Zusammenarbeit auf Augenhöhe - LWF-aktuell 111
Bürgerplattform »Wildtiere in Bayern« ermöglicht neue Strategien
Bereits über eineinhalb Jahre informiert das »Wildtierportal Bayern« interessierte Bürgerinnen und Bürger über unsere hei- mischen Wildarten und ihr Leben in unserer Kulturlandschaft. Nun kommt mit der Bürgerplattform »Wildtiere in Bayern« eine zweite Komponente hinzu. Diese Kommunikationsplatt- form ist ein zugangsgeschützter Bereich und steht regionalen Arbeitskreisen als webbasiertes Melde- und Monitoringsystem zu Themen rund um die Jagd zur Verfügung. Ziel ist es, Land- wirte, Jäger und Jagdgenossen auf »Augenhöhe« zusammen- zubringen, um vor allem ildschadensprobleme gemeinsam anzugehen und zu lösen.
Seit Mai 2015 ist das »Wildtierportal Bayern « online. Besucher der Website können sich über unsere Wildtiere, deren Lebensräume oder über Themen wie »Jagd und Management« oder auch »Wildtiere in der Stadt« umfassend und mit neuartigen, meist interaktiven Darstellungen informieren. Die Anwendungsmöglichkeiten des Wildtierportals sind dabei sehr breit gefächert:
Die detaillierten Artbeschreibungen und vielfältigen Informationen über unsere heimischen Wildtiere dienen als fundierte Wissensgrundlage für vielfältige Interessenten, wie zum Beispiel Jäger, Grundbesitzer, die interessierte Öffentlichkeit, Schulen oder Behörden. Aber auch zur Planung von Familienausflügen, Klassenfahrten oder Exkursionen kann das Internetportal genutzt werden.
Das Wildtierportal Bayern stößt bei der breiten Öffentlichkeit auf ein reges Interesse. Bislang am häufigsten nachgefragt werden Informationen über jagdliche Themen (Jägerprüfung, Jagdrecht in Bayern, Forstliche Gutachten) sowie über Wildtiere (v. a. Schwarzwild, Rehwild und Wildkatze) und deren Lebensräume. Besonders beliebt sind auch die Ausflugstipps in der Rubrik »Wild erleben«. Damit die Aktualität und das Interesse bei den Nutzern gewahrt bleibt, wird das Wildtierportal auf seinen unterschiedlichen Ebenen fortlaufend weiterentwickelt, ergänzt und aktualisiert.
Beispiel Schwarzwild
Abbildung 1: Das Schwarzwild ist eines der Hauptthemen
des Wildtierportals.
(Foto: StMELF)
Innovative Strategien zeigen Möglichkeiten auf, das bisherige Tun zu hinterfragen und das regionale Management gemeinsam fit für die Zukunft zu machen. Eines muss jedem bewusst sein: Es geht nur gemeinsam! Umfassende Informationen für alle Beteiligten im Schwarzwildmanagement über Zusammenhänge und Methoden der Bejagung sind dazu eine wichtige Voraussetzung und ermöglichen ein konstruktives Miteinander auf Augenhöhe.
Die für Arbeitsgruppen online verfügbare Bürgerplattform »Wildtiere in Bayern« bietet den Beteiligten vor Ort ein wichtiges Instrument, mit dem eine transparente Kommunikation und Diskussion ermöglicht wird. Die Bürgerplattform und das Wildtierportal mit all ihren Anwendungsmöglichkeiten sind daher ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des eigenverantwortlichen Handelns der Beteiligten vor Ort.
Begegnung auf Augenhöhe
Abbildung 2: Bürger kommen vor Ort ins Gespräch. (Foto: C. Janko)
Die Bürgerplattform ist eine staatliche Dienstleistung, die im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in enger Kooperation mit Verbänden und zukünftigen Nutzern entwickelt wurde. Es wird ein Meldesystem entwickelt, in dem alle Beteiligten vor Ort gleichberechtigt zusammenarbeiten und die eingegebenen Daten selbstbestimmt verwalten.
Für interessierte regionale Arbeitsgruppen, bestehend aus Landwirten, Jagdgenossen, Jägern und weiteren betroffenen Interessensgruppen, richtet die LfL entsprechende Kartengrundlagen und Meldemöglichkeiten über einen Onlinezugang ein.
In Arbeitskreisen das Ehrenamt fördern
Steht das System für die Nutzer bereit, kann sich jedes Mitglied des Arbeitskreises mit seiner EMail- Adresse und einem Passwort in den geschützten Bereich einloggen, um dort Meldungen einzugeben, Daten anzusehen und viele weitere Funktionen zu nutzen. Eine Datenschutzvereinbarung stellt sicher, dass allein die Mitglieder des Arbeitskreises die Daten einsehen und verwenden dürfen. Entscheidungen wie die Aufnahme von weiteren Meldern oder die Veröffentlichung von Ergebnissen und Daten trifft der Arbeitskreis eigenverantwortlich.
Das klare Ziel der Bürgerplattform lautet, das Ehrenamt vor Ort zu unterstützen und ein regionales, von den Betroffenen selbst entwickeltes Management zu ermöglichen. Kurz gesagt: Der Arbeitskreis besitzt die alleinige Entscheidungshoheit und organisiert sich selbst.
Daten erfassen …
Um die Meldungsabgabe zukünftig noch einfacher zu gestalten, wird bereits an einer App für Smartphones und Tablets gearbeitet. Nach der Speicherung der Meldung steht diese sofort für alle anderen Mitglieder des Arbeitskreises zur Verfügung.
Bei einem Klick auf die Meldung erhält der Nutzer dann alle Informationen, die bei der Erfassung eingetragen wurden. Zusätzlich erreicht jeden Benutzer eine EMail, die über neue Meldungen innerhalb des Arbeitskreises informiert.
… darstellen und weiterverarbeiten
Abbildung 3: Im zugangsgeschützten Bereich können Arbeitskreis-Mitglieder Meldungen punktgenau und einfach über Formulare abgeben.
Zahlreiche Möglichkeiten werden angeboten, in den Meldungen zu recherchieren: Individuell angepasste Betrachtungszeiträume, Erlegungsarten (Abschüsse differenziert nach Kirrjagd, Bewegungsjagd etc.) oder Schäden an bestimmten Kulturen sind Beispiele für Kriterien, nach denen Daten ausgewählt und angezeigt werden können. Um die Datenrecherche abzurunden, bietet die Bürgerplattform dynamische Diagramme an. Zur Verfügung stehen außerdem weitere Funktionen der Datenauswertung. Hier können unter anderem alle Meldungen (z. B. sämtliche gemeldete Schäden oder die Schwarzwildabschüsse eines Jahres) zu Summen zusammengefasst werden.
Als zusätzlichen Service stellt die Bürgerplattform einen breiten Fundus an staatlichen Datengrundlagen bereit. Neben den Daten des Wildtierportals Bayern (z. B. Streckendaten, landwirtschaftliche Flächennutzungen, Ergebnisse der Forstlichen Gutachten) stehen den Nutzern beispielsweise auch Karten zu Schutzgebieten, Verwaltungsgrenzen oder Informationen über Biotopkartierungen zur Verfügung.
Transparenz schaffen, Diskussionen anregen
Daraus sollen Diskussionen innerhalb der Gemeinschaften entstehen. Fragen wie »In welchen Bereichen müssen wir jagdliche Schwerpunkte setzen?« oder »Wie planen wir unsere Bejagung revierübergreifend? « können dann vor Ort auf Basis einer gemeinsamen Datengrundlage sachlich diskutiert und aktiv angegangen werden.
Dass dies tatsächlich funktioniert, haben die positiven Erfahrungen mit dem Schwarzwild-Informationssystem (SIS) eindrücklich gezeigt.
Nutzen auf einen Blick
Abbildung 4: Arbeitsgruppe (Foto: B. Schönberger)
Miteinander: Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe führt zu einem »Miteinander« statt zu einem »Gegeneinander«. Transparenz: Die gemeinsam gesammelten Daten bilden eine Datengrundlage, die von allen Beteiligten eingesehen und auf Wunsch überprüft werden kann. So wird einerseits Vertrauen geschaffen, andererseits durch die Transparenz eine Versachlichung der Diskussion erreicht.
Umfassende Schadensdokumentation: Schäden können erstmals vollumfänglich dokumentiert und quantifiziert werden. Die Meldung eines Schadens ist dabei gänzlich unabhängig von einer Wildschadensmeldung an die Gemeinde. Ein Schaden wird ausschließlich für die Arbeitsgruppe dokumentiert. So können beispielsweise die Ausmaße der Schäden in der Projektregion dargestellt und der Öffentlichkeit oder den Jagdbehörden mit Zahlen und Karten anschaulich kommuniziert werden.
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Vereinfachte Planung: Die Bürgerplattform eignet sich ferner optimal dazu, jagdliche Managementkomponenten wie Bewegungsjagden, Schussschneisen, Ruhezonen oder die Lage von jagdlichen Einrichtungen einfach planen zu können. All das trägt zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit und einer Optimierung der Bejagung bei, was zu einer Minimierung der Schäden führen kann.
Staat als Dienstleister
Zusammenfassung
Erstmals ist auf neutraler staatlicher Ebene ein Blick auf Datenbestände der Verwaltung möglich. Bayernweite Analysen über Vorkommen von Wildtieren und deren Management eröffnen sich auf neue Art und Weise jedem interessierten Bürger.
Die Bürgerplattform »Wiltiere in Bayern« gibt Arbeitskreisen die Möglichkeit, erstmals auf Augenhöhe auf einer neutralen und geschützten Plattform zusammenzukommen. Tagesaktuelle Meldungen über Sichtungen, Erlegungen oder Wildschäden, die mit allen Beteiligten in der Gruppe geteilt werden, lassen transparente und gleichberechtigte Diskussionen auf Basis einer gemeinsam erhobenen Datengrundlage zu.
Das Wildtiermanagement vor Ort erreicht somit eine Ebene, die sich frei von Interessen anderer entwickeln kann und sich in den Händen der Beteiligten vor Ort befindet.
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Weiterführende Links
Autoren
- Henning Zimmermann
- Dr. Thomas Kudernatsch