komplett symptomlos und 17 % der Pfropflinge waren befallen (Abbildung 3). In 2015 hatte sich der Gesundheitszustand der Eschen drastisch verschlechtert. Nur 6 % der Pfropflinge waren noch völlig gesund. In den weiteren Beobachtungsjahren ist der Krankheitsverlauf ähnlich. Der Anteil der symptomlosen und gering geschädigten Pfropflinge lag zwischen 5 und 10 %. Einige Ramets haben sich durch die Bildung neuer Triebe wieder erholt.
Symptomfreie Nachkommen machen berechtigte Hoffnung
Bei den Nachkommenschaften waren 2015 noch 78 % der ausgepflanzten Sämlinge (gesamt 818) symptomlos. Bis auf die Nachkommenschaft von FAM7 wurden bei allen Nachkommenschaften befallene Pflanzen festgestellt (Abbildung 4). In den folgenden Jahren ist der Anteil der symptomlosen Pflanzen gesunken. In 2018 zeigten einzelne Nachkommenschaften wieder mehr gesunde Pflanzen (Fam3, Fam9, MK15, MK41) oder gleichbleibende Werte (Fam15, MK106, MUR1). Diese Ergebnisse zeigen, dass langfristig Hoffnung für die Esche besteht, da in jeder Nachkommenschaft nach vier Beobachtungsjahren immer noch symptomfreie Eschenpflanzen vorhanden sind.
Resistenz-Marker gesucht
Zoombild vorhanden
Abb. 3: Gesundheitszustand der Klone auf der Fläche in Grabenstätt 2014 bis 2018 (Grafik: LWF)
Gleichzeitig wird die Entwicklung neuer Marker zur Beurteilung der Resistenz sowie die Beobachtung einzelner genetisch determinierter Merkmale wie z. B. das Austriebsverhalten weiter intensiviert. In Zusammenarbeit mit der dänischen Forstuniversität wurde eine sog. GWAS-Studie ins Leben gerufen.
Eine genomweite Assoziationsstudie (GWAS, engl. Genomewide association study) ist eine Untersuchung der Variation des Genoms eines Organismus. Sie ist darauf ausgelegt, einen bestimmten Phänotyp (z. B. eine Krankheit) mit einer bestimmten Genvariation in Verbindung zu bringen. Dabei werden zwei Gruppen gebildet – eine Gruppe, die das Merkmal, also die Krankheit, hat und eine Gruppe, die gesund ist. Das Ziel von GWAS ist es, eine bestimmte Genvariation zu identifizieren, welche gemeinsam mit einem Merkmal auftritt.
Genetische Untersuchungen und Feldversuche sind hier besonders eng verknüpft, da die Ergebnisse aus dem Labor im Feld getestet werden müssen. Um sicher zu gehen, dass die ausgewählten Plusbäume für zukünftige Züchtungs- oder Erhaltungsprogramme wirklich geeignet sind, sollten mehrjährige Beobachtungen unter starkem Infektionsdruck stattfinden. Das zu gewinnende Saatgut aus Samenplantagen soll eine hohe Resistenz, eine ausreichende genetische Vielfalt sowie gute Wuchseigenschaften aufweisen.
Trittsteine als Beitrag der Praxis zur Vernetzung von gesunden Eschen
In einem derzeit laufenden Projekt untersucht das AWG zusammen mit der Universität Eichstätt (Prof. Dr. Jochner- Oette) die effektive Pollenausbreitung bei der Esche. Die Bestandesdichte und der Abstand zwischen den Eschen trägt entscheidend zum Austausch des genetischen Materials zwischen den Bäumen bei. Um die gegenseitige Bestäubung von gesunden Eschen sicherzustellen, darf der Abstand nicht zu gross sein. Unzureichender Genfluss kann den Genpool einengen und damit das Anpassungspotenzial zukünftiger Eschengenerationen negativ beeinflussen. Walbesitzer können einen wichtigen Beitrag zur Generhaltung leisten, indem sie gesunde Eschen in ihren Beständen erhalten.
Gesunde Eschen schonen, Mischbaumarten einbringen
Zur Förderung von natürlichen Resistenzbildungen sind forstliche Maßnahmen dringend erforderlich. Daher sollten langfristig angelegte Waldbauprogramme ein Hiebsverbot für gesunde Eschen einführen. Dadurch können die natürlichen Anpassungsprozesse über Naturverjüngung und Selektion weiterhin stattfinden. Um die Angst der Waldbesitzer vor dem Totalausfall zu reduzieren, sollten weitere Mischbaumarten z. B. Elsbeere, Flatterulme, Baumhasel oder Edelkastanie auf den Flächen eingebracht werden.
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