LWF Wissen 87
Die Moorbirke – wichtiger Bestandteil der Biodiversität in Mooren
von Stefan Müller-Kroehling und Olaf Schmidt
Abb 1: Trauermantel (Nymphalis antiopa) (© S. Braun)
Birken sind allgemein und auch speziell in Mooren sehr bedeutsame Träger der Biodiversität. Als Pioniere, aber auch als Arten mit langer Habitattradition, weisen sie eine große Zahl von Spezialisten auf, die Birken in ihren unterschiedlichen Stadien und Teilen besiedeln und auf vielfältige Art und Weise nutzen, sei es als Brutholz, Bruthöhle, des zuckerhaltigen Saftes oder schmackhaften Blattgewebes wegen. Wir wollen in diesem Beitrag darstellen, warum Birken allgemein und auch speziell die Moorbirke wichtige Träger der regionalen Biodiversität und ein Eckstein intakter Nahrungsketten in vielfältigen Ökosystemen sind.
Die Gattung Betula gehört mit ihren zwei baum- und zwei strauchförmigen Vertretern in Mitteleuropa nach den Weiden (Salix) und den Eichen (Quercus) zu den artenreichsten Baumgattungen, was die Anzahl phytophager Insekten- und Milbenarten betrifft (Brändle & Brandl 2001). An den Birken kommen in Mitteleuropa insgesamt 499 phytophage Insekten- und Milbenarten vor; davon sind 133 Arten auf Betula spezialisiert.
In den Beiträgen »Ökologische Bedeutung der Birke für die einheimische Tierwelt«, »Schmetterlingsvielfalt an Birken« und »Pilze an Birken« im LWF-Wissen Nr. 28 »Beiträge zur Sandbirke« wurden bereits einige auffällige oder typische Insekten-, Vogel- und Pilzarten, die in Beziehung zur Birke stehen, vorgestellt (Hacker 2000, Helfer 2000, Schmidt 2000). Im nachfolgenden Beitrag wollen wir versuchen, die an die Gattung Betula weitgehend gebundenen Insekten-, Milben-, Wirbeltier- und Pilzarten besonders unter dem standörtlichen Aspekt der Moorbirken-Wuchsorte darzustellen. Gerade der Lebensraum Moor mit seinen spezifischen Verhältnissen (Kälte, Nässe, Luftfeuchte, Nährstoffarmut, Konkurrenzfreiheit, Möglichkeit ungelenkter Sukzession, fehlende intensive Bewirtschaftung, Habitattradition bis zur letzten Kaltzeit im Falle der alten Moore) fordert auch die Anpassungsfähigkeit von Insekten- und Pilzarten. Daher sollen in diesem Beitrag besonders die speziellen Standortsverhältnisse der Moore bei den einzelnen Artengruppen als roter Faden zum Tragen kommen. Dabei können natürlich nicht alle spezialisierten Arten an Birken vorgestellt werden, sondern wir müssen uns hier auf eine Auswahl und Schlaglichter zur Biologie beschränken, die die Vielfalt der Lebensformen an Birken illustrieren sollen.
Schmetterlinge
Gleichzeitig sind viele Schmetterlingsarten nicht nur an eine Wirtspflanze, sondern auch an deren spezielle Wuchsbedingungen und ein sich daraus ergebendes Mikroklima gebunden. Auch und selbst die Inhaltsstoff-Zusammensetzung in den Blättern der Wirtspflanzen kann je nach Standort und Wuchsbedingungen entscheidende Unterschiede aufweisen, die über Eignung oder Nichteignung entscheiden.
Groß-Schmetterlinge
Abb 2: Bereits im März/April fliegen die Männchen des Birkenspinners (Endromis versicolora) in Birkenwäldern auf der Suche nach den Weibchen. (©: S. Braun)
Abb. 3: Die jüngeren Raupen des Birkenspinners (Endromis versicolora) fressen gesellig an Birkenblättern. (© S. Braun)
Abbildung 4: Gelbhorn-Eulenspinner (Achyla flavicornis). (© S. Braun)
Noch früher als der Birkenspinner fliegt der Gelbhorn-Eulenspinner (Achyla flavicornis) (Abbildung 4). Die Raupen dieser Art leben monophag an jungen Birken. Die Art kommt in Birken- und Mischwäldern und auch in Mooren mit Birken vor.
Abb. 5a, 5b: Ältere Raupen des Birkensichelflüglers (Falcaria lacertinaria) (oben) ähneln dem typischen Fruchtstand der Birke (unten) sehr. (© S. Braun)
Charakteristisch für Birken und Birkenwälder sind auch verschiedene Zahnspinner-Arten (Notodontidae). Die Raupen der beiden Arten Zickzack- und Dromedar-Spinner (Notodonta ziczac und Notodonta dromedarius) leben bevorzugt an Birken, können aber auch an Weiden, Pappeln oder Erlen auftreten (Abbildung 6). Auch die Raupen des Mönchs-Zahnspinners oder Karmeliterspinners (Odontosia carmelita) leben (Pähler & Dudler 2013), möglicherweise zumindest regional, monophag an Birken (Hacker 2000). Dabei werden kühl-feuchte Lebensräume wie Moorwälder bevorzugt (Pähler & Dudler 2013). Auch der Weiße Zahnspinner (Leucodonta bicoloria) kommt vor allem in Birkenmoorwäldern vor, und kann gar als »Charakterart des Birkenbruchs« gelten (Hock et al. 1997, Steiner et al. 2014).
Abb 6: Die Raupen des Zickzack-Spinners (Notodonta ziczac) fressen an Blättern der Birken, aber auch an Blättern von Hasel, Aspe und Salweide. (© S. Braun)
Klein-Schmetterlinge
Eine weitere minierende Art auf der Moorbirke ist die Schildkröten-Motte (Incurvaria pectinca), Sie können neben Birken auch Hasel und Erlen aus der Verwandtschaft der Birkengewächse besiedeln (Spohn & Spohn 2016). Anfangs minieren die Räupchen im Birkenblatt, um sich dann eingesponnen zwischen zwei runden Birkenblattstückchen zu Boden fallen zu lassen (Spohn & Spohn 2016). Dort fressen sie an alten oder auch grünen Blättern weiter. Zwischen den beiden Blattstückchen sind sie wie in einem Schildkrötenpanzer geschützt. Die verlassenen Birkenblätter besitzen Löcher, die wie ausgestanzt aussehen.
Käfer
Abbildungen 7a: Cryptocephalus decemmaculatus (© P. Sprick)
Eine recht beachtliche Zahl bei Naturschutz-Überlegungen und Arterhebungen meist wenig beachteter Blatt- und Rüsselkäfer wie Altica aenescens, Oenopia impustulata, Cryptocephalus decemmaculatus (Abbildung 7a), Chrysomela lapponica, Orchestes calceatus, O. jota (Abbildung 7b) (Sprick et al. 2013, Sprick 2015) und Coeliodinus nigritarsis (Böhme 2001, Rheinheimer & Haßler 2010) lebt bevorzugt oder sogar ausschließlich an Moorbirken. In Bayern sind diese Arten überwiegend aus Südbayern bekannt, sowohl aus den Voralpenmooren als auch den ausgedehnten Niederungsmooren nördlich davon. Manche Arten wie Chrysomela lapponica besiedeln mehr die kühlsten Teile Bayerns, also Alpen, Grenzgebirge und Rhön. Der Moorbirkenrüssler (Coeliodes nigritarsis) lebt monophag und fast ausschließlich in Mooren und ist nur in Mittelgebirgen verbreitet, mit lokalen Vorkommen, also landesweit selten (Rheinheimer & Haßler 2010). Vermutlich werden die Eier in die weiblichen Kätzchen der Moorbirke abgelegt. Für Bayern gilt die Art derzeit als ausgestorben bzw. verschollen (Rheinheimer & Haßler 2010, Sprick et al. 2003).
Abb. 7b: Orchestes jota (© P. Sprick)
Der Große Birkenblattroller (Deporaus betulae) verrät seine Anwesenheit durch seine Form der Brutfürsorge. Diese Rüsselkäferart verwandelt durch Einschneiden und Rollen Birkenblätter Ende April in ca. 3 cm lange, braune Tütchen. Für eine solche Blatttüte benötigt der kleine Käfer ca. eine Stunde (Brauns 1976). In die Tüte legt das Käferweibchen 2 – 4 Eier in eigens dafür gefertigte Blatttaschen. Von dem Blattgewebe ernähren sich dann in den nächsten 2 – 3 Monaten die Käferlarven. Der Blattwickel fällt dann zu Boden und die Larven verlassen ihr bisheriges Heim, um sich im Boden in einer kleinen Höhle zu verpuppen (Möller et al. 2006).
Ein weiterer seltener »Blattroller«, der aber keine Blattrollen erzeugt, sondern den Blattstiel benagt und dessen Larve dann im zu Boden gefallenen Blatt miniert, und der auch in Mooren oder anderen nährstoffärmeren Feuchtbiotopen lebt, ist der sehr seltene Deporaus mannerheimii. Dieser lebt vorwiegend in kühlen Habitaten (Seenlandschaft, Gebirgswälder, Hochmoore) an Betula-Arten, Salix caprea und Corylus avellana (Dieckmann 1974).
Abb. 8: Ausbohrlöcher des Großen Birkensplintkäfers (Scolytus ratzeburgi) (© S. Müller‐Kroehling, LWF)
Weniger auffällig leben trotz ihres Namens die Prachtkäfer. Der ca. 4 – 6 mm große Kleine Birkenprachtkäfer (Agrilus betuleti) entwickelt sich in Zweigen kränkelnder oder geschwächter Birken. Die Art ist von der ostsibirischen Taiga bis Frankreich verbreitet (Brechtel & Kostenbader 2002). Sie wurde in Bayern trotz ihres Vorkommens in verschiedenen Höhenlagen eher selten nachgewiesen, möglicherweise aus methodischen Gründen, da Prachtkäfer in den für die Untersuchung zu xylobionten Käfern besonders verbreiteten Fensterfallen tendenziell oft weniger gut erfasst werden. Die Art kommt bei wechselnden Birken-Anteilen, vor allem an jüngeren Birken, und in sehr unterschiedlichen Lebensräumen vor (Niehuis 2004). Die Art ist insgesamt nicht an Moorlebensräume gebunden, scheint aber zumindest in Baden-Württemberg »Moore und Sümpfe« zu bevorzugen (Brechtel & Kostenbader 2002).
Dicerca furcata durchläuft seine vermutlich dreijährige Entwicklung ausschließlich in wenigen, flächig ausgedehnten Hochmooren mit ausreichenden Birkenbeständen in Hochmoor- und Moorrandbereichen, für die eine Habitattradition besteht (Brechtel & Kostenbader 2002, Kwast 2012). Als geschützte und gefährdete Art mit Zeigerfunktion für Habitattradition kann dieses Kaltzeitrelikt stellvertretend für eine ganze Reihe xylobionter Käfer stehen, die davon profitieren, wenn in Moorgebieten Moorbirken in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Die Art ist in Deutschland sehr selten. Aus Bayern liegen Funde nur aus Voralpenmooren und aus dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr vor.
Über viele der eher versteckt lebenden Bewohner toten Birkenholzes aus der Käferwelt wissen wir noch zu wenig. Die oftmals eher zufälligen Funde erlauben oft keine abschließende Einschätzung, wie selten und gefährdet die Art tatsächlich ist, und welche Faktoren dafür verantwortlich wären.
So wird der Moor-Breitrüssler Tropideres (Gonotropis) dorsalis als »boreomontanes Faunenelement« beschrieben, dass »sich unter der verpilzten Rinde von Birken entwickelt und durch Bestandsrückgänge in unbekanntem Maße gefährdet« ist (Bußler & Bense 2021). Die wenigen deutschen Funde liegen offenbar weitgehend oder vollständig in Bayern (Fauna Germanica 2023), zeigen aber keine klare montane Tönung.
Hautflügler
Abb. 9: Die Afterraupe der Breitfüßigen Birkenblattwespe (Craesus sepentrionalis) ist häufig an Birken zu finden. (© M. Lilly, https://commons.wikimedia.org)
Typisch für diese Larven ist ihr Abwehrverhalten. Sie krümmen bei Störungen ihre Körper S-förmig und zucken rhythmisch. Man deutet dies als Abwehrverhalten gegenüber parasitischen Schlupfwespen (Wermelinger 2017). Diese Blattwespe bildet zwei Generationen im Jahr aus. Die Weibchen legen im Mai/Juni bis zu 150 Eier auf der Blattunterseite in die Blattadern ab. Nach ca. 14 Tagen schlüpfen die Afterraupen, die in Gruppen am Blattrand fressen. Die Larven der 2. Generation treten im August/September auf. Sie verpuppen sich in einem Kokon im Boden (Schmidt 2020).
Mehrere seltene Pflanzenwespen wie Arge dimidiata, A. metallica und A. pullata benötigen feuchte Wälder mit Moorbirken und sind in Deutschland insgesamt oder zumindest regional stark gefährdet, haben insgesamt sehr kleine Verbreitungsgebiete oder der Wissensstand zu ihrer Verbreitung ist wegen der wenigen Nachweise defizitär.
Im Holz von geschwächten Birken, aber auch Erlen, entwickeln sich die bis 15 mm großen Larven der Schwertwespe (Xiphydria camelus). Die erwachsenen Tiere dieser Holzwespe werden 10 – 20 mm groß. Die Art ist v. a. in Birkenwäldern, Erlenbrüchen und Auwäldern in ganz Europa und Sibirien verbreitet. (Lehmann 2000). Von den sechs bei uns in Mitteleuropa vorkommenden Schwertwespen-Arten der Gattung Xiphydria ist dies die häufigste Art.
Die Blattschneiderbiene Megachile analis verwendet zum Bau ihrer Brutzellen ausgeschnittene Birken- und Eichenlaubstücke und Streifen von Birkenrinde. Die Weibchen der Art Megachile circumcincta nutzen ebenfalls Ausschnitte von Birkenblättern, aber auch von Linden und Rosen, für ihre Brutzellen.
Auch unter den Ameisen in Mooren mit Gehölzbeteiligung sind etliche moorholde Arten, die vom Halbschatten lichter Moorwälder profitieren, so etwa Formica lemani, die Bergsklavenameise, eine kühlpräferente Art, die unter anderem auch die Wälder Fjälls Nordskandinaviens besiedelt, und auch die Blattläuse auf den Moorgehölzen besuchen (Seifert 2018). Dass die Honigbiene (Apis mellifera) ebenfalls von den auf Birken häufigen und vielfältigen Blattläuse profitieren kann, wurde bereits erwähnt.
Zusammenfassend spielen auch für die große Gruppe der Hautflügler Moorbirken in Mooren eine bedeutsame Rolle für deren Vorkommen.
Wanzen
Nach der Paarung im Frühjahr zur Zeit des Birkenlaubaustriebes suchen die Wanzenweibchen Mitte Mai das frische Birkenlaub auf, um dort ca. 50 Eier unterseitig auf einem Birkenblatt abzulegen. Das Wanzenweibchen bewacht diese Eier energisch und wehrt mögliche Feinde, wie z. B. Ameisen, Ohrwürmer, Marienkäfer, ab. Das Weibchen nutzt dabei ihren Körper als Schutzschild, um die Eier abzudecken. In äußerster Not verspritzt das Weibchen ein Drüsensekret, das den möglichen Angreifer in die Flucht schlägt. Nach ca. 14 Tagen schlüpfen die Wanzenlarven, die in Aussehen bereits ihren Eltern ähneln, aber noch nicht fliegen können. Nach ihrer ersten Häutung passen nicht mehr alle Wanzenjungen unter den Körper des Weibchens, so dass nun das Wanzenweibchen den Stiel des Birkenblattes besetzt, um Angreifern den Weg zum Blatt und den Jungen den Weg vom Blatt zu versperren. Nach weiteren Häutungen folgen die Wanzenjungen ihrer Mutter im Gänsemarsch zu grünen Birkenkätzchen, die zum Saugen angestochen werden.
An Birkenkätzchen saugt die ca. 4 – 6 mm große Birkenwanze (Kleidocerys resedae). Sie kann aber auch andere kätzchentragende Gehölze wie z. B. Erlen besiedeln. Diese Wanzenart besitzt ein stark riechendes Wehrsekret und bei massenhaftem Auftreten sind befallene Birken schon aus einiger Entfernung zu riechen (Wachmann 1989). Daher gilt diese Wanzenart in Städten als Lästling, v. a. auch im Herbst, wenn die Imagines von den Birken in Häuser abwandern, um Überwinterungsorte zu suchen.
Die Birken-Rindenwanze Aradus betulae ist mit bis 10 mm Größe die größte einheimische Rindenwanzenart. Sie kommt in Porlingen wie dem Zunderschwamm und anderen Baumschwämmen an Birken, Buche oder Ahorn vor. Diese Art ist von Europa bis Sibirien verbreitet, aber in Deutschland eher selten (Deckert & Wachmann 2020).
Zikaden
Abb. 10: Gemeine Birken-Maskenzikade (Oncopsis flavicollis) (© G. Kunz / truehopperswp.com)
Die beiden ca. 3 – 4 mm großen Birken-Maskenzikaden-Arten Oncopsis subangulata und Oncopsis flavicollis (Abbildung 10) leben monophag auf Birken. Larven und Imagines saugen den Saft der Birken. Die ca. 3 – 4 mm messende, grün-schwärzliche Birken-Würfelzikade (Kybos lindbergi) saugt als Larve und Imago ebenfalls an Birken.
Die Torf-Glasflügelzikade (Cixius similis) (Abbildung 11) und die Moor-Feuerzikade (Zygina rosea) entwickeln sich bevorzugt in Mooren an Moorbirken, erstere auch an der Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), also an zwei Moortypischen Gehölzarten. Die Moor-Feuerzikade wiederum vermehrt sich an der Moorbirke und überwintert auf Kiefern (Pinus), benötigt also einen Komplexlebensraum, der neben dem Vorkommen dieser beiden Gehölzarten bzw. Gattung auch weitere, mit dem speziellen Lebensraum Moor in Zusammenhang stehende Faktoren aufweist, die bei dieser wie bei vielen Arten noch nicht abschließend bekannt sind (Nickel & Gärtner 2009). Zweifellos ist speziell die Zikadenfauna der Moorbirke noch untererfasst (Nickel 2003).
Abb. 11: Torf-Glasflügelzikade (Cixius similis) (© G. Kunz / truehopperswp.com)
Pflanzenläuse
Dabei sind auch die recht kleinen Pflanzenläuse, zu denen neben den Blatt- und die Schildläusen unter anderem auch die Blattflöhe gehören, wichtige Komponenten der heimischen Biodiversität. Sie spielen im Naturgeschehen trotz ihrer geringen Größe, aber wegen ihrer zum Teil großen Individuenzahlen, eine bedeutsame Rolle. So sind viele der Arten wichtige Nahrungsgrundlagen für andere Wirbellose und Wirbeltiere. Beispielsweise für einige Vogelarten spielen sie vor allem bei der Aufzucht der Jungen eine wichtige Rolle als Nahrungsquelle. Vor allem die sich teilweise auch parthenogenetisch vermehrenden, lebendgebärenden Arten können in relativ kurzer Zeit große Bestände aufbauen, wenn die Bedingungen für ihr Vorkommen günstig sind.
Viele der Arten vollführen einen obligaten Wirtswechsel zwischen krautigen Pflanzen und Birken und sind daher Komplexlebensraumbewohner. Eine ganze Reihe von obligaten »Mitbewohnern« ihres Darmtraktes (Michalik et al. 2019) sowie von zum Teil wirtspezifischen Parasiten (Bachmaier 1963) runden das Bild einer ganzen Lebensgemeinschaft ab, in der alles miteinander verknüpft ist. Auch wenn manche der Arten, die an Birken gebunden sind, verbreitete »Lästlinge« sein können, wie etwa Glyphina betulae (vgl. Kot 2012), so sind sie doch als von Ameisen besuchte Arten und als Nahrungsbestandteile der Vogelaufzucht wichtige Glieder im »Netz des Lebens«.
Die Mehrzahl der an Birken vorkommenden Blattlausarten sind stark auf Birken spezialisiert, einige davon sogar ganz auf die Moorbirke. Zum Teil wurde auch erst in jüngerer Zeit erkannt, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt, die sogar unterschiedliche Chromosomensätze aufweisen, wie im Fall von Euceraphis betulae auf der Sandbirke und der Schwesterart Euceraphis punctipennis, die nur auf der Moorbirke vorkommt (Lampel & Meier 2003, Spohn & Spohn 2016). In Nordamerika wurde die Wirtsspezifität einer Blattlausart sogar zur Bestimmung der vorher unbestimmten Birkenart genutzt (Hajek 1986).
Das gilt auch für die Schildlaus-Arten wie die Birkenwurzelschildlaus (Steingelia gorodetskia), die bisher in Deutschland offenbar nur in Mooren gefunden worden ist, wo sie in der Laubstreu und an der Basis von Gräsern angetroffen wurde (Schmutterer & Hoffmann 2016). Diese nordische, aber auch aus Süddeutschland bekannte Art lebt 20 Zentimeter tief an den Wurzeln von Birken (Koteja & Ogaza 1981) und wurde bisher vor allem in Form der Weibchen in der Laubstreu nachgewiesen (Michalik et al. 2019). Insgesamt treten an Birken in Europa mindestens acht verschiedene Schildlaus-Arten auf (Lindinger 1912), wobei die Mehrzahl relativ wenig wirtsspezifisch ist.
Zwei heimische Arten von Blattflöhen (Psylla hartigii, Psylla betulae) kommen ausschließlich an Birkenarten vor (Burckhardt 2002). Während erstere Art weit verbreitet ist, steht der Nachweis von P. betulae in Bayern noch aus – im nahen Österreich wurde die in Mitteleuropa seltene Art bereits beobachtet (Burckhardt, Mitt. per E-Mail). Über die Verbreitung und die Ansprüche der vermutlich weitverbreiteten Arten ist in Bayern wieder wenig bekannt, eine Rote Liste dieser Artengruppe gibt es beispielsweise ebenfalls nicht.
Fransenflügler
Netzflügler
Fliegen und Mücken
Abb. 12: Gang der Obstbaumminiermotte (Lyonetia clerkella) (© J. Lindsey at Ecology of Commanster, https://commons.wikimedia.org)
Denn natürlich gelingt selbst dem Nichtfachmann die Bestimmung der verschiedenen Minierer und Gallenerzeuger aufgrund der Art und Form ihrer Minen bzw. Gallen und der Wirtsbaumart leichter als nach den ziemlich kleinen und insgesamt einheitlich aussehenden Larven oder Fliegen (v. d. Dunk 2016).
Aus den Gruppen der Minierfliegen (Agromyzidae) und Gallmücken (Cecidomyiidae) kommen neun Arten an Birken vor. In Birkenblättern miniert z. B. die Larve der Birkenminierfliege (Agromyza alnibetulae). Neben der Birke kann sie auch in Erlenblättern auftreten. Feine, schlangenartige Miniergänge, die über das ganze Blatt führen, rühren von dem Larvenfraß der Obstbaumminiermotte (Lyonetia clerkella) (Abbildung 12) her, die neben Obstbäumen auch Birken befällt (Butin & Brand 2017). Die Gallmücke Massalongia ruber führt zu einer verdickten Mittelrippe des Blattes, die anfangs grün, später dunkelrot gefärbt ist. Runde, rote Gallen mit gelben Rand auf der Blattoberfläche werden durch die Gallmücke Anisostephus betulinus hervorgerufen. In der ca. 4 mm großen, runden Galle sitzt eine kleine Made. Die Gallen erscheinen im Hochsommer (Bellmann 2012). An den Kätzchen der Birken findet sich die unauffällige Birkensamengallmücke (Semudobia betulae syn. Oligotrophus betulae), deren Larven in dem zu einer Galle umgebildeten Samenkorn in gesonderter Kammer leben. Die dabei entstehenden Gallen sind teils mit Deckschuppen oder mit der Zapfenspindel der Birkenkätzchen verwachsen (Brauns 1976).
Milben
Die Birkenblattmilbe (Acalitus rudis) verursacht an der Unterseite von Birkenblättern beulenartige Erhebungen und einen flächigen filzartigen Belag. Diese Art ist wohl die häufigste Gallmilbe auf Birkenblättern.
Seltener tritt die Gallmilbe Acalitus longisetosus an Birkenblättern auf. Sie verursacht filzige, unregelmäßige Flecken auf der Oberseite des Blattes, die im frischen Zustand hellrot gefärbt sind. Einzelne Knospen der Birke befällt die Gallmilbe Acalitus calycophtirus, die sich dann stark verdicken und einen Durchmesser von ca. 10 mm erreichen. Auch diese Art tritt nicht sehr häufig auf (Bellmann 2012).
Vögel
Das gilt auch für das Birkhuhn (Tetrao tetrix) (Klaus et al. 1990). Es ist vor allem eine Vogelart alpiner Matten und mooriger und magerer Standorte mit lichter, Taigaartiger Vegetation, wie sie gern auch Moorbirken-Wälder darstellen können (Rajala 1980). Nicht umsonst hat diese Art ihr letztes außeralpines bayerisches Vorkommen in der Rhön, mit ihren deutschlandweit bedeutsamen Karpatenbirken-Wäldern. Vor allem für seine spektakuläre Balz benötigt die Art offene »Arenen«, würde aber insgesamt von mehr »ungeordneter Landschaft« und einem Mosaik aus Sukzessionsflächen und Mischwäldern mit guter Beteiligung von Pioniergehölzen, Weichlaubhölzern und Lichtbaumarten viel mehr profitieren. Auch in unberührten Naturlandschaften ist es ein Bewohner der Übergangszonen aus Wald und Offenland, die dort räumlich und zeitlich große Flächen einnehmen können (Klaus et al. 1990). Verantwortlich für den Untergang dieser Vogelart, die eigentlich ein Kulturfolger und ein »Katastrophenvo- gel« ist (Rajala 1980, Schmalzer 1988) ist, war die Nutzbarmachtung der Landschaft durch Flurbereinigung und den Verlust extensiver Landschaftsstrukturen auf dem Großteil der Landesfläche. Alle Maßnahmen, die an den verbliebenen Resthabitaten wie den zentralen Mooren ansetzen, gehen daher in die falsche Richtung, noch dazu, wenn sie die Gehölze in das Visier nehmen. Diese erweisen sich nämlich bei Telemetriestudien sogar als die bevorzugten Aufenthaltsorte besenderter Birkhühner (unveröff. Studie des Biosphä- renreservates Rhön).
Die Birken besitzen nur sehr kleine, flugfähige Nüsschen, die aber trotzdem von immerhin 32 Vogelarten als Nahrung genutzt werden (Turcek 1961). Unter den Singvögeln sind es vor allem, Erlenzeisig, Birkenzeisig und Polarbirkenzeisig, die gerne Birkenkätzchen fressen. Beim Erlenzeisig (Carduelis spinus) spielen im Winterhalbjahr neben den Samen der Schwarzerle auch die Samen der Birken die größte Rolle bei der Ernährung. Der Birkenzeisig (Carduelis flammea) brütet bei uns im Mittel- und Hochgebirge in lichten Nadelwäldern mit beigemischten Birken. Gerade im Winter sind Birkenzeisige sehr häufig auf Birken und Erlen bei der Nahrungssuche zu beobachten. Die als Wintergäste bei uns erscheinenden Birkenzeisige aus Nordeuropa sind auf diese Nahrungsquelle angewiesen. In den letzten Jahrzehnten hat der Birkenzeisig sein Brutgebiet in West- und Mitteleuropa erweitert und neue Lebensräume besiedelt (Bezzel 1993). Schon im Abschnitt über die wirbellosen Bewohner der Birken haben wir erwähnt, dass die oft guten Bestände der artenreich vertretenen Blattläuse für viele Singvogelarten in Birkenwäldern eine wichtige Nahrungsgrundlage vor allem bei der Jungenaufzucht darstellen.
Der Polarbirkenzeisig (Carduelis hornemanni) kommt weiter im Norden vor als der Birkenzeisig und brütet dort in der Tundra, aber auch im borealen Birkenwald. Selten kommen Polarbirkenzeisige im Winter nach Mitteleuropa.
Der Kleinspecht (Dryobates minor) baut aufgrund seiner geringen Größe und seines eher schwachen Schnabels seine Bruthöhlen gerne in morschen Birkenstämmen. Er ist darauf angewiesen, dass weiches, weißfaules Holz zur Anlage seiner Höhlen zur Verfügung steht.
Auch die beiden Meisenarten Weiden- (Poecile montanus) und Haubenmeise (Lophophanes cristatus) legen in Birkenstämmchen mit bereits verrottetem Inneren ihre Nisthöhlen an (Pfeifer & Schmidt 2023). Man kann daher diese beiden Meisenarten fördern, indem man das Nistplatzangebot durch Belassen von stehenden, ca. 10 – 15 cm im Durchmesser starken Totholz-Stämmchen von Birken, Erlen oder Salweide im Be- stand erhöht. Nach einigen wenigen Jahren sind diese Stämmchen im Inneren so weit vermorscht, dass der Weiden- und der Haubenmeise der Nestbau ermöglicht wird.
Säuger
Abb. 13: Waldbirkenmaus (Sicista betulina) (© Afro Brazilian, https://commons.wikimedia.org)
In Mitteleuropa kommt sie als Relikte der Kaltzeitrelikt nur an wenigen isolierten Stellen vor, konkret in Teilen Schleswig-Holsteins, des Bayerisch-Böhmischen Waldes, Vorarlbergs und des Allgäus. In jüngerer Zeit gab es einige erfreuliche Wieder- bzw. Neufunde dieser Art z. B. im Bayerischen Wald und in der Dreiländerregion Tschechien/Deutschland/Österreich, im Mühlviertel und in Vorarlberg (Engleder et al. 2005, Malec et al. 2014, Malec & Kraft 2015, Resch et al. 2019, Resch & Blatt 2012, Schulz & Schulz 2021, Stille et al. 2018). Vor allem durch die Nutzung neuer Nachweismethoden mit Kamerafallen konnte der Kenntnisstand zur Detail-Verbreitung in den Vorkommensgebieten verbessert werden.
Die Birkenmaus heißt nicht zu Unrecht sowohl im deutschen wie im wissenschaftlichen Namen nach den Birken, obwohl sie wohl keine direkte Bindung an Birken-Arten hat. Lichte, nicht zu intensiv »gemanagte« Moorbereiche mit Übergangs-Lebensräumen von Wald und Offenland und jungen Sukzessionsphasen sind ihr Lebensraum – und das sind eben häufig Flächen, in denen Moorbirken eine prägende Rolle spielen können.
Wesentlich unterscheidet sich die Moorbirke von der Sandbirke in Bezug auf die hohe Verbissgefährdung durch Schalenwild (Hibsch-Jetter 1997, Prien 1997, Ehrhart et al. 2016). Ihre weichhaarigen Triebe sind wesentlich attraktiver für das Schalenwild als die warzigen, kahlen Triebe der Sandbirke und weisen ein günstigeres C/N-Verhältnis auf, sind also relativ stickstoffreicher. Für Hirschartige, die lichte Wälder und Waldlichtungen lieben, wie den Rothirsch (Cervus elaphus), sowie für nordische Arten dieser Familie, die gern Gebieten mit hohen Anteilen an Feuchtgebieten leben, wie den Elch (Alces alces), stellen sie ebenfalls eine wichtige Nahrungskomponente dar.
Pilze
Es kommt auch eine ganze Reihe von Pilzen besonders an Birken in Hochmooren vor, so Leccinum holopus und K. variicolor sowie Russula betularum und R. sphagnicola, neben diversen weiteren moorholden Pilzarten, die in Moorbirken-Moorwäldern mit Sphagnum gute Bedingungen finden (Einhellinger 1976).
Gezielte Pilzaufnahmen in Moorwäldern des Schweizer Jura (Favre 1948) und Oberbayerns (Einhellinger 1976) zeigen die große Vielfalt, die Pilze in Moorwäldern, und speziell in den verschiedenen von Moorbirken-geprägten Lebensräumen entwickeln. Einhellinger (1976) analysierte auch, wie sich die verschiedenen Typen diesbezüglich voneinander unterscheiden. In Moorwäldern auf Übergangsmooren mit vorherrschen- der Moorbirke (Betuleto-Sphagnetum) fand Favre (1948) im Schweizer Jura 110 Arten. Einhellinger stellte im feuchten Birkenmoorwald 36 Pilzarten ausschließlich dort, 46 sowohl in feuchten wie in trockenen Ausprägungen und 115 im trockenen Birkenmoorwald fest. Im Birken-Weiden-Bruchwald mit Weiden (Salix) kartierte Einhellinger 173 Pilzarten. In einem sekundären »Übergangsmoorwald« nach Abtorfung im Erdinger Moos wurden in den Birkenbeständen 110 Arten in den Birkengeprägten Beständen nachgewiesen und 76 davon nur dort (Einhellinger 1976), eine bemerkenswert ähnliche Zahl bei ebenfalls intensiven Erhebungen wie bei Favre (1948). Moorwälder mit dominierender Moorbirke sind also in ihren verschiedenen Ausprägungen artenreich an Pilzen und stehen dabei auch anderen Moorwaldtypen in keiner Weise nach. Wie bei jenen kommen auch in den Moorbirkenwäldern spezifische Moorarten und auch Arten vor, die auf Birkenwälder spezialisiert sind.
Abb. 14: Birken-Rotkappe (Leccinum versipelle) (© K. Stangl)
Mykorrhiza-Partner
Der Fliegenpilz (Amanita muscaria), Pilz des Jahres 2022, ist durch sein unverwechselbares Aussehen weithin bekannt. Weniger bekannt ist jedoch, dass er zwar mit vielen Baumarten Mykorrhizen bildet, aber besonders gerne mit Birken. Er ist daher in lichten Nadel- und Mischwäldern mit Birken-Beteiligung auf sauren Standorten häufig zu finden.
Pilze an totem Birkenholz
Manche der holzbewohnenden und -zersetztenden Pilzarten der Birken sind selten und weisen eine begrenzte Verbreitung in kühl-feuchten Regionen auf, wie der Abweichende Schüppling (Pholiota heteroclita) (Helfer 2000). Einhellinger (1976, 1977) fand diese Art im Birkenbruchwald des Erdinger Mooses.
Parasitische Pilze
Gelb gesprenkelte Birkenblätter deuten meist auf den Befall mit dem Birkenrost (Melampsoridium betulinum) hin. Die Flecken sind zahlreich und unregelmäßig verteilt. Stark befallene Blätter färben sich gelb und fallen vorzeitig ab. Es handelt sich um einen wirtswechselnden Rostpilz, der seine Entwicklung im Frühjahr auf den Nadeln der Lärche (Larix decidua) beginnt und später mit den sogenannten Äcidiosporen die Blätter der Birken infiziert (Butin 2011). Weitere parasitische Blattpilze an Birken (Kruse 2019) sind der die Moorbirke bevorzugende Kleinfrüchtige Birkenmehltau (Erysiphe ornata) und der die Sandbirke vorziehende, aber auch an Moorbirke vorkommende Großfrüchtige Birkenmehltau (Phyllactinia betulae).
Pflanzen
Wachsen Moorbirkenwälder auf entwässerten Torfen, treten die lebensraumtypischen Arten stark zurück (Jeske 2022), können aber an Grabenrändern und in Senken teilweise noch in Restbeständen vorkommen und so Ausgangsbestände bei einer Wiedervernässung bilden.
Moorbirkenwälder als Lebensraum
Unter die Gruppe der »Liebhaber« des Moorbirken-Moorwaldes fallen beispielsweise der Kurzflügelkäfer Boreaphilus henningianus und der Laufkäfer Epaphius rivularis (Leipold & Fischer 1987, Frisch & Müller-Kroehling 2012, Bußler et al. 2013, Müller-Kroehling 2015). Eine Laufkäfer-Art ist mit Amara makolskii sogar an birkenreiche Bestände regelrecht gebunden (Burakowski 1967). Sie tritt zwar nicht nur in Moorbirken-Moorwäldern, sondern auch in anderen Birkenwald-Typen auf (Müller-Kroehling 2013, 2015), ist aber in Moorbirkenwäldern Südbayerns mit großer Regelmäßigkeit vertreten (Müller 2022).
Zusammenfassung und Ausblick
Im Hinblick auf die Biodiversität sollte generell gerade die Bedeutung der Birken und der anderen Pionierbaumarten, Salweide, Aspe, Vogelbeere, für die Artenfülle unserer Wälder berücksichtigt werden. Bewusstes Belassen bzw. Fördern der Pionierbaumarten bei der Waldpflege leistet einen bedeutenden Beitrag für eine größere Artenvielfalt im Wald und ist häufig mit einem geringen Bewirtschaftungs- und Pflegeaufwand verbunden. Durch die Trockenschäden im Zuge des Klimawandels nimmt ihre Bedeutung noch einmal stark zu, um Wunden in den Wäldern zu heilen, das Waldhumuskapital zu erhalten und die erste Pioniergeneration auf dem Weg zu neuen, stabileren Mischwäldern zu stellen. Durch gewährte »Duldung« als Mischungselemente oder sogar, wo sie nur geringer beigemischt sind, gezielte Konkurrenz-Unterstützung bei der Bestandespflege, aber auch durch die aktive Berücksichtigung auf den Sonderstandorten und an Waldrändern, sollten sie wo immer möglich am Bestandesaufbau auch dauerhaft beteiligt werden. Ihr Vorkommen dient dadurch auch der Reduktion des Befallsdrucks von zu Massenvermehrung dienenden, forstschädlichen Arten, weil sich auf den Birken die Gilde von deren Gegenspielern und Antagonisten stets auf einem gewissen Niveau gleichsam »in Bereitschaft« halten kann.
Lichte und auch dichtere Moorwälder erfüllen gerade in Mooren in tieferen und wärmeren Lagen zunehmend auch Refugialfunktionen für Arten, die eher offene Moorhabitate benötigen (Kaule et al. 2018). Im Hin- blick auf häufigere heiße Extremsommer im Zuge des Klimawandels wird der Anspruch von Arten an einen mikroklimatischen Toleranzbereich zunehmend besser in den luftfeuchteren Gehölzbereichen erfüllt. Die meisten natürlichen Moore waren Mosaike mit zahlreichen Übergängen. Starre »Wald-Offenland-Grenzen« wie »Demarkationslinien« entlang Lebensraumtyp-Kartiergrenzen und Zuständigkeitsgrenzen werden dem nicht gerecht, zumal der Blick in historische Luftbilder und alte Karten oft zeigt, dass die vermeintlich ganz gehölzfreien Bereiche oft schon historisch das Ergebnis intensiver Schwendungsmaßnahmen waren. Gerade auch die räumlichen und zeitlichen Übergänge sind wichtige Lebensräume für viele Moorbewohner, auch die Moorbirke. Mit einem »In Dubio pro Betula« (Müller-Kroehling 2019a) und einem Ansetzen von Maßnahmen am Wasserhaushalt über die vorhandenen Gräben, die es wo immer möglich zu verschließen gilt, wird man dem Ziel des Erhalts intakter Moorlebensräume und ihrer vielfältigen, natürlichen Lebewelt am besten gerecht.
Danksagungen
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Autoren
- Dr. Stefan Müller-Kroehling
- Olaf Schmidt