Hendrik Edelhoff, Wibke Peters, Cornelia Ebert, Nicolas Cybulska und Alois Zollner
Schalenwildmanagement im Bergwald – LWF aktuell 129

Populationsgrößen und Schalenwildverteilung als erste Bausteine eines integrativen Managements

Das gesellschaftspolitische Interesse am Zustand der Umwelt hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dabei spielt der Schutz der Wildtiere und deren Lebensräume in der Öffentlichkeit eine besondere Rolle. Das betrifft neben den seltenen Arten auch die Wildtiere, die in unserer Kulturlandschaft häufig vorkommen und die nach gesetzlichen Vorgaben gemanagt werden. Ein integrales Wildtiermanagement wird aber nur dann auf Akzeptanz stoßen und gelingen, wenn es auf gesicherten Erkenntnissen zur Populationsgröße, zum Populationszustand, zur Raumnutzung, zum Lebensraumder Wildtiere sowie zu den menschlichen Landnutzungsinteressen basiert.

In den letzten Jahren stehen die Wildtierbestände im Bergwald oft im Fokus forst-, jagd- und gesellschaftspolitischer Diskussionen. Ein Grund hierfür ist, dass insbesondere im Bergwald ganz unterschiedliche Meinungen über die Größe oder den Zustand der Wildtierpopulationen aufeinandertreffen. Diese beruhen zumeist auf persönlichen Einschätzungen, nicht aber auf wissenschaftlichen Grundlagen und gesicherten Erkenntnissen.

Tatsächlich ist es unter den besonderen und oft auch sehr extremen Geländeverhältnissen im Bergwald nicht einfach, belastbare und zuverlässige Informationen über die Wildbestände zu ermitteln. Um die zum Teil sehr kontrovers geführten Diskussionen zu versachlichen, ist es daher notwendig, eine verlässliche Datengrundlage für die Beurteilung der sensiblen Wildtierlebensräume und Ökosysteme sowie der Wildtierbestände im Gebirge zu schaffen. Erst auf der Basis gesicherter Fakten kann ein verantwortungsvolles und integrales Schalenwildmanagement entwickelt werden, das auch gesellschaftliche Akzeptanz findet.

In dem durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geförderten Forschungsvorhaben »Integrales Schalenwildmanagement im Bergwald« werden deshalb in repräsentativen Projektgebieten neben der Populationsgröße und dem Populationszustand auch die Raumnutzung von Gams, Rot- und Rehwild detailliert untersucht. Darauf aufbauend können dann auch die Einflüsse menschlicher Nutzungsinteressen auf die drei Schalenwildarten näher beleuchtet werden (siehe Kasten »Ziele des Projekts«).

Zwei repräsentative Projektgebiete im Karwendel und im Chiemgau

Diagramme mit Anteilen der Seehöhe, Exposition und Hangneigung innerhalb der beiden Projektgebiete Chiemgau (grün) und Karwendel (blau). Es wird deutlich, dass das Projektgebiet Karwendel höher gelegen und insgesamt steiler als das Projektgebiet Chiemgau ist. Im Karwendel sind mehr nördlich exponierte Bereiche vorzufinden.  Zoombild vorhanden

Abb. 1: Vergleich der Lebensraumzusammensetzung der zwei Projektgebiete Chiemgau und Karwende (Grafik: LWF)

Die Untersuchungen werden exemplarisch in zwei Projektgebieten, welche von den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) bewirtschaftet werden, durchgeführt. Die Gebiete unterscheiden sich bezüglich der Lebensraumsituation der Wildtiere, insbesondere der Wald-Offenland-Verteilung. Außerdem treffen in beiden Regionen vielfältige Nutzungsinteressen, wie Tourismus, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd, in teils unterschiedlichen Ausmaßen aufeinander. So können einerseits wildbiologische Fragestellungen zum Schalenwild im Bergwald untersucht werden und andererseits werden unterschiedliche, aber für den bayerischen Alpenraum insgesamt repräsentative Ausgangssituationen abgebildet.

Das erste Projektgebiet »Karwendel« liegt im BaySF-Forstbetrieb Bad Tölz und umfasst etwas mehr als 5.000 ha, die bekanntesten Berggipfel sind die Schöttelkarspitze (2.050 m ü. NN) und die Soiernspitze (2.357 m ü. NN). Das zweite Projektgebiet »Chiemgau« befindet sich im Forstbetrieb Ruhpolding und ist mit rund 7.000 ha etwas größer als das Erste. Im »Chiemgau« sind die bekanntesten Berggipfel die Kampenwand (1.669 m ü. NN) und der Geigelstein (1.808 m ü. NN). Allein die vier genannten Berggipfel vermitteln bereits einen Eindruck, wie sehr sich die Gebiete unterscheiden. Einen noch besseren Überblick gestattet Abbildung 1, in der die Höhenlagen, Expositionen und Hangneigungen der beiden Gebiete dargestellt sind.

Populationserfassung: Beprobung in schwierigem Gelände

Eines der Hauptziele des Projekts ist es, die Populationsgrößen und Geschlechterverhältnisse der drei in den Gebieten vorkommenden Schalenwildarten Rot-, Reh- und Gamswild zu erfassen. Neben traditionellen Methoden, wie der direkten Zählung von Wildtieren (Blockzählung beim Gamswild bzw. Zählung von Rotwild in Wintergattern bzw. an Fütterungen), kommen auch moderne Untersuchungsverfahren aus dem Bereich der Wildtiergenetik (s. Kasten) zum Einsatz.

Um die Populationsgrößen und die Dichten der Schalenwildarten mit hoher Genauigkeit zu bestimmen, wurden beide Projektgebiete in einem festgelegten Raster nach frischen Kotproben abgesucht. Das Aufnahmeverfahren wurde vorab durch Feldversuche und Simulationen optimiert. Es bietet ausreichend Flexibilität für eine statistisch aussagekräftige Stichprobenerhebung auch im teils schwierig begehbaren Gelände. Die Projektgebiete wurden jeweils einmal im Frühsommer und einmal im Herbst beprobt. Anschließend wurden die Kotproben im Labor genetisch untersucht (sogenannte Kotgenotypisierung).

Dabei wurde die Anzahl der verschiedenen Individuen der jeweiligen Tierart, deren Geschlecht (Gurgul et al. 2010) sowie die Anzahl der Erfassungen pro Individuum bestimmt. Letztlich erfolgte die statistische Auswertung mittels der räumlichen Fang-Wiederfang-Analyse (s. Kasten, Efford & Fewster 2014; Gardner et al. 2009). Ein Vorteil dieser Methodik gegenüber anderen Populationsschätzmethoden ist, dass es der räumliche Ansatz ermöglicht, die Dichte in verschiedenen Bereichen des untersuchten Gebietes abzuleiten und nicht nur die Populationsgröße für das gesamte Gebiet zu bestimmen (Mollet et al. 2015).

Das Karwendel wurde erstmalig im Jahr 2017, das Chiemgau erst ein Jahr später beprobt. Daher werden im Folgenden exemplarisch die Ergebnisse der ersten Beprobung im Projektgebiet Karwendel für das Gamswild vorgestellt:

Wie viele Gämsen gibt es im Projektgebiet Karwendel?

Zwei Karten geben einen Überblick über die Datenerhebung der ersten Kotsammlung im Projektgebiet Karwendel im Frühsommer 2017. Auf der einen topografischen Karte sind die Suchpfade der Kartierteams dargestellt. Das Projektgebiet wurde in Tageseinheiten für die Kartierteams unterteilt. Auf der anderen topografischen Karte sind die Tageseinheiten und die Kotfundpunkte der drei Schalenwildarten dargestellt. Zoombild vorhanden

Abb. 2: Die Karten zeigen die Suchpfade der Kartierteams (links) und die Kotfundpunkte der drei Schalenwildarten (rechts) der Kotsammlung (Grafik: LWF)

Bei der ersten Aufnahme im Frühsommer 2017 wurden im Projektgebiet Karwendel über 2.000 Losungsproben von allen drei Schalenwildarten gesammelt und anschließend genetisch analysiert. Dabei konnten für das Gamswild 408 unterschiedliche Individuen identifiziert werden.

Nachdem aber naturgemäß nicht von jeder im Projektgebiet vorkommenden Gams Losungsproben gefunden werden können, wird unter Berücksichtigung der Suchpfade der Kotsammler und der Fundpunkte (Abbildung 2) der Gamsbestand mittels der räumlichen Fang-Wiederfang-Analyse hochgerechnet. Die Wiederfangrate bei dieser Beprobung lag im Durchschnitt unter 1,4 Nachweisen pro Individuum, was eher gering ist und zu einer gewissen Ungenaugkeit der Berchnungen beitragen kann.

Der Frühsommerbestand 2017 im Karwendel wurde danach auf mindestens 650 Stück geschätzt
Methoden und Anwendungen der Wildtiergenetik
Genetische Methoden werden zunehmend für die Beantwortung unterschiedlicher Fragestellungen in der Wildtierforschung angewandt. Insbesondere für das Monitoring von Wildtieren eignen sich genetische Ansätze. Die Anwendungsbereiche reichen dabei von Nachweisen einer Art in einem Gebiet bis hin zum Erforschen genetischer Variabilität und Konnektivität von Tierpopulationen. Für solche Untersuchungen kommen sowohl invasiv gewonnenes Probenmaterial (z. B. Gewebe- oder Blutproben von Lebendfängen sowie Gewebeproben erlegter oder tot aufgefundener Tiere) als auch nicht-invasiv gewonnene Proben in Frage (z. B. Kot, Federn oder Haare von Tieren).

Im Fall frischer Kotproben sind abgestorbene Darmschleimhautzellen, die mit dem Kot abgesetzt werden, die DNA-Quelle. Neben der Tierart kann so nicht nur das Geschlecht des Tieres ermittelt werden, sondern mittels Microsatellitenanalyse sogar ein »genetischer Fingerabdruck« des Individuums erstellt werden. Dadurch ist es möglich, über Proben (z. B. Kot oder Haare), welche nach einem systematischen Suchraster in einem Gebiet gesammelt wurden, in Kombination mit einer genetischen Individuen- und Geschlechtsauswertung Bestandesschätzungen vorzunehmen.

Mit einer genügend großen Stichprobe erlaubt diese Methode für viele Tierarten vergleichsweise genaue Schätzungen von Bestandesdichte und Geschlechterverhältnis.

Räumliche Variabilität der Dichten innerhalb des beprobten Gebietes

Auf einer topografischen Karte sind die Dichten für das Gamswild basierend auf den SECR-Analysen getrennt nach Geschlechtern dargestellt. Die Dichteverteilung zeigt in rot hohe Dichten und in grün niedrigere Dichten. Die Verteilung der Böcke ist laut der Karte großräumiger als die Verteilung der GeißenZoombild vorhanden

Abb. 3: Ergebnisse der Auswertung der Losungsfunde mittels Fang-Wiederfang-Analyse für die Gams im Projektgebiet Karwendel aus dem Frühsommer 2017. (Grafik: LWF)

Aufgrund der unterschiedlichen Lebensraumausstattung sind die Gämsen nicht gleichmäßig über das Gebiet verteilt. Ihre Verbreitung innerhalb des Projektgebiets variiert vielmehr räumlich sehr stark. Gerade niedrigere Lagen und bewaldete Bereiche wiesen im Frühsommer 2017 geringere Dichten auf als die Flächen oberhalb der Waldgrenze (Abbildung 4). Die teilweise recht hohen Dichten in den Hochlagen des Untersuchungsgebiets (z. B. Soierngebiet) sind durch die dort vorherrschenden optimalen Gamshabitate mit guter Nahrungsverfügbarkeit zu erklären.

Nicht selten sind gerade im Sommer und Herbst rund um den Soiernkessel große Gamsrudel zu beobachten. Bei der Interpretation sollte aber beachtet werden, dass Individuen, die dort während der Aufnahme nachgewiesen wurden, natürlich nicht zwangsläufig ausschließlich im Bereich des Untersuchungsgebiets leben, sondern auch zwischen den angrenzenden Lebensräumen mit ebenfalls hoher Eignung wechseln.

Eine potenzielle Zu- und Abwanderung kann mittels GPS-Telemetrie untersucht werden. Die ersten Ergebnisse der Telemetriestudie zum Gamswild im Karwendel deuten dabei auf einen regen Austausch mit angrenzenden Gebieten hin (s. Beitrag von Peters & Edelhoff »Die Wege der Gams«, S. 14-16 in diesem Heft).

Geschlechterspezifische Unterschiede

Bei der Auswertung wurden ebenfalls geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigt. Vergleicht man die geschätzten Populationsgrößen miteinander, ergibt sich ein Geschlechterverhältnis (männlich zu weiblich) von ca. 1:1,3. Betrachtet man die Ergebnisse der geschätzten Verteilung der beiden Geschlechter innerhalb des Studiengebiets, zeigt sich, dass auch die Dichten zwischen den Geschlechtern räumlich variieren (Abbildung 3):

In mittleren Höhenlagen entlang der Waldgrenze waren die Gamsbockdichten höher, während die Dichte an Geißen in höheren Lagen weiter zunahm. Die hier exemplarisch für die Gams im Projektgebiet Karwendel im Frühsommer 2017 dargestellten Auswertungen werden im Rahmen des Projekts für alle drei Schalenwildarten, in beiden Untersuchungsgebieten und zu unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten durchgeführt.

So geht es weiter

Malerisches Bild eines Bergsees mit Bergen im HintergrundZoombild vorhanden

Abb. 4: Das Projektgebiet »Karwendel« mit dem Soiernsee im Vordergrund. (Foto: W. Peters)

Ein Wildtiermanagement im Bergwald kann die vielfältigen Anforderungen, die von den verschiedenen Interessengruppen der Gesellschaft gestellt werden, nur dann erfüllen, wenn es bei seinen Bewertungen alle drei Schalenwildarten und deren Wechselwirkungen in ihren Lebensräumen berücksichtigt (Reimoser 2003; Apollonio et al. 2017). Die Forstwirtschaft soll einen naturnahen und leistungsfähigen Bergwald erhalten oder wiederherstellen.

Gleichzeitig muss dieser Bergwald aber auch den Lebensraum für einen artenreichen und gesunden Wildbestand sichern. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, sollen in diesem Projekt wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse erarbeitet werden. Die Ermittlung der Populationsgrößen der drei Schalenwildarten leistet einen ersten entscheidenden Beitrag hierzu. Der gewählte Methodenansatz ermöglicht jedoch nicht nur die Berechnung der Populationsgröße, sondern dient zudem auch als Datengrundlage für diverse weitere Auswertungen.

Zum Beispiel können, basierend auf den Fundpunkten der Losungssammlungen (Abbildung 2), ebenfalls Aussagen über die Raumnutzung der drei Schalenwildarten zu dem jeweiligen Aufnahmezeitraum getroffen werden. So können die Lebensraumpräferenzen der Tiere und die Landnutzungsinteressen des Menschen gegenübergestellt und zwischen den beiden Projektgebieten verglichen werden. Schließlich können so Nutzungskonflikte identifiziert, sachlich erklärt und Lösungsstrategien abgeleitet werden.

Die Feldaufnahmen für das Projekt wurden im Jahr 2020 abgeschlossen. Die Arbeiten des Jahres 2021 werden sich auf die genannten Auswertungen der erhobenen Datengrundlage konzentrieren. Die in diesem Forschungsvorhaben bereits erarbeiteten und noch zu erwartenden Ergebnisse bilden einen wesentlichen Baustein für ein gebietsbezogenes sowie integrales Schalenwildmanagement.
Zusammenfassung
Über »Wiederfänge« zur Populationsgröße
Die Fang-Wiederfang-Analyse stellt einen in der Ökologie seit langem etablierten Ansatz zur Schätzung der Größe von Tierpopulationen dar. In ihrer ursprünglichen Anwendung wurden bei dieser Methode in einem Gebiet einzelne Individuen der Zielart gefangen, mit einer Markierung versehen und wieder frei gelassen. Bei darauffolgenden Fangeinsätzen wurde dann der Anteil an bereits markierten Individuen gegenüber unmarkierten Individuen festgestellt und daraus statistisch die Populationsgröße abgeschätzt.

Sind bei einer Wildart einzelne Individuen über äußerliche Merkmale, wie zum Beispiel die Fellzeichnung beim Luchs, eindeutig identifizierbar, können die Tiere auch mit Hilfe von Fotofallen »gefangen«, also individuell identifiziert, und auch mehrfach innerhalb des Untersuchungsgebiets nachgewiesen werden.

Individuen von Schalenwildarten lassen sich in der freien Wildbahn dagegen nur schwer direkt fangen. Zudem sind sie in der Regel auch äußerlich häufig nicht eindeutig zu unterscheiden, so dass auch der »Fang« per Fotofalle hier nicht zum Ziel führen kann.

Für die Generierung der für die Populationsschätzung benötigten »Fänge« und »Wiederfänge« wird in solchen Fällen auf indirekte Nachweise einzelner Individuen zurückgegriffen. Eine Möglichkeit stellt zum Beispiel der »Fang« ihrer Hinterlassenschaften mittels Kotgenotypisierung dar. Dabei werden einzelne Tiere im Untersuchungsgebiet über Losungsfunde (= Kotfunde) identifiziert. Mithilfe der räumlich expliziten Fang-Wiederfang-Analyse (auf Englisch »spatially explicit capture-recapture«, SECR)un können Populationsgröße und -dichte durch die Berücksichtigung der räumlichen Verortung der einzelnen Nachweise, der Suchintensität und gegebenenfalls von Lebensraumvariablen, statistisch berechnet werden.

Dabei dienen Mehrfachfunde des gleichen Individuums auf der Fläche als »Wiederfänge«. Mit zunehmender Zahl an Wiederfängen nimmt die statistische Aussagekraft der Populationsgrößenschätzungen, die sogenannte »Wiederfangrate« zu. Je häufiger einzelne Individuen über unterschiedliche Losungsproben nachgewiesen werden, umso zuverlässiger sind auch die ermittelten Zahlen. Für weitere Informationen siehe zum Beispiel Gardner et al. (2009).

Zusammenfassung

Im Kontext eines integralen Schalenwildmanagements werden in dem laufendem Forschungsvorhaben die Populationsgröße, die Raumnutzung sowie der Populationszustand von Gams-, Rot- und Rehwild in zwei Projektgebieten im bayerischen Alpenraum erfasst. Gleichzeitig werden die potenziellen Wechselwirkungen mit der anthropogenen Landnutzung (z. B. Forstwirtschaft, Tourismus, Jagd, Naturschutz) dargestellt.

Das Projekt bedient sich dabei moderner Untersuchungsmethoden, um möglichst genaue Informationen über die freilebenden Wildtierpopulationen zu erhalten. Mittels Sammlung von Kotproben und anschließender genetischer Untersuchung konnte in dem cirka 5.000 Hektar großen Projektgebiet Karwendel für den Frühsommer 2017 ein Gamsbestand von über 650 Tieren ermittelt werden.

Die verwendete Fang-Wiederfang-Analyse ermöglicht es, die räumliche Heterogenität von Wilddichten sogar hinsichtlich geschlechtsspezifischer Unterschiede in der Dichteverteilung abzubilden. Die in dem Projekt bis Oktober 2021 erarbeiteten Forschungsergebnisse sollen vor allem die Grundlage für ein zukunftsweisendes integrales Schalenwildmanagement schaffen und dazu beitragen, die aktuellen und zum Teil kontroversen Diskussionen über das Schalenwildmanagement im Bergwald zu versachlichen.

Projekt

In der Forschungsinitiative »Integrales Schalenwildmanagement im Bergwald«, das die drei Schalenwildarten, Rot-, Reh- und Gamswild gleichrangig berücksichtigt, werden in zwei für den bayerischen Alpenraum repräsentativen Modellgebieten die nachfolgenden Arbeitspakete (AP) untersucht: AP 1: Populationserfassung, AP 2: Raumnutzung der drei Schalenwildarten, AP 3: Landnutzung / Gebietskulisse und AP 4: Populationszustand. Das Projekt wird durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gefördert und hat eine Laufzeit von 2017 bis 2021.

www.lwf.bayern.de/biodiversitaet/wildtiermonitoring_jagd/147764/index.php

Literatur

  • Apollonio, M.; Belkin, V.; Borkowski, J.; Borodin, O. I.; Borowik, T.; Cagnacci, F. et al. (2017): Challenges and science-based implications for modern management and conservation of European ungulate populations. Mammal Research 62 (3), S. 209–217. DOI: 10.1007/s13364-017-0321-5
  • Efford, M.G.; Fewster, R.M. (2013): Estimating population size by spatially explicit capture–recapture. Oikos, 122: S. 918–928
  • Gardner, B.; Royle, J. A.; Wegan, M. T. (2009): Hierarchical models for estimating density from DNA mark–recapture studies. Ecology, 90(4), S. 1106–1115
  • Gurgul, A.; Radko, A.; Slota, E. (2010): Characteristics of X- and Y-chromosome specific regions of the amelogenin gene and a PCR-based method for sex identification in red deer (Cervus elaphus). Molecular Biology and Reproduction 37: S. 2915-2918
  • Mollet, P.; Kéry, M.; Gardner, B.; Pasinelli, G.; Royle; J. A. (2015): Estimating Population Size for Capercaillie (Tetrao urogallus L.) with Spatial Capture-Recapture Models Based on Genotypes from One Field Sample. PloS one 10:e0129020
  • Reimoser, F. (2003): Steering the impacts of ungulates on temperate forests. In: Journal for Nature Conservation 10 (4), S. 243–252. DOI: 10.1078/1617-1381-00024

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